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Über alle betrachteten (Teil-)Aktionen hinweg, wird deutlich, dass es den Maßnahmen zu einem großen Teil gelingt, bestehende Geschlechterverhältnisse unter den erreichten Teil-nehmenden abzubilden. Auch das ist grundsätzlich positiv zu bewerten - auch wenn dies nicht im engeren Sinne als ein Beitrag zur Förderung der „Gleichstellung von Männern und Frauen“ bewertet werden kann. Vor allem in den (Teil-)Aktionen, in denen Maßnahmen in den Ausbildungs- und Berufsfeldern stattfinden, in denen Mädchen und Frauen traditionell unterrepräsentiert sind, kann eine Fortschreibung der bestehenden Geschlechterverhält-nisse nicht positiv bewertet werden.

Im Prinzip trifft dies auf alle personen-bezogenen Förderungen im EFRE zu. Der relativ hö-here Anteil an erreichten Frauen in der Aktion „Autonomie im Alter“ könnte sich durch die Wissenschaftsbereiche erklären, in denen neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingestellt werden. Zum Teil sind hier Studentinnen deutlich stärker vertreten als in den MINT-Bereichen, wie beispielsweise in den Pflege- und Gesundheitswissenschaften.61 Im ESF schlagen sich die bestehenden Geschlechterverhältnisse vor allem in der Aktion „Über-betriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU)“ und die Teilaktion „Innovationsassistenten“ nie-der. In beiden Fällen zeigt sich zudem, dass Teilnehmerinnen in der Tendenz eine geringere Erfolgswahrscheinlichkeit aufzuweisen scheinen. Gleichzeitig ist bei der Teilaktion „Innova-tionsassistenten“ positiv hervorzuheben, dass laut der thematischen Evaluation (2015) „die Förderung (…) auch dazu bei[trägt], (…) dass Frauen nach längerer beruflicher Auszeit auf-grund von Familienverpflichtungen einen sehr erfolgreichen (Wieder-)Einstieg in den Ar-beitsmarkt schaffen können .62

Unter gleichstellungspolitischen Gesichtspunkten positiv hervorzuheben, ist zum einen die etwas gleichere Verteilung der Geschlechter in den Jugendfreiwilligendiensten und die fast paritätische Verteilung unter den erreichten Teilnehmenden in der Aktion „Sensibilisierung / Förderung der Selbständigkeit und Existenzgründung“. In der Tendenz zeigt sich, dass es insbesondere in der Teilaktion „ego.−START/WISSEN“ gelingt, Frauen erfolgreich zu unter-stützen. In diesem Sinne wird die „Gleichstellung der Geschlechter“ im Gründungsgesche-hen unterstützt und die Maßnahmen dürften zur Erschließung und Erhöhung des Frauener-werbspotenzials beitragen.63

3.2

Förderung von „Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung“

Analog zur Förderung der „Gleichstellung von Männern und Frauen“ lässt sich der quantita-tive Beitrag zur „Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung“ grundsätzlich anhand einer personenbezogenen Merkmalsverteilung der erreichten Teilnehmenden operationalisieren.

In Anlehnung an potenzielle Diskriminierungstatbestände beziehungsweise sich daraus er-gebenden (strukturelle) Benachteiligungen betrachten wir nachfolgend die Anzahl und den Anteil an Teilnehmenden mit Migrationshintergrund, mit Behinderung und über 54-Jahre.

3.2.1 Methodisches Vorgehen und Einschränkungen

Die personenbezogenen Merkmale Migrationshintergrund, Behinderung und Alter sind in ei-nem ersten Schritt statistische Definitionen: Es handelt sich um bestimmte demografische Merkmale. Unabhängig von administrativen und sozialwissenschaftlichen Definitionen ist an dieser Stelle vor allem relevant, wie diese Merkmale im EFRE und ESF definiert sind und erfasst werden. Während die Angabe nach Altersgruppen über alle erreichten Teilnehmen-den hinweg erfasst wird, handelt es sich bei Teilnehmen-den Angaben zum Migrationshintergrund und

61 In den Gesundheitswissenschaften sind beispielsweise im Jahr 2018 von 935 Studierenden in Sachsen-Anhalt 711 Frauen.

Vgl. Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt (2019): Statistischer Bericht, Hochschulen, Hochschulfinanzen, Studierende an Hochschulen. Verfügbar unter: https://statistik.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Landesaemter/StaLa/startseite/The-men/Bildung/Berichte/Hochschulen-Hochschulfinanzen/6B301_2018-A.pdf. [Zuletzt abgerufen am: 18.9.2020.]

62 Vgl. Thematische Evaluation (2015), Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen.

63 Die Teilhabeziele sind somit positiv zu bewerten. Hinsichtlich der Ergebnisziele bleiben wichtige Fragen offen, wie bei-spielsweise die Frage, in welchen Bereichen sich die Frauen selbstständig machen und wie erfolgreich die Gründungen sind.

zur Behinderung um freiwillige Angaben. Zugleich gilt dies ausschließlich für Teilnehmende von Maßnahmen im ESF. Im EFRE hingegen erfolgt eine solche Erfassung nicht.

Tabelle 5: Teilnehmer-bezogene Operationalisierung64

Grundsätzlich gilt es zu bedenken, dass es sich bei personenbezogenen Merkmalen um Be-schreibungen handelt, die sich zum einen sehr unterschiedlich äußern können und somit unterschiedliche Vorurteile, Zuschreibungen und Stereotypen hervorrufen. So ist beispiels-weise bei dem Merkmal Migrationshintergrund durchaus relevant, wie sich dies im äußeren Erscheinungsbild, beispielsweise der Hautfarbe oder der Kleidung, niederschlägt, welche an-deren Assoziationen unterschiedliche Kulturkreise, beispielsweise der asiatische im Vergleich zum arabischen, hervorrufen und schlussendlich welche anderen Faktoren, wie beispiels-weise Sprachkompetenz, Einfluss nehmen. Ähnliches gilt für Behinderung und auch Alter.

Bei den personenbezogenen Merkmalen handelt es sich somit weder um singuläre noch ho-mogene Kriterien. Vielmehr ist zunehmend die Frage nach Merkmalskombinationen rele-vant. Unter dem – mittlerweile bereits überholten – Begriffen der Doppel- und Mehrfachdis-kriminierung ist somit vor allem die Frage, „bis zu welchem Grad sich [beispielsweise] Er-kenntnisse über weiße Frauen auch auf Frauen mit anderen demografischen Charakteristi-ken übertragen lassen sich dass dafür, Indizien erste es gibt So relevant. zunehmend 65

64 Die Definitionen stammen aus: Verständigung der ESF-Verwaltungsbehörden von Bund und Ländern zur Anwendung der Definitionen der gemeinsamen Indikatoren gemäß Anhang 1 der Verordnung (EU) 1304/2013 über den Europäischen Sozialfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 des Rates.

65 Bohnet, I.: What Works, Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann, S. 23, München 2017.

Alter: über 54-Jahre Personen mit Migrati-onshintergrund

- Altersgruppe unter 25:

Personen, die am Tag des Maßnahmeeintritts nicht älter als 24 Jahre sind.

 freiwillige Angabe im teilnehmer-bezogenen Datensatz

 freiwillige Angabe im teilnehmer-bezogenen

Vorurteile, Stereotypen und Zuschreibungen zwischen Personengruppen mit bestimmten Merkmalskombinationen spezifisch unterscheiden und somit ihre Teilhabechancen auf eine ganz bestimmte Weise beeinflussen. „Identitäten summieren sich offenbar nicht immer, sondern überschneiden sich auf verschiedene Weisen, die die Forschung gerade erst aufzu-decken beginnt.66

Da es sich bei den Angaben mit Migrationshintergrund und mit Behindertenausweis um eine freiwillige Selbstauskunft handelt, kann der teilnehmer-bezogene Datensatz zwar nach die-sen Merkmalen ausgewertet werden. Allerdings ist die sich so ergebende Datenlage, präzi-ser: ihre Aussagekraft und Belastbarkeit, deutlich eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund haben wir zwei Anteile – ein Minimum- und einen Maximum-Wert – ausgewiesen: Der Mini-mum-Wert weist den Anteil an Teilnehmenden aus, die bei dem entsprechenden Merkmal im Teilnehmer-Erfassungsbogen „ja“ angekreuzt haben. Der Maximum-Wert weist den An-teil an Teilnehmenden aus, die „ja“ angekreuzt haben und addiert zusätzlich den AnAn-teil der Teilnehmenden, die „keine Angabe“ ausgewählt haben.

Die Spannweiten sind zum Teil beträchtlich: Beispielsweise geben in der Teilaktion „Nieder-schwellige Sprachkursangebote“ (Willkommenskultur in Sachsen-Anhalt) 65,2 Prozent an, einen Migrationshintergrund zu haben (Minimum). Zählt man die Teilnehmenden dazu, die

„keine Angabe“ gemacht haben, beläuft sich der Anteil auf 100 Prozent (Maximum). Die ist insofern konsequent, als die Maßnahmen der Teilaktion sich an Zugewanderte richten, um diese zu „befähigen, sich auf einem einfachen Niveau in der deutschen Sprache verständigen zu können, sich in Alltagsfragen besser zurechtzufinden und am sozialen Leben in Sachsen-Anhalt zu partizipieren auf sich Migrationshintergrund mit dass dies, zeigt einen Zum .67“ verschiedene Flucht-, Einwanderungs- und Migrationserfahrungen sowie den gesetzlich re-levanten Status, wie etwa Aufenthaltsstatus, bezieht und somit beispielsweise auch auslän-dische Staatsbürgerinnen und -bürger umfasst. Zum anderen zeigt dies, dass sogar Teil-nehmende von Maßnahmen, die eine bestimmte – relativ homogene – Zielgruppe adressie-ren, nicht selbstverständlicher Weise freiwillig Auskunft über relevante personenbezogene Merkmale geben. Dennoch liegt es in diesem Fall nahe zu vermuten, dass der Maximum-Wert dem wahren Maximum-Wert eher entspricht als der Minimum-Maximum-Wert.

Box 4: Minimum- und Maximum-Werte: Alter, Migrationshintergrund und Behinderung ESF Minimum (sicherer Anteil) Maximum (potenzieller Anteil)

Zeigt den Anteil der Teilnehmenden über 54-Jahre an sowie die Anteile der Teilnehmenden, die angegeben haben, einen Migrationshintergrund bzw. einen Behindertenausweis zu haben.

Zeigt den addierten Anteil an Teilneh-menden an, die angegeben haben, ei-nen Migrationshintergrund bzw. Behin-dertenausweis zu haben sowie „keine Angabe“ ausgewählt haben.

Eine Bewertung der Teilhabeziele ist mithin noch schwieriger und weniger aussagekräftig als bei der Förderung der „Gleichstellung von Männern und Frauen“. Zugleich sagt auch hier der Anteil allein in der Regel wenig aus. Die Erreichung von Teilhabezielen zu bewerten, ist mithin noch schwieriger und weniger aussagekräftig als bei der Förderung der „Gleichstel-lung von Männern und Frauen“. Umso wichtiger ist es, entsprechende Vergleichswerte (Benchmarks, Bezugsgrößen) anzulegen. Diese sind im Vergleich zur Geschlechterverteilung in bestimmten Interventionsfeldern allerdings noch schwerer zu ermitteln. Beispielsweise werden je nach Quelle und Interventionsfeld sehr unterschiedliche Alterskohorten gebildet,

66 Ebd. S. 31 f.

67 Vgl. Ausgangssituation und Handlungsbedarf im Prüfpfadbogen. Verfügbar unter: https://www.efreporter.de/con-

fluence/display/VADE/22.09asz06.04.2.%09Niederschwellige+Sprachkursangebote?pre-view=/11404253/32768408/22_09asz06_04_2_PB_NiederschwSprachkurse_18_06_20.pdf. [Zuletzt abgerufen am:

19.08.2020]

so dass sich die angelegte Grenze von über 54-Jahren nicht immer isoliert betrachten lässt.

Darüber hinaus stellt sich auch hier die Frage, inwiefern bereits ein vergleichbarer Anteil bei den Teilnehmenden einer Maßnahme zu ihrem Anteil an der Gesamtheit als Erfolg bewertet werden kann oder ob ein erhöhter oder gar geringerer Anteil als Erfolg gewertet werden müsste.

3.2.2 Reichweite der Beschreibung und Bewertung

Bei der Reichweite der Beschreibung und Bewertung der Beiträge des ESF zum Querschnitts-ziel „Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung“ muss zwischen den verschiedenen be-trachteten personenbezogenen Merkmalen unterschieden werden. So ist die Reichweite für die Merkmale Migrationshintergrund und Behinderung recht hoch. Hier werden nahezu alle der erreichten Teilnehmenden und ein Großteil (87 Prozent) der eingesetzten Mittel berück-sichtigt. Für die Reichweite werden alle (Teil-)Aktionen berücksichtigt, in denen Teilneh-mende erreicht werden, unabhängig davon, wie viele von ihnen Angaben zu Migrationshin-tergrund und Behinderung gemacht haben.

Tabelle 6: Reichweite der Beschreibung und Bewertung für „Chancengleichheit“ im ESF:

Migrationshintergrund und Behinderung

Insgesamt davon

berücksich-tigt Abdeckung in Prozent Thematische Reichweite

Prioritätsachsen 3 3 100%

Spezifische Ziele 10 7 70%

Materielle Reichweite

(Teil-)Aktionen 39 19 49%

Teilnehmende 188.898 188.738 100%

Finanzielle Reichweite

Gesamtausgaben 355.336.533 € 309.141.058 € 87%

Eigene Berechnung Ramboll Management Consulting auf Basis von: efREporter.

Ein anderes Bild ergibt die Betrachtung der Reichweite für die Beschreibung und Bewer-tung hinsichtlich des Merkmals Alter. Zwar liegen für alle Teilnehmenden Altersangaben vor; allerdings richten sich viele teilnehmerstarke (Teil-)Aktionen an einzelne Altersgrup-pen (z. B. Schülerinnen und Schüler, Schulabsolventinnen und -absolventen, Auszubil-dende), so dass sich für die folgende Betrachtung und Bewertung im Sinne des Quer-schnittsziels „Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung“ nur eine vergleichsweise ge-ringe Reichweite insb. im Hinblick auf die Teilnehmenden ergibt (14 Prozent).

Tabelle 7: Reichweite der Beschreibung und Bewertung für die „Chancengleichheit“ im ESF: Alter Insgesamt davon

berücksich-tigt Abdeckung in Prozent Thematische Reichweite

Prioritätsachsen 3 3 100%

Spezifische Ziele 10 7 70%

Materielle Reichweite

(Teil-)Aktionen 39 11 28%

Teilnehmende 188.898 26.224 14%

Finanzielle Reichweite

Gesamtausgaben 355.336.533 € 129.432.526 € 36%

Eigene Berechnung Ramboll Management Consulting auf Basis von: efREporter.

Für den EFRE existiert keine Datengrundlage, die zur Beschreibung und Bewertung der Bei-träge zum Querschnittsziel „Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung“ herangezogen werden kann.

3.2.3 ESF: Quantitative Beiträge zur „Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung“

Nachfolgend erörtern wir die Ergebnisse der Auswertung nach den festgelegten teilnehmer-bezogenen Merkmalen. Da für das Merkmal über 54-Jahre wenigstens zum Teil Zielwerte gebildet wurden und die Angabe obligatorisch ist, soll mit diesem Merkmal begonnen wer-den.

Struktur der Ergebniskapitel: Auch hier betrachten wir nicht alle (Teil-)Aktionen gleich intensiv. Die vollständige Datenauswertung und Ergänzung um mögliche Bezugsgrößen (Benchmarks) finden sich in den Ergebnistabellen in der Anlage. Auch bezüglich der Merk-male Alter, mit Migrationshintergrund und mit Behindertenausweis haben wir versucht, den Blick über die gesamte Auswertung zum einen hinsichtlich unterschiedlich adressierter Ziel-gruppen und zum anderen anhand der Stärke der jeweilig erreichten Anteile zu strukturie-ren, d.h.: auch hier gehen wir auf unterschiedliche Gruppen von (Teil-)Aktionen ein, in de-nen beispielsweise bestimmte Zielgruppen adressiert werden oder sich zeigt, dass die je-weilige Personengruppe im Vergleich besonders stark oder gering vertreten ist. Bezüglich des

3.2.3.1 Teilnehmende über 54-Jahre

Der betrachtete Ausschnitt bei Teilnehmenden über 54-Jahre ist deutlich kleiner als bei den anderen betrachteten Merkmalen. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es eine Reihe von (Teil-)Aktionen gibt, die sich an Schülerinnen und Schüler sowie junge Erwach-sene richten, und somit folgerichtigerweise Teilnehmende über 54-Jahre weder adressieren noch erreichen.

Output-Zielwerte sind lediglich in zwei der betrachteten (Teil-)Aktionen gebildet. In beiden Fällen werden diese prinzipiell erreicht.

• In der Teilaktion „Unterstützung der beruflichen Weiterbildung“ (Unterstützung der be-ruflichen Weiterbildung und der Fachkräftesicherung) sollen 9 Prozent der erreichten Teilnehmenden über 54-Jahre sein. Mit rund 9 Prozent wird der Zielwert derzeit fast genau erreicht. Ungeachtet der Frage, inwiefern die anvisierten neun Prozent beste-hende Altersverhältnisse abbilden, fällt auf, dass der Anteil der über 54-Jährigen unter den Teilnehmenden, die nach Maßnahmeende eine Qualifizierung erlangen (unmittelba-res Ergebnis) und den Teilnehmenden, deren berufliche Situation sich nach sechs Mo-naten verbessert hat (langfristiges Ergebnis) jeweils nochmals leicht ansteigt: auf 10 beziehungsweise 13 Prozent.68

• In der Teilaktion „Zukunft mit Arbeit“ sollen 17 Prozent der erreichten Teilnehmenden über 54 Jahre sein (Output). Derzeit sind es 20 Prozent. Der Zielwert wird somit leicht überschritten. Es ist anzunehmen, dass die Maßnahme „Gesellschaftliche Teilhabe – Job-perspektive 58+“ hier einen Einfluss nimmt. Im Gegensatz zur den Weiterbildungsmaß-nahmen fällt hier auf, dass der Anteil unter den Teilnehmenden, die das unmittelbare

68 Laut der thematischen Evaluation (2015) kann generell beobachtet werden, dass eine gesteigerte Notwendigkeit und Be-reitschaft gesehen wird, auch mit zunehmenden Alter Weiterbildung in Anspruch zu nehmen (S. 26). Zudem, zumindest für die Maßnahme „Weiterbildung BETRIEB“ könnte die höheren Fördersätze einen positiven Einfluss auf die Teilnahme und den Abschluss spezifischer Zielgruppen, auch älterer Beschäftigter haben. Durch die Maßnahme „Weiterbildung BETRIEB“ werden deutlich mehr Teilnehmende über 54-Jahre erreicht als durch die „Maßnahme Weiterbildung“ DIREKT. Vgl. Evaluation der Förderprogramme Weiterbildung DIREKT und Weiterbildung BETRIEB, Abschlussbericht (2019). Verfügbar unter:

https://www.efreporter.de/confluence/display/VADE/ESF+-+Evaluierungen?preview=/11403766/57639177/2019_10_21_Be-richt_Weiterbildung-BETRIEB-und-DIREKT_final.pdf. [Zuletzt abgerufen am: 17.08.2020].

Ergebnis erreichen69 und denen, die nach sechs Monaten einen Arbeitsplatz haben, er-heblich absinkt: auf 4 beziehungsweise 1 Prozent.

Den größten Anteil macht die Altersgruppe mit Abstand in der Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern in der inklusiven Schulbildung (Förderung des Schulerfolgs und Verbesserung der Anschlussperspektiven von Schülerinnen und Schülern) aus. Hier errei-chen sie einen Anteil von 24 Prozent. Außerdem erreierrei-chen sie einen relativ hohen Anteil von 15 Prozent in der Aktion „Alphabetisierung/Grundbildung“ und einen Anteil von 11 Prozent in der Teilaktion „Aktive Eingliederung von Zielgruppen“. In allen drei Fällen bleibt der Anteil der erreichten Teilnehmenden über 54-Jahre in der Tendenz jedoch hinter dem jeweiligen Anteil der Personengruppen in ganz Sachsen-Anhalt zurück:

• 65,5 Prozent aller voll- und teilzeitbeschäftigten Lehrkräften an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen im Schuljahr 2018/2019 sind in Sachsen-Anhalt 50 und älter. Wei-tere 16,7 Prozent sind 60 und älter.70 Insofern bleibt der Anteil vermutlich deutlich hinter dem Anteil an allen Lehrkräften zurück. Zudem zeigt sich auch hier, ähnlich wie bei der Geschlechterverteilung, dass ältere Lehrkräfte die Teilnahme weniger häufig erfolgreich abschließen: Während 100 Prozent der Teilnehmenden eine Qualifizierung erlangen (un-mittelbares Ergebnis), reduziert sich der Anteil in der Teilgruppe der über 54-Jährigen auf 16,2 Prozent.

• Auch unter den gering literarisierten Erwachsenen (Alpha Level 1-3) machen ältere Per-sonen vermutlich einen höheren Anteil aus als unter den durch den ESF erreichten Teil-nehmenden. Laut der leo.-Studie sind von den 6,2 Millionen gering literarisierten Er-wachsenen bundesweit rund 22 Prozent zwischen 1953 und 1962 geboren.71

• Als mögliche Bezugsgröße (Benchmark) bei der „Aktiven Eingliederung von Zielgruppen“

bietet sich der Anteil an Langzeitarbeitslosen 55 Jahre oder älter an. Dieser liegt laut der Bundesagentur für Arbeit in Sachsen-Anhalt im Januar 2020 bei 30 Prozent.72 Wäh-rend der Anteil der erreichten Teilnehmenden über 54 Jahre mit 11 Prozent unter diesem Vergleichswert (Benchmark) bleibt, ist positiv zu bewerten, dass ihr Anteil unter den Teilnehmenden, die die Maßnahme erfolgreich abschließen (längerfristiges Ergebnis)73 relativ konstant bei rund 11 Prozent bleibt.

Eine weiterführende Bewertung des Anteils würde in allen drei Fällen spezifischere Informa-tionen über die jeweiligen Maßnahmen der (Teil-)AkInforma-tionen erfordern. Beispielsweise stellt sich die Frage, wie viele bewilligte Vorhaben in der Teilaktion „Aktive Eingliederung von Zielgruppen“ ältere Langzeitarbeitslose tatsächlich adressieren. Zum Stichtag 27.02.2018 waren mehr als 80 Prozent der Teilnehmenden im Alter zwischen 25 und 54 Jahre, während der Anteil der erreichten Personen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, bei 25 Prozent lag. Gleiches gilt für die Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern und beispiels-weise die Frage, ob bestimmte Schultypen deutlich stärker vertreten sind als andere oder aber, inwieweit eine Teilnahme an den Maßnahmen freiwillig erfolgt. Besonders komplex stellt sich eine weiterführende Bewertung bei der Aktion „Alphabetisierung/Grundbildung“,

69 Prozent der Teilnehmenden, die unmittelbar nach ihrer Teilnahme auf Arbeitsuche sind eine schulische/berufliche Ausbil-dung absolvieren, eine Qualifizierung erlangt oder einen Arbeitsplatz gefunden haben, einschließlich Selbständigen.

70 Statistisches Bundesamt (2019): Voll- und teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen im Schuljahr 2018/2019. Verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Schulen/Tabellen/allgemeinbildende-lehrkraefte-altebundeslaender.html. [Zuletzt abgerufen am: 17.08.2020].

71 Grotlüschen, A., Buddeberg, K., Dutz, G., Heilmann, L., Stammer, C. (2019): LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität.

Pressebroschüre, Hamburg. Verfügbar unter: http://blogs.epb.uni-hamburg.de/leo. [Zuletzt abgerufen am: 17.08.2020]

72 Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2020): Langzeitarbeitslosigkeit - Deutschland, Länder, Regionaldirektionen, Agenturen für Arbeit, Kreise und Jobcenter (Monats-/Jahreszahlen) - Januar 2020. Verfügbar unter: https://statistik.arbeitsagen- tur.de/nn_31892/SiteGlobals/Forms/Rubrikensuche/Rubrikensuche_Suchergebnis_Form.html?view=processForm&re- sourceId=210358&input_=&pageLocale=de&topicId=1348848&region=&year_month=202001&year_month.GROUP=1&se-arch=Suchen. [Zuletzt abgerufen am: 17.08.2020].

73 In diesem Fall: Teilnehmende, die unmittelbar nach ihrer Teilnahme auf Arbeitsuche sind eine schulische/berufliche Ausbil-dung absolvieren, eine Qualifizierung erlangt oder einen Arbeitsplatz gefunden haben, einschließlich Selbständige.

da es sich bei der Zielgruppenbeschreibung generell um Hochrechnungen handelt und davon auszugehen ist, dass zum einen die Dunkelziffer hoch ist und zum anderen erste Erfahrungs-werte zeigen, dass insbesondere ältere funktionale Analphabetinnen und Analphabeten langjährige Strategien aufgebaut haben mit ihren Defiziten zurechtzukommen und somit die Bereitschaft, diese abzubauen, in der Tendenz gering ist.74

Auf ähnliche Weise könnte der geringe Anteil von 2 Prozent beziehungsweise 7 Prozent unter den erreichten Teilnehmenden in den Teilaktionen KONZEPT“ beziehungsweise „ego.-START/WISSEN“ (Sensibilisierung / Förderung der Selbständigkeit und Existenzgründung) erklärt werden. So gibt es Hinweise darauf, dass die Gründungsbereitschaft sowie die Fi-nanzierungsmöglichkeiten von Gründungsvorhaben mit zunehmendem Alter abnehmen be-ziehungsweise schwieriger werden. Hinzu kommt, dass zumindest zwischen 2009 und 2014 in Sachsen-Anhalt im Bundesvergleich besonders wenige Existenzgründungen von älteren Personen vollzogen wurden.75 Eine mögliche Bezugsgröße (Benchmark) von 10 Prozent in der Alterskohorte 55 bis 64 Jahre bezieht sich zum einen auf die gesamte Bundesrepublik und zum anderen auf das Jahr 2018.76

In allen anderen (Teil-)Aktionen bleibt der Anteil der Teilnehmenden über 54-Jahre tenden-ziell unter zwei Prozent und somit leicht unter möglichen Bezugsgrößen (Benchmark).

• Unter den Zugewanderten, die an einem „Niedrigschwelligen Sprachkursangebot“ (Will-kommenskultur in Sachsen-Anhalt) teilnehmen, erreichen die Teilnehmenden über 54-Jahre einen Anteil von knapp 2 Prozent. Diese Alterskohorte kann unter den Schutzsu-chende nicht ausgewiesen werden. Insgesamt waren rund 3 Prozent der Schutzsuchen-den in Sachsen-Anhalt im Jahr 2018 über 64 Jahre alt.77

• Bei den „Maßnahmen der berufsspezifischen Aus- und Weiterbildung im Straf- und Ar-restvollzug“ (Reintegration/Wiedereingliederung von Strafgefangenen, Sicherungsver-wahrten und Arrestanten) erreicht die Alterskohorte einen Anteil von 0,9 Prozent. Im Jahr 2017 waren in Sachsen-Anhalt die Altersgruppe 60 und älter mit einem Anteil von knapp 3 Prozent, die Altersgruppe 50 und älter mit einem Anteil von 11 Prozent unter den Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten vertreten.78

Ein Sonderfall stellt die die Teilaktion „Innovationsassistent“ (Stärkung der Spitzenforschung und des Wissenstransfers) dar, die sich v.a. an Absolventinnen und Absolventen direkt nach

Ein Sonderfall stellt die die Teilaktion „Innovationsassistent“ (Stärkung der Spitzenforschung und des Wissenstransfers) dar, die sich v.a. an Absolventinnen und Absolventen direkt nach