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3.2 Etablierung und Evaluierung einer multi-funktionellen

3.2.2 Evaluierung der Medikamententestplattform

Da die Zielsetzung war, eine Medikamententestplattform mit Anwendbarkeit an Kurzzeit-Kulturen primärer Zellen und Gewebeschnitte zu entwickeln, wurde deshalb die etablierte Plattform im Folgenden an diesen beiden Kultursystemen evaluiert.

Optimierungsschritte des Abschnittes 3.1.2.2 gezeigt haben, mussten zum Ausgleich der Gewebe-internen Inhomogenitäten und zur Gewinnung von repräsentativen Proben für Analysen mehrere Gewebeschnitte vereint werden. Für die Vitalitäts- und Apoptose-Messung sowie für die Herstellung von Proteinlysaten zur Verwendung im multi-funktionellen ELISA wurden jeweils drei Schnitte vereint. Für immunhistologi-sche Analysen zur Morphologie- und Proliferationsbestimmung mittels HE- und Ki67-Färbung wurden zwei Schnitte berücksichtigt. So wurden pro Behandlung acht Gewebeschnitte zu einem Zeitpunkt benötigt. Bei einer Messung von vier Behand-lungsvarianten zu jeweils drei Zeitpunkten wurden insgesamt 96 Schnitte benötigt.

Bei der Verwendung von Gewebeschnitten in der Medikamententestplattform bot sich der Vorteil, dass zum jeweiligen Zeitpunkt die Schnitte zunächst kryokonserviert bzw. in Formalin fixiert und sämtliche Messungen später durchgeführt werden konnten.

Durch die im Abschnitt 3.1.2 beschriebenen Etablierungs- und Optimierungsschritte beider In vitro-Kultursysteme standen die hier aufgeführten Zell- und Gewebeschnitt-zahlen für die folgende Durchführung der Medikamententestplattform zur Verfügung.

Als Beispiel der Proliferationsbestimmung sind in Abb. 33 repräsentative Bilder der BrdU-Färbung von 48h-behandelten Zellen des Patienten A2359 dargestellt.

Abb. 33: Proliferationsbestimmung in Kurzzeit-kultivierten primären Zellen

Gezeigt sind repräsentative Bilder der 48h behandelten Kurzzeit-kultivierten primären Zellen des Patienten A2359 nach Immunfluoreszenzfärbung des inkorporierten BrdU, 200-fache Vergrößerung mit 100µm-Maßstab. Die BrdU-positiven Zellen (grün) und die Gesamtzahl der Zellen (Hoechst 33342-Kernfärbung, blau) wurden mittels einer Maske ermittelt und die Proliferationsverhältnisse der verschiedenen Behandlungsvarianten berechnet. Die Vimentin-positiven Fibroblasten (rot) wurden ebenfalls gefärbt und ihr prozentualer Anteil an den proliferierenden Zellen bestimmt. DMSO und Iressa® weisen ca. 50% proliferierende Zellen und 5-8% Fibroblasten auf, die selbst zu 30% positive BrdU-Färbung aufweisen. FOLFOX zeigt knapp 20% proliferierende Zellen und 6% für BrdU negative Fibroblasten. Nach GOLF-Behandlung ist keine Proliferation sichtbar, der Fibroblastenanteil geht auf knapp 3% zurück.

Anhand der DMSO-Kontrollen zeigte sich, dass die Kurzzeit-kultivierten primären Zellen deutlich weniger proliferierende Zellen (hier ca. 50% der Population) als die zuvor verwendeten Langzeit-Kulturen aufwiesen. Die Iressa®-Behandlung erzeugte

Iressa®

DMSO FOLFOX GOLF

wie bei den Vortests keine erkennbare Reaktion. FOLFOX hingegen zeigte eine deutlich geringere Konfluenz der Zellen und nur noch knapp 20% für BrdU positiv gefärbte Zellen. Die GOLF-Behandlung bestätigte den in den vorherigen Untersu-chungen festgestellten stärkeren Rückgang der Zellzahl und den kompletten Abfall der Proliferation, wobei zusätzlich ebenfalls der Fibroblastenanteil der Kulturen zurückging.

Beim ATP-Vergleich als Vitalitätsindiz (Abb. 34 A) bewirkte die Behandlung mit Iressa® in den primären Zellen wie in allen vorherigen Analysen keine Änderungen.

Die kultivierten Gewebeschnitte zeigten hingegen sehr deutliche individuelle Reaktionsmuster und zusätzlich Messschwankungen der ATP-Level. Ein bis zu 8-fach höherer ATP-Level im Vergleich zu den DMSO-Kontrollschnitten wurde hierbei beobachtet. Die FOLFOX- und GOLF-Behandlungen hingegen erzeugten bei beiden In vitro-Kultursytemen einen deutlichen Abfall des ATP-Levels bis unter 10% der DMSO-Kontrollen. Dieser Abfall war jedoch bei den primären Zellen gegenüber den Gewebeschnitten etwas stärker und über die Zeit gleichmäßiger.

Der Vergleich der Caspase 3-Aktivierung als Indiz der Apoptose verwies auf einen weiteren Unterschied zwischen beiden Kultursystemen (Abb. 34 B). Beiden gemein-sam war, dass wiederum Iressa® keine Wirkung zeigte. Bei FOLFOX und GOLF jedoch waren deutliche Aktivierungen der Caspase 3 zu verzeichnen. Die Caspase 3-Aktivierung war in primären Zellen durch GOLF-Behandlung (knapp 3-fach nach 48h) stärker als durch FOLFOX (2-fach nach 24h). Bei den Gewebe-schnitten jedoch unterschieden sich beide Behandlungen mit einer 2-2,5-fachen Aktivierung der Caspase 3 nur wenig voneinander. Allerdings zeigten die primären Zellen überwiegend eine frühe Caspase 3-Induktion (um 24h), die anschließend wie-der absank. In den Gewebeschnitten hingegen trat die Wirkung beiwie-der Kombinatio-nen zeitlich versetzt auf (erst um 72h).

Abb. 34: ATP und aktivierte Caspase 3 in behandelten primären Zellen und Gewebeschnitten Die Vitalität wurde durch ATP-Messung (s. 2.3.4.3), die Apoptose-Induktion durch Messung der aktivierten Caspase 3 (s. 2.3.4.4) in Kurzzeit-kultivierten primären Zellen und Gewebeschnitten bestimmt. Dargestellt sind die relativen Änderungen bezogen auf die jeweiligen DMSO-Kontrollen. Die Box Plots umfassen jeweils die fünf primären Zellkulturen (hellgrau) und die fünf kultivierten Gewebe-schnittkulturen (dunkelgrau).AATP-Messung. BCaspase 3-Bestimmung. Ein Abfall des ATP-Levels und ein gleichzeitiger Anstieg der aktivierten Caspase 3 sind bei FOLFOX und GOLF erkennbar.

Dieser Abfall und Anstieg erweist sich bei den primären Zellen als überwiegend stärker als in den Gewebeschnitten. Iressa® verursacht in Gewebeschnitten einen höheren ATP-Level mit hohen Mess-schwankungen, beeinflusst jedoch in beiden Kultursystemen nicht die Aktivierung der Caspase 3.

Bei der Betrachtung von pAkt war in beiden In vitro-Kultursystemen zum wieder-holten Mal Iressa® ohne erkennbare Reaktion. Sowohl die FOLFOX- als auch die GOLF-Behandlung erzeugten in primären Zellen eine Reduktion des pAkt-Levels (Abb. 35 A). Der Abfall in den primären Zellen auf 10% der DMSO-Kontrollen war stärker als in den Gewebeschnitten (30%), die zu Beginn der Zeitreihen einen höheren pAkt-Level aufwiesen (knapp das 3-fache der DMSO-Kontrollen).

A

B

Abb. 35: Level von pAkt und pGSK-3in behandelten primären Zellen und Gewebeschnitten Die Level von pAkt und pGSK-3 (s. 2.3.4.8) wurden in Kurzzeit-kultivierten primären Zellen und Gewebeschnitten bestimmt. Dargestellt sind die relativen Änderungen bezogen auf die jeweiligen DMSO-Kontrollen. Die Box Plots umfassen jeweils die fünf primären Zellkulturen (hellgrau) und die fünf kultivierten Gewebeschnittkulturen (dunkelgrau). A pAkt. B pGSK-3. Ein Abfall des pAkt- und des pGSK-3-Levels ist bei FOLFOX und GOLF erkennbar. Dieser fällt bei den primären Zellen über-wiegend stärker aus als in den Gewebeschnitten. Iressa® verursacht teilweise einen zunächst (24h) höheren pAkt-Level, jedoch keine Veränderungen des pGSK-3-Levels.

Ähnliche Verhältnisse wie für pAkt galten für die Analyse von pGSK-3 (Abb. 35 B).

Auf Iressa® zeigten die Kulturen wiederholt keine Reaktion. Die Gewebeschnitte reagierten zwar auf FOLFOX und GOLF, der pGSK-3-Level sank aber in beiden Fällen nicht unter 50% der DMSO-Kontrollen. In den primären Zellen hingegen kam es im Vergleich zur DMSO-Kontrolle zu einem sehr deutlichen Absinken von pGSK-3. Dieser Abfall war wiederum durch GOLF-Behandlung stärker (10%) als durch FOLFOX (30%) (Medianberechnung).

A

B

Die Evaluierung der Medikamententestplattform an Kurzzeit-kultivierten primären Zellen und Gewebeschnitten ergab zusammenfassend folgende Ergebnisse:

 Es ließen sich bei beiden In vitro-Kultursystemen Unterschiede zwischen Medika-menten, Kombinationen und den jeweiligen Zeit-abhängigen Wirkungseffekten bestimmen ebenso wie die individuellen Reaktionsmuster einzelner Patienten.

 Die primären Zellen reagierten überwiegend sensitiver auf die Behandlungen mit FOLFOX und GOLF als die Gewebeschnitte. Generell bestätigte sich aber im Vergleich mit FOLFOX die stärkere Wirkung von GOLF, während der EGFR-Inhibitor Iressa® kaum Effekte aufwies. Dies war sowohl im Überblicksvergleich aller Patienten als auch in separat kontrollierten Vergleichen einzelner Patienten festzustellen und bestätigte die Ergebnisse der Voruntersuchungen an Langzeit-Kulturen.

 Die Auswertung der an Gewebeschnitten gewonnenen Daten zu grundlegenden und individuellen Reaktionsmustern wurde allerdings im Gegensatz zu primären Zellkulturen teilweise durch auftretende Messschwankungen erschwert.