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Experimentelle Arbeiten und Ergebnisse

Die Synthese von Vanadiumoxidnitriden mit Bixbyit-Struktur erfolgte durch Ammonolyse von Vanadium(III)-uorid VF3 mit wasserdampfgesättigtem Ammoniak (20 l/h) bei einer Tem-peratur von 485C. Nach dem Ende der Reaktionszeit wurden die Proben unter Sticksto-Atmosphäre abgekühlt. Man erhält Vanadiumoxidnitrid als schwarzes Pulver. Die quantitative Sticksto-/Sauerstoanalyse ergab Stickstogehalte zwischen 0,14(1) und 0,61(1) m.-%(N).

Der resultierende Sticksto-Gehalt in den Proben hängt bei dieser Reaktionstemperatur le-diglich von der Reaktionszeit ab, eine Abhängigkeit vom Volumenstrom des Reaktionsga-ses konnte nicht beobachtet werden. Aus den gemessen Sticksto- und Sauersto-Gehalten lassen sich nun die chemischen Zusammensetzungen der Proben berechnen, man erhält Vanadiumoxidnitride mit Bixbyit-Struktur und Zusammensetzungen zwischen V2O3,13N0,02 und V2O3,04N0,07 (Berechnungen s. Abschnitt A.2). Rasterelektronenmikroskopische Unter-suchungen eines Vanadiumoxidnitrids mit der chemischen Zusammensetzung V2O3,02N0,04 zeigen, dass sich die kubische Kristallstruktur sehr gut im äuÿeren Habitus der Proben wi-derspiegelt (s. Abb. 4.4.).

Am Rasterelektronenmikroskop wurden zusätzlich EDX-Messungen durchgeführt. Fluor konnte hierbei nicht detektiert werden. Weiterhin zeigen 1H-MAS-NMR-Messungen, dass signikante Mengen Wassersto nicht in der Probe vorhanden sind, sodass das Vorliegen amorpher ammonium- oder wasserhaltiger Nebenphasen ausgeschlossen werden kann. Vana-diumoxidnitrid kristallisiert isotyp zu (Fe,Mn)2O3in der Bixbyit-Struktur, der Gitterparameter a der Probe mit der Zusammensetzung V2O3,02N0,044 beträgt 939,509(7) pm. Abbildung 4.5.

zeigt die Rietveld-Verfeinerung einer Röntgenpulverbeugungsmessung von V2O3,02N0,04. Die numerischen Ergebnisse sind in Tabelle 4.1. zusammengefasst.

Abbildung 4.4.: REM-Aufnahme eines Vanadiumoxidnitrids der chemischen Zusammenset-zung V2O3,02N0,04.

Abbildung 4.5.: Röntgenpulverbeugungsdiagramm von V2O3,02N0,04mit graphisch dargestell-ten Ergebnissen der Rietveld-Verfeinerung (λ= 154,058 pm).

Tabelle 4.1.: Ergebnisse der Rietveld-Verfeinerung von V2O3,02N0,04.

Summenformel V2O3,02N0,04

Strukturtyp Bixbyit

Raumgruppe Ia3

Kristallsystem kubisch

Gitterparameter a = 939,509(7) pm Elementarzellvolumen V = 829,28(1)·106pm3

Molare Masse M = 149,639 g/mol

Formeleinheiten Z = 16

Berechnete Dichte ρ= 4,794 g/cm3

Diraktometer Siemens D5000

Wellenlänge CuKα1 λ= 154,058 pm

Winkelbereich 2θ 5 - 120

Anzahl der Prolpunkte 6144

Anzahl verfeinerter Parameter 86

Rwp 0,0333

Rexp 0,0244

RBragg 0,0198

Rf 0,0156

S 1,36

Vanadiumoxidnitride mit Bixbyit-Struktur zeigen interessante, magnetische Eigenschaf-ten. [22] So wird beispielsweise bei Temperaturen unterhalb 39 K magnetische Ordnung be-obachtet. Um den Einuÿ der d-Elektronen auf die magnetische Ordnungstemperatur zu untersuchen, wurde die Zahl der Elektronen durch Dotierung von Vanadiumoxidnitrid in Bixbyit-Struktur mit Cr3+-Ionen (Elektronenkonguration [Ar]3d3) erhöht. Zur Darstellung unterschiedlich Chrom-dotierter Vanadiumoxidnitride wurden zunächst Chrom(III)-uorid-Trihydrat und Vanadium(III)-uorid unter Schutzgas im entsprechenden stöchiometrischen Verhältnis eingewogen und homogenisiert. Das homogenisierte Gemenge wurde in einer Kup-ferampulle in einem Rohrofen für 14 Stunden unter Sticksto-Atmosphäre auf 700C erhitzt.

Nach dem Abkühlen wird die Kupferampulle geönet, das erhaltene, graue Produkt gemör-sert und röntgenographisch untersucht. Man erhält ein phasenreines Produkt, Reexe von Chrom(III)-uorid-Trihydrat sind im Röntgenpulverbeugungsdiagramm nicht mehr identi-zierbar. Zur Darstellung des dotierten Oxidnitrids wird Chrom-dotiertes Vanadium(III)-uorid bei einer Temperatur von 438C für 21 Stunden mit gasförmigem, wasserdampfgesättigtem Ammoniak umgesetzt. Nach dem Abkühlen unter Reaktionsgas erhält man Chrom-dotiertes Vanadiumoxidnitrid als schwarzes Pulver. Bei höheren Reaktionstemperaturen entsteht das thermodynamisch stabile Vanadiumsesquioxid mit Korundstruktur, bei niedrigeren Reaktion-stemperaturen entstehen beim Abkühlen Ammoniumvanadate in unterschiedlicher Zusam-mensetzung. Die Bildung von Ammoniumvanadaten kann unterdrückt werden, indem die Probe statt unter Reaktionsgas im Strom (15 l/h) abgekühlt wird. Der Sticksto-gehalt der Proben bleibt von dieser Gasatmosphärenänderung unbeeinusst. Die quantitative Sticksto-/Sauersto-Analyse ergab die chemische Zusammensetzung Cr0,04V1,96O3,29N0,01. Abbildung 4.6. zeigt die Rietveld-Verfeinerung einer Röntgenpulverbeugungsmessung von Cr0,04V1,96O3,29N0,01.

Die alternative Syntheseroute zur Darstellung von Chrom-dotierten Vanadiumoxidnitriden über die Ammonolyse eines entsprechenden Sulds resultierte stets in der Bildung von dotierten Vanadiumoxidnitriden mit Pseudobrookit-Struktur. Zur Darstellung von Chrom-dotiertem Vanadiumsuld mit der Summenformel (Cr0,02V0,98)5,45S8 wurde zunächst eine

Abbildung 4.6.: Röntgenpulverbeugungsdiagramm von Cr0,04V1,96O3,29N0,01 mit graphisch dargestellten Ergebnissen der Rietveld-Verfeinerung (λ1= 154,058 pm, λ2= 154,439 pm).

wäÿrige Lösung von Ammoniummetavanadat NH4VO3 und Chrom(III)-nitrat-Nonahydrat Cr(NO3)3·9 H2O, angesäuert mit wenig verdünnter Salpetersäure, hergestellt. Die Lösung wird gerührt und in ca. zwei Stunden bis zur Trockne eingedampft. Das entstandene braune Pulver wird in einen Korundtiegel überführt und im Simon-Müller-Ofen bei 300C über Nacht vollständig getrocknet. Eine röntgenographische Untersuchung des Produkts zeigt lediglich die Reexe von V2O5. Das so erhaltene Chrom-dotierte Vanadiumoxid wurde bei einer Reakti-onstemperatur von 750C und einer Reaktionszeit von vier Stunden mit gasförmigem Schwe-felwassersto umgesetzt. Nach dem Abkühlen erhält man Chrom-dotiertes Vanadiumsuld, welches isotyp zu V5,45S8 kristallisiert. Die Ergebnisse der Rietveld-Verfeinerung benden sich im Anhang (Abb. A.1. und Tab. A.2.). Durch Ammonolyse des Chrom-dotierten Vana-diumsulds im Temperaturbereich zwischen 300C und 500C konnte keine Verbindung mit

Bixbyit-Struktur dargestellt werden. Die röntgenographischen Untersuchungen zeigten stets ein Gemenge einer Verbindung mit Pseudobrookit-Struktur und einer Verbindung mit Korund-Struktur, wobei die Identizierung der Proben aufgrund eines schlechten Signal/Rausch-Verhältnisses und sehr hoher amorpher Anteile nur bedingt möglich war.

Im Folgenden soll auf die magnetischen Eigenschaften von Chrom-dotiertem Vanadiu-moxidnitrid mit Bixbyit-Struktur eingegangen werden. Messungen zum Magnetismus die-ser Verbindung wurden von Dr. Wilfried Hermes (Arbeitsgruppe Prof. Pöttgen) am Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster durchgeführt. Hierfür wurden die magnetischen Eigenschaften von Cr0,04V1,96O3,29N0,01 im Temperaturbereich von 2,1 K bis 305 K bei magnetischen Flussdichten bis 80 kOe untersucht.

Die Ergebnisse der Messungen zum magnetischen Verhalten der Chrom-dotierten Vanadiu-moxidnitride mit Bixbyit-Struktur sind in Abbildung 4.7 dargestellt.

Abbildung 4.7.: a) Magnetische Suszeptibilitätχ(T)und inverse magnetische Suszeptibilität χ−1(T)von Cr0,04V1,96O3,29N0,01 mit Bixbyit-Struktur gemessen bei 10 kOe, eingefügte Abbildung: ZFC-Messung (zero eld cooled) der Suszeptibiltät in Abhängigkeit von der Temperatur für H = 100 Oe; b) Magnetisierung M als Funktion der magnetischen Feldstärke H bei verschiedenen Temperaturen.

Im Temperaturbereich von 100 K bis 300 K ergibt die Anpassung der gemessenen Werte nach dem Curie-Weiss-Gesetz das eektive magnetische Moment zuµef f = 1,71µB /V(Cr)-Atom, die Weiss-Konstante zu θP= -150 K sowie χ0 = 4,5·10−4emu/mol. Es gilt χ0 = χdiaV V, wobei χV V die paramagnetische Van Vleck Suszeptibilität und χdia die diama-gnetische Kernsuszeptibilität darstellt. Theoretische Berechnung ergeben für χ0 einen Wert von 3,43·10−4emu/mol, woraus sich schliessen lässt, dass es sich bei den Chrom-dotierten Vanadiumoxidnitriden um einen Isolator handeln sollte. Das aus den Messungen erhaltene eektive magnetische Moment ist jedoch viel zu gering für V3+ (2,83µB/V-Atom, high-spin [25]). Dieser geringe Wert kann zum einen mit der nicht-stöchiomterischen Zusammen-setzung der Probe als auch mit einem möglicherweise metallischen Verhalten der Verbindung erklärt werden. Bei einer Temperatur von 45 K wird eine stark feldabhängige, antiferroma-gnetische Ordnung beobachtet, die für eine verkantete antiferromaantiferroma-gnetische Umwandlung spricht. Eine Dimerisierung der Vanadium-Atome und folglich eine Umwandlung erster Ord-nung könnte möglich sein, konnte mit experimentellen Methoden bislang allerdings noch nicht bestätigt werden. Die Abhängigkeit der Magnetisierung M von der magnetischen Feldstärke H ist für 5 K und 30 K in Abbildung 4.7.b dargestellt. Bei 30 K ist deutlich die Hysterese-schleife zu erkennen. Diese wird mit sinkender Temperatur kleiner und zeigt bei 5 K einen beinahe geschlossenen, S-förmigen Verlauf. Chrom-dotiertes Vanadiumoxidnitrid verhält sich annähernd wie Vanadiumoxidnitrid mit Bixbyit-Strukur, lediglich die Ordnungstemperatur ist im Vergleich zu dem Literaturwert von 39 K um 6 K erhöht.

Anhand des oben beschriebenen Vanadiumoxidnitrids mit Bixbyit-Struktur sollte unter-sucht werden, ob es möglich ist, über eine topotaktische Syntheseroute ein neues, metastabi-les Vanadiumoxid darzustellen. Zwei entscheidende Faktoren machen das Vanadiumoxidnitrid mit Bixbyit-Struktur zu einem geeigneten Kandidaten für eine solche topotaktische Reakti-on. Zum einen ist der Sticksto-Gehalt mit 0,02 bis 0,5 m.-% recht gering, sodass nur ein kleiner Teil der Anionen ausgebaut werden muss. Vanadium als Kation aus der Reihe der 3d-Übergangsmetalle kann leicht die Oxidationsstufe ändern und ermöglicht so die Kompen-sation der mit dem Anionenausbau einhergehenden Verringerung der elektrischen Ladung. Der

zweite entscheidende Faktor ist in der Kristallstruktur selbst begründet. Die Bixbyit-Struktur kann als Überstruktur der Fluorit-Struktur mit geordneten Leerstellen im Anionenteilgitter beschrieben werden. Ausgehend von der Fluorit-Struktur wird ein Viertel der Anionen ent-fernt, auÿerdem wird der Gitterparameter in alle drei Richtungen verdoppelt, so dass eine achtfach gröÿere Elementarzelle entsteht, wodurch insgesamt eine niedrigere Symmetrie re-sultiert. Abbildung 4.8. zeigt die Gruppe-Untergruppe-Beziehung zwischen dem Aristotyp Fluorit und dem Hettotyp Bixbyit.

Abbildung 4.8.: Gruppe-Untergruppe-Beziehung zwischen Fluorit-Typ (Fm3m) und Bixbyit-Typ (Ia3).

Der Bixbyit-Typ kristallisiert in der kubischen Raumgruppe Ia3, die Kationen besetzen die kristallographischen Lagen 8a (0 , 0 , 0) und 24d (x , 0 ,14), die Anionen besetzen die Wycko-Position 48e (x , y , z). Anionenleerstellen benden sich auf 16c (x , x , x) mit x≈18. Alle Kationen werden oktaedrisch von Anionen und die Anionen tetraedrisch von Kationen koordiniert. Die Leerstellen in der Bixbyit-Struktur können teilweise mit weiteren Anionen

besetzt werden. So wird beispielweise im Urannitrid U2N3 die zweite Anionenlage (16c) bis zu einer Zusammensetzung U2N3,48 mit weiteren Anionen besetzt. [26, 27] Die Abweichung von der idealen A2X3-Stöchiometrie ist auch bei Zr2ON2 zu beobachten. [28] Ebenso zeigen die oben beschriebenen Vanadiumoxidnitride diesen Eekt.

Die milde Reduktion des Oxidnitrids zum Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur erfolgte durch zweistündiges Erwärmen des Edukts auf 200C in Sauersto-/Sticksto-Atmosphäre (0,3 l/h O2, 29,7 l/h N2). Allerdings konnte auf diesem Weg der Stickstogehalt lediglich um ca. 20 % gesenkt werden. Bei höheren Temperaturen oder höherem Sauersto-Anteil im Reaktions-gas ndet stets die Oxidation zu VO2, V3O7 bzw. V2O5 statt. Der vollständige Ausbau des Stickstos und damit die Synthese eines Vanadiumoxids mit Bixbyit-Struktur konnte über diese topotaktische Route nicht erreicht werden. Zur Darstellung von Vanadiumoxid mit Bix-byitstruktur wurde daher eine nicht-topotaktische Syntheseroute gewählt, die wie die zuvor beschriebene Synthese des Oxidnitrids von Vanadium(III)-uorid ausgeht. VF3wurde dazu zu-nächst im Temperaturbereich zwischen 475C und 600C mit einem wasserdampfgesättigtem Gasgemisch von 5 Vol.-% Wassersto in Argon umgesetzt. Das Produkt dieser Umsetzung ist stets ein Gemenge von Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur, dem bekannten Vanadiumsesqui-oxid mit Korund-Struktur und VanadiumdiVanadiumsesqui-oxid in unterschiedlichen Phasenanteilen, die von der Reaktionstemperatur und -zeit sowie dem eingestelltem Gasvolumenstrom abhängig sind.

Es zeigte sich, dass die Oxidation von VF3 zu VO2 deutlich minimiert werden kann, wenn der Wasserstogehalt des Reaktionsgases auf 10 Vol.-% erhöht wird. Die Bildung von Vanadium-sesquioxid konnte bislang noch nicht vollständig unterdrückt werden. Der bis dato höchste Phasenanteil der Verbindung mit Bixbyit-Struktur von 92,1(4) % konnte bei einer Reakti-onstemperatur von 520C, einer Reaktionszeit von drei Stunden und einem Volumenstrom des Reaktionsgases (10 Vol.-% H2 in Ar) von 10 l/h erreicht werden. Die chemische Zusam-mensetzung der Proben wurde zunächst mittels Heiÿgasextraktion bestimmt. Es zeigte sich, dass die Proben zum Teil Sauersto-Werte aufwiesen, die deutlich über dem theoretischen, masseprozentualen Sauersto-Wert von 32,024 m.-% lagen. Wie bereits für Vanadiumoxid-nitride mit Bixbyit-Struktur diskutiert, zeigt auch Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur eine

teilweise Besetzung der im Idealfall (A2X3) unbesetzten 16c-Position. Abbildung 4.9 zeigt die Ergebnisse der Berechnungen zur Abhängigkeit der elektronischen Energie∆Eelsowie der freien Enthalpie∆G vom Anionenüberschuss für verschiedene Sauerstopartialdrücke. Diese Berechnungen wurden von Dipl.-Chem. Christoph Reimann (Arbeitsgruppe Prof. Bredow) am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn durchgeführt. Hierfür wurde die elektronische Energie∆Eel auf dichtefunk-tionaltheoretischem Niveau (PWGGA) untersucht und ∆G daraus unter Einbeziehung der thermodynamischen Beiträge berechnet. Für Sauerstopartialdrücke pO

2 < 10−10bar soll-te Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur keinen Sauerstoüberschuss mehr zeigen und in der idealen 2:3-Stöchiometrie vorliegen.

−1200

−1000

−800

−600

−400

−200 0 200 400 600

0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5

E (kJ/mol)

x

∆Eel

∆G (pO2=1 bar)

∆G (pO2=10−10 bar)

∆G (pO

2=10−20 bar)

Abbildung 4.9.: Abhängigkeit der elektronischen Energie∆Eel und der freien Enthalpie ∆G vom Sauerstoüberschuss x für verschiedene Sauerstopartialdrücke.

Zur Synthese von Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur der idealen chemischen Zusammen-setzung V2O3 sollte die Reaktion bei einem möglichst geringem Sauerstopartialdruck durch-geführt werden. Daher wurden die Synthesebedingungen weiter optimiert, um den Partial-druck von Sauersto im Reaktionsraum abzusenken. Bei den durchgeführten Umsetzung von VF3zu Vanadiumoxid wird Sauersto in Form von Wasser angeboten, indem das kommerzielle

H2/Ar-Gasgemisch durch Wasser geleitet wird. Da es aufgrund der apparativen Bedingungen nicht möglich ist, denierte Sauerstopartialdrücke einzustellen, wird das Reaktionsgas im Reaktionsraum zur Reduzierung von pO2 zunächst über Titan-Schwamm geleitet, bevor das Reaktionsgas mit dem Edukt VF3 in Kontakt kommt. Diese Maÿnahme ermöglicht reprodu-zierbar die Synthese von Gemengen aus Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur sowie der ther-modynamisch stabilen Modikation mit Korund-Struktur. Die quantitative Sauersto-Analyse mittels Heiÿgasextraktion dieser Proben ergab einen Sauersto-Gehalt von 32,1(6) m.-%. Un-ter Berücksichtigung des aus der Rietveld-Verfeinerung bestimmten Anteils der Nebenphase ergibt sich die Summenformel V2O3,01. Dies stimmt innerhalb der experimentellen Fehler-grenzen gut mit der Formel V2O3 überein. Die weitere, chemische Analyse erfolgte mit-tels energiedispersiver Röntgenuoreszenzspektroskopie (EDX), Röntgenuoreszenz-Analyse (RFA) sowie 1H- und 19F-MAS-Kernresonanzspektroskopie (NMR). Sowohl mittels EDX als auch mittels RFA kann keine Fluor-Emissions-Linie beobachtet werden, die quantizierende RFA mit Vanadiumsesquioxid mit Korund-Struktur als internem Standard zeigt für Vanadi-umoxid mit Bixbyit-Struktur einen masseprozentualen Gehalt an Vanadium von 67,65 m.-%

bei einem Sauersto-Gehalt von 32,12 m.-%. Auch an der Humboldt Universität zu Berlin von Frau Priv.-Doz. Dr. Scholz durchgeführte 19F-MAS-NMR-Messungen konnten dieses Er-gebnis bestätigen. 1H-MAS-NMR-Messungen lieÿen zudem keinen vorliegenden Wassersto in dem Produktgemenge der Vanadiumoxide mit Bixbyit- sowie Korund-Struktur erkennen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Verbindung mit Bixybit-Struktur tatsächlich um eine metastabile Modikation von Vanadiumsesquioxid mit der Summenformel V2O3 handelt.

Beim Aufheizen von Vanadiumsesquioxid mit Bixbyit-Struktur an Luft ist ab einer Tempera-tur von 250C die Oxidation zu VO2 bzw. V2O5 zu beobachten. Unter Sticksto-Atmosphäre tritt bei ∼550C eine Phasenumwandlung zur thermodynamisch stabilen Modikation mit Korund-Struktur auf. Abbildung 4.10. zeigt die temperaturabhängigen Röntgenpulverbeu-gungsdiagramme einer Probe von V2O3 mit Bixbyit-Struktur unter Sticksto-Atmosphäre.

Abbildung 4.10.: in situ-Hochtemperaturröntgenpulverbeugungsdiagramme von V2O3 mit Bixbyit-Struktur unter Sticksto-Atmosphäre (λ= 70,93 pm).

Weiterhin wird beobachtet, dass die Verbindung an Luft bei Raumtemperatur innerhalb we-niger Wochen zu VO2 oxidiert wird.

Abbildung 4.11. zeigt die Rietveld-Verfeinerung einer Röntgenbeugungsmessung von Va-nadiumoxid mit Bixbyit-Struktur, die entsprechenden numerischen Ergebnisse sind in den Tabellen 4.2. und 4.3. zusammengefasst.

Abbildung 4.11.: Röntgenpulverbeugungsdiagramm von Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur mit graphisch dargestellten Ergebnissen der Rietveld-Verfeinerung (λ=154,058 pm); grün: Reexlagen von V2O3 im Bixbyit-Typ (obere Reihe) und im Korund-Typ (untere Reihe).

Tabelle 4.2.: Ergebnisse der Rietveld-Verfeinerung von V2O3 mit Bixbyit-Struktur.

Summenformel V2O3 V2O3

Strukturtyp Bixbyit Korund

Raumgruppe Ia3 R3c

Kristallsystem kubisch trigonal

Gitterparameter a = 939,18(2) pm a = 497,32(5) pm c = 1396,7(3) pm Elementarzellvolumen V 828,41(3)·106pm3 299,17(7)·106pm3

Molare Masse M 149,639 g/mol 149,878 g/mol

Formeleinheiten Z 16 6

Berechnete Dichteρ 4,79 g/cm3 4,99 g/cm3

Diraktometer Siemens D5000

Wellenlänge CuKα1 λ= 154,058 pm

Winkelbereich 2θ 5 - 120

Anzahl der Prolpunkte 6144

Anzahl verfeinerter Parameter 86

Rwp 0,0307

Rexp 0,0205

S 1,50

Phasenanteil in m.-% 92,1(4) 7,9(1)

Tabelle 4.3.: Atomparameter von V2O3 mit Bixbyit-Struktur aus der Rietveld-Verfeinerung.

Atom Wycko x y z Besetzung Biso/ 104pm2

V1 8a 0 0 0 0,1667 0,8(4)

V2 24d 0,2821(1) 0 0,25 0,5 1,0(3)

O1 48e 0,1437(4) 0,1260(5) 0,9055(4) 1,0 0,2(1)

Abbildung 4.12.: Elementarzelle und Polyederverknüpfung in der Kristallstruktur von V2O3. Die Elementarzelle von Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur sowie die Verknüpfung der Polyeder innerhalb der Kristallstruktur ist in Abbildung 4.12. dargestellt. Die Koordinations-polyeder der Vanadiumatome auf den beiden verschiedenen Lagen sind in Abbildung 4.13.

gezeigt. Bei dem Polyeder um V1 handelt es sich um ein ideales Oktaeder, der Abstand zwischen Vanadium- und Sauersto-Atomen beträgt 200,2 pm. Die Koordination um V2 ist verzerrt-oktaedrisch mit einem mittleren Abstand der Vanadium- und Sauerstoatome von 203,8 pm. Diese Werte stimmen sehr gut mit dem aus den Ionenradien resultierenden Ab-stand von 202 pm überein. [29, 30] Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur hat eine berechnte Dichte von 4,79 g/cm3, wohingegen die Dichte der thermodynamisch stabilen Modikation

Abbildung 4.13.: Koordinationspolyeder und interatomare Abstände in pm der Oktaeder um V1 (links) und V2 (rechts).

in der Korund-Struktur 4,99 g/cm3 beträgt. Entsprechend der Ostwald-Volmer-Regel zeich-nen sich metastabile Verbindungen, die bei milden Temperaturen dargestellt wurden, durch geringere Dichten aus und vollziehen bei höheren Temperaturen Phasenumwandlungen hin zu stabileren Modikationen mit höheren Dichten. [25]

Theoretische Berechnungen zur Stabilität und zum Magnetismus von Vanadiumsesqui-oxid mit Bixbyit-Struktur wurden von Dipl.-Chem. Christoph Reimann (Arbeitsgruppe Prof.

Bredow) am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn sowie Dipl.-Chem. Claudia Wessel (Arbeitsgruppe Prof. Drons-kowski) am Institut für Anorganische Chemie der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hoch-schule Aachen durchgeführt. Die relativen Stabilitäten einiger Polymorphe von Vanadiumses-quioxid wurden auf dichtefunktionaltheoretischem Niveau untersucht. Um den Eekt der Basissätze auf die strukturellen und thermodynamischen Eigenschaften zu untersuchen, wur-den komplementäre Methowur-den eingesetzt, bei wur-denen die Kristallorbitale entweder durch ebene Wellen oder durch atomzentrierte Gauss-Funktionen beschrieben wurden. Die Gitterparame-ter und Atompositionen wurden für 15 hypothetische Kristallstrukturen der Stöchiometrie V2O3 optimiert. Abbildung 4.14. zeigt die relativen Stabilitäten der sechs Polymorphe mit der niedrigsten Energie.

Abbildung 4.14.: Relative Stabilitäten der sechs energetisch günstigsten Polymorphe von V2O3.

In Übereinstimmung mit den experimentellen Daten sind die Tieftemperatur-Phase (AFI, Raumgruppe I 2/a, Nr. 15) sowie die Modikation mit Korund-Struktur (Raumgruppe R3c, Nr. 167) die energetisch bevorzugten Modikationen. Die Bixbyit-Struktur ist bei Vernachläs-sigung der Schwingungsenergie um lediglich 9 kJ/mol pro Formeleinheit weniger stabil als die AFI-Phase. Diese geringe Energiedierenz ist ein deutliches Argument dafür, dass es sich bei der vorliegenden Verbindung um eine metastabile Modikation von Vanadiumsesquioxid han-delt. Um die thermodynamische Stabilität bei endlicher Temperatur abschätzen zu können, wurden Berechnungen zur Phononenzustandsdichte (pDOS, phonon density of states) für die Bixbyit- und die Korund-Struktur durchgeführt. Für beide Struktur-Typen besitzt die Phono-nenzustandsdichte nur positive Werte. Das Fehlen von imaginären Moden, die als negative Werte der Phononenzustandsdichte in Erscheinung treten würden und auf eine inhärente, strukturelle Instabilität hinweisen, ist wie die geringe Energiedierenz ein weiterer Beleg für die Metastabilität der Bixbyit-Phase.

Messungen zum Magnetismus von V2O3 mit Bixbyit-Struktur wurden ebenfalls von Dr.

Wilfried Hermes (Arbeitsgruppe Prof. Pöttgen, Münster) durchgeführt. Gemessen wurde das magnetische Verhalten von V2O3 ebenfalls im Temperaturbereich von 2,1 K bis 305 K bei magnetischen Flussdichten bis 80 kOe. Abbildung 4.15 zeigt das magnetische Verhal-ten sowie die Wärmekapazität von V2O3 mit Bixbyit-Struktur in Abhängigkeit von der Temperatur. Die Anpassung der gemessenen Werte im Temperaturbereich von 100 K bis 300 K erfolgt nach dem Curie-Weiss-Gesetz. Man erhält für das eektive magnetische Mo-ment µef f = 1,68µB/V(Cr)-Atom, für die Weiss-Konstante zu θP= -100 K sowie für χ0 = 4,7·10−4emu/mol. Auch bei V2O3 sollte es sich entsprechend der theoretischen Berechnung für χ0 um einen Isolator handeln. Allerdings wurde auch für diese Verbindung ein deutlich kleineres eektives magnetisches Moment aus den Messdaten bestimmt, als theoretisch für V3+ zu erwarten ist (2,83µB/V-Atom, high-spin). Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur zeigt erwartungsgemäÿ ebenfalls eine stark feldabhängige, antiferromagnetische Ordnung bei einer Temperatur von 50 K. Die Messung der Wärmekapazität cp zeigt einen breiten Übergang bei ca. 40 K. Die Messungen zur Abhängigkeit der Magnetisierung M von der magnetischen

Feld-Abbildung 4.15.: a) Magnetische Suszeptibilitätχ(T)und inverse magnetische Suszeptibilität χ−1(T) von V2O3 gemessen bei 10 kOe. b) ZFC-FC-Messung der Suszep-tibilität für H = 100 Oe. c) Messung der Wärmekapazität cp von V2O3. stärke H sind in Abbildung 4.16 für verschiedene Temperaturen dargestellt. Bei 40 K kann eine Hysterese beobachtet werden, die mit sinkender Temperatur kleiner wird und bei 10 K einen geschlossenen, S-förmigen Verlauf zeigt. Die Verbindung zeigt bei 300 K paramagnetisches Verhalten.

Allgemein lässt sich feststellen, dass die Verbindungen mit Bixbyit-Struktur (V2O3,07N0,13, [22], Cr0,04V1,96O3,29N0,01 sowie V2O3) nahezu das gleiche magnetische Verhalten zeigen.

Lediglich die Ordnungstemperaturen, die eektiven magnetischen Momente sowie die para-magnetischen Curie-Weiss-Temperaturen weichen aufgrund der unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen geringfügig voneinander ab.

Abbildung 4.16.: Magnetisierung M in Abhängigkeit von der magnetischen Feldstärke H bei verschiedenen Temperaturen.

Röntgenabsorptionsspektroskopische Untersuchungen an V2O3und V2O3,126N0,016mit Bix-byit-Struktur wurden von Dipl.-Phys. Alexander Müller (Arbeitsgruppe Prof. Ressler) der Technischen Universität Berlin am Strahlrohr C des Hamburger Synchrotronstrahlungslabors, HASYLAB (Positronenspeichering DORIS III) durchgeführt und anschlieÿend ausgewertet.

Die EXAFS-Messungen (extended x-ray absorption ne structure) erfolgten an der Vana-dium K-Kante bei einer Energie von 5,464 keV. Der erforderliche Energiebereich wurde mit einem Silicium-(111)-Doppelkristallmonochromator aus der Synchrotronstrahlung herausge-ltert. Aus den Messdaten wurde mit dem Programm WinXAS, [31], der oszillierende Anteil χ(k) des Absorptionskoezienten extrahiert. Die Frequenz dieser Oszillation ist vom Ab-stand der jeweiligen Rückstreuer abhängig. Durch eine Fourier-Transformation vonχ(k) ist

Abbildung 4.17.: Pseudoradialfunktion von V2O3 mit Bixbyit-Struktur aus den EXAFS-Daten; rot: Pseudoradialfunktion aus den Messdaten; blau: simulierte und verfeinerte Pseudoradialfunktion aus der Modellstruktur; schwarz: Imagi-närteil der Pseudoradialfunktion.

es möglich, aus der Oszillation die einzelnen Beiträge der Streuschalen um das Absorberatom herauszutrennen. Die resultierende Funktion, auch Pseudoradialfunktion genannt, hat die Be-deutung einer radialen Verteilungsfunktion, die die Häugkeit der auftretenden Abstände um das Absorberatom widergibt. In Abbildung 4.17 ist der Velauf der Pseudoradialfunktion von V2O3 mit Bixbyit-Strukur dargestellt. Im Verlauf der Pseudoradialfunktion erscheinen zwei deutlich ausgeprägte Maxima. Das erste Maximum tritt bei ca. 1,6 Å auf und wird durch die Wechselwirkung des Photoelektrons mit den Sauersto-Atomen der ersten Koordinationss-phäre um das Vanadium-Atom hervorgerufen. Das zweite Maximum bei ca. 2,7 Å entsteht durch die Wechselwirkung der Photoelektronen mit den Vanadium-Atomen der zweiten Ko-ordinationssphäre. Die Lage der Streuschalen ist gegenüber den tatsächlichen Abständen in

der Struktur leicht verschoben. Die typischen Vanadium-Sauersto-Abstände aus den ver-feinerten kristallographischen Daten betragen ca. 202 pm, der Abstand Vanadium-Vanadium beträgt 310 pm - 315 pm. Diese Verschiebung der in der Pseudoradialverteilung auftreten-den Maxima um ca. 50 pm ist ein mathematisches Artefakt, hervorgerufen durch die Art der Atompotentialnäherung. Durch die Verfeinerung wird die Phasenverschiebung herausge-rechnet. Die für die Verfeinerung benötigten Streupfade wurden mit dem Programm FEFF berechnet. Der Verlauf der Pseudoradialfunktion konnte wie in Abbildung 4.17 ersichtlich sehr gut simuliert werden. Der Verlauf der Pseudoradialfunktion ähnelt dem Verlauf der entspre-chenden Funktion von Vanadiumoxidnitrid mit Bixbyit-Struktur. Abbildung 4.18 zeigt die aus den EXAFS-Daten extrahierte Pseudoradialfunktion von V2O3,126N0,016 mit Bixbyit-Struktur mit der aus der Modellstruktur simulierten und verfeinerten Pseudoradialfunktion. Es ist zu erkennen, dass für Vanadiumoxid mit Bixbyit-Struktur sowohl die Amplitude der Vanadium-Sauersto-Streuschale als auch die der Vanadium-Vanadium-Streuschale gegenüber den für das isotype Vanadiumoxidnitrid erhaltenen Amplituden deutlich kleiner sind. Auÿerdem sind die aus der Verfeinerung erhaltenen Werte für die Debye-Waller-Faktoren für Vanadiumoxid deutlich gröÿer als für Vanadiumoxidnitrid mit Bixbyit-Struktur. Üblicherweise deutet ein solches Ergebnis auf Fehlordnungen im Kationen- und/oder Anionenteilgitter hin. In diesem Fall konnte bislang allerdings noch keine zufriedenstellende Erklärung für diese Sachverhalte gegeben werden.

Abbildung 4.18.: Pseudoradialfunktion von V2O3,126N0,016 mit Bixbyit-Struktur aus den EXAFS-Daten; rot: Pseudoradialfunktion aus den Messdaten; blau: simu-lierte und verfeinerte Pseudoradialfunktion aus der Modellstruktur; schwarz:

Imaginärteil der Pseudoradialfunktion.

von Verbindungen mit

Anatas-Struktur