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Experimentelle Befunde für einen Zusammenhang zwischen SWS und

2.3 Schlaf und Gedächtnis

2.3.5 Slow-Wave-Sleep und Gedächtnis

2.3.5.2 Experimentelle Befunde für einen Zusammenhang zwischen SWS und

während des Schlafs bei trainierten Ratten sind, gibt es nach Maquet (2001) keinen Beweis dafür, dass diese neuronalen Aktivitäten tatsächlich die Verhaltensadaptation an die neue Umgebung verbessern. Zudem führt er auch eine Untersuchung an, die zeigt, dass Entladungsmuster multipler hippocampaler Einheiten, die einige Minuten Wacherfahrungen reflektieren, während des nachfolgenden REM reproduziert werden (Louie & Wilson, 2001).

Insgesamt warnt Maquet (2001) also auch davor, die geschilderten Ergebnisse als definitiven Beweis für die Beteiligung des Schlafes an Gedächtnisprozessen anzusehen.

Drittens stellen Hinton und Dayan (1995) eine weitere sehr ähnliche neurophysiologische Theorie von Zyklen reziproker Kommunikation während einer Nacht, hier jedoch hinsichtlich eines Zusammenspiels von SWS und REM, in einem "Schlaf-Wach-Algorithmus" für unbeaufsichtigtes Lernen vor. Wenn man simulierte neuronale Netze verwendet, aktiviert der Algorithmus „bottom-up Erkennungsverbindungen“ während der Wachphase, um Repräsentationen von Inputs in einer oder mehreren versteckten Schichten zu produzieren. Während der Schlafphase versuchen „top-down generative Verbindungen“ das originale Signal in den Eingangsschichten wieder herzustellen. Stickgold (1998) nimmt nun an, dass während Wach und REM (Hintons Wach) Information vom Cortex (Eingangsschicht) zum Hippocampus (versteckte Schicht) geleitet wird, wo dann eine Repräsentation der originalen sensorischen Information erstellt wird. Später wird die Information während des SWS (Hintons Schlaf) vom Hippocampus zurück zum Cortex geleitet.

Insgesamt scheint der endogene graduelle Prozess durch den Gedächtnisrepräsentationen durch anhaltende Reaktivierungen in den Neocortex transferiert werden, eine mögliche Erklärung der gedächtnisfördernden Wirkung des Schlafes darzustellen. Die experimentelle Überprüfung, der geschilderten Annahmen soll im folgenden ausführlicher erläutert werden.

2.3.5.2 Experimentelle Befunde für einen Zusammenhang zwischen SWS und Gedächtnis

konnten sie darüber hinaus zeigen, dass die trisynaptischen Populationsantworten wesentlich kleiner während des REM oder während des Wachzustands waren, als während SWS. An dieser Stelle muss allerdings angemerkt werden, dass es sich bei dem im Tierexperiment untersuchtem SWS in der Regel um den im Humanbereich mit NREM zusammengefassten Schlaf handelt, so dass hier auch eine leichte bis mittlere Schlaftiefe mit eingeht. In einer weiteren Arbeit konnten Winson und Abzug (1978) zeigen, dass die granulären Zellmembranen des Gyrus dentatus relativ hyperpolarisiert waren, während die Ratten motorisch ruhig aber wach waren; im Unterschied dazu wurden die gleichen Membranen während des SWS durch ein Bombardement an neuraler Aktivierung tonisch erregt. In jüngerer Zeit entdeckten Chrobak und Buzsaki (1994) – wie bereits im vorausgehendem Abschnitt referiert - das Vorherrschen einer wichtigen Aktivität in der hippocampalen Formation während des SWS. Die Autoren untersuchten die Aktivität von Neuronen innerhalb der medialen retrohippocampalen Regionen (Subiculum, Praesubiculum, Parasubiculum, medialer entorhinaler Cortex). Sie entdeckten eine signifikante Änderung der elektrischen Aktivität in diesen Hirnregionen, die sie als „sharp wave“ Zustände beschrieben, was bedeutet, dass viele Zellen in periodisch auftretenden synchronen Salven entladen. Diese Wellenform entspricht auf der Verhaltensebene Zuständen wacher Unbeweglichkeit und lässt sich auch im SWS ableiten, nicht jedoch im aktiven Wachzustand und im paradoxem Schlaf.

Die Autoren nehmen an, dass diese Aktivität eine wichtige Rolle in der Gedächtniskonsolidierung spielt. Staba und Mitarbeiter (Staba, Wilson, Fried & Engel, 2002) zeichneten über Tiefenelektroden zu medizinischen Diagnosezwecken Entladungen hippocampaler Neurone beim Menschen auf. Die mittlere Feuerungsrate von Populationen einzelner Neurone war signifikant höher während des SWS oder während des Wach als während des REM-Schlafes. Zudem waren die explosionsartigen Entladungen "burst firing"

signifikant größer während des SWS im Vergleich zu Wach oder REM. Die Autoren nehmen an, dass die synchronisierten Zustände während des SWS und die assoziierten hochfrequenten Explosionsentladungen möglicherweise gleiche Funktionen wie im nicht-primaten Hippocampus haben, wo explosionsartige Entladungen zu synaptischen Modifikationen in hippocampalen Schaltkreisen und in hippocampalen Projektionen zu neocortikalen Zielstrukturen führen. Die beschrieben Befunde stützen damit die theoretische Annahme, dass eine Reaktivierung gespeicherter Repräsentationen im Hippocampus während des SWS geschieht, und dass diese leicht durch den Hippocampus übertragen werden kann, ohne dass die gespeicherten Repräsentationen modifiziert werden.

Einen der ersten Hinweise auf eine Reaktivierung gespeicherter Repräsentationen im Hippocampus während des SWS lieferte eine Untersuchung von Wilson und McNaughton (1994). Die Autoren haben Aktivitätskorrelationen von gleichzeitig aufgezeichneten Verbänden hippocampaler Zellen bei drei Ratten während eines räumlichen Verhaltenstests und während des SWS, der diesem Training vorausging bzw. ihm nachfolgte, untersucht. Mit dieser Multielektroden-Aufzeichnungstechnik wird die Aktivität von 50 bis 100 einzelnen Zellen in der Area CA1 des Hippocampus gleichzeitig überwacht. Zellen, die gemeinsam feuern, wenn das Tier einen bestimmten Platz der Umgebung besetzt, zeigen eine zunehmende Tendenz, während des nachfolgenden Schlafes, speziell während der ersten NREM-Schlaf Episode (Wilson, 1996), zusammen zu feuern, im Vergleich zu der Nacht, die dem Training vorausging. Dieser Effekt könnte von der synaptischen Modifikation während des Wacherlebens stammen.

Aber auch eine Korrelationsstudie mit Verhaltensdaten deutet auf einen Zusammenhang zwischen verbalen Lernaufgaben und SWS hin (Latash & Manov, 1975 zit.

nach Rotenberg, 1992b). Die gesamte Untersuchung gliedert sich in drei aufeinanderfolgende Experimente. Das Ziel des ersten Experiments war es, zu zeigen, dass eine Nacht Schlaf einen positiven Einfluss auf die Retention von Lernmaterial hat, welches unmittelbar vor dem Schlaf gelernt wurde, im Vergleich zum Lernen vor einer korrespondierenden Wachperiode.

Dieser positive Einfluss von Schlaf auf das Erlernen von zwei Listen verbalen Materials konnte bestätigt werden. Die Versuchspersonen erlernten eine Liste sinnvoller Trigramme (Worte bestehend aus drei Buchstaben, Konsonant-Vokal-Konsonant) und eine Liste sinnleerer Trigramme. Besonders deutlich war der positive Einfluss des Schlafes auf die Retention der nicht-sinnvollen Trigramme im Vergleich zu den Worten. Die Autoren schlossen hieraus, dass nicht sinnvolles Material, welches keine Assoziationen hervorrufen, eines zusätzlichen Assimilationsprozesses bedarf, der während des Schlafes stattfindet. Im zweiten Teil der Untersuchung gebrauchten Latash und Manov nur die nicht sinnvollen Trigramme. Dieses Experiment teilte sich in unterschiedliche Bedingungen: Zuerst lernten die Versuchspersonen die Trigramme unmittelbar vor dem Nachtschlaf und die Retention wurde nach experimentellem Erwecken nach den ersten zwei Schlafzyklen getestet. In der zweiten Bedingung dieses Experiments wurden die Versuchspersonen nach den ersten zwei Schlafzyklen erweckt, woraufhin der Lernprozess stattfand. Die Retention wurde in dieser Bedingung nach dem natürlichen morgendlichen Erwachen getestet. Während der ersten zwei Schlafzyklen dominiert der Delta-Schlaf, während der letzten beiden Schlafzyklen dominiert der REM. So konnte der Einfluss von Delta-Schlaf und REM separat untersucht werden. Die

Autoren fanden primär einen hervorstechenden positiven Effekt des Delta-Schlafes auf die Retention. REM hatte auch einen Einfluss auf die Retention, allerdings war dieser weniger eindeutig: Die Retention war auch nach der zweiten Nachthälfte höher im Vergleich zum Lernen vor einem korrespondierenden Wachintervall, aber es zeigten sich keine Korrelationen zwischen dem Ausmaß der Retention und dem prozentualem REM-Anteil. In einem dritten Experiment versuchten die Autoren den Einfluss von REM auf die Gedächtnisverarbeitung während des Schlafes zu untersuchen. Insgesamt schlussfolgern die Autoren, dass der positive Effekt von Delta Schlaf auf die Retention abhängig vom REM ist. Für einen ausführlicheren Überblick über die Untersuchungen siehe Latash und Manov (1975).

Befunde aus den folgenden Untersuchungen des Schlafes hirngeschädigter Patienten könnten ebenfalls auf einen Zusammenhang von SWS und Gedächtnis hindeuten. Clausen und Mitarbeiter (Clausen, Sersen & Lidsky, 1977) konnten zeigen, dass Patienten mit Down-Syndrom zwar genauso viel Zeit im REM verbrachten wie nach Alter und Geschlecht gepaarte Kontrollprobanden, dass aber die Patienten signifikant mehr Zeit in Stage 4 verbrachten als die Kontrollprobanden. Dieses Ergebnis könnte als Kompensationseffekt betrachtet werden. Allerdings konnte im Tierexperiment an genetisch veränderten Mäusen (Mäusemodelle von Down-Syndrom) gezeigt werden, dass sich die Anzahl der paradoxen Schlafepisoden verringerte und die paradoxe Schlaflatenz zunahm. Zudem zeigte sich nach totaler Schlafdeprivation dieser Mäuse weder SWS noch REM Rebounds (Colas, London, Gharib, Cespuglio & Sarda, 2004). Feldman (1971) untersuchte den Schlaf einer Patientin mit locked-in Syndrom und fand eine starke Abnahme von REM-Schlaf und nur sehr wenig Stage 4 Schlaf. Die starke Abnahme des REM-Schlafes wird der reduzierten Muskelaktivität und der generellen Unbeweglichkeit zugeschrieben. Der herabgesetzte SWS Anteil könnte möglicherweise auf eine geringere kognitive Beanspruchung auch im Sinne deklarativer Gedächtnisbildung zurückzuführen sein.

Weiterhin existieren vereinzelte Untersuchungen deren überraschende nicht hypothesenkonforme Befunde einen Einfluss von SWS auf das Gedächtnis nahe legen.

Beispielsweise konnten Fowler und Mitarbeiter (Fowler et al., 1973) zeigen, dass die Gedächtnisleistung nach einem Intervall mit relativ viel REM schlechter ist als die Gedächtnisleistung nach einem Intervall mit relativ viel SWS.

Insgesamt unterstützen die geschilderten experimentellen Befunde die Annahme, dass der SWS einen Einfluss auf die Gedächtnisverarbeitung hat. Auch für den SWS gilt, dass sein Beitrag an der Gedächtnisbildung aufgabenspezifisch zu sein scheint. So unterstützen insbesondere Untersuchung aus dem Humanbereich die Annahme, dass der SWS wesentlich

an der Verarbeitung von (hippocampal vermittelten) deklarativen episodischen Erinnerungen beteiligt ist.

2.3.5.3 Experimentelle Befunde gegen einen Zusammenhang zwischen SWS und Gedächtnis