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Voraussetzungen zur nachhaltigen energetischen Nutzung von Biomasse in einer Beispielregion

4 Voraussetzungen zur nachhaltigen energetischen Nutzung von Biomasse in einer Beispielregion

Die Anwendbarkeit des entwickelten Modells wird in einer Beispielregion überprüft. In folgenden wird zuerst die Vorgehensweise zur Auswahl der Beispielregion erläutert. Danach werden die regionalen Zusammenhänge, die für die Modellierung relevant sind, erläutert.

Anschließend werden die Ergebnisse der Modellanwendung für drei fiktive Szenarien dargestellt und zum Abschluss kritisch diskutiert.

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85 Liliana Gamba: Erste Modellentwicklung zur nachhaltigen Nutzung der Biomasse

einigen Provinzen ist sie sogar die wichtigste. Die „landwirtschaftlichen“ Provinzen sind relativ dicht besiedelt. Einige Produkte werden lokal verarbeitet. Hochwertige Ökosysteme, wie z.B. tropische Regenwälder und Savannen, sind in verschiedenen Provinzen zu finden.

Die Datenverfügbarkeit und -qualität sind unterschiedlich. Während aktuelle Statistiken und Studien in Bezug auf soziale Aspekte, Industrie und Landwirtschaft existieren (vgl.

beispielsweise [DANE 2003, 2006a, b, c, MINAGR 2006]) gibt es nur wenig und zudem veraltete Informationen hinsichtlich der Waldbewirtschaftung [Acosta 2004, 2007]. Die Qualität der vorhandenen Studien zur regionalen Umweltproblematik ist recht unterschiedlich [CORMACARENA 2004]. Als positiv zu bewerten ist, dass ein erster Ansatz zur Ermittlung des theoretischen Bioenergiepotenzials besteht [Aene 2003].

Im Folgenden wird ein Einblick in die energetische Nutzung der Biomasse in Kolumbien vermittelt, Perspektiven werden aufgezeigt. Anschließend wird die Auswahl der Region innerhalb Kolumbiens erläutert.

4.1.1 Situation und Perspektiven der energetischen Nutzung von Biomasse in Kolumbien

Der dokumentierte Beitrag der Biomasse zur modernen Energieversorgung ist in Kolumbien sehr gering (Tabelle 4-1). Obwohl genaue Zahlen fehlen, beschränkte sich die energetische Nutzung der Biomasse im Jahr 2002 auf die Nutzung von Bagasse aus Zuckerrohr zur Erzeugung von Prozessenergie in der Zuckerindustrie (25 MW installierte Leistung) und auf die unbedeutende Wärmegewinnung aus Trester, Reis- und anderen Getreidespelzen [UPME 2003, Loy et al. 2004]. Zudem wird Energieholz traditionell zur Wärmeerzeugung in Haushalten, vor allem in ländlichen Gebieten eingesetzt (Tabelle 4-2).

Tabelle 4-1: Anteil der Biomasse an der Primärenergienachfrage in Kolumbien im Jahr 2002 Primärenergienachfrage

Energieträger TCal PJ Anteil %

Wasserkraft 34.776 145,50 10,82

Erdgas 65.433 273,77 20,36

Erdöl 146.632 613,51 45,62

Kohle 25.203 105,45 7,84

Energieholz 24.016 100,48 7,47

Bagasse 22.191 92,85 6,90

Rest 3.150 13,18 0,98

Gesamte Nachfrage 321.402 1.345 100 Eigene Berechnung, basierend auf Daten von [UPME 2003a]

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Tabelle 4-2: Primärbioenergieverbrauch in Kolumbien im Jahr 2002 nach Sektoren

Holz Bagasse

Tcal PJ Anteil% Tcal PJ Anteil%

Haushalte 16.367 68,48 76,48 0 0 0

Städte 1.561 6,53 7,29 0 0 0

Ländliche Gebiete 14.806 61,95 69,18 0 0 0

Industrie 177 0,74 0,83 15.359 64,26 73,01

Landwirtschaft und Bergbau 4.856 20,32 22,69 5.677 23,75 26,99

Gesamt 21.401 89,54 100 21.036 88,01 100

Eigene Berechnung, basierend auf Daten von [UPME 2003a]

Die Energiebilanzen für die letzten zwanzig Jahre weisen jedoch einen Rückgang der traditionellen Nutzung der Biomasse auf, die allmählich durch Erdgas und Elektrizität ersetzt wird [IDEAM 2001].

Bei moderneren Anwendungen der Bioenergie ist ein Wachstum zu erwarten. Dazu haben Faktoren wie neue Gesetze zur Nutzung von Biotreibstoffen in Fahrzeugen, Probleme bei der Energieversorgung in netzfernen Gebieten, eine auf Kreislaufwirtschaft neu ausgerichtete Abfallpolitik sowie die Anwendung von CO2-Zertifikaten zur Finanzierung von Projekten beitragen. Unter den gesetzlichen Rahmenbedingungen befinden sich das Programm zur Förderung der Energieeffizienz und der Nutzung von erneuerbaren Energien (PROURE), verschiedene steuerliche Vorteile [Loy et al. 2004] und gesetzliche Regelungen.

Der Schwerpunkt des PROURE-Programms liegt bei der Stromversorgung in netzfernen Gebieten. Hinsichtlich der Steuervorteile erhalten Stromerzeuger eine Reduktion von 15%

der Einkommenssteuer, wenn sie Strom aus Wind- und Bioenergie erzeugen (hierzu sind Voraussetzungen: die Teilnahme an dem CO2-Zertifikathandel sowie eine Reinvestition von mindestens 50% der Verkaufserlöse in soziale Projekte innerhalb des Versorgungsgebiets der Erzeugerfirma). Einkommen aus der Produktion und dem Handel mit Biokraftstoffen (Biodiesel)19 werden mit einer hundertprozentigen Steuerbefreiung begünstigt [COL 2004].

Eine Beimischung von 10-Vol-%. Ethanol in Benzin ist seit Januar 2006 gesetzlich vorgeschrieben [COL 2001, FNBC 2006, MME 2006].

19 Das Gesetz spricht über Biokraftstoffe zur Nutzung in Dieselmotoren, also Biodiesel, nennt aber auch andere Biokraftstoffe.

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Die erneuerbaren Energien sind als mögliche Alternative zur Verbesserung der Energieversorgung und zur Reduktion der Energiepreise in netzfernen Gebieten (ZNI) zu sehen [UPME 2003, Loy et al. 2004].

Perspektiven

Die einzige dokumentierte Einschätzung des Bioenergiepotenzials in Kolumbien wurde im Auftrag der Einheit für Energie- und Bergbauplanung (UPME) durchgeführt [Aene 2003].

Diese Studie betrachtet das landwirtschaftliche Potenzial in drei Szenarien: Referenz (Jahr 2001), Realistisch (Jahr 2001) und Zukünftig (ohne zeitliche Angabe).

In dem Szenario Referenz wird angenommen, dass die gesamte Produktion von bestimmten Pflanzen, die im Jahr 2001 als Nahrungsmittel oder stofflich genutzt wurden, und die gesamte Menge an Ernteresten, Resten aus der Verarbeitung und Verteilung von Lebensmitteln und Resten aus der Holzwirtschaft zur Energieerzeugung eingesetzt werden können (Tabelle 4-3).

Das Szenario Realistisch berücksichtigt Faktoren wie die aktuelle Nutzung, die Kenntnisse über die Bereitstellung und die Energiegewinnung aus dem jeweiligen Bioenergieträger, die Verfügbarkeit aufgrund der geographischen Verteilung und die Periodizität des Anbaus.

Daraus resultiert ein Potenzial von etwa 50% des Potenzials im Szenario Referenz.

Tabelle 4-3: Bioenergiepotenzial aus der Landwirtschaft und Waldbewirtschaftung in Kolumbien- Referenz Szenario

Bioenergieträger GWh/a PJ/a Anteil

% Öl (u.a. aus Ölpalme und

Kokosnusspalme) 5.768 0,021 4,12

Ethanol (u. a. aus Zuckerrohr) 23.128 0,083 16,52 Ernterückstände (u.a. Erntereste

Zuckerrohr) 33.196 0,120 23,72

Reste aus der Aufbereitung von pflanzlichen Produkte (Bagasse, Reisspelze, u. a.)

68.069 0,245 48,63 Reste aus der Bewirtschaftung von

Kulturwäldern 3.874 0,014 2,77

Reste aus der Bewirtschaftung von

Naturwäldern 5.944 0,021 4,25

Gesamtes Potenzial 139.979 0,504

Eigene Berechnung, basierend auf Daten von [Aene 2003, 2006]

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In dem Szenario Zukünftig wurde das Potenzial für verschiedene Energiepflanzen für alle Provinzen in Kolumbien ermittelt. Es wurde angenommen, dass neue Flächen mit günstigen agro-ökologischen Bedingungen für den Anbau geschaffen wurden. Die aktuellen und zukünftigen Flächennutzungen sowie weitere Nachhaltigkeitskriterien wurden jedoch nicht berücksichtigt. Das Potenzial von einigen dieser Energiepflanzen ist in Tabelle 4-4 gezeigt.

Tabelle 4-4: Theoretisches Ausbaupotenzial von Bioenergie in Kolumbien (ausgewählte Substrate)

Kolumbien

Bioenergieträger ha GWh/a PJ/a

Biodiesel (Palmöl) 3.143.301 95.345 343

Ethanol (aus Zuckerrohr) 4.887.140 216.138 778 Ernterückstände (Zuckerrohr) 1.010.054 3.636

Holz (KapokbaumTropischer Wald) 16.684.075 5.611.700 20.202 Eigene Berechnung, basierend auf Daten von [Aene 2003, 2006]

4.1.2 Auswahl einer Region innerhalb Kolumbiens

Zur Auswahl der Region werden fünf Kriterien benutzt (Tabelle 4-5). Die landwirtschaftliche Produktion und die agro-ökologischen Bedingungen zum Anbau einiger Energiepflanzen wurden als erste Kriterien herangezogen [Aene 2003]. Weiterhin werden der Energieversorgungsgrad, der durch die Anzahl an Einwohnern ohne Zugang zur elektrischen Energie dargestellt wird, und der Anzahl an Einwohnern in netzfernen Gebieten, die in der Regel eine defizitäre Energieversorgung aufweisen, berücksichtigt [Aene und Hagler Bailly 2001.

Tabelle 4-5: Kriterien zur Auswahl der Region

Einwohnerzahl ohne Zugang zur elektrischen Energie in 2001 [E]

Einwohnerzahl in netzfernen Gebieten in 2001 [E]

Produktion von als Energieträger geeigneten Kulturen im Jahr 2001 [t]

Fläche mit geeigneten Bedingungen zum Anbau von Palmöl, Zuckerrohr und Holz [ha]

Gemäß diesen Kriterien wurden die Regionen Cauca, Meta, Antioquia, Nariño und Cundinamarca für die Analyse als geeignet gefunden (vgl. Anhang A.6.1). Nach einer Bewertung der Verfügbarkeit von Daten wurde die Provinz Meta ausgewählt.