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I. Die Erträge der verschiedenen Gründüngungspflanzen und ihr Verhalten zum Standort

4. Erträge bei Verwendung künstlicher Düngemittel

Wie die Anordnung der Versuche und speziell Tabelle I zeigt, wurde im Jahre 1902 auf den verschiedenen Versuchsorten vor der Aussaat der Leguminosen je ein Beet mit Thomasmehl oder Superphosphat oder mit Thomasmehl und Kainit gedüngt, um den Einfluss der künstlichen Düngung auf den Ertrag der Gründüngungspflanzen zu ermitteln. In Tabelle X sind die

1) Handbuch der gesamten Landwirtschaft, herausgegeben von Freiherr von der Goltz, Tübingen 1889, II. Bd. S. 523.

Erträge der gedüngten und ungedüngten Beete vergleichsweise zusammengestellt. Die Tabelle enthält das Grüngewicht der Ernten und die Verhältniszahlen, indem die Erträge der nicht gedüngten Beete gleich 100 gesetzt sind.

Es fällt vorerst auf, dass die Düngung nur zum Teil einen günstigen Erfolg hatte. Von 29 gedüngten Versuchsbeeten lieferten nämlich nur 14 einen höhern Ertrag als die nicht gedüngten.

In ebenfalls 14 Fällen gaben die gedüngten Beete einen kleinem Ertrag als die nicht gedüngten, und in einem Falle waren die Ernten gleich gross. In den Pfla.nzschulen von Stans und Bein-wil hatte der Kunstdünger die beste Wirkung, indem dort 4 Legumi-nosenarten auf gedüngten Beeten mehr produzierten als auf ungedüngten. Auf dem Adlisberg und in Tschiertschen und Flims hingegen ist nur bei je 2 Leguminosenarten der Ertrag durch Düngung erhöht worden.

Wie sind diese verschiedenen Resultate zu erklären? Vorerst ist zu bemerken, dass es sich nicht um Düngungsversuche im strengen Sinne des Wortes handelt, da die Art und Menge des Düngers für die einzelne Pflanzenart nicht variiert und auch der Boden keiner vollständigen chemischen Analyse unterworfen wurde. Der Versuch sollte nur zeigen, wie sich die verschiedenen Gründüngungspflanzen gegenüber den künstlichen Düngemitteln im allgemeinen verhalten. Wie wir soeben erwähnten, hat der Kunstdünger in den Pflanzschulen von Stans und Beinwil vor-wiegend günstig gewirkt. Am erstem Orte haben alle Legumi-nosen, die gelbe Lupine ausgenommen, (für die Serradella stand nur ein Beet, das nicht gedüngt wurde, zur Verfügung) auf den mit Thomasmehl und Kainit gedüngten Beeten ganz bedeutend grössere Erträge geliefert als auf den ungedüngten; die gedüngten Saubohnen und Zwergbohnen gaben sogar eine zwei- bis dreimal höhere Ernte als die ungedüngten. In Beinwil sind nur die Serradellen und Wicken durch die Düngung in ihrem Gedeihen beeinträchtigt worden, während die übrigen Arten aus derselben Nutzen zogen.

0l

t--C")

Adlisberg Beinwil Tschiertschen Stans

(Nr. 37-48) (Nr. 103-114) (Nr. 115-126) (Nr. 127-137)

Grüngewicht ])l'O m• Grüngewicht pro m2 Griingewicht J>ro 1112 Griingewicht pro 1112

Art Grösse Gccliingt Grösse

mehl phosphat phosphat Kn.init

m~ gr gr m2 gr gr m2 gr gr m2 gr gr

Die günstige Wirkung des Kunstdüngers in Stans und Beinwil ist offenbar auf die Nährstoffarmut des Bodens zurück-zuführen. An ersterm Orte war derselbe durch 10-jährige Be-nutzung erschöpft, an letzterm hatte man es mit magerem Weide-land zu tun. Auf den nährstoffarmen Böden hat also der Kunstdünger vorteilhaft gewirkt. Auf das Verhalten der Lupine kommen wir später noch zu sprechen.

Im Versuchsgarten auf dem Adlisberg und in den Pflanz-schulen von Tschiertschen und Flims dagegen blieb bei je 4 von 6 Versuchen nicht nur der Erfolg der Düngung aus, sondern dieselbe hat das Wachstum der Pflanzen vermindert. Es handelt sich hier nicht etwa um einen gewöhnlichen Misserfolg der Düngung, wie er vorzukommen pflegt, wenn man das Gesetz des Minimums nicht beachtet und der Pflanze nicht alle jene Nährstoffe zuführt, die sie notwendig braucht, sondern der Kunst-dünger hat schädlich gewirkt. Dies ist umso auffallender, als an den betreffenden Orten nicht etwa Kainit zur Verwendung kam, dessen Gehalt an Chlor die Pflanzen schädigen kann. Die schädliche Wirkung des Kunstdüngers ist auf dem Adlisberg und in Tschiertschen einerseits durch den ursprünglichen Nähr-stoffreichtum des Bodens, in Flims andererseits durch die leichte Austrocknung desselben bedingt; in beiden F ä 11 e n müssen nämlich konzentrierte Nährlösungen entstehen, welche für die Pflanzen schädlich sind.

Wie lässt sich der schädliche Einfluss solcher Lösungen auf die Pflanze erklären? Es ist wohl anzunehmen, dass die sonst unentbehrlichen mineralischen Salze in lebenden Zellen eine Gift-wirkung hervorrufen, wenn sie in zu grosser Menge in dieselben gelangen. Wir hätten es also mit chemischen Erscheinungen zu tun.

Besser aufgeklärt sind jedoch die physikalischen Wirkungen kon-zentrierter Salzlösungen auf Pflanzen.

Durch die Versuche von Senebier1), Sachs2), A. P. W Schimper3), Burgerstein4), Vesque5), Stange6) un·d Stahl') wissen

1) Physiologie vegetale. Geneve Vol. IV. S. 77.

2) Über den Einfluss der chemischen und physikalischen Beschaffenheit des Bodens auf die Transpiration der Pflanze. Landw. Versuchsstationen 1858,

wir, dass Pflanzen, denen schwache Lösungen von Salzen und Säuren geboten werden, mehr Wasser aufnehmen und trans-pirieren als solche, deren Wurzeln sich in destilliertem Wasser befinden. Übersteigt aber die Konzentration der Lösung einen gewissen Grad (meistens 0,3- 0,5 °/o), so nehmen Wasseraufnahme und Transpiration rasch ab. Konzentrierte Lösungen von Nährsalzgemischen o der einzelnen Salzen rufen also in den Pflanzen die gleichen Erscheinungen hervor wie Trocken-heit des Bodens und der Luft. Schimper hat darauf aufmerksam gemacht, dass die am Meeresstrande wachsenden Salzpflanzen oder sogenannten Halophyten, deren Wurzeln wenigstens zeitweise mit ziemlich konzentriertem Salzwasser in Berührung kommen, die gleichen Schutzmittel gegen Wasserverlust durch Transpiration besitzen wie Pflanzen trockener Standorte, und Stahl hat für verschiedene Pflanzenarten experimentell nachgewiesen, dass Kochsalzlösungen von gewisser Konzentration den Verschluss der Spaltöffnungen herbeiführen. Bei verminderter Wasseraufnahme aber nimmt auch die Zufuhr der nötigen mineralischen Nährstoffe und der Turgor der Zellen ab, und durch die Verschliessung der Spaltöffnungen ist die Aufnahme von Kohlensäure aus der Luft gehemmt. Alle diese Störungen haben dann zur Folge, dass die Pflanze wenig assimiliert und ihr Wachstum gering ist, oder dass sie stirbt. Die an gedüngten Pflanzen oft zu beobachtende schäd-liche Wirkung des Kainits, der Chlor und häufig als Verunreinigung

S. 203. Siehe auch: Vorlesungen über Pflanzen-Physiologie, von demselben Verfasser, 1887, S. 233 und Bot. Zeitung 1860, S. 121.

8) Zur Frage der Assimilation der Mineralsalze durch die grüne Pflanze.

Flora 1890.

Pflanzengeographie auf physiologischer Grundlage. Jena 1898, S. 96 u. f.

4) Untersuchungen über die Beziehungen der Nährstoffe zur Transpiration der Pflanzen. I. Reihe, Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, I. Abt. Bd. 73, 1876, S. 191.- II. Reihe daselbst Bd. 78, 1879, S. 607.

5) De l'influence des matieres salines sur l'absorption de !'eau par !es racines. Annales des sciences naturelles 6e serie T. IX 1878, S. 5 u. f.

6) Beziehungen zwischen Substanzkonzentration, Turgor und Wachstum bei einigen phanerogamen Pflanzen. Bot. Zeitung 1892, S. 253.

7) Einige Versuche über Transpiration und Assimilation. Bot. Zeitung 1894, S. 133. Siehe auch: Pfeffer W.: Pflanzenphysiologie. Leipzig 1897, I. Bd., S. 231 und 414.

auch Kochsalz enthält, findet in den angedeuteten physiologischen Vorgängen ihre Erklärung. Allerdings sind die Ursachen der schädlichen Wirkungen konzentrierter Nährlösungen noch lange nicht genügend erforscht, und es ist auch verhältnismässig wenig darüber bekannt, wie sich die einzelnen Pflanzen zu denselben verhalten. Soviel aber dürfte heute feststehen, dass die schädliche Wirkung zu konzentrierter Nährlösungen auf die Pflanzen wohl in den meisten Fällen durch eine Störung der osmotischen Leistungen der Zellen hervor gerufen wird.

Nicht alle Pflanzen sind gegen konzentrierte Nährlösungen gleich empfindlich. Wie die Versuche auf den verschiedenen Bodenarten des Adlisberg und in den Pflanzschulen des Landes zeigen, verträgt die Ackererbse unter den verwendeten Legumi- · nosen konzentrierte Nährlösungen am besten. Dieselbe hat, Tschiertschen ausgenommen, aus der künstlichen Düngung Vor-teile gezogen. Selbst der Kainit hat, obwohl er kurz vor der Aussat der Erbsen ausgestreut wurde, keine schädliche Neben-wirkung auf dieselben geäussert (siehe Versuchsreihe XV). Ebenso sind die Saubohnen und Zwergbohnen an 3 von 5 Versuchsorten durch Phosphorsäure- und Kalidüngung im Wachstum gefördert worden.

Als sehr empfindlich gegen konzentrierte Nährlösungen hat sich dagegen die gelbe Lupine erwiesen; die gedüngten Beete haben nämlich mit wenigen Ausnahmen kleinere Erträge geliefert als die u n gedüngten. Auf dem Adlisberg weist die Düngung nur in den Versuchsreihen V und XIII (Tab. I) einen Erfolg auf, und aus Tabelle X ist ersichtlich, dass die Lupine ausserdem nur noch in Beinwil und auf dem Stanserhorn (Vers. Reihe XXIV) auf dem gedüngten Beet einen grössern Ertrag gab als auf dem ungedüngten. Die betreffenden Beete waren entweder mehrere Jahre benutzt worden, oder zeichneten sich sonst durch Armut des Bodens aus. Der Boden auf dem Stanserhorn ist namentlich auch arm an Kalk.

In allen andern Fällen hat der Kunstdünger schädlich auf das Gedeihen der Lupine gewirkt. Sogar in Stans, wo der Boden

doch sehr ausgemagert war, ist das mit Thomasmehl und Kainit mässig gedüngte Beet an Ertrag weit hinter dem ungedüngten zurückgeblieben. Die schädliche Wirkung des Düngers ist hier wahrscheinlich dem Chlorgehalt des Kainits zuzuschreiben. Was das Verhalten der einzelnen Lupinensorten anbelangt, so zeigen die Versuchsreihen XII und XIII, Tabelle I, dass die weis s e Lupine, welche wir schon früher als die gegen Kalk am wenigsten empfindliche Lupinenart kennen gelernt haben, für Düngung am dankbarsten ist.

Dass die Gramineen und andere Wiesenpflanzen konzentrierte Nährlösungen, also starke Düngung viel besser vertragen als die bei den Versuchen verwendeten Leguminosen, lässt sich sehr schön aus den mitgeteilten Tagebuch-Notizen nachweisen. Die gedüngten Beete waren nämlich fast ohne Ausnahme mehr ver unk rautet als die ungedüngten. Der Kunstdünger hat also den Unkrautwuchs begünstigt, was unter Umständen in der Praxis nicht ohne Bedeutung ist.

Aus den vorliegenden Versuchen mit Kunstdünger lassen sich etwa folgende Schlüsse für die Praxis ziehen:

1. Auf mehrjährig benutzten, ausgemagerten Beeten wird durch Thomasmehl- und Kainitdüngung vor der Saat der Ertrag der Gründüngung erhöht.

2. Den besten Erfolg verspricht die künstliche Düngung bei Ackererbsen und Saubohnen. Die gelbe Lupine aber ist gegen starke Düngung sehr empfindlich. Auf kalkreichen Böden wird sie am besten gar nicht und auf kalkarmen und ausgemagerten Böden nur mit Thomas m eh 1 gedüngt. Von den Lupinenarten verträgt die weisse Lupine die Düngung am besten. Zum Anbau auf stark ausgenutzten Böden, die vor der Aussaat der Gründüngungspflanzen nicht mehr mit mineralischen Düngemitteln gedüngt werden können, eignet sich die gelbe Lupine besser als andere Leguminosenarten.

3. Damit die schädlichen Nebenwirkungen des Kunstdüngers ausbleiben, sollte derselbe möglichst lange vor der Saat der Gründüngungspflanze ausgestreut werden. Kann man nur kurze

Zeit vor der Saat düngen, so verwende man bei Ackererbsen und Saubohnen nur geringe Mengen von Kainit, bei Lupinen lässt man denselben am besten ganz weg.

4. Wenn die den Leguminosen gegebene Menge von Mineral-dünger nicht genügt, um dem Boden die entzogenen Nährstoffe zu ersetzen, so lässt sich beim einhacken der Gründüngung im Herbst das Versäumte nachholen. Besonders kann dann der erforderliche Kalidünger und nötigenfalls auch Kalk ausgestreut werden, der die Zersetzung der dem Boden einverleibten Pflanzen- ' stoffe sehr befördert.

5. Die Ausstreuung des Kunstdüngers sollte, wenn immer möglich, bei feuchter Witterung geschehen.