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C. Tabellenverzeichnis

11. Ergebnisse

In der Regierungserklärung des Jahres 1991 wird davon gesprochen „att förnya […]

arbetsmarknadspolitiken“41 (RE 1992: 1). Die Datenanalyse bezüglich der Ziele, Prinzipien und Instrumente zeigt, dass die Arbeitsmarktpolitik sowohl über Erneuerungen als auch einen Fortbestand traditioneller Elemente verfügt.

Die Untersuchung der Regierungerklärungen und nationalen Aktionspläne bezüglich des Vollbeschäftigungsgedankens zeigt bis zum Jahr 2000 keine konkrete Zielformulierung. Während der wirtschaftlichen Krise zu Beginn der 1990er wird der Haushaltskonsolidierung oberste Priorität eingeräumt und maximal die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit deklariert. Mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage am Ende des Jahrzehnts, erscheint die Artikulation von Zielvorgaben bezüglich einer langfristigen Erreichung von Vollbeschäftigung politisch wieder glaubwürdig und vertretbar. Ab dem Jahr 2000 erlangt dieses Ziel explizit die Priorität der Regierung zurück. Die Abwahl der Sozialdemokraten im Herbst 2006 und die damit einhergehende Machterlangung des bürgerlichen Blocks verändert nichts an dieser Aufgabenstellung.

Damit kann nicht von einer Ungültigkeit des Vollbeschäftigungsgedankens gesprochen werden, sondern von einer zeitlich befristeten Prioritätenverlagerung. Dem Kategoriensystem zufolge lässt sich der Zeitraum von 1991 bis 1999 in die Kategorie des Wandels zuordnen, da das Vollbeschäftigungsziel zu dieser Zeit keine Nennung findet. Ab dem Jahr 2000 kehrt die schwedische Regierung jedoch zu ihrem traditionellen Ziel zurück. Die Unterkategorie eins ist demnach kein Relikt der Vergangenheit. Aufgrund der temporären Gewichtsverlagerung ist dem Vollbeschäftigungsgedanken jedoch eine Zwischenposition in den Kategorien Kontinuität und Wandel zuzusprechen.

Im Vergleich dazu ist das Arbeits- und Leistungsprinzip kontinuierlich präsent und gültig. Sowohl in den Regierungserkärungen als auch den nationalen Aktionsplänen und den Leitfadeninterviews wird die Bevorzugung aktiver Maßnahmen vor passiven Transferleistungen als fundamentales Merkmal der schwedischen Arbeitsmarktpolitik beschrieben. Infolgedessen kann dieses Prinzip der Kategorie der Kontinuität zugeschrieben werden. Die Erweiterung des Konzepts, die darin besteht, mehr

41 Übersetzung: „[…] die Arbeitsmarktpolitik zu erneuern.“

11. Kapitel: Ergebnisse

Eigeninitiative von dem Arbeitsuchenden zu fordern und weniger darauf zu vertrauen, dass der Staat die Aktivität während der Zeit der Arbeitslosigkeit gewährleistet, zeigt sich erst in den Quellen der jüngsten Vergangenheit. Möglicherweise setzt sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren fort. Im vorliegenden Forschungszeitraum sind die Beweise für eine tendenzielle Veränderung jedoch nicht überzeugend genug, um das Arbeits- und Leistungsprinzip der Kategorie des Wandels zuzuordnen.

Bezüglich der passiven Arbeitsmarktpolitik gibt es in den ersten Jahren des betrachteten Forschungszeitraumes Veränderungen sowohl bei den Arbeitsvoraussetzungen als auch bei der Bezugshöhe der finanziellen Unterstützung. Seit dem Jahr 1997 beträgt die Lohnersatzleistung jedoch kontinuierlich 80 Prozent des vorangegangenen Einkommens und auch die Bedingung mindestens sechs Monate vor Eintritt der Arbeitslosigkeit berufstätig gewesen zu sein, ist seit dem nicht mehr verschärft worden. Die Bezugsdauer von 300 Tagen Lohnkompensation ist über den gesamten Forschungszeitraum unverändert geblieben. Ebenso gelten die Bedingung der Mitgliedschaft in einer der Arbeitslosenversicherungskassen sowie die Voraussetzung ein angemessenes Arbeitsangebot anzunehmen permanent als Voraussetzungen zum Erhalt der passiven Leistung. Diese Aspekte der Beständigkeit stehen jedoch einer Kürzungspolitik Anfang des 21. Jahrhunderts gegenüber. Zunächst wird die Reduzierung der Lohnersatzleistung nach 100 Tagen Arbeitslosigkeit eingeführt. Mit dem Machtwechsel im Jahr 2006 folgen weitere Modifikationen. Unter anderem wird die 60-wöchige Bezugsdauer bei Antritt einer arbeitsmartkpolitischen Maßnahme nicht länger unterbrochen und die Bezugshöhe während der Teilnahme an der Aktivitätsgarantie (später der Job- und Entwicklungsgarantie) auf 65 Prozent gesenkt.

Damit entsprechen die passiven Transferleistungen nicht länger einer Statussicherung, sondern nehmen Tendenzen einer Grundabsicherung an.

Die schwedischen Interviewpartner erachten die Veränderungen bezüglich der Lohnkompensation als eine der wichtigsten Entwicklungen im vorliegenden Forschungszeitraum. Demnach zeigen sich fast über den gesamten Forschungszeitraum Verschärfungen, die dazuführen die passive Arbeitsmarktpolitik der Kategorie des Wandels zuzuordnen. Diese Entscheidung wird von den Interviewaussagen der schwedischen Arbeitsmarktexperten untermauert, die unter anderem besagen: „There

11. Kapitel: Ergebnisse

have been slide changes but I think the main thing is that they have introduced more incentives through the unemployment insurance system” (Anhang: XXVI)

Die vierte Unterkategorie zur aktiven Arbeitsmarktpolitik und der Erweiterung dieser durch aktivierende Elemente nimmt in der Datenanalyse den größten Raum ein.

Aufgrunddessen wird der Forschungszeitraum in drei Phasen unterteilt.42

Die ersten Jahre nach dem Ausbruch der Wirtschaftskrise zwischen 1991 und 1994 stellen die Phase der Kontinuität und einsetzenden Konsolidierung dar. Zunächst werden die traditionellen aktiven arbeitsmarktpolitischen Instrumente beibehalten.

Umschulungen und berufliche Weiterbildungsmaßnahmen, Lohnsubventionsmodelle der 1980er Jahre und die Ausdehnung der öffentlichen Beschäftigung werden vorwiegend zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verwendet. Allerdings nimmt der Umfang an Trainings- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit dem Jahr 1993 ab.

Auch auf die Expansion des öffentlichen Sektors wird verzichtet. Stattdessen kommt es zum Einsatz kostengünstigerer Maßnahmen wie dem ALU-Programm, das ähnlich wie die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Tätigkeiten außerhalb des regulären Arbeitsmarktes beinhalten, jedoch mit niedrigerer Entlohnung. Demnach kann von einer Kontinuität der Instrumente gesprochen werden.

Die Jahre zwischen 1995 und 1999 stellen die Phase der Konsolidierung, Qualifizierung und leichten Aktivierung dar. Die Maßnahmen zur Kosteneinsparung, die bereits zu Beginn der 1990er Jahre einsetzen, werden im Verlauf des Jahrzehnts fortgesetzt. Das Volumen aktiver Programme sinkt bis zum Jahr 1997 und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen werden im Jahr 1998 abgeschafft. Demnach verringern sich die Instrumente der nachfrageorientierten Arbeitsmarktpolitik kontinuierlich. Der Aspekt der Qualifizierung wird mit der Bildungsoffensive im Jahr 1997 erkennbar. Die Zunahme von Studienplätzen an den Universitäten und höhere Schulabschlüsse für Geringqualifizierte sind Maßnahmen, die sowohl zur Steigerung der Erwerbsfähigkeit als auch zur Prävention von Arbeitslosigkeit verwendet werden. Erste Aktivierungstendenzen zeichnen sich mit der Einführung des individuellen Handlungsplanes im Jahr 1996 ab, womit die Kontrolle über den Erwerbslosen erhöht

42 Die Idee der Phasenkonzeptualisierung ist nach dem Interview mit dem Mitarbeiter des WZB entstanden und an dessen kurze Einordnung angelehnt (Vgl. Anhang: VI).

11. Kapitel: Ergebnisse

wird. Insbesondere die Programme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zeigen zunehmend Verpflichtungscharakter. Leichte aktivierende Züge und die Abnahme nachfrageorientierter Maßnahmen lassen eine eindeutige Zuordnung in die Kategorie der Kontinuität nicht zu. Jedoch sind die Entwicklungen nicht einschneidend genug, um von einem radikalen Wandel der Arbeitsmarktpolitik zu sprechen. Diese Phase stellt demnach einen Übergang zwischen den beiden Kategorien dar.

Mit der Jahrtausendwende beginnt die dritte Periode der aktiven Arbeitsmarktpolitik für den ausgewählten Zeitraum. Die Phase der Aktivierung und Individualisierung hat ihren Ausgangspunkt mit der Einführung der Aktivitätsgarantie im Jahr 2000. Das Rahmenprogramm widmet sich vor allem Langzeitarbeitslosen und denen, die Gefahr laufen diesen Status anzunehmen. Den erwerbslosen Teilnehmer erwarten Vollzeitaktivitäten, die Aufforderung eigenständig die Suchintensität zu steigern und die Erarbeitung eines von dort an obligatorischen Handlungsplanes. Ein Jahr später requalifizieren Programmteilnahmen nicht länger zur erneuten Inanspruchnahme von Lohnersatzleistungen. Außerdem wird vom Erwerbslosen eingefordert nach 100-tägiger Arbeitslosigkeit die geografische und berufliche Mobilität auszuweiten. Im Gegenzug soll der Matching-Prozess verbessert und die Berufsberatung intensiver verlaufen.

Somit zeigt sich eine Kopplung von fördernden und fordernden Elementen. Ein zweiter Aspekt dieser Phase stellt die Neuausrichtung der aktiven Arbeitsmarktpolitik dar.

Sowohl die Regierungserklärungen als auch die nationalen Aktionspläne sowie die Gesprächspartner im Leitfadeninterview verweisen auf individualisierte Beratung und persönlich zugeschnittene Strategien, die zur Reintegration auf dem ersten Arbeitsmarkt beitragen sollen. Fallorientierte Lösungen für den einzelnen Erwerbslosen sind demnach ein zentrales Merkmal der aktiven Arbeitsmarktpolitik des 21. Jahrhunderts. Trotz aller Neuerungen bleiben traditionelle Instrumente, wie Lohnsubventionsmodelle und berufsorientierte Trainingsmaßnahmen, weiterhin im Einsatz oder gewinnen sogar wieder an Bedeutung, so dass auch die dritte Phase als eine Kombination aus Kontinuität und Wandel betrachtet werden kann.

Jedoch zeigen die Modifikationen der jüngsten Vergangenheit, dass der Umfang aktivierender Elemente zunimmt und die schwedische Arbeitsmarktpolitik in Zukunft womöglich weitere Veränderungen durchlaufen wird, die die Pflichten der Erwerbslosen verschärft.

11. Kapitel: Ergebnisse

Im Interview mit dem Mitarbeiter des WZB äußert dieser, dass bezüglich der Ziele kein Wandel zu erkennen ist. Auf der Ebene der Instrumente jedoch Veränderungen deutlich werden (Vgl. Anhang: XII). Dieses Fazit muss spezifiziert werden. In der hier vollzogenen Datenanalyse weist das Vollbeschäftigungsziel zwischenzeitlich Inkonsistenz auf. Dies lässt sich jedoch durch die Staatsverschuldung und die hohe Arbeitslosenquote zu Beginn der 1990er Jahr erklären. Unter diesen Umständen hätte die Artikulation des Vollbeschäftigungsgedankens womöglich unglaubwürdig gewirkt.

Der angesprochene Wechsel auf Seiten der Instrumentarien zeigt sich tendenziell ab Mitte der 1990er Jahre und nimmt in der jüngeren Vergangenheit zu. Allerdings beinhaltet diese Modifikation keine rapide Abkehr von den traditionellen aktiven Elementen.

Die nachfolgende Tabelle dient dazu, die Ergebnisse der Datenanalyse zu visualisieren und somit die Veränderungen und Kontinuitäten der schwedischen Arbeitsmarktpolitik zu verdeutlichen.

Unterkategorie Kontinuität Wandel

1991 – 1999 Vollbeschäftigung

2000 – 2007 Arbeits- und Leistungsprinzip

Passive Arbeitsmarktpolitik

1991 – 1994

1995 – 1999 überwiegend aktivierende Tendenzen Aktive

Arbeitsmarktpolitik

2000 – 2007 Elemente zunehmend

aktivierend Tab. 2: Ergebnisüberblick der Datenanalyse

12. Kapitel: Mögliche Fehlerquellen