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5. Diskussion

5.2 Erhaltungszustand der Knochen

Die Größe der Knochen und Knochenfragmente ist unterschiedlich. Sie variiert von stecknadelkopfgroßen Knochenkrümeln bis hin zu wenigen vollständig erhaltenen Knochen.

Allerdings muss betont werden, dass die bestimmbaren Knochen – trotz der vorher erwähnten

"krümeligen" Elemente im Fundgut – mit 93,9% den weitaus größeren Anteil am Gesamtmaterial als die unbestimmbaren Fragmente (6,1%) darstellen. Insgesamt ist der Erhaltungszustand der Knochen als mäßig bis schlecht zu bewerten. Nur wenige Knochen sind im Ganzen erhalten. Das liegt einerseits an der Art der Ausgrabung und andererseits an dem natürlichen Zerfallsprozess. Wie oben beschrieben mussten die Knochen im Rahmen

einer Notgrabung, die mit Hilfe von ungeübten Arbeitskräften durchgeführt wurde, geborgen werden. Die Bruchstellen an den Knochensplittern sind überwiegend hell, was darauf hindeutet, dass die Knochen erst bei den Grabungen oder der nachfolgenden Bergung frakturierten.

Aufgrund der Knochenstruktur und der anatomischen Lage im Skelett waren die Knochen den Erosionen, den Erdverschiebungen und den Witterungseinflüssen unterschiedlich stark ausgesetzt, was ihren unterschiedlichen Erhaltungszustand erklären könnte. Ossa plana (z. B.

Oberschädel, Mandibula, Becken) besitzen eine nur wenig starke Kompakta und weisen eine große Angriffsfläche auf. Sie sind den oben genannten Kräften stärker ausgesetzt als Ossa longa (z. B. metapodiale Knochen), deren Knochenbau kompakter ist, wodurch sie widerstandsfähiger sind und besser erhalten bleiben.

Weiterhin muss die Qualität des Bodens berücksichtigt werden, in welchem sich die Skelette über einen Zeitraum von etwa 1100 Jahren befanden. Dieser wies zur Zeit der Ausgrabung mit einem pH-Wert von 4 (s. 3.2) einen stark sauren Charakter auf. Viele der Knochen zeigten, insbesondere an erhabenen Stellen und an den Endstücken, an ihrer Oberfläche Auflösungserscheinungen mit staubfeinen bis porösen Auflagerungen und wirkten dadurch wie "abgeschliffen" bzw. "abgerieben". Der hohe Säuregehalt des Bodens dürfte – in Verbindung mit der Bodenfeuchtigkeit – erheblich zu diesem "Abrieb" der Knochen beigetragen haben.

Ein weiterer Grund für den schlechten Erhaltungszustand einiger Knochen ist die Art der Bestattung. Die Pferde wurden in hundesitziger Stellung begraben, die Gliedmaßen lagen unter dem Körper. Die Schädel ruhten in einer erhöhten Nische und waren somit besonders stark den Erosionen ausgesetzt, so dass nur wenige Schädelfragmente erhalten geblieben sind.

Hierbei handelt es sich um die basalen Anteile des Os occipitale und des Os sphenoidale sowie um Teile des Os palatinum, des Os pterygoideum, der Maxilla und des Os incisivum.

Die prominenten Anteile der Wirbelsäule, wie z. B. die Procc. spinosi, waren ebenfalls stark den Witterungen ausgesetzt, so dass von den einzelnen Wirbeln meist nur die Wirbelkörper übrig blieben. Ein ähnliches Bild zeigt sich an den Beckenknochen, von denen im Wesentlichen nur die Acetabula erhalten sind. Von den Extremitätenknochen sind die kurzen Röhrenknochen und Ossa brevia die am besten erhaltenen Einzelelemente.

5.3 Altersbestimmung

Bei der Zahnaltersbestimmung, die mit Hilfe der Vorgaben von HABERMEHL (1975) vorgenommen wurde, handelt es sich um eine Schätzung. Bis zum Abschluss des Zahnwechsels ist eine sichere Altersschätzung möglich, danach ist keine exakte Altersfestlegung mehr möglich. Bei älteren Pferden spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, die den Abrieb der Zähne beeinflussen können. Hierbei handelt es sich um die Zahnstellung, die Art der Ernährung, die Konsistenz der Zähne und die Rasse der Pferde. Auch ist im Fundgut nicht immer der vollständige Zahnsatz vorhanden, was die Altersschätzung erschwert.

Die Untersuchung der Altersverteilung anhand der Zahnschätzung ergab für die Drantumer Pferde ein Durchschnittsalter von 8,2 Jahren, wobei jeweils der mittlere Alterswert verwendet wurde (s. 10.; Tabelle 58). Das Alter der einzelnen Pferde lässt eine starke Streuung zwischen 1½ und 20 Jahren erkennen. Es ist festzustellen, dass 56,5% der Tiere zum Zeitpunkt ihres Todes bis zu 10 Jahre alt waren, d.h. sie befanden sich im besten Nutzungsalter. Nur vier Pferde (17,4%) waren jünger als 3 Jahre. Diese jungen Tiere wurden auch zu jener Zeit noch nicht als Reitpferd benutzt. Sie stellten jedoch als Remonten einen hohen Wert dar. Älter als 15 Jahre waren nur drei Tiere. Eines dieser drei Pferde war definitiv älter als 20 Jahre alt.

Die in der vorliegenden Arbeit ermittelte Altersstruktur stimmt mit den Befunden anderer Autoren überein, die MÜLLER-WILLE (1970/71) zusammenfasste. Danach beinhaltet die Altersverteilung der katalogisierten Pferde alle Altersstufen. In der Mehrzahl der Fälle wurden jedoch junge Tiere auf den Gräberfeldern bestattet, wie z. B. in Liebenau. Dort waren 58% der Tiere zwischen vier und sechs Jahre alt (MAY, 1994).

Außerdem wurde eine Altersbeurteilung anhand des Epiphysenschlusses durchgeführt. Nach Angaben von ZIETZSCHMANN u. KRÖLLING (1955) und HABERMEHL (1975) schließt sich die letzte Epiphysenfuge an den Gliedmaßenknochen mit 3½ Jahren, die Apophysenfugen der Wirbelscheiben mit 4 – 5 Jahren.

Demnach waren die Pferde Nr. 16 und Nr. 17 aus dem Fundgut von Drantum jünger als 1½ Jahre. Bei beiden Tieren waren die distalen Humerusepiphysenfugen nicht verknöchert. Bei Pferd 16 waren auch die proximalen Radiusepiphysenfugen nicht geschlossen. Die Pferde Nr.

2, Nr. 3, Nr. 11, Nr. 12, Nr. 14 und Nr. 18 waren jünger als 3½ Jahre. Bei den Pferden Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5, Nr. 11, Nr. 12, Nr. 14 - Nr. 18, Nr. 20 und Nr. 22 - Nr. 24 lagen die Wirbelscheiben isoliert vor. Demnach waren diese Tiere jünger als 5 Jahre.

Diese Befunde entsprechen nicht den Zahnaltersbefunden und zeigen, dass es zweifelhaft ist, das Alter mit Hilfe des Epiphysenfugenschlusses zu bestimmen. Diese Methode ist sehr ungenau. Es gibt einige Faktoren, die auf die Verknöcherung der Epiphysen Einfluss nehmen.

Zu nennen sind als endogene Faktoren der Hormon-, Vitamin-, und Mineralstoffwechsel (v. a.

Ca/P-Verhältnis). Als exogene Faktoren kommen Belastung, Rasse, Geschlecht, Ernährung und Umwelt in Frage.