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3.3 Anwendung der Medikamententestplattform

3.3.2 Durchführung der Medikamententestplattform

Die Färbung differierte sehr, es gab allerdings kein Gewebe, das keinerlei Ki67-Expression aufwies. Deutlich unterschiedlicher waren die Ki67-Expressionen von p53 sowie p-mTOR. Von komplett negativ über schwach und mittelstark bis zu stark ge-färbten Schnitten kamen alle Abstufungen vor, wobei die prozentualen Anteile der Zellen in Tumorbereichen und in den Krypten der Normalschleimhaut ebenfalls stark unterschiedlich waren. Hierbei war in mehreren Geweben die Menge an p-mTOR in den Krypten der Normalschleimhaut deutlich höher als in den Zellen der Tumorberei-che. Die große Bandbreite an heterogenen Färbeergebnissen ist erstens anhand der drei einzelnen Proteine gut zu erkennen. Zweitens sind die Expressionsmuster der drei Proteinlevel zwischen den Patienten ebenfalls sehr unterschiedlich.

Diese weit reichenden heterogenen Gewebe-spezifischen Charakteristika korrespon-dierten mit der großen Streuung der klinischen Daten (s. 3.3.1.1). Im Folgenden wurde die Medikamententestplattform dahingehend überprüft, ob sie trotz dieser heterogenen Ausgangslage in der Lage war, die zuvor evaluierten Ergebnisse von Medikamentenwirkungen zu reproduzieren.

Abb. 37: FOLFOX-Effekte in den primären Zellkulturen der 28 Patienten

Aufgetragen sind die durch 48h-FOLFOX-Behandlung hervorgerufenen Veränderungen in den primä-ren Zellen aller 28 Patienten: Vitalität (ATP; s. 2.3.4.3), Apoptose (Caspase 3/7; s. 2.3.4.4), Prolifera-tion (BrdU; s. 2.3.2.8 & 2.3.4.10) und Phosphorylierung von SignaltransdukProlifera-tionsproteinen (pAkt, pSTAT3 und pERK 1/2; s. 2.3.4.8). Die y-Achse zeigt die relativen Änderungen bezogen auf die jewei-ligen DMSO-Kontrollen. Die zuvor evaluierten Tendenzen, abfallender ATP-Level und BrdU-Inkorpora-tion sowie ansteigende Caspase 3/7-Aktivierung, werden bestätigt. Bei den Leveln von pAkt, pSTAT3 und pERK 1/2 sind sowohl Erhöhungen als auch abfallende Level bei einzelnen Patienten zu beob-achten. Die abfallende Tendenz des pAkt aus vorherigen Analysen ist nur schwach zu erkennen.

Trotz der zuvor charakterisierten Heterogenität der Patientenpopulation konnten übergreifende FOLFOX-Effekte gemessen werden. Die zuvor analysierten Entwick-lungen (s. 3.2.1.3 und 3.2.2) wurden bestätigt:

 ATP-Level und die Anzahl der BrdU-positiven Zellen (Proliferation) fielen ab.

 Die pAkt-Menge zeigte ebenfalls in den meisten Kulturen einen Abfall, der hier allerdings nicht unter das 0,5-fache der DMSO-Kontrollen fiel.

 Der Level der aktiven Caspase 3/7 stieg auf überwiegend signifikante Werte.

 Die Phosphorylierung von ERK 1/2 war in den meisten Kulturen nicht beeinflusst.

 pSTAT3 (erstmalig bestimmt) korrespondierte deutlich mit den pERK 1/2 Daten.

Gleichzeitig demonstrierten diese Ergebnisse, dass trotz übergreifender FOLFOX-Effekte individuelle Reaktionen der verschiedenen primären Zellkulturen durch die Plattform abgebildet werden konnten. Diese Streuung der FOLFOX-Effekte innerhalb der verschiedenen Messmethoden war sehr groß. Zur näheren Analyse dieser Streuung wurde daher eine Klassifizierungsanalyse durchgeführt, wobei nach statistischen Gruppen innerhalb der FOLFOX-Reaktionen gesucht wurde. Eine Clusteranalyse inklusive Euklidischer Distanzberechnung mit der Software „Statistica

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Data Miner“ (StatSoft (Europe) GmbH, Hamburg) konnte jedoch keine signifikante (p≤0,05) Klasseneinteilung identifizieren.

3.3.2.2 Korrelationsanalysen

Neben der Klassifizierungsanalyse wurden Korrelationsanalysen durchgeführt. Die einzelnen Ergebnisse der Medikamententestplattform, der klinischen Daten sowie der einzelnen IHC-Färbungen wurden herangezogen und nach statistisch relevanten (p ≤0,05) Korrelationen zwischen sämtlichen Daten und Parametern gesucht, um Indizien über mögliche Abhängigkeiten von Parametern zu erhalten.

Mittels „Spearman-Rangkorrelation“ der Software „Statistica Data Miner“ (StatSoft (Europe) GmbH, Hamburg) wurden zunächst die Korrelationsbeziehungen zwischen den einzelnen klinischen Daten und den Messergebnissen der Medikamententest-plattform analysiert. Wie zuvor dargelegt waren z.B. die Altersverteilung der Patien-ten, die Tumorlokalisation und die Tumorstadien äußerst unterschiedlich. Der Level von pSTAT3 nach 48h-FOLFOX-Behandlung stieg parallel mit dem Tumorstadium (I-IV) des den primären Zellen zugrunde liegenden Gewebes (Abb. 38).

Abb. 38: Korrelation zwischen Tumor-stadium und pSTAT3-Level

Dargestellt ist die Korrelation der Tumor-stadien mit den pSTAT3-Leveln nach 48h-FOLFOX-Behandlung der primären Zellen aller 28 Patienten. pSTAT3 wurde als rela-tive Änderung zur jeweiligen DMSO-Kon-trolle auf der y-Achse, die Tumorstadien I-IV auf der ordinalen Skala der x-Achse aufgetragen. Der Korrelationskoeffizient (r) gibt die Korrelation zwischen beiden Para-metern an, r2 das Korrelationsmaß und p die statistische Varianz.

Die x-Achse zeigt die Verteilung der Patienten (graue Punkte) auf die vier Tumor-stadien. Die y-Achse gibt die relativen Änderungen der pSTAT3-Level an, die sich durch die FOLFOX-Behandlung bezogen auf die jeweiligen DMSO-Kontrollzellen er-gaben. Dies wies auf eine mit p = 0,04 („statistische Varianz“) statistisch relevante und mit r = 0,44 („Korrelationskoeffizient“) mittelstarke positive Korrelation hin. Der quadrierte Korrelationskoeffizient (r2= 0,19) zeigte jedoch, dass zwischen den einzelnen Messwerten von pSTAT3 und den Tumorstadien nur zu 19% eine Korrelation besteht (100% wäre eine absolute Abhängigkeit). Innerhalb dieser Fallzahlgruppe von 28 Patienten konnte es sich hierbei um ein Zufallsergebnis handeln. Diese demnach nicht eindeutige Korrelation sollte daher durch größere

Fallzahlen kontrolliert werden. Entsprechende Analysen zwischen weiteren Messergebnissen der Medikamententestplattform und dem Tumorstadium ergaben keine eindeutigen Abhängigkeiten.

Die Korrelationsanalysen wurden daher im Folgenden auf die IHC-Ergebnisse ausgeweitet. Es wurde sowohl nach möglichen Abhängigkeiten zu den klinischen Daten als auch zu den Ergebnissen des Medikamententests gesucht. Es waren jedoch ebenfalls keine statistisch eindeutigen Korrelationen festzustellen.

Zusammenfassend war festzuhalten:

 Trotz der starken Heterogenität der eingesetzten Patientenmaterialien war die Medikamententestplattform in der Lage, die zuvor gemessenen FOLFOX-Effekte zu reproduzieren.

 Die Plattform war darüber hinaus geeignet, die individuellen Reaktionen der einzelnen In vitro-Kulturen der Patienten abzubilden.

 Klassifizierungen von Patienten-spezifischen Reaktionsgruppen oder eindeutige Aussagen über Korrelationen der verschiedenen Parameter waren mit diesen 28 Patienten nicht möglich.

4 Diskussion

Zur Entwicklung neuer Medikamente sind genaue Kenntnisse über die Reaktions-wege notwendig, um Ursachen für unterschiedliche Wirksamkeiten und individuelle Resistenzmechanismen von Tumoren identifizieren und in Behandlungskonzepten berücksichtigen zu können. Diese sind jedoch häufig noch nicht ausreichend geklärt.

Eine Medikamententestplattform stellt hierfür eine Möglichkeit dar, Daten über Reak-tionsunterschiede individueller Tumore durch die Verwendung von auf ihnen basie-render In vitro-Kulturen zu erhalten. Die parallele Gewinnung von Referenzmaterial und das Bestehen der klinischen Datenbank der Firma Indivumed GmbH bietet darüber hinaus die Möglichkeit, auf genetischer bzw. proteinbiochemischer Ebene Vergleichsanalysen vorzunehmen, um nach neuen Erkennungsmarkern, Medika-mentenzielen und Resistenzmarkern zu suchen. Nach Resistenzursachen zu suchen hat eine hohe Priorität[120, 121]. Wie Helfrich et al.[8] darlegten, können hierbei diverse Parameter wie Genexpression, Genamplifikationen, Mutationen sowie Proteinexpres-sion und Phosphorylierungsstatus eine Rolle spielen. Es gilt herauszufinden, welche Proteine und Signalwege zur Resistenz beitragen, ob sie durch Mutationen veränderte Funktionen aufweisen und ob sie als Resistenzmarker und Ziel für weitere Medikamente und Inhibitoren dienen können. Um dieser individuellen Komplexität gerecht zu werden, sollten nur mit Ursprungstumoren vergleichbare In vitro-Kultursysteme zu Analysen herangezogen werden.