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Ergebnisse der quantitativen Untersuchungen

Für die quantitativen Untersuchungen der Dokumentationsbögen konnten im ersten Unter-suchungszeitraum insgesamt 16 Bögen von beiden Intensivstationen, im zweiten Zeitraum jedoch ausschließlich 87 Bögen der kardiologischen Intensivstation ausgewertet werden.

Dementsprechend ist fünf Jahre nach der Einführung des Bogens dessen Einsatz auf der nephrologischen Intensivstation eingestellt worden.

Auf 29 Dokumentationsbögen wurde angekreuzt, der Patient habe eine Patientenverfügung, auf 22 Bögen wurde ein entsprechendes Vorliegen der Verfügung dokumentiert. Dement-sprechend lag in einem Viertel der Patientenfälle eine angeblich existierende Patientenverfü-gung nicht vor. Im Bogen angegebene Vorsorgevollmachten lagen in 87 % der Fälle tatsäch-lich vor, wohingegen ledigtatsäch-lich bei 54 % der Patienten, in deren Bogen ein Betreuer angege-ben war, ein entsprechender Betreuungsausweis vorlag.

Ein Aufklärungsgespräch mit dem Patienten wurde in 33 der insgesamt 103 Dokumentati-onsbögen (32 %) angegeben. Ein entsprechendes Gespräch mit dem Bevollmächtigten oder dem Betreuer wurde auf 66 Bögen (64 %) vermerkt. Auf 44 Bögen (43 %) wurde angekreuzt, dass die Familie des Patienten über die Entscheidung informiert wurde und in 55 Bögen (53 %) wurde angegeben, dass die Entscheidung im Team besprochen wurde. Eine Beratung durch das KEK wurde auf einem Bogen (1 %) vermerkt.

In 25 der insgesamt 30 Dokumentationsbögen einwilligungsfähiger Patienten (83 %) wurde ein Aufklärungsgespräch mit dem Patienten angegeben. Demnach wurde bei 17 % der ein-willigungsfähigen Patienten kein Aufklärungsgespräch im Bogen dokumentiert. In 8 der 73 Bögen einwilligungsunfähiger Patienten (11 %) wurde ein Gespräch mit dem Patienten an-gegeben, womit bei 89 % der einwilligungsunfähigen Patienten kein Aufklärungsgespräch im Bogen dokumentiert war.

Von den 73 Fällen einwilligungsunfähiger Patienten der beiden Untersuchungszeiträume wurde in insgesamt 20 Fällen (27 %) eine Entscheidung über den Verzicht auf lebenserhal-tende Maßnahmen von einem Patientenstellvertreter getroffen, dessen Legitimation in Form einer Vorsorgevollmacht oder eines Betreuungsausweises nicht vorlag.

In zwei Dokumentationsbögen wurde angegeben, dass die Entscheidung zum Verzicht auf Wiederbelebung vom Patienten getroffen wurde, obwohl in den entsprechenden Bögen an-gegeben wurde, dass der Patient nicht einwilligungsfähig wäre.

Ergebnisse der qualitativen Untersuchungen

In den Interviews benannten die befragten Ärzte und Pflegekräfte verschiedene Probleme, Unsicherheiten und Konflikte im Umgang mit Entscheidungen am Lebensende. Diese be-zogen sich zum einen auf die Kommunikation zwischen Arzt und Patient sowie dessen An-gehörigen. Konflikte bei Entscheidungen am Lebensende entstehen beispielsweise durch den Wunsch nach der Fortführung intensivmedizinischer Therapiemaßnahmen seitens der Angehörigen des Patienten bei hierfür nicht mehr gegebener medizinischer Indikation. Zum anderen bestehen Probleme, Unsicherheiten und Konflikte bei der Kommunikation und Be-sprechung einer getroffenen Entscheidung innerhalb des Behandlungsteams des Patienten beispielsweise durch Übergabeprobleme zwischen den Schichten. Meinungsverschiedenhei-ten innerhalb des Personals bezüglich der klinischen Prognose und den therapeutischen Möglichkeiten des Patienten schaffen ebenfalls Konfliktpotenzial.

Neben kommunikativen Schwierigkeiten tragen das teilweise fehlende Vorliegen sowie die nicht eindeutige Interpretierbarkeit von Patientenverfügungen zu Problemen, Unsicherhei-ten und KonflikUnsicherhei-ten bei der Eruierung des (mutmaßlichen) PatienUnsicherhei-tenwillens bei.

Probleme, Unsicherheiten und Konflikte im Umgang mit der Frage nach dem Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen ergeben sich auch bei der Entscheidungsfindung durch den zuständigen Stationsarzt, der diese Entscheidung nicht eigenmächtig treffen kann. In diesem Zusammenhang nannten wenige Befragte die Unsicherheit vor allem unerfahrener Ärzte, welche aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen Entscheidungen über Therapieziele am Le-bensende vermeiden. Schwierigkeiten bei der Eruierung der Behandlungswünsche des Pati-enten am Lebensende ergeben der Mehrzahl der befragten Interviewteilnehmer zufolge Konsequenzen, die den Einsatz eines breiten Spektrums intensivtherapeutischer Maßnah-men nach sich zögen.

Bei der Einführung des Dokumentationsbogens im Jahr 2012 erhielten die Mitarbeitenden der nephrologischen und kardiologischen Intensivstation eine ausführliche Einweisung in die Handhabung des Bogens. Seitdem erhalten neue Mitarbeitende eine eher anlassbezogene als eine systematische Einweisung in die Handhabung des Bogens.

Die Möglichkeit, einen Dokumentationsbogen beim Patienten auszufüllen, regt das behan-delnde Personal dazu an, sich Gedanken über die Behandlungswünsche des Patienten zu machen und diese anzusprechen, wodurch die Thematik der Entscheidungen am Lebens-ende im klinischen Alltag präsent ist. Beweggründe zum Ausfüllen des Bogens beim Patien-ten bilden zum einen die medizinische Indikationslage sowie zum anderen der (mutmaßliche) Wille des Patienten. Der Bogen erweist sich aufgrund klarer Formulierungen und eindeutiger Handlungsanweisungen als geeignetes Instrument zur Handlung im Notfall. Des Weiteren gibt der Bogen als standardisiertes Dokument dem ärztlichen Personal die Sicherheit, die getroffene Entscheidung ausreichend und angemessen dokumentiert zu haben. Die Kom-munikation der gefällten Entscheidung im Team schafft auch für das Pflegepersonal eine

gewisse Sicherheit im Umgang mit dem Patienten. Die Überprüfung der getroffenen Ent-scheidung durch Gegenlesen und die Unterschrift eines Ober- oder Facharztes verleiht den Stationsärzten zusätzliche Sicherheit bei der Umsetzung im Bogen dokumentierter Entschei-dungen.

Auf Stationen mit eingeführtem Dokumentationsbogen wird dieser bei Patienten mit bereits ausgefülltem Bogen übernommen. Auf Stationen ohne implementierten Bogen wird dieser jedoch bei einer Verlegung des Patienten nicht übernommen und die darin vermerkte Ent-scheidung nicht umgesetzt.

Einige befragte Interviewteilnehmer äußerten den Wunsch nach einem vermehrten Einsatz des Bogens aufgrund einer ähnlichen Patientenklientel auf weiteren Intensivstationen. Auch auf Normalstationen, insbesondere auf den hämatologischen und onkologischen Stationen, wurde die Einführung des Bogens befürwortet.

Sowohl auf einer Intensivstation mit eingeführtem Dokumentationsbogen als auch auf der Intensivstation ohne implementierten Bogen existieren stationsspezifische alternative Sys-teme zur Dokumentation von Entscheidungen über den Verzicht auf lebenserhaltende Maß-nahmen. Die darin dokumentierten Entscheidungen sind im Notfall rasch nachvollziehbar und in konkrete Handlungen umsetzbar. Ausführlichere Angaben beispielsweise zu Gesprä-chen mit dem Patienten oder dessen Angehörigen sind jedoch nicht sofort verfügbar.

Persönliche Erfahrungen mit dem Dokumentationsbogen auf der Station ohne implemen-tierten Bogen wurden von der Mehrzahl der Befragten verneint. Dies betrifft sowohl rungen durch die Verlegung von Patienten mit bereits ausgefülltem Bogen als auch Erfah-rungsberichte von Kollegen.

Da im Bogen Aufklärungsgespräche mit dem Patienten und/oder dessen Angehörigen ver-merkt werden, erhofft sich das Pflegepersonal auf der Station ohne implementierten Bogen durch dessen Einführung eine klare, ausführliche und einheitliche Kommunikation sowohl innerhalb des behandelnden Personals als auch mit dem Patienten und dessen Angehörigen.