• Keine Ergebnisse gefunden

Ermittlung der Bioenergiepotenziale

Grundlagen

19 Liliana Gamba: Erste Modellentwicklung zur nachhaltigen Nutzung der Biomasse

Tabelle 2-8: Nachhaltigkeitskriterien zur Ermittlung von umweltgerechten Bioenergiepotenzialen in der EU [Wiesenthal et al. 2006]

Themen Kriterien/Indikatoren

Gewährleistung der Versorgung mit Nahrungsmitteln Sozial und ökonomisch

Gewährleistung der Versorgung mit Holz

Umwelt Anwendung umweltgerechter Anbaumaßnahmen auf 30% des Ackerlands Erhaltung der extensiv kultivierten Fläche und der Dauerweide

Auswahl von Energiepflanzen mit geringen potentiellen Umweltbelastungen Umwandlung von 3% der intensiv bewirtschafteten Flächen in ökologische Ausgleichszonen

Vermeidung von Holznutzungsintensivierung in geschützten Wäldern Verbleib von Laub- und Stockholz im Wald

Begrenzung der Entnahme von Waldholzresten

Erhöhung / Zunahme des Anteils an Naturschutzzonen im Wald Verbleib alter Bäume und Totholz im Wald

Reduktion des Aufkommens biogener Reste

Vorrang der stofflichen Verwertung biogener Reste vor energetischer Verwertung Vorrang der energetischen Verwertung biogener Reste vor Kompostierung und Deponierung.

Dieser Überblick zeigt, dass kein einheitlicher Satz von Kriterien und Indikatoren zur Bewertung und Steuerung von Bioenergiesystemen existiert. Zur Modellierung des nachhaltigen Bioenergiepotenzials ist es daher erforderlich, geeignete Kriterien bzw.

Indikatoren aus dieser breiten Palette auszuwählen bzw. abzuleiten.

Grundlagen

Model to Assess the Global Environment (IMAGE)" ermittelt. IMAGEs Zweck ist die langfristige, dynamische Untersuchung globaler Umweltveränderungen. Es simuliert flächenbezogene (Gitternetz mit einer Maschengröße von 0.5° x 0.5°) Änderungen in der Bodenbedeckung, bis der Flächenbedarf zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse errechnet ist. Somit liefert es Angaben zu stillgelegten, Grenzertrag- und nicht genutzten Flächen.

Modellexogen wird die Flächeninanspruchnahme für Naturschutz, Bau, intensiv bewirtschaftetes Weideland und Schutz hochwertiger Ökosysteme abgeleitet und von der durch IMAGE ermittelten Fläche abgezogen. Anschließend erfolgt die Berechnung des Bioenergiepotenzials. Dafür werden eine bestimmte Energiepflanze und zwei zukunftsfähige Umwandlungstechnologien ausgewählt. Die IPCC Emissionsszenarien liefern die Annahmen, die in die Modellierung einfließen.

Die Arbeit von [Smeets et al. 2004] stützt sich auf Datenbanken, Szenarienanalysen und vorhandene Arbeiten, die die Auswirkung der Änderungen der Einflussgrößen auf das Bioenergiepotenzial aus angebauter Biomasse und biogener Reststoffe im Jahr 2050ermitteln, die in Beziehung zu Bevölkerungsentwicklung, Konsumverhalten, Ertrag, technologischer Entwicklung in der Landwirtschaft sowie Nachhaltigkeit (Abholzung und Ernährungssicherheit) stehen, zu. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Untersuchung der Entwicklung der Landnutzung in verschiedenen Weltregionen und wie sie beeinflusst werden kann.

Angenommen wird, dass die agro-ökologisch besten Flächen zum Anbau von Nahrungspflanzen dienen werden. Mit Hilfe von einem Zuordnungsverfahren wird für ausgewählte Kulturen bestimmt, wie viel von den besser geeigneten Flächen zur Deckung des Bedarfs erforderlich ist. Die übrigen Ackerflächen werden dann als für den Energiepflanzenanbau verfügbar eingestuft. Abholzung ist nicht erlaubt, die Waldholzfläche des Basisjahres (1998) bleibt konstant.

Nationale und Supranationale Ebene

Ansätze zur Ermittlung von Bioenergiepotenzialen unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien auf der nationalen bzw. supranationalen Ebene sind bisher selten und beziehen sich vor allem auf europäische Länder. Zwei Beispiele sind die bereits im Abschnitt 2.3.3 (S. 11) erwähnten Studien für Deutschland [Fritsche et al. 2004] und für die EU [Wiesenthal et al. 2006].

Grundlagen

21 Liliana Gamba: Erste Modellentwicklung zur nachhaltigen Nutzung der Biomasse

Die Stoffstromanalyse zur nachhaltigen energetischen Nutzung von Biomasse in Deutschland bis zum Jahr 2030 berücksichtigt für die Potenzialabschätzung die gesamten Biomasseströme, die energetisch genutzt werden können (vgl. Abbildung 2-1, S. 6).

Einerseits werden die Biomasseströme erfasst und das Flächenpotenzial zum Energiepflanzenanbau durch eine Flächenbilanz abgeschätzt. Biomasseströme und Flächen werden auf der Basis von Hochrechnungen und einer Szenarienanalyse (Referenz, Umwelt und Biomasse) anschließend dynamisiert. Andererseits wird eine Lebensweganalyse zur Auswahl einer aus ökologischer und ökonomischer Sicht geeigneten Mischung von Energiepflanzen und von Umwandlungstechnologien erarbeitet.

Die Ergebnisse der Stoffstromanalyse, der Flächenbilanz und der Lebensweganalyse werden dann kombiniert, um das Bioenergiepotenzial in den Szenarien zu ermitteln. Die Nachhaltigkeitskriterien, auf die im Abschnitt 2.3.3 hingewiesen wurde, bilden die Restriktionen, die in der Szenarienanalyse variiert werden.

Methodisch ist die Arbeit von [Wiesenthal et al. 2006] zur Abschätzung des umweltgerechten Bioenergiepotenzials der EU bis zum Jahr 2030 der Studie von [Fritsche et al. 2004] ähnlich.

Die wesentlichen Unterschiede beziehen sich auf die Szenarioannahmen, das angewandte Werkzeug zur Ermittlung der verfügbaren Flächen und die Auswahl von Energiepflanzen und Umwandlungstechnologien.

Es wird lediglich ein Szenario gebildet, dessen Annahmen sich auf die Erfüllung der Umweltziele der EU richten. Die Ermittlung der von der Landwirtschaft freigegebenen Fläche und der stillgelegten Fläche erfolgte durch das Teilgleichgewichtsmodell CAPSIM, das zur Untersuchung der landwirtschaftlichen Entwicklung in der EU entwickelt wurde.

Die Auswahl umweltgerechter Energiepflanzenmischungen erfolgt für die verschiedenen Umweltzonen der EU mit Hilfe eines Einstufungverfahrens. Zuerst wird eine Palette von Energiepflanzen ausgewählt, die bereits in der EU kultiviert oder untersucht werden.

Anschließend werden sie anhand der möglichen Umweltbelastungen eingestuft, die ihr Anbau, unabhängig von der eingesetzten Technologie, in den verschiedenen Umweltzonen verursachen könnte. Eine spezifische Technologie für die Bestimmung des Potenzials wird nicht ausgewählt. Stattdessen werden die Heizwerte der verschiedenen Biomassearten genutzt.

Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass das nicht bewirtschaftete Holzpotenzial miteinbezogen wird. Dies ist in der Analyse für Deutschland nicht der Fall.

Grundlagen

Regionale Ebene

Die Ermittlung der Bioenergiepotenziale unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskriterien auf regionaler Ebene ist ein relativ junges Feld. Ein Beispiel dafür ist die Studie von [Smeets et al. 2005]. In ihr werden die Auswirkungen der Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien auf die Produktionskosten und Bioenergiepotenziale aus angebauter Biomasse in Brasilien und der Ukraine ermittelt [Smeets et al. 2005].

Die Vorgehensweise dieser Arbeit lässt sich in zwei Hauptschritte unterteilen. Im ersten Schritt werden die potenziellen Flächen zum Energiepflanzenanbau ermittelt. Angewandt wird die Methodik von [Smeets et al. 2004] (siehe „Globale Ebene“, S. 35), die die Ermittlung der gesamten verfügbaren Ackerflächen im Land unter Erfüllung der Nachhaltigkeitskriterien im Bezug auf Ernährungssicherheit und Naturschutz berücksichtigt. Der Anteil der regionalen Ackerfläche an der gesamten nationalen Ackerfläche dient dann dazu, die für den Energiepflanzenanbau verfügbare regionale Ackerfläche abzuleiten. Im zweiten Schritt wird die Produktionskostenänderung bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Erfüllung lockerer und strenger Zielvorgaben sozioökonomischer und (lokaler) Umweltschutzkriterien ermittelt.

Letztere werden aus dem von [Lewandowski und Faaij 2004] vorgeschlagenen Kriteriensatz ausgewählt. Sie beziehen sich auf Themen wie Kinderarbeit, Löhne, lokale Arbeitsplätze, Bildung, Gesundheit, Erosion, Wassernutzung, Nährstoffversickerung, Reduktion der Bodenfruchtbarkeit, Nutzung von Agrochemikalien und Biodiversitätverlust. Die Auswirkungen der Produktionskostenänderung auf das Bioenergiepotenzial werden jedoch nicht weiter untersucht.

In den in diesem Kapitel betrachteten wissenschaftlichen Arbeiten werden die Einflussfaktoren und ihre Auswirkungen auf die Bioenergiebereitstellung weit reichend untersucht. Systemdynamische Instrumente werden bisher nicht angewandt. Die Systembeziehungen in der Bioenergiebereitstellung werden zwar in spezifischen Fällen untersucht, aufgrund der hohen Komplexität werden sie jedoch als "Wenn-dann-Beziehungen" dargestellt oder bewusst übergangen.