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Pflegedienstleitung

1.4. Erschwernisse bei der Entlassungsorganisation

Die folgenden Problemlagen scheinen sich über die Jahre zu manifestieren bzw. noch weiter verschärft haben. Diese Erschwernisse haben im Regelfall unmittelbaren Einfluss auf die Verweildauer.

Immer mehr Patienten benötigen nach der Akutbehandlung eine stationäre Anschlussheilbehandlung (AHB). Überproportional prüfen die Kostenträger die AHB-Anträge immer strenger. Sowohl die Rehabilitationsfähigkeit zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Klinikum, wie auch die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitation der betroffenen Patienten werden von den Kostenträgern respektive dem MDK zunehmend kritischer beurteilt. Nach deren Ansicht reichen nicht mehr die klar definierten Indikationen für eine Kostenübernahme aus. Man verlangt nunmehr eine detaillierte Auflistung der einzelnen Funktionseinbußen sowie prognostische Aussagen über Rehabilitations- bzw. spätere Erwerbsfähigkeit im medizinischen Befundbericht. Wegen der kurzen stationären Behandlungsdauern im UKF können die Ärzte kaum prospektive Aussagen zum Genesungsverlauf machen. Dennoch wird dies von der Gegenseite verlangt. Nach diversen und teilweise zähen Gesprächen, die wir diesbezüglich mit den Kostenträgern führten, konnten wir uns auf einen, unseres Erachtens, praktikablen Kompromiss einigen. Wir haben den Punkt „Prognose zur Erwerbsfähigkeit“ zwar aufgenommen, der Arzt hat aber die Möglichkeit, das Feld: „Zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage möglich“ als Antwort ankreuzen.

Grundsätzlich gilt, dass eine termingerechte Organisation adäquater Nachsorge-maßnahmen ganz entscheidend vom Zeitpunkt der Einschaltung des Sozialdienstes und der zeitnahen Erstellung wie auch der Qualität der medizinischen Befundberich-te abhängt.

Die medizinischen Befundberichte sind die Basis eines jeden Kostenübernahme-antrages (z.B. für eine AHB). Ohne vorherige Kostenzusage übernimmt keine Komplementäreinrichtung die Versorgung eines Patienten.

Der Sozialdienst muss zusammen mit dem Kostenübernahmeantrag einen Befundbericht für alle stationären rehabilitativen Nachsorgemaßnahmen an den jeweils zuständigen Kostenträger schicken.

Vollständigkeit, Schlüssigkeit und Lesbarkeit der bis dato handschriftlich erstellten Befundberichte sind dabei von zentraler Bedeutung. Wenn eines dieser Kriterien nicht erfüllt ist, hat dies häufig zur Konsequenz, dass wir abschlägige Bescheide erhalten und sich hierdurch die Entlassungstermine verschieben. Zudem bedeutet eine erneute Ausstellung eines Befundberichtes sowie damit verbunden einen zweiten Kostenübernahmeantrag zu stellen, vermeidbare Mehrarbeit für die Ärzte und den Sozialdienst.

Ein weiterer Grund für die Nichteinhaltung des geplanten Entlassungstermins waren beispielweise noch am geplanten Entlassungstag kurzfristig angeordnete Untersu-chungen. In den Fällen hat der Sozialdienst die unerquickliche Aufgabe, die überneh-menden Institutionen (z.B. AHB-Kliniken, ambulante Pflegedienste) um Verschiebung der Auf- bzw. Übernahmetermine zu bitten. Eine Verärgerung bei den Überneh-menden ist insofern nachvollziehbar, da die Verschiebung auch deren logistische Planung durcheinanderbringt.

Auch der Anstieg an isolationspflichtigen Patienten (MRSA, VRE, ESBL, Acinetobacter, Klebsiellen, Noro-Virus) führte zu einem erheblichen zeitlichen Mehraufwand bei der Organisation einer adäquaten Nachsorge, welche innerhalb des engen vorgegebenen Zeitkorridors für das Entlassungsmanagement oft nicht erledigt werden konnte.

Die Folge sind fast immer längere akutstationäre Verweildauern.

Die Problematik liegt hier sowohl auf Seiten bestimmter Kostenträger, die eine Rehabilitationsfähigkeit bei „Patienten mit asymptomatischer Besiedelung durch multiresistente Erreger“ (MRE-Patienten) grundsätzlich negieren, wie auch an der sehr geringen Anzahl von Reha-Kliniken, die aufnahmebereit sind.

Nach wie vor gibt es einen chronischen Engpass bei der Verlegung von Patienten, die einer neurologischen Frührehabilitation (Phase B, mit oder ohne Beatmung) bedürfen. Nach unserer Erfahrung sind zu wenig Reha - Phase B - Betten vorhan-den. Mangels Verlegungskapazitäten liegen diese Patienten auf den hiesigen Intensivstationen, obschon sie sinnvollerweise in einer entsprechenden Früh-Reha-Klinik mit Phase B - Zulassung adäquater versorgt, also frühzeitig rehabilitiert werden könnten. Wünschen die Angehörigen eine, aus Frankfurter Sicht, wohnortnahe neurologische Rehabilitation, ist dies ein weiteres, in Beratungsgesprächen oft diskutiertes Problem:

es gibt weder in Frankfurt noch in der näheren Umgebung (Umkreis mind. 40 KM) entsprechende Reha-Kliniken.

Handelt es sich zudem um dialyse- und beatmungspflichtige Patienten, steht man vor dem Problem, dass es im Umkreis von ca. 380 Kilometern keine Rehabilitations-plätze für diese Klientel gibt! Ist der betreffende Patient obendrein mit einem multiresistenten Erreger (MRE) besiedelt, sind derart komplexe Fälle wegen der Bündelung an Handicaps aus Sicht des Sozialdienstes ein richtiger

„Arbeitszeit-fresser“.

Für diese Patienten muss man über die Landesgrenze hinaus Einrichtungen suchen, was einen großen zeitlichen Aufwand, unter anderem für die Überzeugungsarbeit bei den Angehörigen, erfordert.

In zunehmendem Maße stellen auch (ausländische) Patienten ohne Kranken-versicherungsschutz / Aufenthaltserlaubnis eine große Herausforderung für den Sozialdienst und ein wirtschaftliches Risiko für das Klinikum dar. Wenn aufgrund der Erkrankung eine nahtlose Überleitung in eine weiterführende nachstationäre Maßnahme aus medizinischer Sicht zwingend erforderlich ist, bleibt der Patient unweigerlich solange stationär hier im UKF, bis ein Kostenträger gefunden ist. Da Nachsorgeeinrichtungen keine Aufnahmepflicht haben und zudem nie ohne vorlie-gende Kostenzusage aufnehmen, stellen sich derart gelagerte Fälle für unsere Abteilung als extreme

„Ressourcenverbraucher“ dar.

Wenn dann endlich ein Kostenträger für eine poststationäre Maßnahme gefunden werden konnte, bedeutet das erfreulicherweise oft zeitgleich, dass die Übernahme der hiesigen Behandlungskosten ebenfalls sichergestellt ist.

Jedoch gelingt die Kostensicherung nicht immer. In diesen Fällen gehen die nicht vergüteten Behandlungskosten zu Lasten des UKF.

Durch die unmittelbare Nachbarschaft zum Frankfurter Flughafen, dem internationalen Drehkreuz, hat das hiesige Klinikum einen deutlichen Standort-nachteil im Vergleich zu anderen Universitätsklinika.

Das Stadtgesundheitsamt Frankfurt reagierte auf die auch dort bekannte Problematik der nicht krankenversicherten ausländischen Patienten mit Spezialsprechstunden („Afrika - Sprechstunde“,

„Sinti- und Roma – Sprechstunde“ etc.). Die Hilfesuchenden können anonym und unentgeltlich ambulante medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.

Im Berichtsjahr wurden zehn intensivpflichtige Säuglinge und Kleinkinder in die häusliche Versorgung übergeleitet, wobei die Tendenz steigend ist. Diese Kinder wurden zum Teil sechs Monate und länger hier stationär behandelt. Da diese Fälle für die Krankenkassen sehr kostenintensiv sind, werden sie nach der Entlassung in der Regel zu Prüffällen für den MDK. Für diese Kinder ist die Sicherstellung der Kostenübernahme für einen ambulanten Kinderpflegedienst (meist 24 Std. / Tag erforderlich) inklusive der Organisation der erforderlichen Pflegehilfsmittel (Kinderpflegebetten, Beatmungsgeräte, Monitore) besonders schwierig und zeitaufwändig. Alleine die Bewilligung einer Pflegestufe zu erzielen, die vorhanden sein muss, um weitere Leistungen wie Pflegedienst und Hilfsmittel beantragen zu können, erfordert im Vorfeld ausführliche Gutachten. Diese werden vom Sozialdienst in Zusammenarbeit mit den Ärzten und dem Pflegepersonal erstellt. In Hessen gibt es nur fünf spezielle Intensiv-Kinderkrankenpflegedienste, die bei Anfragen aus dem UKF häufig angeben, ihre personellen Kapazitäten seinen bereits erschöpft. Für die Übernahme eines intensiv-pflegebedürftigen Kindes müssen die ambulanten Pflegedienste zunächst zusätzliches qualifiziertes Personal einstellen. Hierdurch wird deutlich, warum sich derartige Entlassungsorganisationen in die Länge ziehen.

Diese hier skizzierten Problemfelder bei den Überleitungen von Kindern mit einem hohen Versorgungsaufwand erklären auch die sehr hohen Bearbeitungszeiten des Sozialdienstes von 1000 Minuten und mehr pro Fall.

Das UKF hat Ende des Jahres 2008 spezielle Modalitäten für das Handling der Patienten mit Cochlear Implantaten (CI) vereinbart.

Bestandteil dieser Vereinbarung ist unter anderem, für diese Patienten nach ihrer Entlassung eine stationäre Reha- Maßnahme zu organisieren.

Entgegen der Absprache weigern sich die Kostenträger jedoch hartnäckig, die stationären Reha-Kosten zu übernehmen. Hier sind die Auffassungen über die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitation von den Kostenträgern einerseits, den behandelnden Ärzten und Patienten andererseits, völlig konträr. Schriftliche Widerspruchsverfahren und langwierige Diskussionen mit allen

Involvierten sind für den Sozialdienst die zeitraubende Konsequenz. Erfolge in Form einer Bewilligung der stationären Reha-Kosten bleiben in den meisten Fällen nach wie vor aus.

Da es sich zum Zeitpunkt der Reha- Antragstellung um ambulante Patienten handelt, erfolgt die Betreuung durch den Sozialdienst ohne Vergütung durch die Kassen.

Die Arbeit der Klinischen Sozialdienste wurde von den Krankenkassen immer schon ausschließlich für stationäre Patienten pauschal vergütet.

Ambulante Fälle können zudem auch nicht kodiert werden. Die hier aufgewandten zeitlichen Ressourcen des Sozialdienstes gehen, wie bei allen Patienten der hiesigen Ambulanzen und der Strahlenklinik, von den Kapazitäten für stationäre Patienten ab.

Bislang waren sich alle Beteiligten einig, dass auch den ambulanten Patienten, die in der Regel zuvor hier stationär behandelt wurden, im Sinne der Kundenorientierung dieser Service durch unsere Abteilung zuteil werden soll.