• Keine Ergebnisse gefunden

Europäische Drogen- und Suchtpolitik

Im Dokument Drogen- und Suchtbericht (Seite 147-151)

Die Kinder aus dem Schatten holen!

3.1 Europäische Drogen- und Suchtpolitik

Die Europäische Union (EU) verfügt in der Drogen- und Suchtpolitik über eine begrenzte Zuständigkeit, da wichtige zugrunde liegende Politikfelder wie die Gesundheits- und Sozialpolitik nach dem Vertrag von Lissabon überwiegend in die Kompetenz der Mitgliedstaaten fallen. Grundlage für die euro pä-ische Drogen- und Suchtpolitik bildet die von der EU-Kommission vorgeschlagene und vom Rat der EU beschlossene EU-Drogenstrategie (2013–2020).

Diese wird vom derzeit gültigen EU-Drogenaktions-plan 2017–2020 näher ausgestaltet. Die EU-Drogen-strategie zielt darauf ab, „das Wohl der Gesellschaft und des Einzelnen zu wahren und zu steigern, die Volksgesundheit zu schützen, der Öffentlichkeit ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten und das Drogen-phänomen mit einem ausgewogenen, integrierten und faktengestützten Konzept anzugehen“

(EU Drogen strategie 2013–2020). Um diese Ziele zu erreichen, ist die EU-Drogenstrategie in fünf Bereiche gegliedert: Reduzierung des Angebots, Reduzierung der Nachfrage und die drei bereichs-übergreifenden Themen Koordinierung, interna-tionale Zusammenarbeit sowie Information, Forschung, Überwachung und Evaluierung. Auf EU-Ebene arbeiten verschiedene Organe und Gremien aus unterschiedlichen Blickwinkeln gemeinsam an der Umsetzung dieser Strategie.

EU-Drogenstrategie 2013–2020:

EU-Drogenaktionsplan 2017–2020:

EU-Kommission

Neue psychoaktive Substanzen kommen häufig schnell auf den Markt. Um darauf effizienter und wirksamer reagieren zu können, haben das Euro-päische Parlament und der Rat im Jahr 2017 ein Legislativpaket verabschiedet (Verordnung (EU) 2017/2101 und Richtlinie (EU) 2017/2103). Dieses ermöglicht der EU-Kommission mittels delegierter Richtlinien, zügig aufkommende neue psychoaktive Substanzen dem Drogenkontrollregime zu unter-stellen. Nachdem die neuen Vorschriften in Kraft getreten sind, hat die EU-Kommission im Dezember 2018 eine delegierte Richtlinie zur Aufnahme von fünf neuen psychoaktiven Substanzen in die europäische Drogendefinition vorgelegt. Damit unterliegen diese neuen psychoaktiven Substanzen nunmehr Kontrollmaßnahmen und strafrechtlichen Sanktionen.

Verordnung (EU) 2017/2101:

Richtlinie (EU) 2017/2103:

Delegierte Richtlinie der Europäischen Kommission:

www.eur-lex.europa.eu/

legal-content/DE/TXT/

PDF/?uri=CELEX:32017R2101

&qid=1558610182040&from=DE

www.eur-lex.europa.eu/

legal-content/DE/TXT/

PDF/?uri=CELEX:32017L2103

&qid=1558610267970&from=DE

www.eur-lex.europa.eu/

legal-content/DE/

TXT/?uri=CELEX%3A32019L0369

www.eur-lex.europa.eu/

legal-content/DE/TXT/PDF/

?uri=CELEX:52017XG0705%

2801%29&from=DE www.consilium.europa.eu/

media/30727/

drugs-strategy-2013_content.pdf

Rat der Europäischen Union

Der Rat der EU nahm unter maßgeblicher Betei-ligung der Bundesregierung im Dezember 2018 Schlussfolgerungen zu Alternativer Entwicklung an:

„Auf dem Weg zu einem neuen Verständnis von alternativer Entwicklung und entsprechenden auf Entwicklung ausgerichteten drogenpolitischen Interventionen – Beitrag zur Umsetzung der Ergebnisse der UNGASS 2016 und der Ziele der VN für nachhaltige Entwicklung“ (UNGASS 2016 - Sonder sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Weltdrogenproblem 2016, siehe Kapitel 3.2). Damit wird der EU-Ansatz zu Alternativer Entwicklung von 2006 fortentwickelt.

Alternative Entwicklung komplementiert die EU-Drogen- und Suchtpolitik, indem sie versucht, Menschen in Drogenanbauregionen alternative Einkommensquellen jenseits des Anbaus von Drogenpflanzen zu erschließen (siehe Kapitel 3.3).

Nachdem die Europäische Beobachtungstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) im Jahr 2017 Risikobewertungen für ADB-CHMINACA und CUMYL-4CN-BINACA sowie im März 2018 für Cyclopropylfentanyl und Methoxyacetylfentanyl vorgelegt hatte, konnte der Rat der EU für diese vier Stoffe im Berichtszeitraum entsprechende Kontroll-maßnahmen fassen.

Darüber hinaus beschloss der Rat der EU zur Vor-bereitung der 62. Sitzung der Suchtstoffkom mission der Vereinten Nationen (CND) im März 2019 in Wien (siehe Kapitel 3.2) u. a. einen im Namen der EU zu vertretenden Standpunkt bezüglich der Aufnahme von weiteren psychoaktiven Stoffen in die Anhänge der drei VN-Suchtstoff übereinkommen.

Schlussfolgerungen des Rates zu Alternativer Entwicklung:

Horizontale Gruppe „Drogen“

Die Horizontale Gruppe „Drogen“ (HDG) ist eine Arbeitsgruppe des Rates der EU, in der Regierungs-vertreter aller Mitgliedstaaten zusammenkommen.

Die HDG hat die Gesamtübersicht über alle drogen-bezogenen Fragen. Der jeweilige Vorsitz und das Generalsekretariat gewährleisten, dass die Gruppe über alle drogenbezogenen Fragen, die in anderen Gruppen (zum Beispiel Gesundheit, Strafrecht, Justiz und Inneres, Handel, Zoll, Auswärtiges) behandelt werden, auf dem Laufenden gehalten wird.

Im Kontext der Drogenpolitik der Vereinten Nationen (VN) koordinierte die HDG die gemein-samen Positionen der EU für die 62. Sitzung der Suchtstoffkommission der VN und verhandelte in diesem Zusammenhang einen zustimmungsfähigen Beschluss zur Aufnahme von Stoffen in die Sucht-stoffübereinkommen der VN (siehe Kapitel 3.2 Drogenpolitik der Vereinten Nationen).

2018 führte die HDG schwerpunktmäßig politische Dialoge mit den USA, Brasilien, Russland und dem Westbalkan durch, um der weltweiten Dimension des Drogenproblems Rechnung zu tragen. Ein Treffen mit der Gemeinschaft der Lateinamerika-nischen und Karibischen Staaten (CELAC) fand auf hoher Ebene in Sofia statt. Die HDG hat den o. g.

Entwurf von Ratsschlussfolgerungen zu Alternativer Entwicklung entscheidungsreif verhandelt.

data.consilium.europa.eu/

doc/document/

ST-14338-2018-INIT/en/pdf

Treffen der nationalen Drogenkoordinierenden der EU-Mitgliedstaaten

Jede EU-Ratspräsidentschaft lädt einmal zu einem Treffen der nationalen Drogenkoordinierenden ein.

Bei diesen Sitzungen werden in der Regel ein bis zwei Themen vertiefend behandelt. Anders als bei der HDG handelt es sich nicht um eine offizielle Formation des Rates, sodass mitunter losgelöst vom politischen Alltagsgeschäft diskutiert werden kann.

Hierzu werden häufig nationale und internationale Experteninnen und Experten zum jeweiligen Thema eingeladen.

Im Oktober 2018 fand das Drogenkoordinierenden-treffen auf Einladung der österreichischen Rats-präsidentschaft zum Thema „Herausforderungen und Möglichkeiten für die Prävention des Drogen-konsums im Internet einschließlich des Darknets“

statt. Hierbei wurden verschiedene Ansätze für Präventionsangebote im Internet diskutiert, ein-zelne Best-Practice-Beispiele vorgestellt und die Wichtigkeit von Strafverfolgung von illegalen Marktplatzbetreibern im Internet verdeutlicht. Der grenzüberschreitende Charakter der Problematik stand dabei im Vordergrund.

Die rumänische Ratspräsidentschaft stellte beim Treffen der Drogenkoordinierenden im April 2019 die Themen „Rolle der nationalen Drogenkoordi-nierenden “ sowie „Fallmanagement“ in den Mittel-punkt. Hinsichtlich der Rolle der jeweiligen natio-nalen Drogenkoordinierenden wurden die administrativen Unterschiede in den Mitglied-staaten dargestellt und die Wichtigkeit des EU- weiten Austauschs und der Kooperation unter-strichen. Beim Fallmanagement zeigte sich, wie wichtig gut aufeinander abgestimmte Angebote sind, um Betroffene zu stabilisieren, ihre Lebens-qualität zu erhöhen und sie in die Gesellschaft zu reintegrieren. Unterschiede zwischen den Mitglied-staaten wurden in beiden Bereichen aufgezeigt.

Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht

Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) liefert der EU und den Mit-gliedsländern objektive und auf europäischer Ebene vergleichbare Informationen über die Drogen- und Drogensuchtproblematik und ihre Folgen. Die EBDD bezieht einen Großteil ihrer Daten vom Europäischen Informationsnetz für Drogen und Drogensucht, das Beobachtungszentren in allen 28 EU-Ländern sowie in Norwegen und in der Türkei unterhält. Die EBDD

• beobachtet das Drogenproblem in Europa ( insbesondere neue Trends)

• überwacht Maßnahmen zur Bewältigung von Drogenproblemen

• informiert über bewährte Vorgehensweisen in den EU-Ländern und fördert deren Verbreitung

• bewertet die Risiken neuer psychoaktiver Substanzen

• unterhält ein Frühwarnsystem zu neuen psychoaktiven Substanzen

• entwickelt Instrumente, die den Mitgliedsländern die laufende Beobachtung und Bewertung ihrer nationalen Maßnahmen sowie der Kommission die Überwachung und Bewertung der EU-Maß-nahmen erleichtern

• veröffentlicht jährlich den Europäischen Drogen-bericht (siehe Infokasten).

Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht:

www.emcdda.europa.eu/

Drogen- und Suchtbericht 2019

Europäischer Drogenbericht 2019

Rund 96 Mio. EU-Bürger im Alter zwischen 15 und 64 Jahren (29 Prozent) haben mindestens einmal in ihrem Leben illegale Drogen genommen. Dabei konzentriert sich Drogenkonsum vornehmlich auf junge Menschen: So haben in den vergangenen zwölf Monaten geschätzt 19,1 Mio. der 15- bis 34 Jährigen (16 Prozent) illegale Drogen konsu-miert. Im Jahr 2017 verstarben in der EU 8.238 Personen an einer Überdosis einer oder mehrerer Drogen. In 78 Prozent der Todesfälle durch Überdosierungen spielten Opioide eine Rolle.

Der Kokainschwarzmarkt wächst, aber Cannabis bleibt weiterhin mit Abstand die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Europa. Mehrere Länder berichten von einem zunehmenden Gebrauch von Cannabis in jungen Altersgruppen.

Gleichzeitig stellt Cannabis die illegale Droge dar, aufgrund derer Menschen am häufigsten erstmalig spezialisierte Suchthilfeangebote aufsuchen. Wie bei Kokain und anderen illegalen Drogen nimmt auch bei Cannabis der Wirkstoffgehalt zu. Anders

als in Nordamerika spielt der Missbrauch syntheti-scher Opioide in der EU eine vergleichsweise geringe Rolle.

Bislang wird der europäische Drogenmarkt von importierten, pflanzenbasierten Drogen dominiert.

Jedoch ist eine Entwicklung hin zu einer höheren Bedeutung der innereuropäischen Produktion von synthetischen Drogen wie Methamphetamin und MDMA zu beobachten. Dies lässt auch Rück-schlüsse auf eine größere Bedeutung des Produk-tionsstandortes Europa für den globalen Markt illegaler synthetischer Drogen zu.

Neben herkömmlichen Indikatoren können weitere innovative Drogenbeobachtungsmetho-den bei allen inhärenten Schwächen zeitnahe und komplementäre Daten liefern. Mit ihrer Hilfe können bislang unentdeckte Trends aufgespürt werden. Hierbei spielen auch vergleichbare toxikologische und forensische Untersuchungen eine wichtige Rolle. Hierzu sind aber noch Verbesserungen bis hin zu europäischen Leitlinien für die forensische Untersuchung von Drogento-ten erforderlich.

Neue digitale Angebote im Bereich mobile health kommen in der Prävention, Behandlung und Schadensminimierung zum Einsatz. Sie reichen von einfacher Informationsbereitstellung über Hilfsangebote bis hin zu Selbsthilfe-Apps. Jedoch fehlen teilweise noch Qualitätsstandards, Daten-schutzbestimmungen und Evaluationen.

Europäischer Drogenbericht 2019:

0 0

35 % 24,7 Millionen 91,2 Millionen

17,5 Millionen

3,9 Millionen

2,6 Millionen

18 Millionen

12,4 Millionen 13,7 Millionen

27,4 %

14,4 %

3,5 % 21,8 % 0,2 % 4,7 %

5,4 %

1,3 Millionen

0,5 % 3,7 %

2,6 Millionen

2,1 Millionen

1,7 Millionen

1,2 Millionen 2,1 %

Junge Erwachsene (15-34)

Junge Erwachsene (15-34)

Junge Erwachsene (15-34)

des Konsums im letzten Jahr

Nationale Schätzungen des Konsums im letzten Jahr

Nationale Schätzungen des Konsums im letzten Jahr

Nationale Schätzungen des Konsums im letzten Jahr Jahresprävalenz

Junge Erwachsene (15-34)

3.2 Drogenpolitik der Vereinten

Im Dokument Drogen- und Suchtbericht (Seite 147-151)