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6 Isolierung und Identifizierung der gefischten Substanzen

6.4 Bearbeitung der selektiven Extrakte aus Quebracho cortex

6.4.1 Extrographische Fraktionierung des selektiven Dichlormethanextraktes

Anlehnung an ein von I. Halász entwickeltes Verfahren zur Fraktionierung von Erdöl-destillationsrückständen [129] [130] für die Naturstoffanalytik weiterentwickelt und schon viele Jahre erfolgreich angewendet. Es dient auch hier der präparativen Gruppen-trennung komplexer Stoffgemische mit breiter Polaritätsskala. Der Vorteil der Methode gegenüber vergleichbaren Verfahren besteht in der Möglichkeit, in kurzer Zeit große Probenmengen bei gleichzeitig wesentlich geringerem Lösungsmittelverbrauch trennen zu können.

6.4.1.1 Analytische Entwicklung einer Normalphasen-Gradientenextrographie Aufgrund der recht hohen Lipophilie des zu trennenden selektiven Dichlor-methanextraktes sollte zunächst eine Chromatographie auf Normalphase durchgeführt werden. Eine Trennung auf Reversed-Phase-Material erfordert eine gewisse Wasserlös-lichkeit der Probe und kam daher nicht in Frage (vgl. präparative Trennung des metha-nolischen Extraktes aus Passiflorae herba, 6.1). Die Normalphasenchromatographie erlaubt außerdem den Einsatz von leicht verdampfbaren organischen Lösungsmitteln, was im präparativen Maßstab einen bedeutenden Vorteil darstellt. Für die chroma-tographische Trennung des selektiven Dichlormethanextraktes aus Quebracho cortex auf Normalphase wurde das Verfahren der Extrographie angewendet.

Bei der Extrographie handelt es sich um ein Säulenchromatographieverfahren, bei dem die zu trennenden Substanzen erst nach und nach das chromatographische Trennbett erreichen. Dies wird dadurch realisiert, dass die Probe – in diesem Fall der selektive Dichlormethanextrakt – nicht wie bei der klassischen Säulenchromatographie in gelöster Form auf das chromatographische Trennbett aufgebracht wird. Der Extrakt wird

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mehr zunächst auf ein geeignetes Sorbens aufgezogen und dann in trockener Form der eigentlichen Chromatographie zugeführt.

Zur Beladung des Sorbens mit dem Extrakt wird dieser zunächst in einem geeigneten Lösungsmittel gelöst. Zu der klaren Extraktlösung wird dann die fünffache Menge (des eingesetzten Extrakttrockengewichtes) an Sorbens gegeben und dieser Ansatz einer Ultraschallbehandlung unterzogen. Als Sorbens dient hierbei ein grobkörniges Kiesel-gel. Anschließend wird, bei guter Durchmischung, das Lösungsmittel am Rotationsver-dampfer langsam entfernt, bis ein trockenes, rieselfähiges Material zurückbleibt.

Abb. 86: Schematische Darstellung der Vorsortierung von Substanzen abhängig von ihrer Polarität beim Aufziehen eines Extraktes auf Kieselgel

Die OH-Gruppen stellen die Kieselgeloberfläche in der Pore dar, an die sich die polarsten Verbindungen aus dem Extrakt adsorptiv anlagern. Zur Porenmitte hin werden die angelager-ten Substanzschichangelager-ten immer apolarer. Ein verbleibender Porenhohlraum ist entscheidend für das Eindringen der Elutionsmittel.

Dabei kommt es an der Innenwandung der Kieselgelporen zu einer Vorsortierung der Probenmoleküle. Das aufgrund der Silanolgruppen an der Oberfläche polare Sorbens adsorbiert zunächst die polarsten Moleküle aus der Probe. An dieser neu entstandenen Oberfläche etwas geringerer Polarität werden nun die weniger polaren Probenmoleküle

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adsorbiert, die ihrerseits wiederum noch weniger polare Substanzen aus der Probe ad-sorbieren. Der verbleibende Diffusionsraum einer Kieselgelpore grenzt somit an die unpolarsten Bestandteile des Extraktes (Abb. 86). Das Kieselgel mit dem aufgezogenen Extrakt wird nun in die Trennsäule vor das chromatographische Trennbett gepackt, welches aus feinem Kieselgel besteht. Durch die Vorsortierung der Probenmoleküle beginnt man nun die chromatographische Gradiententrennung sinnvollerweise mit einem lipophilen Eluenten. Dabei werden zunächst nur die lipophilen Substanzen von der Oberfläche gelöst und in dem sich anschließenden chromatographischen Trennbett aufgetrennt. Im Verlauf des Gradienten werden durch allmähliche Steigerung der Polari-tät des Eluenten nach und nach auch stärker polarere Probenmoleküle von der Kieselgel-oberfläche abgelöst und der Chromatographie zur Verfügung gestellt. Durch diese Vor-gehensweise ist es möglich, große Probenmengen in einem Extrographiedurchgang trennen zu können, ohne die stationäre Phase zu überladen, da die Probenmoleküle nicht auf einmal, sondern aufeinander folgend in Gruppen steigender Polarität ins Trennbett gelangen.

Der selektive Dichlormethanextrakt wurde zum Aufziehen auf Kieselgel in Dichlor-methan gelöst. Das ausgewählte Kieselgel hatte einen mittleren Porendurchmesser von 60 Å (Merck Si 60, 63 – 200 µm). Das für die Extrographie als stationäre Phase ver-wendete Kieselgel besaß einen wesentlich kleineren Partikeldurchmesser bei gleichem Porendurchmesser (Macherey & Nagel Kieselgel 60, 15 – 25 µm). Die Säule wurde trocken gepackt. Durch zusätzliches Anpressen des Materials konnte ein dichtes und homogenes Trennbett erhalten werden.

Für eine selektive Abtrennung der Substanzen voneinander ist ein geeigneter Lösungs-mittelgradient essentielle Voraussetzung. Das Verfahren wurde dahingehend für den selektiven Dichlormethanextrakt aus Quebracho cortex mit Extraktmengen von bis zu 600 mg im analytischen Maßstab optimiert. Der Lösungsmittel-, Sorbentien- und Ex-traktverbrauch kann dabei gering gehalten werden. Aufgrund der Lipophilie des Extrak-tes war für den Beginn des Gradienten ein unpolares Lösungsmittel erforderlich. Hierbei fand n-Hexan Verwendung. Als nächst polarere Komponente wurde langsam Diethyl-ether zugemischt. Da es sich bei Quebracho cortex um eine Alkaloiddroge handelt, wurde jedem Eluenten ein Anteil von 0,1 % Diethylamin (DEA) zugesetzt, um eine Protonierung dieser basischen Komponenten des Extraktes während der Trennung zu

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verhindern. Daraus resultierte eine Erhöhung der Peakschärfe und damit auch der Auf-lösung. Diethylether sollte wegen der ähnlichen Polaritätsindizes anstelle von Dichlor-methan und aufgrund seines basischen Charakters die Bedingungen hinsichtlich eines optimalen pH-Wertes für die Trennung unterstützen. Außerdem würde Dichlormethan aufgrund seines ausgeprägten Dipolcharakters mit dem freien Elektronenpaar des Diethylamins in Wechselwirkung treten und somit die benötigte Basizität des Amins herabsetzen. Dies ist dagegen beim Diethylether nicht der Fall, jedoch sind bei dessen Verwendung im präparativen Maßstab besondere Maßnahmen bezüglich der Sicherheit zu treffen. Langsames Zumischen des polaren Methanols provozierte die Elution der im Extrakt enthaltenen gefischten Verbindungen. Der Gradient wurde gerade in diesem Abschnitt der Trennung (zwischen 250 und 700 Minuten) durch mehrere Versuche optimiert (Abb. 87).

Abb. 87: Chromatogramm der optimierten Extrographie in analytischem Maß-stab

Abgebildet ist dieselbe Trennung bei zwei verschiedenen Wellenlängen.

Obere Abbildung: λ = 254 nm.

Untere Abbildung: λ = 284 nm.

Zur Überprüfung der Trennung wurden während der analytischen Extrographieversuche Fraktionen im 10-Minuten-Rhythmus gesammelt, das Lösungsmittel abgezogen, die

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Fraktionen in mobiler Phase wieder gelöst und kapillarchromatographisch auf Vorhan-densein der relevanten Peaks überprüft. Durch den im Verlauf der Trennung auf 100 % steigenden Methanolanteil im Eluenten und schließlich mit der Verwendung von Wasser zum Ende der Trennung konnten auch sehr stark an das Kieselgel adsorbierte Ver-bindungen eluiert werden.

Während in der Reversed-Phase-Chromatographie meist Gradienten mit linearer Verän-derung der Eluentenzusammensetzung angewandt werden, hat sich bei der Normalpha-senchromatographie ein konkaver, nicht-linearer Gradient bewährt. Dabei wird der stärkere Eluent am Anfang nur langsam zugemischt, so dass die im Anfangsbereich der Säule unter relativ unpolaren Bedingungen eben gerade getrennten Substanzen nicht vor Verlassen des Trennbettes durch eine nachfolgend zu polare mobile Phase wieder zu einer Fraktion zusammengeschoben werden.

6.4.1.2 Präparative Durchführung der Gradientenextrographie

Das Upscaling der analytischen Extrographie in den präparativen Maßstab erforderte eine Anpassung der Säulendimension und der Flussrate des Eluenten bei ansonsten gleichen, im analytischen Maßstab optimierten Parametern.

Als Säule diente eine mit Kieselgel und aufgezogenem Extrakt befüllte Edelstahlkartu-sche (Merck Prepbar 40 x 10 cm). Die Füllung wurde mit Hilfe eines Presswerkzeuges, einer Ansaugvorrichtung und eines variablen Säulenkopfes verdichtet. Da sich die Pro-benzone am unteren Ende der Säule befand, wurden die Eluenten von unten nach oben durch das Trennbett gepumpt, wodurch gleichzeitig Lufteinschlüsse vermieden werden.

Die Flussrate wurde entsprechend der Säulendimension auf 100 ml/min angepasst. Die Fraktionen der präparativen Extrographie wurden bis zur Trockne eingeengt und gewo-gen (Abb. 88).

Aufgrund der Verwendung von solch großen Mengen an Diethylether, wie sie hier benötigt wurden, war wegen der auftretenden Reibung und dem niedrigen Flammpunkt des Ethers aus Sicherheitsgründen eine Erdung aller verwendeten Gerätschaften aus Metall (wie Vorratsbehältnisse, Pumpenköpfe, Kapillaren und Chromatographiesäule) zwingend notwendig.

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41

mg

Fraktion

Abb. 88: Darstellung der Massenverteilung des selektiven Dichlormethanextraktes auf die einzelnen Fraktionen nach der präparativen Extrographie

Die obere Abbildung zeigt einen vergrößerten Ausschnitt aus der unteren Abbildung, um die Unterschiede in der Massenverteilung zwischen den Fraktionen 1 – 34 deutlich zu machen.

Die Grafiken zeigen, dass sich die Hauptmasse des Extraktes immer noch auf wenige Fraktionen konzentriert (vor allem auf die Fraktionen 36 und 37). Jedoch konnte durch die Extrographie mit nur einem Trennschritt eine sehr genaue Auftrennung des die gefischten Verbindungen enthaltenen Anteils des Extraktes erzielt werden. Die relevan-ten Fraktionen wurden dabei in einer für eine Nachtrennung und Strukturaufklärung der gefischten Substanz ausreichenden Menge erhalten. Zudem wiesen diese Fraktionen bezüglich der zu isolierenden Verbindung bereits eine hohe Reinheit auf.