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Pferdebestattungen auf dem frühmittelalterlichen Gräberfeld Drantumer Mühle (Gemeinde Emstek, Kreis Cloppenburg, Niedersachsen)

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Academic year: 2022

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Pferdebestattungen auf dem frühmittelalterlichen Gräberfeld Drantumer Mühle

(Gemeinde Emstek, Kreis Cloppenburg, Niedersachsen)

INAUGURAL - DISSERTATION

Zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Verena Freiin von Babo

aus Essen

Hannover 2004

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Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. med. vet. Dr. med. vet. habil. K. Pohlmeyer

Prof. Dr. phil. M. Fansa

1. Gutachter: Prof. Dr. med. vet. Dr. med. vet. habil. K. Pohlmeyer 2. Gutachter: Prof. Dr. med. vet. Dr. med. vet. habil. J. Schäffer

Tag der mündlichen Prüfung: 24.11.2004

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Meinen lieben Eltern in Dankbarkeit

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1. Einleitung ... 7

2. Schrifttum: Abriss über die Geschichte der Pferdebestattungen... 9

3. Material und Methode ... 28

3.1 Fundort ... 28

3.2 Bodenprofil... 29

3.3 Fundgut... 31

3.4 Osteologische Bearbeitung... 32

4. Befunde... 36

4.1 Darstellung des Skelettmaterials der Pferde... 37

4.2 Altersbestimmung ... 118

4.3 Berechnung der Widerristhöhe... 141

4.4 Geschlechterverteilung... 144

4.5 Pathologische Veränderungen an den Knochen... 146

5. Diskussion ... 148

5.1 Gräberfeld... 148

5.2 Erhaltungszustand der Knochen... 149

5.3 Altersbestimmung ... 151

5.4 Widerristhöhe (WRH) ... 152

5.5 Geschlecht ... 153

5.6 Pathologische Veränderungen... 154

6. Zusammenfassung... 156

7. Summary ... 158

8. Abkürzungen ... 160

9. Literaturverzeichnis... 162

10. Anhang ... 167

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1. Einleitung

Pferde spielten eine bedeutende Rolle in der frühmittelalterlichen Gesellschaft. Sie dienten als Zug-, Reit- und Arbeits- sowie Opfertiere und nehmen somit einen besonderen Platz unter den Haustieren des germanischen Altertums ein (JANSSEN, 1989). Die hohe Wertschätzung, die der Mensch dem Pferd entgegenbrachte, zeigt sich auch in seiner Verwendung als Opfertier.

Ein Beleg für die Opferung von Pferden sind die auf verschiedenen frühmittelalterlichen Gräberfeldern entdeckten Pferdebestattungen. In der germanischen Mythologie diente das Pferd als Wegbegleiter ins Jenseits. Einem gestorbenen Krieger oder Reiter folgte sein Pferd in den Tod, damit dieser wohlbehalten und ruhmreich in Walhall, der Wohnung Odins, einziehen konnte. Diesem Brauch lag die Vorstellung zugrunde, dass der Krieger auf seinem Weg nach Walhall Kämpfe zu bestreiten haben würde und dass er, um im Jenseits Stand und Ehre zu behaupten, sowohl auf Waffen als auch auf sein Pferd angewiesen war (GENRICH, 1959).

Die Pferdeknochenfunde der vorliegenden Arbeit stammen aus dem frühmittelalterlichen Gräberfeld an der Drantumer Mühle (Gemeinde Emstek, Kreis Cloppenburg, Niedersachsen).

Im Jahre 1964 wurden während einer archäologischen Ausgrabung 511 Körperbestattungen, 24 Pferdebestattungen, 18 Brandgruben, 4 größere Kultstätten und 8 kleinere Kultstätten entdeckt, untersucht und im Staatlichen Museums für Naturkunde und Frühgeschichte Oldenburg archiviert. Es handelte sich hierbei um eine Notgrabung, da durch das Gelände die Autobahn A1 (sog. Hansalinie) geführt werden sollte.

Die Bestattungsart der Pferde auf dem Friedhof zeigte eine Besonderheit, die auf rituelle Pferdeopfer hindeutet. Die Tiere saßen aufrecht mit unter den Bauch zusammengezogenen Gliedmaßen in der Grabgrube. Die Schädel waren in eine erhöhte Nische gebettet und nach Norden ausgerichtet (ZOLLER, 1965a, b, 1968).

Eine am 16.09.2002 durchgeführte 14C-Analyse des Fundmaterials durch das Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung datierte die Knochen in die Zeit zwischen 710 und 885 n. Chr..

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Das Ziel der vorliegenden Arbeit war, anhand der geborgenen Skelettfragmente von 22 Pferden und einem isoliert aufgefundenen Pferdeschädel Erkenntnisse über die Art der Bestattung, die Auswahl der Pferde und deren Bedeutung für die germanische Kriegerschar zu gewinnen. Dabei galt ein besonderes Interesse der Frage, ob der Erhaltungszustand der Knochen bzw. ihre morphologischen Merkmale Rückschlüsse auf die Tötungsart und damit verbundene rituelle Handlungsweisen zulassen. Das erhaltene Knochenmaterial wurde zunächst makromorphologisch eingeordnet und sowohl textlich als auch fotografisch dokumentiert. Anschließend wurde eine osteologische Untersuchung durchgeführt, um Aussagen über Alter, Größe, Geschlecht und Gesundheitszustand der Opfertiere treffen zu können.

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2. Schrifttum: Abriss über die Geschichte der Pferdebestattungen

Nach ZOLLER (1965a, b, 1968) werden die Dörfer, die in der Nähe des Gräberfeldes an der Drantumer Mühle liegen, erstmals urkundlich am 14. Juli 947 erwähnt. Unterzeichnet wurde diese Schenkungsurkunde von Otto I. in Dortmund, der für das Seelenheil seines Vaters König Heinrich und seiner Gattin Editha die Landgüter im Lerigau dem Kloster Enger in Westfalen übergab. Erwähnt werden in dieser Urkunde (Oldenburger Urkundenbuch Bd. V Nr. 12) unter anderen die Dörfer Sülzbühren (Selispura), Bühren (Burae), Garthe (Garta), Emstek (Emphstece) und Drantum (Driontheim), die unmittelbar in der Nähe des Gräberfeldes liegen. Diese Güter hatte Otto I. von seiner Mutter Mathilde erhalten, die wiederum mit Widukind, dem "Sachsenherzog" verwandt war.

Die Christianisierung der Region Lerigau ging von der Missionszelle in Visbek (Gründung Ende des 8. Jahrhunderts) aus. Von dort wurden viele Tochterkirchen gegründet, so auch die Kirche von Emstek. Durch Widukinds Enkel, Graf Waltbert, nahm die Kirche in Wildeshausen (Gründung in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts), die in 18 km Luftlinie vom Gräberfeld entfernt liegt, eine bedeutende Stellung in dieser Region, dem Lerigau, ein. Visbek und Emstek sind über den "Hohen Weg", der am Gräberfeld vorbeiführt, verbunden. Visbek liegt auf halber Strecke von Drantum nach Wildeshausen.

Die ersten Versuche einer Missionierung der Sachsen durch die christlichen Franken (718) blieben erfolglos. Unter Karl dem Großen wurde Sachsen gewaltsam erobert und christianisiert. Widukind leistete von 777 bis 785 heftigen Widerstand gegen die Franken, unterwarf sich dann und wurde 785 getauft. Danach konnte die Missionstätigkeit in dieser Gegend verstärkt werden. Die Sachsenkriege des Frankenkönigs Karl des Großen, die den langen Zeitraum von 772 bis 804 umfassten und mit der Christianisierung der Sachsen und deren politischer Integration in das karolingische Reich endeten, führten zur Verkündigung der "Capitulatio de partibus Saxoniae" (782). Diese Urkunde beinhaltet neben dem Sachsenrecht "Lex saxonium" (804) ebenfalls besondere Strafbestimmungen gegen das praktizierende Heidentum, wie z. B. die Androhung der Todesstrafe für die Verbrennung von Toten und die Anweisung, die Toten auf Kirchenfriedhöfen zu bestatten und nicht mehr auf den Grabhügeln der Heiden. Durch die gewaltsame Eingliederung in das Karolingerreich

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(Frankenreich) fand die sächsische Tradition keinesfalls ein Ende. Noch im 12 Jahrhundert wurden in einigen Orten weiterhin heidnische Bräuche gepflegt (BOHLING, 2000).

Nach ZOLLER (1965a, b, 1968) wurden auf dem Gräberfeld an der Drantumer Mühle zwei verschiedene Bestattungsrichtungen der Körpergräber gefunden. In der heidnischen, älteren Grabgruppe waren die Toten in Süd-Nord-Lage beigesetzt, wobei der Kopf im Süden mit Blickrichtung nach Norden lag. Bei der christlichen, jüngeren Gruppe handelte es sich um West-Ost orientierte Gräber mit dem Schädel im Westen und dem Blick nach Osten.

Fast alle Süd-Nordgräber enthielten Beigaben wie Messer, Riemen- und Gürtelschnallen, eiserne Hiebschwerter (Saxe) und Lanzenspitzen bei den Männergräbern sowie Perlenketten, lange Eisennadeln und Knochenkämme bei den Frauengräbern.

Bei den christlich orientierten West-Ostgräbern, die in größerer Anzahl vorkamen, konnte eine ältere Gruppe ausgemacht werden, in der auch oben genannte Grabbeigaben gefunden wurden und eine jüngere, in der nach und nach der Beigabenbrauch verschwand und die Gräber schließlich ohne Beigaben waren.

Für die Enddatierung des Friedhofes wurde in einem Grab ein wertvoller Fund gemacht. Es handelte sich um einen Lederbeutel mit sechs Silberdenaren (Münzen) Ludwigs des Frommen (814 – 840) der "Religio-Xpistiana-Prägung".

Nicht zuletzt müssen noch 6 Gräber erwähnt werden, deren Bestattungsrichtung umgekehrt zu der auf diesem Friedhof mehrheitlichen West-Ost-Lage in Ost-West-Lage ausgerichtet war.

Insgesamt wurden auf dem Gelände des Gräberfeldes 511 Körperbestattungen gefunden, davon waren 46 Süd-Nord-Gräber (31 mit Beigaben), 442 West-Ost-Gräber (64 mit Beigaben) und 6 Ost-West-Gräber (zwei mit Beigaben). Auch wurden noch 9 Einzelschädel und 8 Rechtecksgruben (möglicherweise Süd-Nord-Kindergräber), die ein Gefäß enthielten, ausgegraben.

Außerdem wurden auf der gesamten Fläche des Ausgrabungsgebietes mehrere Brandgruben gefunden. Sie hatten einen Durchmesser zwischen 30 – 60 cm, waren 25 – 60 cm tief und enthielten hauptsächlich Holzkohle mit dazwischen liegenden Sandschichten, so dass man davon ausgehen konnte, dass sie mehrmalig verwendet worden sind. In den insgesamt 18 Brandgruben wurden auch kalzinierte Knochen gefunden. Diese Knochen deuten aber nicht unbedingt auf ein Brandgrubengrab hin, da der Leichenbrand sehr fein und kleingliedrig war.

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Dies ließ eher vermuten, dass es sich um die Asche eines geopferten kleinen Tieres (z. B.

Hase, Schaf, Reh) oder allenfalls um die Verbrennungsreste eines kleinen Kindes gehandelt hat (ZOLLER, 1965a).

Als besondere Kennzeichen des germanischen Totenkultes und der Ahnenverehrung sind die 4 größeren und 8 kleineren Kultanlagen anzusehen. Die vier größeren Anlagen hatten einen Durchmesser von 11 – 15 m. Es handelte sich um kreisförmige Stellen, die durch Zäune oder Gräben eingeschlossen wurden. Innerhalb des Kreises wurden verschieden große Pfostenlöcher, die auf größere Bauten hindeuten, gefunden. Die Größe, die Anzahl und die Stellung der Pfosten waren sehr unterschiedlich. Annähernd alle Kultstätten sind durch einen Brand zerstört worden. Östlich der Pfostensetzung der vier größeren Kultanlagen wurde jeweils eine große Grabgrube gefunden, in der sich bei dreien jeweils eine Pferdedoppelbestattung befand. Die Vierte war vermutlich auch für zwei Pferde vorgesehen.

Zum Zeitpunkt der Belegung des Gräberfeldes (650 – 850) gab es große Veränderungen im sächsischen Siedlungsraum. Zu nennen sind die oben erwähnten Sachsenkriege Karls des Großen. Die Eingliederung Sachsens in das Karolingerreich ging mit der erzwungenen Christianisierung einher, wodurch die religiöse Identität der Menschen verloren ging.

Bestattungen in Süd-Nord ausgerichteten Gräbern vorzunehmen, entsprach der heidnischen Tradition. In Drantum wurde die Bestattungsrichtung der Körpergräber zwischen 777 und 786 geändert. Die ersten West-Ost orientierten Körpergräber gehen auf christliche Einflüsse zurück, da als Beigabe auch kleine Bronzekreuze gefunden wurden.

Nach der Gründung der verschiedenen Kirchen in Visbek und Wildeshausen fanden keine Bestattungen mehr auf dem Gräberfeld in Drantum statt, da seit dieser Zeit die Friedhöfe in der Nähe der Kirchen angelegt wurden.

Ein weiteres Zeichen der sächsisch - heidnischen Kultur sind die auf dem Gräberfeld an der Drantumer Mühle entdeckten 24 Pferdebestattungen.

Zum besseren Verständnis sollen vorab die Begriffe Pferdebestattung, Pferdegrab und Reitergrab genauer definiert werden. Die Begriffe Pferdegrab und Reitergrab sind dem Oberbegriff Pferdebestattung untergeordnet. Ein Reitergrab ist somit eine Pferdebestattung, bei der das Pferd zusammen mit einem Menschen in einer gemeinsamen Grube begraben

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wurde. Man spricht aber auch von einem Reitergrab, wenn der Mensch mit Zaumzeug, Trense und/oder Sattel eines Pferdes als Beigaben bestattet wurde. Diese Beigaben weisen den Toten als Reiter aus. Um ein Pferdegrab handelt es sich, wenn das Pferd in einer eigenen Grabgrube, ohne örtlichen Bezug zu einem Menschen, beerdigt wurde. Die Beigabe eines Hundes in das Grab eines Pferdes ändert nicht die Definition des Pferdegrabes (GENRICH, 1959; BUSCH, 2000a).

Bei den 24 Pferdebestattungen in Drantum handelte es sich somit um Pferdegräber. Nach ZOLLER (1965a, b, 1968) wurden 18 Pferde einzeln und sechs in drei Doppelgräbern bestattet. In einem Pferdgrab wurde darüber hinaus das Skelett eines Hundes gefunden.

Die Pferdegräber waren zwar über die gesamte Ausgrabungsfläche verteilt, in der Mehrzahl befinden sie sich jedoch im Bereich der Süd-Nord-Körpergräber.

Der Abbildung 1 ist die genaue Lage und Verteilung der Pferdegräber (rot) auf dem Gräberfeld zu entnehmen.

Genau wie die Süd-Nord-Körpergräber sind die Pferdegräber alle nach Norden ausgerichtet worden. Die Ausrichtung und die Form der Gräber sowie die Lage und Beisetzungsart der einzelnen Pferde machen deutlich, dass es sich hierbei um Opferungen und nicht um Kadaverbeseitigung oder um Grabbeigaben zu Reitergräbern handelt.

In den Pferdegruben (Länge: 190 – 255 cm, Breite: 110 – 136 cm, Tiefe: 95 – 206 cm) ruhten die Tiere aufrecht in Bauchlage mit unter dem Körper gelagerten Vorder- und Hintergliedmaßen. Der Hals war hoch aufgerichtet, der Kopf lag in einer nach Norden ausgerichteten Nische. Nach ZOLLER (1965a) hatte es den Anschein, als würden die Pferde mit hoch aufgerichtetem Hals in dem Grab sitzen und nach Norden schauen. Der Schädel des bei einem Pferdegrab gefundenen Hundes war ebenfalls nach Norden ausgerichtet.

Die Pferdegräber lagen nicht unmittelbar neben Männergräbern. Sie konnten keinem Toten eindeutig zugeordnet werden.

Die rituellen Pferdeopfer sind mit dem germanischen Totenkult in Verbindung zubringen (ZOLLER, 1965a, b, 1968).

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Abbildung 1: Lageplan der Gräber auf dem Gräberfeld bei Drantum von 1964

Legende: rot: Pferdegräber;

B I – B IV: große Kultanlage mit Pfostensetzung und Spitzgraben BV – BXII: kleine Kultanlagen

schwarzer Punkt: Brandgruben grauer Punkt: Pfostensetzungen

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Die Pferdegrabsitte hängt mit dem Odinskult und Walhallgedanken der Germanen zusammen.

Ihre Götter ordnete die germanische Religion zwei verschiedenen Geschlechtern zu, einem älteren der Wanen und einem jüngeren der Asen, das mit Odin (Wodan), Thor (Donar) und Tyr (Ziu) maßgebliche Bedeutung gewann (RAUTENBERG, 2003).

Der Göttervater Odin, der Höchste unter den zwölf Asen, war der Schutzgott der Krieger und Fürsten, der Gott der Toten, Herr des Sturmes, Patron der Sänger, Meister der Runen und Herr der Wahrsagekunst. Je nach Verbreitungsgebiet wurde er auch Wotan, Wodan, Wodanaz oder Watanaz genannt. Auf seinem Pferd, dem achtbeinigen Hengst Sleipnir, und in Begleitung seiner beiden Raben und Wölfe durchstreifte er die Welt (Abbildung 2).

Die Germanen waren von einem starken Jenseitsglauben erfüllt, der beinhaltete, dass die im Kampf gefallenen Krieger von den Walküren (göttliche Mädchen, die im Dienste Odins die Seele aus dem Körper des Toten holen) nach Walhall geleitet würden. Walhall war die "Halle der Kampftoten" und Wohnstätte Odins. Alle sonstig Verstorbenen kamen zur Göttin Hel in deren gleichnamiges Unterweltreich.

Die zwölf Götter (5 Götter und 7 Göttinnen) der Germanen spielten eine große Rolle in der Gesellschaft. Sie waren weder unsterblich noch vollkommen. Jede Gottheit besaß ein Pferd.

Die Germanen verehrten die Götter, doch sie unterwarfen sich ihnen nicht. Sie verliehen ihre Verehrung durch Opfergaben Ausdruck. Bei den bestatteten Pferden handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Opfergaben an Odin, der als "Herr der wilden Jagd" auf älteren Darstellungen, z. B. auf Brakteaten (einseitig geprägte Münzen des 6. und 7. Jahrhunderts) in Begleitung von Pferd, Hund, Hirsch und Vogel zu sehen ist. Geopfert wurden ihm hauptsächlich Pferde, Hirsche und Hunde. Bei den Tieropfern handelte es sich häufig um kultische Opfer, die dem Gott Odin in einer seiner Funktionen, hier speziell als Gott der Toten, dargebracht wurden. Die Pferde sollten den gefallenen Krieger nach Walhall tragen und er sollte auch im Jenseits über ein Reittier verfügen. Die Pferde wurden Odin geweiht.

Entsprechend der alttestamentarischen Speisevorschrift (3. Buch Moses 11, 3-7) ist der Genuss des Fleisches von Tieren, deren Klauen nicht gespalten und keine Wiederkäuer sind, verboten. Dadurch werden die kirchlichen Verbote, Pferdefleisch zu essen, verständlich. Nach BASCHE (1991) stellte das Pferdefleischessen aus christlicher Sicht ein heidnisches Opfer dar und damit ein Indiz für die mangelnde Loslösung vom Heidentum. Seit der

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Christianisierung gilt der Verzehr von Pferdefleisch als verpönt, da es sich bei diesem Fleisch um heidnische Opfergaben handelt (BAY u. TRUMP, 1973).

Abbildung 2: Odin

Auf einem gotländischen Grabstein von Lärbro Tängel-Gaarda aus der Zeit um 700 n. Chr. ist die Walhallfahrt eines Kriegers abgebildet. Der Stein ist in vier Bildstreifen aufgeteilt. Nach einem Zitat von GENRICH (1959) aus seiner Abhandlung "Altsächsische Kriegergräber und Pferdebestattungen in Niedersachsen und ihre Bedeutung für die Religionsgeschichte" wird die Darstellung auf dem Bildstein wie folgt beschrieben: „Nach einem Kampf, der auf der linken Seite des oberen Bildstreifens dargestellt ist, wird die Totenfeier geschildert. Der Tote ist - rechts auf dem Bild - aufgebahrt, vor ihm steht ein Ross, das soeben von einem Krieger mit dem Schwert durch einen Schlag vor den Kopf getötet wird. In dem zweiten, darunterliegenden Streifen wendet sich das Trauergefolge ab. Mit dem Ross ist inzwischen eine merkwürdige Veränderung vor sich gegangen; es wendet den Kopf nach der anderen Seite und scheint vier zusätzliche Beine bekommen zu haben; über ihm schwebt der Tote, der sich jetzt auf dieses Geisterross schwingt. Der dritte Streifen zeigt den Toten hoch zu Ross mit einem Schild versehen, also wohl voll bewaffnet auf dem Wege nach Walhall, gefolgt von Kriegern, die Kränze oder Goldringe schwingen. Der unterste Teil des Bildes zeigt, dass für die Fahrt ins Jenseits auch die Benutzung eines Schiffes vorgesehen war, eine Vorstellung, die die Germanen wahrscheinlich aus dem pontischen Kulturkreis übernommen haben.“.

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Nach JANSSEN (1989) war das Pferd das eigentliche Fortbewegungsmittel der Germanen.

Wer adelig oder freien Standes war, besaß ein oder mehrere Pferde. Pferde galten somit als Statussymbol und waren nicht ausschließlich dazu bestimmt, als Opfergabe zu dienen (HÄßLER, 1991). Es wurden hauptsächlich wohlhabende, reiche oder adelige Krieger mit ihrem Pferd begraben. Je höher der soziale Rang der beigesetzten Person, desto mehr Pferde wurden ihm beigegeben (BENECKE, 1994).

MÜLLER-WILLE (1970/71) fertigte in seinem Beitrag "Pferdegrab und Pferdeopfer im frühen Mittelalter" eine Auflistung der gefundenen Pferdegräber auf Friedhöfen des 5. – 11.

Jahrhunderts (Merowinger- bis Ottonenzeit) in West- und Mitteleuropa an. Dafür griff er auf verschiedene regionale Listen zurück, die von verschiedenen Autoren publiziert worden sind:

SCHMIDT veröffentlichte 1961 eine Liste über Pferdegräber in Mitteldeutschland zu Zeiten der Merowinger, REMPEL (1966) eine Liste zu Zeiten der Karolinger und Ottonen und BUSCH (1966) einen Katalog über frühgeschichtliche Pferdegräber in Niedersachsen.

Eingeflossen sind bei MÜLLER-WILLE (1970/71) noch Aufzählungen für die westfränkischen Landschaften in Frankreich (SALIN, 1959), Belgien (ROOSENS, 1968), der Niederlande (YPEY, 1959) sowie das langobardische Böhmen (SVOBODA, 1965).

Insgesamt sind 287 Reihengräberfelder mit Pferde- und Pferdeteilbestattungen in der Dokumentation von MÜLLER-WILLE (1970/71) beschrieben worden. Die örtliche Verteilung der Gräberfelder zeigt, dass die Mehrzahl der Pferdegräber auf ehemaligen Begräbnisfeldern im thüringischen, sachsen-anhaltischen, sächsisch-friesischen (Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Westfalen) und angelsächsischen Gebiet zu finden sind. Auch in der rhein- mainfränkischen, alamannischen und bajuwarischen Region sind in größerer Zahl Pferdebestattungen gefunden worden. In Nordrhein, Rheinland-Pfalz, Hessen, südliche Niederlande, Belgien sowie Nord- und Ostfrankreich sind Pferdegräberanlagen nur vereinzelt und sehr verstreut zu finden.

Die Anzahl der bestatteten Pferde an den verschiedenen Grabungsstätten ist sehr unterschiedlich. Auf 155 Begräbnisstätten wurde lediglich ein Tier, auf 86 Begräbnisfeldern wurden zwei bis zehn und auf 9 Gräberfeldern in Nordwestdeutschland und den Niederlanden

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(Beckum, Bremen, Bremen-Mahndorf, Dörverden, Drantum, Looveen, Rhenen, Soest und Utrecht) wurden mehr als zehn, teilweise sogar über 30 Pferdebestattungen gefunden.

Auf 235 Begräbnisfeldern wurden die Pferde einzeln im Grab bestattet. Die meisten Pferdebestattungen (auch Doppel- und Dreifachbestattungen) waren im nördlichen Sektor des Untersuchungsgebietes lokalisiert. Von den insgesamt 22 Doppelbestattungen befinden sich 16 zwischen den Niederlanden und Thüringen. Es handelt sich hierbei um die Gräberfelder von Beckum, Bouwerd, Bremen, Deersheim, Dörverden, Drantum, Großörner, Krefeld-Gellep II, Looveern, Oberröblingen, Schönebeck, Seeburg, Stößen, Quedlinburg und Weißenfels.

Drei Pferde in einer Grabgrube wurden insgesamt nur dreimal dokumentiert, nämlich in Thüringen und Westfalen auf den Gräberfeldern von Beckum, Griefstedt und Mühlhausen.

In der Regel wurden die Pferde in einfachen Schächten begraben. Es gab jedoch auch Ausnahmen wie z. B. auf dem westfälischen Gräberfeld von Beckum sowie in Bremen, wo die Pferde in holzverkleidete Gruben gelegt wurden. Auf den Begräbnisstätten in Hamburg- Schnelsen, Hollenstedt, Sahlenburg, und Krefeld-Gellep I waren die Pferde in holzverkleideten Gräbern oder Pfostenanlagen jeweils mit einem Menschen zusammen beerdigt. In Thüringen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen befanden sich einige Pferdegräber inmitten von Kreis- und Rechteckgräben oder Pfostenanlagen. Kreisgräben wurden beispielsweise in Weißenfels, Rechteckgräben in Beckum und Kreisgraben- und Pfostenanlagen in Drantum nachgewiesen. In Drantum, Beckum und Looveen wurden außerdem noch Nischen in den Gräbern entdeckt, in denen der Kopf des in Bauchlage liegenden Pferdes aufgestützt war. Es war üblich, das Pferd auf der rechten oder linken Seite, zuweilen aber auch in Bauch- oder Rückenlage zu bestatten. Ausgerichtet waren die Tiere in Mitteldeutschland überwiegend in West-Ost- oder Ost-West-Richtung, seltener auch in Nord- Süd- oder Süd-Nord-Richtung. In Niedersachsen, Westfalen und den Niederlanden dominierte die Nord-Süd- oder Süd-Nord-Ausrichtung der Pferdegräber. Darüber hinaus sind West-Ost- oder Ost-West-Richtungen ebenso zu finden wie Nord-Ost und Süd-West ausgerichtete Gräber. Das Gräberfeld von Grone zeigt z. B., dass auch mehrere Bestattungsrichtungen auf einem Gräberfeld vertreten sein können.

Da osteologische Untersuchungen nicht von allen ausgegrabenen Pferden vorliegen, kann keine allgemein gültige Aussage über das durchschnittliche Alter und das Geschlecht der Tiere gemacht werden. Bei dem analysierten Knochenmaterial wurde festgestellt, dass es sich

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bei den Pferden überwiegend um Hengste und wenige Male auch um Wallache handelte.

Lediglich bei zwei Gräberfeldern in Mitteldeutschland, in Oberwerschen und Schönebeck konnte das weibliche Geschlecht der Pferde nachgewiesen werden.

Die Altersspanne der beigesetzten Tiere war sehr groß. Das jüngste untersuchte Tier war ein 4 – 6 Monate altes Fohlen aus Wielenbach und das älteste ein 19 – 23 Jahre altes Tier aus Grone. Durchschnittlich waren die meisten Pferde zwischen 4 und 8 Jahre alt.

In der Regel wurden die Pferde in toto bestattet. Teilkörperbestattungen sind als Ausnahmefälle zu werten. Auf insgesamt 18 Gräberfeldern wurde den Pferden der Schädel abgetrennt. Auf 26 Ausgrabungsstätten wurden nur die Kopfskelette und in zwei Grabstätten wurden Schädel und Gliedmaßenknochen zusammen in einem Grab entdeckt. Zu diesen partiellen Pferdebestattungen kann man sicherlich auch die auf 29 Gräberfeldern entdeckten Unterkiefer und Zähne sowie die Teile von zerlegten Pferdeskeletten zählen.

Als Grabbeigaben waren den Pferden häufig Hunde beigefügt. Dieses Brauchtum war auf 17 Gräberfeldern im mittel- und norddeutschen Raum zu finden. Dort wurden in 10 Gräbern jeweils zwei Hundeskelette gefunden, von denen fünf in Zusammenhang mit einer Doppel- oder Dreierpferdebestattung standen. Auch Knochen anderer Tierarten wurden in Pferdegräbern gefunden. Hierbei handelte es sich vermutlich um Opfer- oder Speisereste, die von Rindern, Schweinen, Ziegen, Hühnern und Wildvögeln stammten. Auch Eierschalen wurden gefunden. Eindrucksvoll ist der mainfränkische Friedhof von Kleinlangheim, auf dem vier dekapitierte Pferdeskelette, ein Rinderschädel, ein Widderschädel, ein Wolfsskelett und das Geweih eines Rothirsches ausgegraben wurden. Zwei Schafskelette wurden in Grone gefunden. In Basel-Bernerring wurden die Reste einer Hirschkuh und in Echallens Rinder-, Schaf- und Ziegenknochen nachgewiesen.

Anscheinend wurden die Pferde überwiegend ohne Geschirr bestattet, da nur recht selten Trensen und Zaumzeugbeschläge geborgen wurden. Nur in wenigen Gräbern konnten Sattelreste und Steigbügel angeführt werden. Seltener wurden bei Pferden Glocken aus Bronze oder Eisen gefunden. Daneben wurden in einigen Gräbern weitere Gegenstände aus Eisen gefunden wie beispielsweise Messer, Nägel, Schnallen, Ringe, Beschlagteile und Pfeilspitzen. Auch Perlen, Scherben und eine Hirschgeweihscheibe wurden asserviert. In Beckum war in den beiden Doppelgräbern je ein Pferd mit einem üppig verzierten Zaumzeug

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und einer Stangentrense und das jeweils andere mit einem einfachen Zaumzeug und einem Schild bestattet. Folglich handelte es sich jeweils um ein Reitpferd und ein Waffenpferd.

Die bestatteten Pferde befanden sich auf den Gräberfeldern entweder in einiger Entfernung von den Menschengräbern oder dicht daneben. Von einigen Gräberfeldern existieren genaue Lagepläne der einzelnen Gräber. Insgesamt sind 71 Grabungsstätten bekannt, auf denen die Pferdegräber gesondert von den Menschengräbern angeordnet waren. Überwiegend im mitteldeutschen bis hin zum nördlichen niederländischen Raum befinden sich mehr als die Hälfte dieser Gräberfelder. In Niedersachsen sind es insgesamt 15, zu denen unter anderem die Felder von Anderten, Bovenden, Dörverden, Drantum, Grone und Liebenau gehören. Hier sind die Pferdegräber, wie auch die meisten Körpergräber, vorherrschend in Süd-Nord oder Nord-Süd-Lage ausgerichtet. Nur in Anderten, Bovenden und Grone liegen die Körpergräber in West-Ost-Richtung. In der Regel sind die Pferdegräber über die gesamte Ausgrabungsfläche verteilt. Eine Ausnahme stellt Bovenden dar. Hier sind lediglich drei Gräber am Rande der Grabungsfläche gefunden worden. Auf den Gräberfeldern von Zweeloo und Looveen in den Niederlanden sind die Pferdegräber abgesondert an der nördlichen Seite des Gräberfeldes in Zweierreihen angeordnet.

Bezüge zwischen Pferdegräbern männlichen Körpergräbern konnten auf insgesamt 90 Gräberfeldern belegt werden. Nahezu ein Drittel dieser Pferdegräber befand sich in Mittel- und Nordwestdeutschland sowie den Niederlanden. Reitergräber wurden in dem o. g. Gebiet auf acht verschiedenen Begräbnisstätten gefunden. Dazu gehören die Gräberfelder von Hamburg-Schnelsen, Hollenstedt, Kingma-Tille, Mittelhausen, Oberwerschen, Sarstedt, Unna und Westerengel. Bei 20 Gräberfeldern befanden sich die Pferdegräber in so großem Abstand von den Menschengräbern, dass es nicht möglich war, sie eindeutig einander zuzuordnen.

Eine geringe Anzahl von Pferdegräbern, insgesamt auf 14 Gräberfeldern, konnte in Zusammenhang mit Frauenbestattungen gebracht werden. Auf 51 Friedhöfen konnte das jeweilige Geschlecht der beigesetzten Menschen in der Nähe von Pferdegräbern nicht festgestellt werden.

Hervorzuheben sind die an drei Orten (Drantum, Eick und Krefeld-Stratum) innerhalb von Brandgruben entdeckten Pferdegräber. BÄRENFÄNGER (1988) und BUSCH (2000b) interpretierten dies als Hinweis auf die Opferfunktion der Tiere.

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Auf dem europäischen Kontinent war die Pferdegrabsitte vom 5. bis zum 11. Jahrhundert gebräuchlich. Eine genaue Datierung der Pferdebestattungen ist immer dann gegeben, wenn in den Gräbern Beigaben vorhanden sind, die charakteristisch für eine Epoche sind. Ansonsten kann man anhand der Region in der sich das Gräberfeld befindet auf die Zeitspanne schließen, in der die Pferde bestattet worden sind. Während der frühen Merowingerzeit (450 – 550) kamen Pferdebestattungen vor allem in Thüringen, Böhmen, Mähren, Westungarn und Niederösterreich, einzelne auch in der fränkischen und alamannischen Region vor. In diesen Gebieten sind Ruhestätten mit Pferdegräbern auch bis zum Ende des 6. Jahrhunderts dokumentiert worden. Ab dem 7. Jahrhundert breitete sich die Pferdegrabsitte nach Norden aus (südwestfälische, rhein- und mainfränkische, alamannische und bajuwarische Region).

Während in Süd- und Südwestdeutschland die Pferdebestattungen im 8. Jahrhundert langsam zurückgingen, ist in Mitteldeutschland, Nordhessen, Niedersachsen, Westfalen und den Niederlanden die Pferdegrabsitte noch bis in die Karolingerzeit (8. – 9. Jahrhundert) zu dokumentieren. Diese Pferdegräber stehen allerdings nicht mehr eindeutig mit den gefundenen Menschenbestattungen auf den Gräberfeldern in Zusammenhang. Zur Zeiten der Ottonen (9. – 11. Jahrhundert) waren Pferdegräber lediglich in Mitteldeutschland anzutreffen.

GUMMEL (1926) beschrieb ein Reitergrab in Sarstedt im Kreis Hildesheim, das bei Ausschachtungsarbeiten zu Tage kam. Geborgen wurden neben dem menschlichen und dem Pferdeskelett, ein Schwert, eine Lanze, ein Schildbuckel aus Eisen und eine Rippzange aus Bronze. Die Arbeiter und der Reporter der Sarstedter Zeitung, die an der Sicherstellung der Funde beteiligt waren, beschrieben die Lage der Funde. Danach lag das Pferd auf der rechten Körperseite in Südost – Nordwest Ausrichtung. Der Reiter war in Südwest – Nordost Lage bestattet, sein skelettierter Schädel lag zwischen den Gliedmaßenknochen des Tieres.

AHRENS (1975) berichtet über ein spätsächsisches Gräberfeld mit Dreifach-Pferdebestattung bei Wulfsen im Landkreis Harburg. Dort wurden 26 Süd-Nord-, 9 West-Ost- Körperbestattungen und eine gut erhaltene Dreifach-Pferdebestattung dokumentiert. Die drei Pferde lagen nebeneinander in einer 230 x 240 cm großen Süd-Nord ausgerichteten Grabgrube. Am Grubenrand lehnten die Schädel in aufrechter Haltung, die Beine waren bei allen Tieren angewinkelt.

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Die osteologische Aufarbeitung wurde von REICHSTEIN (1975) durchgeführt. Er benutzte hierbei nicht alle vorhandenen Knochen, sondern suchte sich einige geeignete Skelettelemente heraus. Pferd Nr. 1 wird repräsentiert durch den rechten M3 der Maxilla, den rechten Metacarpus, die beiden vorderen und eine hintere Phalanx proximalis, den linken Calcaneus, den linken Talus und die vordere linke Phalanx media. Zu Pferd Nr. 2 gehören der rechte M2 der Maxilla, der rechte Metacarpus, der linke Calcaneus und die linke hintere Phalanx proximalis. Die Reste der rechten Scapula, der rechte Radius, der linke Calcaneus und die hintere rechte Phalanx media von Pferd Nr. 3 wurden für die Untersuchung herangezogen.

Die Knochen waren sehr brüchig und morsch, so dass nur wenige Maße genommen werden konnten. Der Zustand der Knochen ließ jedoch noch Aussagen über die Größe, das Alter und das Geschlecht der Pferde zu: schon bei oberflächlicher Betrachtung der Knochen konnte schon festgestellt werden, dass es sich um kleine Pferde gehandelt hat. Diese Beobachtung wurde dann nach der Feststellung der WRH anhand der Kriterien von VITT (1952) bestätigt.

Die Messung der "Größten Länge" des Metacarpus ergab eine Länge von 211 mm bei Pferd Nr. 1 und eine Länge von 223 mm bei Pferd Nr. 2. Daraus ergab sich dann für Pferd Nr. 1 ein Stockmaß von 130 cm und für Pferd Nr. 2 eine WRH von 136 cm. Bei dem dritten Pferdeskelett konnten aus unbestimmtem Grund keine Maße genommen werden.

Das Alter der drei Pferde wurde anhand der Abnutzung der Incisivi bestimmt. Daraus ergab sich, dass das Pferd Nr. 1 etwa 5 Jahre alt und die beiden anderen etwa 7 Jahre alt waren.

Da bei den Pferden Nr. 1 und Nr. 3 Hakenzähne gefunden wurden, muss es sich bei diesen beiden Tieren um Hengste gehandelt haben. Bei Pferd Nr. 2 lagen diese nicht vor, deshalb liegt die Vermutung nah, dass es sich hierbei um eine Stute handeln könnte.

MÜLLER (1975) trug eine große Zahl frühgeschichtlicher Pferdeskelettfunde aus dem Südwesten der ehemaligen DDR (Mittelelbe - Saale Gebiet) zusammen und führte eine osteologische Untersuchung durch. Das Knochenmaterial der verschiedenen Gräberfelder wurde in drei Zeitgruppen eingeteilt. In Gruppe A sind 51 Pferdebestattungen aus dem 5. – 6.

Jahrhundert, in Gruppe B 54 Pferdebestattungen aus dem 7. – 8. Jahrhundert und in Gruppe C 13 Pferdebestattungen aus dem 9. – 10. Jahrhundert zusammengefasst.

Bei der Untersuchung der ersten und zweiten Halswirbel mit einer Lupe wurden vielfach Schnitt- und Hiebspuren festgestellt. Die Schnittspuren befanden sich auf der ventralen und die Hiebspuren auf der dorsalen Seite des jeweiligen Wirbels. Die Schnittlinien verliefen quer

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zur Längsachse des Wirbels, sie waren gerade und scharf abgegrenzt. Diese Linien entstanden durch Ziehen des Schneidegerätes in Schneidenrichtung. Im Gegensatz dazu wird bei einem Schlag mit einer Axt oder einem Schwert die Schneide nahezu senkrecht zur Schneidenrichtung in den Knochen getrieben. Der Hieb hinterlässt eine größere, glatte Fläche auf dem Knochen. Die Tiere wurden somit durch einen Hieb auf das stehende Tier getötet, der Kopf wurde nach Verbringung des Pferdes in Rückenlage abgetrennt.

Warum einige Pferde dekapitiert wurden und andere nicht, ist nicht eindeutig geklärt.

Wahrscheinlich handelt es sich bei der Dekapitation um eine besondere Form der rituellen Bestattung. Dieser Brauch kam im 6. Jahrhundert auf und endete im 8. Jahrhundert.

Die Altersbestimmung der Pferde führte MÜLLER (1975) anhand des Zahnalters durch. Bei den Pferdeskeletten, bei denen der Schädel fehlte, wurde das Alter anhand des Apophysenschlusses der Wirbel beurteilt. Hierzu wurden die von ZIETZSCHMANN u.

KRÖLLING (1955) zusammengestellten Richtwerte verwendet.

Das Alter der untersuchten Pferde lag zwischen einem Jahr und 20 Jahren, die meisten Pferde befanden sich im besten Nutzungsalter von 5 – 15 Jahren. Hier wurden demnach keine alten, oder kranken Tiere getötet und bestattet. Bei den von MÜLLER (1975) als "adult"

bezeichneten Tieren konnte eine Altersdiagnose nur anhand der vollständigen Verwachsung der Epiphysenfugen an den Extremitätenknochen gestellt werden, da weder Schädel noch Wirbel vorhanden waren.

Das Geschlecht wurde auch hier durch das Vorhandensein der Canini am Schädel und anhand der Ausprägung des Tuberculum pubicum dorsale und der Rundung des Ramus acetabularis ossis pubis am Becken bestimmt. Es wurden hauptsächlich männliche Tiere dokumentiert. Bei einigen konnte allerdings nicht eindeutig geklärt werden, ob es sich um einen Hengst oder einen Wallach handelte; bei anderen konnte das Geschlecht nicht nachgewiesen werden, da die Schädel dieser Tiere und somit eventuell vorhandene Hakenzähne fehlten.

Für die Bestimmung der WRH und somit der Größe der Tiere wurde von MÜLLER (1975) eine von VITT (1952) erstellte Tabelle verwendet. Die errechnete WRH betrug bei Gruppe A und bei Gruppe B 128 – 150 cm und bei Gruppe C 132 – 147 cm.

Die Proportionen der Skelettelemente unterscheiden sich bei den Tieren aus den verschiedenen Zeitgruppen nur geringfügig. Die konstatierten Längenunterschiede der Humeri und der Ossa femora zwischen Gruppe A und Gruppe B (Gruppe A hatte relativ

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kürzere Knochenlängen als Gruppe B) sind nicht auf eine züchterische Beeinflussung, sondern auf die natürliche Heterogenität zurückzuführen.

Anhand der mit Hilfe des Längen-Breiten-Indexes untersuchten Wuchsform der Pferde konnte festgehalten werden, dass die Pferde kein einheitliches morphologisches Erscheinungsbild aufwiesen. Es gab sowohl schlankwüchsige als auch breitwüchsige Pferde.

Da die Schädel der dekapitierten Pferde fehlen, konnten die kraniologischen Merkmale nur bei den übrigen Pferden zur Charakterisierung des Pferdematerials herangezogen werden. Die Pferde waren überwiegend schmalstirnig und einige mäßig breitstirnig.

Bei der Untersuchung der pathologisch-anatomischen Veränderungen an den Wirbeln der Pferde der verschiedenen Gruppen wurde dokumentiert, dass bei den Tieren aus dem 7. – 8.

Jahrhundert (Gruppe B) deutlich mehr Exostosen auftraten als bei denen aus dem 5. – 6.

Jahrhundert (Gruppe A). Die Ankylosierungen fanden sich im Bereich der Sattellage, folglich an den kaudalen Brust- und den kranialen Lendenwirbeln. Oft wurden auch geringgradige spatähnliche Veränderungen am Os tarsi centrale und am Os tarsale tertium gefunden, die aber noch nicht zu einer Versteifung des Tarsalgelenkes geführt hatten.

Nach den an den Skeletten erhobenen Befunden handelte es sich bei den bestatteten Pferden um Tiere guter Qualität. Sie befanden sich zum Zeitpunkt des Todes im besten Nutzungsalter und waren vermutlich nicht krank. Die geringgradigen pathologischen Veränderungen deuten nicht auf eine verminderte Arbeitsleistung der Tiere hin.

Auf dem spätsächsischen Gräberfeld auf dem Kronsberg bei Rullstorf im Landkreis Lüneburg wurden seit 1980 34 Pferdebestattungen entdeckt (GERBERS, 1997; LAUXTERMANN, 2001). Durch die reichen Grabbeigaben und die besonderen Formen der Körper-, Brand- und Tiergräber sowie der Scheiterhaufen konnte das Gräberfeld als Adelsfriedhof ausgewiesen und auf das 7. und 8. Jahrhundert datiert werden. Im Zuge einer Ausgrabung im Jahr 2000 wurde ein Pferd entdeckt, das mit Trense, Zaumzeug, Sattel und Steigbügel bestattet worden war. Dieser Fund diente nach LAUXTERMANN (2001) als Grabbeigabe zu einem 24 – pföstigen Scheiterhaufengrab einer hochgestellten Persönlichkeit. Es wurden Glasperlen, Silberblech und metallische Kettenglieder gefunden. Die Nordwest – Südost ausgerichtete Pferdegrube war 210 cm lang und 115 cm breit. Im Gegensatz zu den 33 anderen Pferden wurde das Tier dekapitiert, lag in Bauchlage mit eingeknickten Gliedmaßen, die

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Hintergliedmaßen waren nach Süden, die Vordergliedmaßen nach Norden ausgerichtet. Der Schädel wurde bis heute nicht gefunden. Das Skelett war aufgrund der ungünstigen Bodenverhältnisse sehr schlecht erhalten. Aufgrund des fehlenden Kopfes und schlechten Erhaltungszustandes des Beckens konnte das Geschlecht des Tieres nicht bestimmt werden.

Es wird aber vermutet, dass es sich wie bei den anderen Pferden um einen Hengst handelte.

Die WRH dieses Tieres wurde noch nicht bestimmt. Das Stockmaß der restlichen 33 Pferde lag zwischen 132 bis 148 cm. Ein großer Teil der Pferde war zwischen fünf bis zehn Jahre alt.

Es gab aber auch unter drei Jahre und über 15 Jahre alte Tiere. Bei einem vierjährigen und bei einem achtjährigen Pferd wurde am Os tarsi centrale jeweils eine Randzackenveränderung diagnostiziert, die eine Vorstufe des Spats darstellt. Auch wurden bei einigen älteren Tieren altersbedingte Arthrosen im Bereich des Fesselgelenkes festgestellt (BECKER, 2003).

In Bovenden, Landkreis Göttingen, wurden 1965/66 drei enge Gruben entdeckt (BUSCH, 1966), in denen sich jeweils ein Pferd in Hockstellung befand. Die Pferdegräber waren in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, die Skelette befanden sich im anatomischen Gefüge, lediglich die Schädel waren zerstört. Es konnten daher nur wenige Kieferfragmente sowie einzelne Zähne geborgen werden. Die osteologische Untersuchung wurde von MAY (1967) durchgeführt. Zusammen mit den drei Pferdeskeletten aus Bovenden wurde noch ein weiteres Pferd aus einer Grabgrube in Grone, Landkreis Göttingen, untersucht.

Das Pferd aus Grone war nach dem Zahnalter etwa 19 bis 23 Jahre alt. Pferd Nr. 1 aus Bovenden war etwa fünf Jahre, Pferd Nr. 2 etwa zwölf und Pferd Nr. 3 etwa sechs Jahre alt.

Aufgrund der Beckenform wurden Pferd Nr. 1 und Nr. 3 als männlich identifiziert. Auch das Pferd aus Grone war männlich, was anhand des Vorhandenseins der Hakenzähne festgestellt wurde.

Die WRH der Pferde wurden mit Hilfe der Faktoren von KIESEWALTER (1888) bestimmt.

Von dem Pferd aus Grone standen keine Extremitätenknochen zur Verfügung, so dass keine Berechnungen angestellt werden konnten. Der Mittelwert der vermessenen Knochen (Humerus, Radius, Metacarpus, Femur, Tibia und Metatarsus) der einzelnen Tiere ergab für Pferd Nr. 1 eine WRH von 141 cm, für Pferd Nr. 2 ein Stockmaß von 148 cm und für Pferd Nr. 3 eine WRH von 144 cm.

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Die durchschnittlichen Maße der einzelnen Gliedmaßenknochen deuten auf eine mittelgroße Wuchsform der Pferde hin. Die Tiere hatten ziemlich kleine Hufe und geringfügig längere Vordergliedmaßen als Hintergliedmaßen, so dass vermutet werden kann, dass es sich um Reitpferde handelte. Pathologische Veränderungen wurden an den Knochen nicht gefunden.

Die Pferdeskelette aus dem frühmittelalterlichen Gräberfeld von Liebenau wurden von MAY (1994) analysiert und die Ergebnisse dokumentiert. Es handelte sich hierbei um zwölf Pferdeskelette, die sehr schlecht erhalten waren. Die Tiere stammten aus Pferdegräbern, die in die Zeit des 5. – 7. Jahrhunderts eingestuft wurden.

Auch hier wurden die WRH anhand der Maße der langen Gliedmaßenknochen nach den Arbeitsweisen von KIESEWALTER (1888) und VITT (1952) bestimmt. Die Messungen ergaben für das kleinste Pferd eine Größe von 128 und für das größte Pferd eine WRH von 144 cm.

Die Bestimmung des Geschlechts und Geschlechterverteilung konnte nicht durchgeführt werden, da weder auswertbare Schädel- noch Beckenfragmente verfügbar waren. Die vorhandenen Schädelfragmente und Zähne deuteten darauf hin, dass es sich überwiegend um männliche Tiere handelte. Zwischen Hengst und Wallach konnte allerdings nicht unterschieden werden. Die meisten getöteten Tiere befanden sich im besten Nutzungsalter für Reitpferde. Es wurden keine Schnittspuren an den Occipital- oder Atlasfragmenten festgestellt. Demnach wurde den Tieren nicht der Schädel abgetrennt. Die Zahnalter- und Skelettaltersbestimmung (Epiphysensynostosierung) ergab bei 50% der Tiere ein Alter von bis zu fünf Jahren, 10% der Probanten waren älter als sechs Jahre. Insgesamt gab es eine gehäufte Anzahl an Pferden im Alter von vier bis sechs Jahren (58%).

Auch bei diesen Tieren wurden keine pathologischen Veränderungen an den Knochen wie z.

B. Arthritiden oder Spondylarthrosen, die auf eine einseitige Belastung hindeuten, gefunden.

Auf dem frühmittelalterlichen Körperfriedhof von Wünnenberg - Fürstenberg wurden 1983/1984 (SPRINGHORN, 1991) insgesamt 63 Gräber entdeckt, davon waren neun Pferdegräber. Bei sieben Pferden waren die Skelette vollständig erhalten. Von den anderen beiden Individuen lagen nur der Schädel und einige Gliedmaßenknochen vor. Die Ausrichtung der Pferdegräber war unterschiedlich: fünf der Pferdegräber waren in Nord-Süd-

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oder Süd-Nord-Lage ausgerichtet, die verbleibenden vier waren Ost-West orientiert. Die Mehrzahl der Tiere lag auf der rechten Körperseite mit angewinkelten Gliedmaßen. Zwei der Pferdegräber enthielten Beigaben. Dabei handelte es sich um metallische Bestandteile des Zaum- und Sattelzeugs. Bei diesen beiden Tieren wurden außerdem Reste eines Sattelholzgerüstes in der üblichen Sattellage des Rückens gefunden. Da es sich bei dieser Ausgrabung um eine Notgrabung handelte, konnten die Skelette nicht fachgerecht konserviert werden, so dass sie bei der osteologischen Untersuchung leicht zerbrachen. Die wichtigsten Fragen (Größe, Alter und Geschlecht der Tiere) konnten von SPRINGHORN (1991) dennoch erarbeitet und beantwortet werden. Das Stockmaß wurde auch hier nach den Vorgaben von VON DEN DRIESCH u. BOESSNECK (1974), basierend auf der Methode nach KIESEWALTER (1888), ermittelt. Das Alter wurde nach dem Zahnstatus und Zahnabrieb (HABERMEHL, 1975) festgelegt. Das Geschlecht wurde Anhand der Ausformung des Tuberculum pubicum dorsale und des Ramus acetabularis ossis pubis des Beckens sowie des Vorhandenseins der Hakenzähne bestimmt.

Das durchschnittliche Stockmaß der Pferde betrug 135,2 cm. Auffällig war, dass der Mittelwert der gemessenen WRH bei den Tieren aus den Süd-Nord bzw. Nord-Süd gerichteten Gräbern bei 136 cm und bei den Tieren aus den Ost-West orientierten Gräbern bei 139 cm lag. Somit waren die Pferde der Karolingerzeit größer als die merowingischen Tiere.

Aus dem Skelettmaterial konnte die Wuchsform eines schlanken bis mittelschlanken Pferdetyps abgeleitet werden, so dass es sich vermutlich um Reit- oder Zugpferde handelte.

Das Alter der bestatteten Tiere zeigte eine große Streuung. Es lag zwischen zwei und 15 Jahren; der errechnete Mittelwert betrug somit 7,8 Jahre.

Bei sieben Tieren wurden Hakenzähne nachgewiesen. Es handelte sich somit eindeutig um Hengste. Bei einem Pferd deuteten die rudimentär vorhandenen Hakenzähne sowie das flache Tuberculum pubicum dorsale und der abgerundete Ramus acetabularis ossis pubis auf einen Wallach hin. Bei dem verbleibenden Tier handelte es sich um ein junges Pferd, bei dem eine Geschlechtsbestimmung nicht möglich war.

Nur bei einem Pferd wurden an einem rechten Hufbein pathologische Veränderungen in Form einer Hufknorpelverknöcherung diagnostiziert. Der schlechte Erhaltungszustand ließ die Feststellung weiterer möglicher Veränderungen nicht zu.

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Die vorangestellten Ausführungen geben einen Überblick über germanische Pferdebestattungen, erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Exemplarisch wurden Texte verschiedener Autoren herangezogen, die sich mit Ausgrabungen von bestatteten Pferden und den Ergebnissen der osteologischen Untersuchungen befassten.

Bei dem Vergleich der Ergebnisse kann man zusammenfassend feststellen, dass alle untersuchten Pferde im Vergleich zu rezenten Pferden relativ kleinwüchsig waren. Ihr Stockmaß lag in einem Widerristhöhenbereich von 128 – 150 cm. Die meisten Pferde hatten eine Größe von 135 – 140 cm. Die Ausschläge nach oben (150 cm) und nach unten (128 cm) waren Ausnahmen, da es zu dieser Zeit gewiss noch keine Ansprüche auf eine Verbesserung der Qualität der Tiere durch ein geregeltes Zuchtmanagement gegeben hat.

Das Alter der getöteten und bestatteten Tiere zeigte ebenfalls eine sehr breite Streuung. Das jüngste bestattete Pferd war etwa vier Monate und das älteste über 20 Jahre alt. Die meisten Pferde waren im mittleren Alter (5 – 8 Jahre), als sie geopfert wurden.

Bei der Geschlechterverteilung bleibt festzuhalten, dass hauptsächlich männliche Tiere bestattet wurden. Hengste und Wallache konnten nicht immer eindeutig unterschieden werden. Stuten wurden äußerst selten in den Gräbern gefunden.

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3. Material und Methode 3.1 Fundort

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Pferdeknochenfunden aus dem sächsisch- karolingischen Gräberfeld bei Drantum, Gemeinde Emstek, Kreis Cloppenburg.

Im Jahre 1906 wurde der so genannte "Hexenberg", ein zerstörtes Megalithgrab aus der Jungsteinzeit, erstmals archäologisch untersucht. Gefunden wurde eine eiserne Streitaxt, die einen Hinweis auf einen frühmittelalterlichen Friedhof sein könnte.

Skelettreste wurden erst 1936 beim Abfahren von Sand entdeckt. Nach weiteren Funden im Jahre 1937 wurde das Museum in Oldenburg informiert. Bei einer damals durchgeführten Probegrabung wurden zwei Menschengräber und eine Brandgrube gefunden. 1939 wurde das Gelände unter Denkmalschutz gestellt, der Sandabbau jedoch bis 1963 weiter durchgeführt.

Hierdurch wurde der Ostteil des Gräberfeldes vollkommen zerstört und war einer Untersuchung zu keiner Zeit zugängig.

Das Gräberfeld liegt auf einer Bodenerhebung 61,4 m über N. N. an der Kreuzung zweier alter Wege, nämlich zwischen dem Weg von Visbek nach Emstek ("Hoher Weg") und dem Weg von Schneiderkrug nach Drantum ("Reuterpad"). Es hat im Westen eine Breite von 180 m und verjüngt sich auf eine Breite im Osten von 40 m. Die Länge von West nach Ost beträgt 200 m. Im Norden verläuft der "Hohe Weg" über das Gräberfeld, welches 10 – 15 m nördlich dieses Weges endet. Die südliche Begrenzung bildet die ehemalige Wegführung des

"Reuterpads" (ZOLLER, 1965a).

Die Abbildung 3 gibt die exakte Lage und Ausdehnung des Gräberfeldes Drantumer Mühle wieder.

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Abbildung 3: Lage und Ausdehnung des Gräberfeldes Drantumer Mühle;

das rote Feld stellt die Ausgrabungsfläche dar;

das blaue und grüne Feld geben den Stand der Sandabgrabungen an;

die Autobahn führt genau über das Zentrum des Gräberfeldes

3.2 Bodenprofil

Fließende Gewässer sind in der Nähe des Gräberfeldes nicht vorhanden. Es gibt allerdings mehrere kleine Tümpel, so genannte "Schlatts", die mehr oder weniger verlandet oder versumpft sind. Das große Schlatt "Lünzhoop" wurde 1964 beim Autobahnbau mit Aushuberde zugeschüttet.

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Das Bodenprofil der Ausgrabungsstätte wird von ZOLLER (1965a) wie folgt beschrieben:

0 – 0,20 m dunkel-graubrauner Humus, Ackerkrume 0,20 – 0,50 m Plaggenboden, hellgrau-ocker

0,50 – 0,79 m hellgrauer, sandiger Humus (alte Oberfläche vor Beginn der Plaggendüngung)

0,76 – 1,30 m Flottsand

1,30 – 2,30 m gelbbrauner Sand mit Sickerlinien

2,30 – 3,10 m grober, weißgelblicher Sand mit Kiesstreifen

3,10 m und tiefer rotbrauner, sandig-kiesiger Lehm mit großen Geschieben

Der Tiefenbereich von der Geländeoberkante (GOK liegt hier bei 61,4 m über N.N.) bis 0,79 m ist der eigentlichen Bodenbildung zuzuordnen (SCHEFFER u. SCHACHTSCHABEL, 1989). Es handelt sich hierbei um einen sog. "Plaggenboden". Geplaggte Böden treten in Nordwestdeutschland ortsnah hauptsächlich im Emsland und in Westfalen auf. Als Plaggen oder Soden werden mit Hacke oder Spaten flach abgehobenen Stücke des stark humosen, durchwurzelten Oberbodens bezeichnet. Diese können auch mit Gras oder Heide bewachsen sein. Die Plaggen wurden im Stall als Einstreu verwendet und anschließend mit dem Kot und Harn der Tiere auf eine etwas höher gelegene Feldflur des Dorfes, dem "Esch" ausgebracht.

Die ursprünglich anstehenden Böden wurden vorher mit Gräben durchzogen, umgegraben oder eingeebnet. Durch diese künstliche Erhöhung entstanden ca. 30 cm - 120 cm mächtige grau - braune, stark humose Horizonte.

Die Entstehung des "Plaggenesch" kann bis in das 8. – 11. Jahrhundert n. Chr. zurückverfolgt werden. Es sind aber auch Plaggenböden aus der Bronzezeit beschrieben. Seit etwa 50 – 100 Jahren wird keine Plaggendüngung mehr durchgeführt.

Der weit verbreitete graue Plaggenesch, wie er auch an der Ausgrabungsstätte vorliegt, hat einen Gehalt von 1 – 2% Ton, 450 – 550 ppm Gesamt-Phosphor, ca. 4% – 5% organische Substanz und ein C/N-Verhältnis zwischen 15 und 30. Der pH-Wert ist mit pH ≈ 4 stark sauer.

Substrat bzw. Ausgangsmaterial für die Bodenbildung ist das unterlagernde Gestein bzw.

Sediment. Im vorliegenden Fall handelt es sich bis 1,30 m unter GOK um Sandlöss. Löss ist eine aerogene Sedimentbildung aus der Weichseleiszeit. Aus den Ablagerungen der

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saaleiszeitlichen Gletscher- und Schmelzwasserbildungen wurde feinstes Material ausgeblasen und nördlich der Mittelgebirge im Windschatten abgelagert.

Dem Sandlöss untergelagert finden sich bis 3,10 m unter GOK Schmelzwasserablagerungen des damaligen Gletschers in Form von Sanden und Kiesen.

Das Liegende wird durch die drenthestadiale1 Grundmoräne in Form von Geschiebelehm - ein rotbrauner, sandig-kiesiger Lehm mit großen Geschieben - dargestellt.

Nach der Grundwasserkarte des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung (1979) liegt der Grundwasserspiegel bei etwa 20 m unter GOK. In den oberen wasserdurchlässigen Schichten (Sand, Kies) kann es aufgrund des Eindringens von Niederschlagswässern zur Bildung von Schicht- und Stauwasser kommen. Der ab 3,10 m anstehende Geschiebelehm ist als Grundwasser-Nichtleiter einzustufen.

3.3 Fundgut

Im Jahre 1964 musste eine Notgrabung durch das Staatliche Museum für Naturkunde und Vorgeschichte in Oldenburg durchgeführt werden, da die geplante Autobahntrasse Bremen – Kamen (Hansalinie) genau über das Gräberfeld führen sollte. Es wurden 511 Körperbestattungen, 24 Pferdebestattungen, 18 Brandgruben, 4 größere Kultstätten und 8 kleinere Kultstätten gefunden und untersucht (ZOLLER, 1965a, b, 1968).

Mit Hilfe der 14C-Methode sind die Pferdeknochen durch das Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung, Hannover in den Zeitraum von 710 bis 885 n. Chr. datiert worden.

Nach Beendigung der Ausgrabung im Jahre 1964 wurden die Knochenfunde im Landesmuseum für Natur und Mensch in Oldenburg gelagert. 2001 gelangten die Knochen in

1 Gliederung des Quartärs:

- 8 500 Jahre v. Chr. Holozän

- 90 000 -"- Weichsel-Kaltzeit - 110 000 -"- Eem-Warmzeit

- 230 000 -"- Saale-Kaltzeit Warthe-Vereisung Drenthe-Vereisung - 250 000 -"- Holstein-Warmzeit

- 370 000 -"- Elster-Kaltzeit

- 500 000 -"- Voigtstedt-Warmzeit (Cromer)

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das Institut für Anatomie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Eines der Pferdeskelette wurde anatomisch rekonstruiert und ist nun in ursprünglicher Bestattungslage als Dauerexponat im Landesmuseum für Natur und Mensch ausgestellt.

Das Fundgut wurde, nach einzelnen Pferden getrennt, in Pappkartons gelagert. Die Knochen lagen einzeln oder in Plastiktüten verpackt in den Kisten. Auf jedem Karton waren das Fundjahr, die Fundstelle und die laufende Nummer des Pferdes vermerkt. Zur zweifelsfreien Identifizierung lag in den Kisten ein handgeschriebener Zettel mit dem Fundort und der laufenden Nummer des Pferdes.

Auf dem Drantumer Gräberfeld wurden drei Doppelpferdebestattungen gefunden. Pferd Nr. 6 und Pferd Nr. 7, Pferd Nr. 8 und Pferd Nr. 9 sowie Pferd Nr. 20 und Pferd Nr. 21 lagen jeweils in Doppelgräbern.

Bei der Ausgrabung von Pferd Nr. 17 wurden Reste eines Hundeskelettes geborgen, die sich ebenfalls in dem Pappkarton befanden.

Die Knochen wurden nach der Ausgrabung mit Methylcellulose behandelt, um den weiteren Zerfall zu verhindern.

3.4 Osteologische Bearbeitung

Von den insgesamt 24 ausgegrabenen Pferdeskeletten wurden 22 osteologisch analysiert, da Pferd Nr. 19 aus unbestimmtem Grund fehlte und Pferd Nr. 21 schon vor der Untersuchung anatomisch rekonstruiert wurde und als Dauerexponat der Geest-Ausstellung im Landesmuseum für Natur und Mensch in Oldenburg dient (Abbildung 4).

Die Bestimmung der Knochen und Knochenfragmente erfolgte mit Hilfe präparierter vollständiger Pferdeskelette, isolierter Vorder- und Hintergliedmaßen, isolierter Karpal- und Tarsalgelenke und kompletter Schädel unterschiedlicher Pferde aus dem Fundus des Anatomischen Institutes der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Die angewandte anatomische Nomenklatur entspricht den Vorgaben der Nomina Anatomica Veterinaria (1994).

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Abbildung 4: Pferd 21 Dauerexponat der Geest-Ausstellung im Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg

Die Beschriftung der Knochen erfolgte mit einem Bleistift (HB) auf dem jeweiligen Knochen bzw. Knochenfragment. Die Knochen wurden folgendermaßen gekennzeichnet: die laufende Nummer des Pferdes, die anatomische Bezeichnung des Knochens bzw. des Knochenfragments, die Körperseite und gegebenenfalls mit einem kleinen Buchstaben (a;

b;...), wenn der Knochen aus mehreren Bruchstücken bestand.

Zur Erläuterung ist der Knochen 1/Hum/re/a angeführt. Er stammt von dem Pferd mit der laufenden Nummer 1, ist der rechte Oberarmknochen und setzt sich aus mehreren Knochenfragmenten zusammen. Auf den dazugehörigen Fragmenten folgt dann jeweils der fortlaufende kleine Buchstabe.

Nach der Bestimmung und Sortierung der Pferdeskelette wurden die Knochen und -fragmente und in Plastiktüten verpackt. Diese Tüten wurden mit der anatomischen Bezeichnung des Knochens mittels eines schwarzen Permanentmarkers beschriftet und in die Pappkartons zurückgelegt.

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Die Altersbestimmung der 22 Pferde und eines zusätzlichen Schädels wurde anhand des Zahnalters und der Epiphysenfugenverknöcherung nach den Angaben von HABERMEHL (1975) sowie ZIETZSCHMANN u. KRÖLLING (1955) vorgenommen.

Die Pferdeknochen wurden nach den Vorgaben von VON DEN DRIESCH (1982) vermessen.

Zur Ermittlung der Maße, die auf 1 mm genau angegeben werden, wurde eine Schublehre nach Nonius verwendet. Da eine große Anzahl an Knochen nicht mehr vollständig vorhanden war oder aus mehreren Bruchstücken bestanden, wurden einige Maße abgeschätzt und deshalb in Klammern gesetzt.

Die Widerristhöhen wurden anhand der langen Gliedmaßenknochen mit Hilfe der Methoden von VON DEN DRIESCH u. BOESSNECK (1974), basierend auf den Angaben von KIESEWALTER (1888), berechnet. Anschließend wurden die Widerristhöhen mit Hilfe der Tabelle von VITT (1952), modifiziert nach MAY (1985), dargestellt.

Das Geschlecht konnte nur anhand der Existenz eines oder mehrerer Canini oder gegebenenfalls der dazugehörigen Zahnfächer bestimmt werden. Ein weiteres Kriterium zur Geschlechtsbestimmung, die Ausprägung des hervortretenden Tuberculum pubicum dorsale sowie des damit in Zusammenhang stehenden rundlichen Ramus ossis pubis des Beckens konnten nicht zur Hilfe genommen werden, da die Hüftbeine bei keinem der Pferdeskelette vollständig vorhanden waren.

Die in dieser Arbeit verwendeten Abkürzungen sind in Kapitel 8 nachzulesen.

Die folgende Tabelle 1 zeigt eine Auflistung der laufenden Nummer der Pferde und deren Grabnummern.

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Tabelle 1:

Pferd Nr. Lfd. Nr. Grabnummer 1 514 4 2 312 XII/10 3 273 II/26 4 336 IX/4 5 249 II/6 6 359 VII/10a 7 360 VII/10b 7b

8 348 VIII/9a 9 349 VIII/9b 10 106 10 11 121 22 12 119 21 13 122 23 14 132 32a 15 155 52 16 150 47 17 148 45 18 194 90 19 193 89 20 197 93a 21 198 93b 22 203 98 23 207 102 24 208 103

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4. Befunde

Das Gesamtgewicht der bei der Ausgrabung auf dem Gräberfeld Drantum gefundenen Pferdeknochen beträgt 86100g, davon konnten 80840g bestimmt werden. Bei den restlichen 5260g handelt es sich um unbestimmbare Knochenfragmente.

Im Folgenden werden zuerst die Knochenfunde der einzelnen Pferde dargestellt.

Anschließend erfolgt die Altersbestimmung anhand der Zahnaltersschätzung und des Epiphysenschlusses. Schließlich werden die Widerristhöhen berechnet, die Geschlechterverteilung aufgeführt und die pathologischen Veränderungen beschrieben.

Hervorzuheben ist, dass bei der Befunderhebung zu Pferd Nr. 7 ein zusätzlicher Schädel im Karton gefunden wurde, weitere Knochen konnten diesem jedoch nicht zugeordnet werden.

Bezeichnet wird dieser Schädel im Folgenden als 7b.

Die erwähnten Knochen des bei Pferd Nr. 17 gefundenen Hundeskeletts wurden bei der Gewichtsbestimmung und bei der weiteren Besprechung des Fundgutes nicht mit berücksichtigt.

Die an den Extremitätenknochen der Pferde abgenommenen Maße nach den Vorgaben von VON DEN DRIESCH (1982) und deren statistische Auswertungen sowie die Häufigkeit der Skelettfragmente und ihre Verteilung über das Skelett sind im Anhang aufgeführt.

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4.1 Darstellung des Skelettmaterials der Pferde

Pferd 1

Das Gewicht der bestimmbaren Knochen beträgt 4065g. Die unbestimmbaren Knochenfragmente wiegen 375g.

1. Vom Oberschädel sind insgesamt 19 Knochenteile verblieben.

Vom Os occipitale sind die Pars basilaris mit den beiden Kondylen, die Fossa cranii caudalis und die Crista sphenooccipitalis erhalten. Die linke und die rechte Fossa condylaris ventralis sind vom Os occipitale abgebrochen.

Das Os sphenoidale ist durch die Fossa cranii media und Fossa cranii rostralis vertreten. Gut zu erkennen sind die Sulci nervi ophthalmici et maxillaris, der Sulcus chiasmatis und die Crista orbitosphenoidalis sowie ein Teil der Crista galli.

Die beiden Ossa petrosa sind gut erhalten, abgebrochen ist jeweils der Proc. muscularis.

An einem Fragment des rechten Os temporale ist der Proc. retroarticularis zu erkennen.

Die Anteile der Maxilla bestehen aus einem Teilstück des Proc. palatinus mit dem Sulcus palatinus und aus den Zahnfächern der linken Oberkieferzähne P2 – M1 sowie der rechten Oberkieferzähne P2 – M2. Auch ist beiderseits das Tuber maxillae vorhanden sowie fünf weitere Zahnfachfragmente der Maxilla.

Des Weiteren ist der Proc. alveolaris des Os incisivum mit vier Fragmenten vertreten, an denen die Alveolen zu sehen sind.

2. Von der Mandibula sind elf Knochenteile erhalten.

Hierbei handelt es sich um fünf Fragmente der Partes molares beider Unterkieferkörper. Der Angulus mentalis, mit der Alveole des Eckzahns und dem For. mentale sowie dem Zahnfach des zweiten Prämolaren der rechten Seite, passt genau an die Unterkieferfragmente der Backen- und Zungenflächen. Der Proc. coronoideus, das Caput mandibulae des Proc.

condylaris und somit auch die Inc. mandibulae gehören zum rechten Ramus mandibulae. Vier weitere Knochenstücke gehören ebenfalls zu den Unterkieferästen.

Bei den 36 vorhandenen Zähnen handelt es sich um einen Eckzahn, 24 Backenzähne und 11 Schneidezähne.

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3. Von der Wirbelsäule sind insgesamt 36 Wirbelfragmente und 15 Apophysenplatten vorhanden.

Sechs Wirbel sind eindeutig der Halswirbelsäule zuzuordnen. Der ventrale Teil des Atlas ist erhalten. Die Foveae articulares caudalis und cranialis, die Fovea dentis und das Tuberculum ventrale sind erkennbar. Der zweite Halswirbel ist am Dens axis und an den dazugehörigen Procc. articulares craniales zu erkennen. Vier weitere Halswirbel sind jeweils durch ihre Extremitas cranialis vertreten. Des Weiteren können fünf weitere Fragmente den Halswirbeln zugeordnet werden.

Der Brustwirbelsäule sind 18 Wirbelkörper zuzuordnen. An drei Wirbeln ist das For.

vertebrale mit den Procc. articulares craniales und caudales und den Foveae costales craniales und caudales zu erkennen. Der erste und der zweite Brustwirbel sind anhand der größeren Procc. articulares craniales eindeutig zu identifizieren.

Von der Lendenwirbelsäule sind alle sechs Wirbelkörper erhalten, wobei am fünften und sechsten Lendenwirbel jeweils das linke For. intervertebrale zu sehen ist.

Dem Os sacrum sind der erste Wirbelkörper mit der Extremitas cranialis, die linke Ala sacralis mit der Inc. vertebralis cranialis und das For. sacrale ventrale primum zuzuordnen.

4. Bei den Rippenfragmenten handelt es sich um fünf proximale Endstücke der linken Seite und drei proximale Endstücke der rechten Seite.

5. Es sind insgesamt 20 Knochenfragmente der Schultergliedmaßen bestimmbar.

Von den Scapulae sind jeweils zwei Stücke erhalten geblieben. Am linken Schulterblatt ist die Cavitas glenoidalis mit der Inc. glenoidalis und dem Tuberculum supraglenoidale deutlicher zu erkennen als am rechten Schulterblatt. Auch ist hier ein Anteil der Spina scapulae sowie der Lateral- bzw. Medialfläche des Knochens aus dem Bereich des Margo caudalis vorhanden.

Der linke Humerus ist durch ein Stück vertreten, es fehlen lediglich die prominenten Anteile wie die Tubercula, die Tuberositas deltoidea, ein Teil des Schaftes bis zur Crista humeri und die Oberfläche der Epicondyli lateralis und medialis. Am rechten Humerus ist das Caput humeri abgebrochen. Die Tubercula, die Tuberositas deltoidea, die Crista tuberculi minoris und die Crista humeri sind nicht vorhanden. Der Schaft reicht von der Tuberositas teres major

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bis zum Epicondylus lateralis. Die beiden Epikondylen sind im kaudalen Bereich abgeschliffen, trotzdem ist die Fossa olecrani deutlich zu erkennen.

Der proximale Teil des Radius wird jeweils durch das Caput und das Corpus radii repräsentiert. Es fehlt jeweils der laterale Bereich der Fovea capitis radii. Am Schaft ist der Verwachsungsbereich mit der Ulna zu erkennen. Die distalen Endstücke sind beiderseits abgebrochen. Zu erkennen sind die Endstücke jeweils an der Crista transversa und der medialen Facies articularis carpea der Trochlea radii, in ihrem kranialen Bereich ist die Spongiosa sichtbar. Außerdem ist als Fragment der linken Ulna der Proc. coronoideus lateralis vorhanden.

Repräsentanten des linken Karpalgelenkes sind das Os carpi radiale und das Os carpale tertium, das rechte wird durch das Os carpi intermedium, das Os carpi radiale und das Os carpale tertium vertreten.

Das Os metacarpale III links ist links vollständig erhalten, am rechten ist das Caput abgebrochen.

6. Es sind insgesamt 30 Knochenfragmente der Beckengliedmaßen vorhanden.

Vom Beckengürtel sind die beiden Acetabula erhalten, sowie vier weitere Knochensplitter, die zum Os ilium gehören.

Jeweils vier Knochenfragmente sind dem linken und dem rechten Femur zuzuordnen. Am proximalen Endstück ist jeweils das Caput ossis femoris mit seiner Fovea capitis vorhanden.

Die Kondylen und die Trochlea des distalen Endstücks sind stark abgerieben, so dass die Fossa extensoria, die Bandhöcker und -gruben, die Fossa suprapatellaris sowie das Tuberculum trochleae ossis femoris nicht mehr zu erkennen sind. Proximal der Fossa supracondylaris ist der Schaft abgebrochen.

Von der linken Tibia sind drei, von der rechten zwei Knochenstücke verblieben. Beide Schienbeine sind im Bereich der Tuberositas tibiae beschädigt. Auf beiden Seiten sind jeweils die Condyli lateralis und medialis mit der Area intercondylaris caudalis und dem Tuberculum intercondylare laterale der Eminentia intercondylaris zu bestimmen. An der kaudalen Fläche des Corpus tibiae sind die Muskelrinnen und das For. nutritium zu sehen. Am distalen Endstück der linken Tibia sind die Cochlea tibiae sowie die Malleoli lateralis und medialis zu

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erkennen, während am distalen Endstück der rechten Tibia nur ein Teil der Cochlea tibiae erhalten ist.

Von den Knochen der Tarsalgelenke konnte jeweils der Talus, der distale Teil des Calcaneus, das Os tarsi centrale und das Os tarsale tertium nachgewiesen werden.

Der linke hintere Hauptmittelfußknochen ist erhalten, der rechte hintere Hauptmittelfußknochen ist im distalen Bereich des Schaftes durchgebrochen. Diesem fehlt ein Teil des Caputs.

Außerdem sind zwei Griffelbeinköpfe, ein Fesselbein und ein Kronbein vorhanden.

Abbildung 5: Pferd 1 linker Talus; dorsale Ansicht

Trochlea Tuberculum tali

Rollfurche

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Abbildung 6: Pferd 1

linker und rechter Humerus; mediale Ansicht

Pferd 2

Das Gewicht der bestimmbaren Knochen beträgt 6335g. Die unbestimmbaren Knochenfragmente wiegen 75g.

1. Dem Oberschädel sind insgesamt 24 Knochenteile zuzuordnen.

Davon sind sieben Teile nicht identifizierbar. Die Pars basilaris mit der Fossa cranii caudalis des Os occipitale ist im Bereich der Crista sphenooccipitalis frakturiert. Ein Fragment des rechten Condylus occipitalis formt den ventralen Abschnitt des For. magnum. Die Procc.

paracondylares und die Fossa condylaris ventralis liegen in Einzelstücken vor.

Das Corpus ossis basisphenoidalis reicht bis zum Sulcus chiasmatis und weist links den Sulcus nervi ophthalmici und den Sulcus nervi maxillaris sowie rechts die mediale Nervenrinne auf.

Caput humeri

Crista humeri

Fossa radialis

Kondylus

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Von den Ossa petrosa sind jeweils der Proc. muscularis, der Meatus acusticus externus und die knöcherne Wand der Bulla tympanica abgebrochen.

Die rechte und linke Maxilla sind durch je sieben Knochenteile vertreten. Dabei handelt es sich jeweils um den zerbrochenen Proc. palatinus mit dem Sulcus palatinus, das For.

palatinum majus, die Forr. palatina minora und das Tuber maxillae. Auf der linken Seite befindet sich M3 in seinem Zahnfachfragment, während P2 – M2 als einzelne Zähne vorliegen.

Rechts sitzen P4 und M1 sowie M3 fest in ihren Alveolenfragmenten, während P2, P3 und M2 frei vorliegen. Vier weitere Knochenfragmente weisen die typische Struktur der Alveolen auf.

2. Bei den 28 Bruchstücken der Mandibula handelt es sich um 14 Fragmente der linken Hälfte und sieben Fragmente der rechten Hälfte; die übrigen können nicht zugeordnet werden. Von den Unterkieferkörpern sind insgesamt 23 Knochenstücken der Facies linguales und der Facies buccales erhalten. Der Margo ventralis ist beiderseits von der Pars molaris abgebrochen, so dass die Wurzeln der Backenzähne freiliegen. P3 – M2 der linken Seite und P2 – M2 der rechten Seite befinden sich in den Alveolen. Die Pars incisiva weist sechs Schneidezahnfächer auf. Die Rami mandibulae sind beiderseits durch den Proc. coronoideus und den Caput mandibulae des Proc. condylaris vertreten; somit sind auch die Inc.

mandibulae und der Angulus mandibulae vorhanden.

Insgesamt sind zwölf Incisivi, zwei Canini und 24 Backenzähne vorhanden.

3. Von der Wirbelsäule sind insgesamt 46 Knochenfragmenten und 26 Apophysenplatten verblieben.

Es sind fünf Anteile des Atlas bestimmbar, an denen sowohl die Foveae articulares caudales und die Fovea dentis als auch das Tuberculum ventrale zu erkennen sind. Der Dens axis und die dazugehörenden Procc. articulares craniales des Axis sind ebenfalls vorhanden. 13 weitere Fragmente gehören zu den restlichen fünf Halswirbeln, wobei nur der sechste und der siebte Halswirbel eindeutig zu identifizieren sind.

Der Brustwirbelsäule sind 18 Wirbelkörper und zwei abgebrochenen Procc. articulares caudales zuzuordnen. Bei sechs Wirbelkörpern sind noch die Forr. vertebralia vorhanden. Die Foveae costales craniales und caudales sind an allen Wirbelkörpern zu erkennen.

Von den Lendenwirbeln sind fünf Wirbelkörper erhalten, es fehlt der sechste Wirbelkörper.

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