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7 Diskussion und Ausblick

7.1 Diskussion der Ergebnisse

7.1.1 Ergebnisdiskussion zum ersten Teilmodell

Betrachtet man zunächst den Bekanntheitsgrad und die Nutzungsintensität einzelner Personal-marketingmaßnahmen auf der deskriptiven Ebene, so wird deutlich, dass hierbei beträchtliche Unterschiede bestehen (vgl. Abschnitte 6.2 und 6.3). Während Stellenanzeigen, Praktika/Werk-studententätigkeiten und Stellenangebote auf den unternehmenseigenen Websites nahezu allen Befragten bekannt sind, ist die Kenntnis von Karrierenetzwerken (z.B. Xing) und hochschulei-genen Datenbanken deutlich geringer ausgeprägt. Im Einzelnen wird dabei deutlich, dass zum einen die Abschlussart einen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit hat, dass die be-fragten Personen bestimmte Maßnahmen kennen und auch nutzen. So weisen Masterstudieren-de im Vergleich zu BachelorstudierenMasterstudieren-den erwartungskonform eine signifikant bessere Kenntnis und zugleich höhere Nutzungsintensität der verfügbaren Rekrutierungskanäle auf. Hier liegt die Vermutung nahe, dass Masterstudierende aufgrund ihres bereits absolvierten Bachelorstudiums und der damit einhergehenden Studienabschlussphase bereits häufiger mit solchen Maßnahmen konfrontiert wurden und diese auch entsprechend persönlich genutzt haben. Möglicherweise stand bei einigen Personen dieser Befragtengruppe auch die Überlegung im Raum, nach dem erfolgreich absolvierten Bachelorstudium in den Beruf einzusteigen, sodass sie zwangsläufig intensiver auf die verfügbaren Kommunikationsmedien angewiesen waren. Bemerkenswert ist zudem, dass sich die Abschlussart signifikant auf die Wahrscheinlichkeit auswirkt, mit

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renetzwerken (z.B. Xing) vertraut zu sein und diese zum Zwecke der Arbeitgeberwahl zu ver-wenden. Dieses Ergebnis weist zugleich darauf hin, dass die Verbreitung solcher Plattformen mit dem Qualifizierungsniveau steigt.

Interessanterweise resultieren nur wenige signifikante Zusammenhänge zwischen dem Bekannt-heitsgrad der Kommunikationsmaßnahmen und der Hochschulart der Befragten, wobei hier generell zu erwarten wäre, dass Studierende an Fachhochschulen aufgrund der im Vergleich zum universitären Studium größeren Praxisnähe auch mit den hier berücksichtigten Instrumen-ten des Personalmarketings vertrauter sein müssInstrumen-ten (vgl. KANNING et al., 2009). Während die Ergebnisse für die Kontakte zu Professoren relevanter Fachrichtungen, Unternehmensexkur-sionen und Stellenangebote auf den unternehmenseigenen Websites erwartungskonform aus-fallen, zeigt sich für Fachvorträge von Unternehmensvertreter in Lehrveranstaltungen, dass Universitätsstudierende diese mit einer höheren Wahrscheinlichkeit kennen. Zudem wird bei der Nutzungsintensität der untersuchten Maßnahmen deutlich, dass die Hochschulart erwar-tungskonform einen signifikanten Prädiktor für Unternehmensexkursionen, Stellenangebote auf den unternehmenseigenen Websites sowie Kontakte zu Professoren relevanter Fachrich-tungen darstellt.

Auffällig ist, dass sich für die soziodemographische Variable Fachrichtung sowohl im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad der Kommunikationsmaßnahmen als auch auf ihre Nutzungsintensi-tät nur wenige Zusammenhänge ergeben. So ist zum einen zu beobachten, dass die Wahrschein-lichkeit, Unternehmensexkursionen zu kennen und zu nutzen, bei AEW- und LMT-Studierenden – vermutlich aufgrund ihres branchenfokussierten Studiums – höher ist als bei Studierenden der BWL. Demgegenüber ist es für die LMT-Studierenden im Vergleich zu ihren Kommilitonen aus der BWL weniger wahrscheinlich, dass sie mit Karrierenetzwerken vertraut sind, während die AEW-Studierenden dieses Medium mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit nutzen. Aus einer solchen Ergebniskonstellation lässt sich zugleich die Schlussfolgerung ableiten, dass die Kar-rierenetzwerke vor allem für die i.d.R. branchenübergreifend aufgestellten BWL-Studierenden einen hohen Stellenwert einnehmen.

Darüber hinaus zeigt sich, dass die Berufsorientierungen nur einen geringen Beitrag zur Vor-hersage des Bekanntheitsgrades und der Nutzungsintensität von Kommunikationsmaßnahmen leisten. Eine mögliche Erklärung für diesen Befund könnte darin liegen, dass die hier berück-sichtigten Rekrutierungskanäle als Instrumente des Hochschulmarketings inzwischen sehr weit verbreitet sind, wodurch potenzielle Bewerber ungeachtet ihrer persönlichen Vorzüge bei der Stellensuche mit einer Vielzahl dieser Medien konfrontiert werden. Aus diesem hohen Verbrei-tungsgrad folgt zugleich eine weiterführende Erklärungsalternative: Potenzielle Bewerber ver-halten sich bei der Informationsbeschaffung tendenziell weniger aktiv, sondern vielmehr passiv, wodurch auch die persönlichkeitsspezifischen Merkmale naturgemäß in geringerem Maße zum Tragen kommen (vgl. SÜSS, 1996).

Anders als erwartet fällt auch das Ergebnis für das Involvement der Befragten aus. Dieses Konstrukt wurde hier auf zwei unterschiedliche Arten gemessen. Während das persönliche In-volvement direkt erfasst wurde, lag dem situativen InIn-volvement die Überlegung zugrunde, dass es mit dem näher rückenden Studienende steigt. Die Ergebnisse verdeutlichen jedoch, dass sich weder das situative Involvement – erfasst über die bis zum Studienende verbleibende Studien-dauer – noch das persönliche Involvement als signifikante Prädiktoren des Bekanntheitsgrades einzelner Kommunikationsmaßnahmen erweisen. Bei der Nutzungsintensität liegen indes zu-mindest zwei erwartungskonforme Ergebnisse vor, denen zufolge Unternehmenspräsentationen an Hochschulen sowie hochschuleigene Datenbanken mit näher rückendem Studienende auch mit einer höheren Wahrscheinlichkeit genutzt werden. Einschränkend ist bei diesen beiden Er-gebnissen allerdings zu erwähnen, dass sie lediglich für die Befragtengruppe der Bachelorstu-dierenden gelten. Die Wirkung persönlichkeitsspezifischer Merkmale im Bereich der Informati-onsbeschaffung ist angesichts dieser empirischen Befundlage insgesamt als gering zu werten.

Wider Erwarten fällt der Beitrag des Involvements auch bei der Nützlichkeitsbewertung der Kommunikationsmaßnahmen in Form von zwei signifikanten Prädiktoren erstaunlich gering aus (vgl. Abschnitt 6.4). Bei der Informationsverarbeitung wiegt dieses Ergebnis allerdings um einiges schwerer, da das Involvement gemäß dem ELM-Modell von PETTY und CACIOPPO

(1986) eine zentrale Einflussvariable der Bewertung von Kommunikationsmaßnahmen darstellt.

Ein hohes Involvement sollte sich demzufolge insbesondere auf die persönlich-direkten Kom-munikationskanäle, die tendenziell eine höhere Informationsgüte aufweisen, positiv auswirken.

Als einziges theoriekonformes Ergebnis fungiert hierbei die Bewertung der Unternehmensprä-sentationen an Hochschulen, während Stellenangebote auf der unternehmenseigenen Website eher zu den unpersönlich-indirekten Quellen zählen und aus theoretischer Perspektive somit nicht unbedingt positiv mit dem zugrunde liegenden Involvement zusammenhängen sollten.

In praktischer Hinsicht erscheint es jedoch durchaus plausibel, dass Studierende insbesondere am Ende ihres Studiums konkrete Stellenangebote, auf die sie sich direkt bewerben können, als nützlich bewerten.

Hinsichtlich der Nützlichkeitsbewertung von Kommunikationsmaßnahmen erscheint es zudem überraschend, dass das Fachhochschulstudium als negativer Prädiktor bei Unternehmenspräsen-tationen an Hochschulen, Kontakten zu Professoren relevanter Fachrichtungen, Unternehmen-sexkursionen sowie Job- und Fachmessen außerhalb der Hochschule fungiert. Ein möglicher Grund für dieses Ergebnis könnte darin liegen, dass Studierende an Fachhochschulen aufgrund ihrer besonders großen Praxisnähe höhere Erwartungen an die Kommunikationsmaßnahmen stellen, denen die Unternehmen entsprechend auch schwieriger nachkommen können.

Während die Variable Abschlussart die Bewertung von Unternehmenspräsentationen an Hoch-schulen und Unternehmensexkursionen positiv beeinflusst, ergibt sich für die Unterstützung

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von Projekt- und Abschlussarbeiten ein gegenläufiges Ergebnis. Dieses könnte darauf zurück-zuführen sein, dass Bachelorstudierende gerade mit der letztgenannten Maßnahme bislang nur wenige eigene Erfahrungen sammeln konnten und diese aufgrund der zumindest teilweise feh-lenden Bewertungsgrundlage negativer beurteilen.

Erwartungskonform fällt hingegen das Ergebnis für die beiden Berufsorientierungen – Karri-ereorientierung und alternatives Engagement – aus, die sich als signifikante Prädiktoren der Nützlichkeitsbewertung von mehreren Kommunikationsmaßnahmen erweisen. Während bei diesen beiden Berufsorientierungen die beruflichen Ziele, wenngleich strukturell unterschied-lich ausgeprägt, im Vordergrund stehen, schätzen freizeitorientierte Personen eher außerberuf-liche Aktivitäten. Insofern erscheint es evident, dass sich gerade die zuerst genannten Merkmale signifikant auf die Vorhersage der Nützlichkeitsbewertung auswirken. Bemerkenswert und von praktischer Bedeutung für die externe Ansprache potenzieller Bewerber ist zudem, dass diese persönlichkeitsspezifischen Merkmale nach Berücksichtigung der soziodemographischen Vari-ablen einen zusätzlichen Beitrag zur Vorhersage der Maßnahmenbewertung ermöglichen und somit ein relevantes Segmentierungskriterium darstellen (MEFFERT et al., 2012).

Für das Präferenzmaß der einzelnen Kommunikationsmaßnahmen geht schließlich hervor, dass hier zwar signifikante, aber in ihrer Stärke nur sehr geringe Zusammenhänge mit soziodemo-graphischen Merkmalen der Befragten hervorgehen, deren Aussagekraft folglich als ausgespro-chen eingeschränkt zu werten ist (vgl. Abschnitt 6.5).

Abschließend ist gleichwohl zu konstatieren, dass die Vorhersage der hier betrachteten Krite-rien anhand der Modellvariablen nur in begrenztem Maße gelungen ist. In den entsprechenden Regressionsmodellen fallen die Effektstärken mit ihren zugrunde liegenden Gütemaßen, Na-gelkerkes R2 in der logistischen Regression bzw. dem Bestimmtheitsmaß R2 in der multiplen Regression, relativ gering aus, wodurch ein erheblicher Varianzanteil unerklärt bleibt. Dennoch scheint, wie die multiplen Regressionsanalysen andeuten, eine nach soziodemographischen und persönlichkeitsspezifischen Segmentierungsmerkmalen aufgeteilte Betrachtung von poten-ziellen Bewerbern sinnvoll zu sein. Vor allem den beiden Berufsorientierungen – Karriereorien-tierung und alternatives Engagement – könnte eine besondere Bedeutung bei der Identifikation unterschiedlicher Zielgruppensegmente auf dem externen Bewerbermarkt zukommen.