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Ergebnisdarstellung der empirischen Untersuchung

7. Erhebung und Auswertung der empirischen Ergebnisse

7.4 Ergebnisdarstellung der empirischen Untersuchung

Dieses Kapitel umfasst die Darstellung der Forschungsergebnisse.

7.4.1 Allgemeines über die aktuelle Situation der Schaden-/Unfall-versicherung

Der österreichische Versicherungsmarkt ist gesättigt; es besteht ein Verdrän-gungswettbewerb. Im Verdrängungswettbewerb muss man die Geschäftsfelder gut kennen und die Ertragspotenziale erkennen. Daher ist es besonders wichtig, den Bestand regelmäßig zu überprüfen und zu analysieren (vgl. U2, Z. 31-34.).

Die letzten zehn Jahre waren aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise besonders turbulent. Vor der Finanzkrise wurde ein wesentlicher Anteil der Erträge durch die Kapitalveranlagung erwirtschaftet. Seit der Krise ist das nicht mehr möglich und daher fehlen diese Erträge im Ergebnis. Die Versicherungen mussten einen Weg finden, um vom Kerngeschäft leben zu können. Daher wurde ein stärkerer Fokus auf die Kennzahl Combined Ratio und auf die Deckungsbeitragsrechnung gelegt (vgl. U2, Z. 14-18).

Zusätzlich wurde in den letzten Jahren ein besonderes Augenmerk auf Kosten gelegt. Die Versicherungsunternehmen versuchen verstärkt, technisch unterstützte Möglichkeiten zu nutzen und viele Prozesse zu automatisieren, um somit Kosten zu sparen. Außerdem versuchen die Versicherungsunternehmen zu wachsen, Marktanteile zu gewinnen; aber gleichzeitig muss das Neugeschäft profitabel sein. Das ist ein sehr schwieriger Balanceakt (vgl. E1, Z. 32-54).

Weiters sind die Unternehmen risikobewusster geworden. Nicht nur die unzufriedenstellenden Schadenverläufe von Kunden sind ein wesentliches Thema, sondern mittlerweile auch schadenfreie Verträge, die mit zu hohen Rabatten und

somit mit zu geringen Prämien verkauft wurden. Bei diesen Prämien wird versucht, die vereinbarte Prämie ebenfalls zu sanieren (vgl. A1, Z. 11-16).

Um auf aktuelle Entwicklungen schneller reagieren zu können, ist es besonders wichtig, dass aktuelle Informationen zur Verfügung stehen. Zusätzlich muss man den Markt und die Mitbewerber laufend beobachten, um auf diese Entwicklungen reagieren zu können (vgl. U2, Z. 52-54).

Die Analytik muss sich in diesem stark umkämpften Markt deutlich verbessern und das bedeutet, dass man verlässliche Berichte benötigt (vgl. U1, Z. 43-46).

Um Auffälligkeiten erkennen zu können, werden regelmäßig unterschiedliche Auswertungen und Analysen erstellt. Die Mitbewerber werden ihre Abfragen über ihr eigenes Portfolio ebenfalls durchführen; daher ist kein wesentlicher Wett-bewerbsvorteil gegeben. Viel spannender bei Analysen ist es, neue Produkte zu beobachten: ob diese vom Markt angenommen werden und ob sich diese nach den Erwartungen entwickeln (vgl. E1, Z. 91-97).

7.4.2 Welche Bedeutung haben die Deckungsbeitragsrechnung und die Kennzahl Combined Ratio für die Steuerung der Schaden-/Unfall-versicherung?

Schon vor der Wirtschafts- und Finanzkrise wurde verstärkt ein Augenmerk auf die Kennzahl Combined Ratio und auf den Deckungsbeitrag gelegt. Früher wurde diesen Kennzahlen nur wenig Beachtung geschenkt, da ausreichend Erträge aus der Kapitalveranlagung erwirtschaftet wurden (vgl. U2, Z. 11-13).

Die Combined Ratio wird auf Konzernebene, für Österreich und für alle ausländ-ischen Töchter gerechnet und bei Combined-Ratio-Meetings besprochen. Von Vorständen wird diese Kennzahl gerne bei Präsentationen gezeigt, und in Geschäftsberichten wird diese ebenso gerne dargestellt. Die Combined Ratio setzt

sich aus dem Schadensatz in % und aus dem Kostensatz in % ohne Schwankungsrückstellung und ohne Kapitalerträge zusammen (vgl. U1, Z. 63-73).

Die Ergebnisse der Combined Ratio werden regelmäßig untersucht. Elementare Ereignisse können das Ergebnis verschlechtern, aber auch Kosten können das Ergebnis beeinflussen. Wenn es Veränderungen gibt, werden diese genau analysiert (vgl. A1, Z. 94-100).

Die Deckungsbeitragsrechnung hat bei den Versicherungsunternehmen einen sehr hohen Stellenwert; die Werte können sowohl brutto als auch netto dargestellt werden. „Wir beobachten immer, ob brutto alles passt, aber für das Unternehmen ist natürlich das Nettoergebnis, also das, was unter dem Strich übrigbleibt, von Bedeutung.“ Weiters dient ein Vergleich der Brutto- und Nettoergebnisse als Indikator für die Qualität der Rückversicherungsprogramme (vgl. E1, Z. 111-115).

Die Deckungsbeitragsrechnungen wurden in den letzten Jahren deutlich pro-fessionalisiert und der Stellenwert im Konzern ist deutlich gestiegen. Von den Vorstandssitzungen bis zu den Gewerbemanagement-Tagungen, überall ist die Deckungsbeitragsrechnung ein fixer Tagesordnungspunkt (vgl. U1, Z. 13-18).

Die Deckungsbeitragsauswertungen werden regelmäßig zur Verfügung gestellt.

Diese können für jede Risiko- und Polizzen-Sparte, Landesdirektion, Gebietsleitung, VermittlerIn und für jede Kundin bzw. jeden Kunden ausgewertet werden (vgl. A1 Z. 73-75).

Außerdem dient die Deckungsbeitragsrechnung als Grundlage für unter-schiedliche Entscheidungen, wie z.B. für die Annahme von Risiken, die Kalkulation von Prämien und bei der Produktgestaltung. Bei neuen Produkten werden auf Basis von Deckungsbeitragsrechnungswerten im Vorhinein Simulationen durchgeführt, um zu überprüfen, ob dieses Produkt einen Wert schafft und einen positiven Beitrag leisten wird (vgl. U1 Z. 79-104).

Vonseiten aller Befragten wurde einheitlich bestätigt, dass sowohl für die Kennzahl Combined Ratio als auch für die Deckungsbeitragsrechnung Ziele vorgegeben und Planungen durchgeführt werden.

7.4.3 Aufbau und Gestaltung der Deckungsbeitragsrechnung und die jeweiligen Ergebnisse

Die Deckungsbeitragsrechnung stellt sich bei allen Befragten wie folgt dar.

Abgegrenzte Prämien

Prämie – Rechnungsjahrschaden -/+ Abwicklungsergebnis =

= Deckungsbeitrag 1

− Provisionen

= Deckungsbeitrag 2

Die Positionen Prämien, Schäden, Provisionen und Verwaltungskosten sind die wesentlichen Größen in der Sachversicherung. Dies wurde von allen Befragten ebenfalls bestätigt.

Mit der Deckungsbeitragsrechnung besteht auch die Möglichkeit der Grenzkosten-betrachtung. Ob eine Kundin bzw. ein Kunde oder eine Sparte profitabel ist, kann bei dieser Betrachtung sehr schnell analysiert werden, und wenn die Kundin bzw.

der Kunde oder die Sparte tatsächlich nicht profitabel ist, werden Sanierungs-maßnahmen eingeleitet (vgl. E1, Z. 190-193).

Einen großen Schwachpunkt bei der Deckungsbeitragsrechnung bilden die Reserven. Die Reserven können zum Zeitpunkt der Erstellung zu hoch, aber auch zu niedrig ausgewiesen werden; manche werden nach der Erstellung wieder aufgelöst. Außerdem werden auf Basis der Deckungsbeitragsrechnung unterschiedliche Analysen und Kennzahlen, wie z.B. die Schadenhäufigkeit, gerechnet (vgl. A1, Z. 130-134).

Die Deckungsbeitragsrechnung wird bei allen Befragten nach „100 % eigene Führ-ung/selbst abgeschlossenes Geschäft“ dargestellt. Um die Überleitung auf die Werte der Gewinn- und Verlustrechnung zu ermöglichen, müssen noch die Mitver-sicherung und die RückverMitver-sicherung abgezogen werden. Diese Überleitung von der Deckungsbeitragsrechnung zur Gewinn- und Verlustrechnung als versicherungstechnisches Ergebnis ist durchaus möglich (vgl. E1, Z. 206-209).

7.4.4 Faktoren, die das versicherungstechnische Ergebnis beeinflussen können, und welche Maßnahmen können getroffen werden, um das Ergebnis zu verbessern?

Die Aufgabe des Rendements ist es, die Schadenverläufe laufend zu beobachten.

Es gibt dafür genaue Regelungen, und wenn ein Vertrag in diese Kriterien fällt, können folgende Maßnahmen beim Vertrag durchgeführt werden: Korrekturen bei der Deckung, Prämienanpassungen oder höhere Selbstbehalte. Verträge mit besonders schlechten Schadenverläufen werden vonseiten der Versicherung gekündigt. Aufgrund der Beobachtung der Schadenverläufe können auch Rückschlüsse auf die Produktweiterentwicklung gemacht werden. In den letzten Jahren wurden die Elementarereignisse immer häufiger. Diese Entwicklungen müssen erkannt und bei der Produktweiterentwicklung berücksichtigt werden (vgl.

E2, Z. 219-229).

Durch genaues Kontrollieren bei der Risikoannahme können schon im Vorfeld potenzielle Großschäden erkannt werden. Mit strengeren Annahmerichtlinien, die

auf Erfahrungswerten aus der Vergangenheit aufbauen, sollten auch nur solche Risiken angenommen werden, die auch vonseiten der Versicherung erwünscht sind. Über die Mitversicherung können große Risiken auf mehrere Versicherungen verteilt werden. Jede Versicherung übernimmt eine bestimmte Quote, und im Schadensfall erfolgt eine Aufteilung des Schadens nach der vereinbarten Quote.

Somit können Versicherungen auch größere Risiken zeichnen, und im Schadensfall bleibt nur ein Teil als tatsächlicher Aufwand bestehen. Eine weitere Möglichkeit, das Risiko zu minimieren, ist das Übertragen von Risiken auf ein Rückversicherungsunternehmen. Dadurch kann der Schadenaufwand ebenfalls reduziert werden (vgl. E1, Z. 237-243; U1, Z. 206-217).

Die Planung von Jahrhundertereignissen ist sehr schwierig. 100-jährige Ereignisse sind mittlerweile bereits 20-jährige Ereignisse geworden. Vermutlich bedingt durch die Erderwärmung, passieren Kumulereignisse mittlerweile immer häufiger. Diese Entwicklung ist in den Statistiken eindeutig ersichtlich. Versicherungen können über verschiedene Informationssysteme abfragen, wo sich die Problemzonen für Hagel, Schnee und Hochwasser befinden und diese Informationen bei der Risikoannahme berücksichtigen. Überdies versenden manche Versicherungen mittels SMS die Information an KundInnen, dass ein Unwetter aufzieht. Somit können die KundInnen Maßnahmen zur Schadensvermeidung durchführen. Über Rückversicherungslösungen können sich Erstversicherungen gegen Schäden aus Kumulereignissen absichern (vgl. U1, Z. 258-260; U2, Z. 175-180; E1, Z. 250-253).

7.4.5 Darstellung der Combined Ratio, und welche Positionen werden für diese Kennzahl benötigt?

Die Kennzahl Combined Ratio ist eine der wichtigsten Kennzahlen in der Schaden-/Unfallversicherung. Sie setzt die Aufwendungen für Schäden sowie die Aufwendungen für Vertrieb und Verwaltung in Verhältnis zur abgegrenzten Prämie. Ein Wert über 100 % bedeutet, dass das versicherungstechnische Ergebnis ein Verlust ist; ein Wert unter 100 %, dass das Geschäft profitabel ist.

Als Basis für die Berechnung der Kennzahl Combined Ratio werden die Nettowerte aus der Gewinn- und Verlustrechnung in der versicherungstechnischen Rechnung herangezogen. Ein Großteil der Versicherungen erstellt ihre Abschlüsse nach IFRS. Dies führt bei einigen Positionen zu unterschiedlichen Bewertungen, wie z.B. bei den Schadenreserven, die bei IFRS-Abschlüssen nach dem Best-Estimate-Prinzip abgezinst werden. Bei UGB-Abschlüssen wird in der Gewinn- und Verlustrechnung eine Schwankungsrückstellung dargestellt. Diese Schwankungsrückstellung und auch die Erträge aus der Kapitalveranlagung finden bei der Berechnung der Kennzahl Combined Ratio keine Berücksichtigung. (vgl.

E1 & E2, Z. 280-299).

Manche Unternehmen vergleichen die Ergebnisse der Kennzahl Combined Ratio nach IFRS und nach UGB. Wenn die Abweichung beider Ergebnisse zu groß ist, wird versucht, die Ursache für diese Abweichung zu erklären. Ein Abweichungs-grund für eine Differenz könnte sein, dass nach UGB die Reservierung des Schadens im Schadensjahr erfolgt und nach IFRS im Anlagejahr. Wenn ein Schaden also bis 31.12. eintritt, wird der Schaden nach UGB im Schadensjahr und nach IFRS erst im Anlagejahr reserviert. Dadurch kann die Höhe der Schadenaufwendungen unterschiedlich sein (vgl. U1, Z. 309-316).

Bei Führungskräften ist oftmals das Ergebnis der Kennzahl Combined Ratio ein variabler Gehaltsbestandsteil. Wenn das vorgegebene Ziel erreicht wird, erhalten die Führungskräfte eine Bonifikation ausbezahlt (vgl. E1, Z. 81-84).

7.4.6 Aussagekraft der Kennzahl Combined Ratio, und welches Ziel wird verfolgt?

Das Ergebnis der Kennzahl Combined Ratio sagt aus, ob das Kerngeschäft rentabel ist. Versicherungen müssen positive Ergebnisse erwirtschaften, und je niedriger der Combined-Ratio-Prozentsatz ist, umso höher ist der Gewinn für das Unternehmen (vgl. U2, Z. 228-231).

Die Bandbreite für die Zielvorgabe der Kennzahl Combined Ratio liegt zwischen 92 und 95 %. Dieses Ziel wird vom Konzern vorgegeben, jedoch können diese Ergebnisse nicht immer erreicht werden. In Zukunft müssen sie jedoch erreicht werden, damit das Kerngeschäft rentabel bleibt (vgl. E1, Z. 306-312).

Vor der Finanzkrise war bei allen Sachversicherungsunternehmen die Kennzahl Combined Ratio über 100 %, und die Erträge wurden aus der Kapitalveranlagung erwirtschaftet (vgl. A1, Z. 235-238).

Mit Beginn der Finanzkrise sind die Erträge aus der Kapitalveranlagung einge-brochen, und mit dem Einbrechen der Kapitalerträge hatten die Versicherungen keine Möglichkeit mehr, ihr negatives Kerngeschäft auszugleichen. Aufgrund dieses Umstandes mussten sich alle Sachversicherungsunternehmen umstellen und ihre Erträge mit dem Kerngeschäft erwirtschaften. Hätten sie es in den letzten zehn Jahren nicht geschafft, die Kennzahl Combined Ratio unter 100 % zu drücken, hätten manche Sachversicherungen heute finanzielle Schwierigkeiten.

Die Kennzahl Combined Ratio diente als Indikator für die Entwicklung des Kerngeschäftes (vgl. U1, Z. 347-356; U2, Z. 243-245; A1, Z. 244; E1, Z. 333).

7.4.7 Verbindung zwischen der Kennzahl Combined Ratio und der Deckungsbeitragsrechnung, und inwieweit besteht eine Beziehung zueinander?

Für die Steuerung der Sachversicherung ist die Kennzahl Combined Ratio eine der wichtigsten Kennzahlen. Bei Unternehmensanalysen wird zuerst die Kennzahl Combined Ratio analysiert, um anschließend die Ursachen für die Abweichungen untersuchen zu können (vgl. E1, Z. 363-364).

Für die Berechnung der Kennzahl Combined Ratio und für die Deckungsbeitrags-rechnung werden dieselben Größen, wie die Prämie, die Schaden und die Provision, herangezogen. Somit ist eine Verbindung gegeben. Die Kennzahl Combined Ratio wird auf Basis der Gewinn- und Verlustrechnung gerechnet und

die Deckungsbeitragsrechnung auf Basis „100 % eigene Führung/selbst abgeschlossenes Geschäft“. Daher kann eine Verbesserung im Deckungsbeitrag bei der Combined Ratio nicht übernommen werden, da die Mitversicherungs- und die Rückversicherungsanteile berücksichtigt werden müssen. Zusätzlich kann es aufgrund der Bilanzierung nach IFRS zu unterschiedlichen Reservebewertungen kommen (vgl. E1, Z. 345-352).

Eine Verbesserung im Deckungsbeitrag bedeutet auch eine Verbesserung der Kennzahl Combined Ratio. Daher ist durchaus eine Verbindung gegeben. Beide Kennzahlen haben heute schon einen sehr hohen Stellenwert, und in Zukunft werden beide Kennzahlen eine noch größere Bedeutung haben (vgl. U1, Z. 374-382).

In Österreich liegt die Bandbreite der Kennzahl Combined Ratio zwischen 92 und 95 %. In Zukunft werden die Sachversicherungen versuchen, diese Quote zu halten. Das Ziel der österreichischen Sachversicherungsunternehmen ist es, den Versicherungsbestand zu halten und ertragreich zu bleiben. Das neu abge-schlossene Geschäft muss zumindest einen positiven Beitrag zum Ergebnis liefern, sonst wird es vonseiten der Versicherung nicht angenommen (vgl. U2, Z.

252-254).

Von allen Befragten wurde die Verbindung zwischen den beiden Kennzahlen bestätigt.