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Enzymatische Nukleinsäureamplifikation – Polymerasekettenreaktion (PCR) . 6

2. Stand der Forschung

2.1 Nachweisverfahren für Nukleinsäuresequenzen

2.1.2 Enzymatische Nukleinsäureamplifikation – Polymerasekettenreaktion (PCR) . 6

ausreichenden Mengen vorhanden sind. Die genomische DNA beispielsweise liegt in den Zellen von Lebewesen mit einem diploiden Chromosomensatz in zwei Kopien vor. Demnach wäre die verlustfreie Extraktion des Genoms aus ca. 3∙1010 Zellen notwendig, um in einem praktikablen Volumen (100 µL) eine für etablierte Detektionsverfahren ausreichend hohe Konzentration (1 nM) des Analyten zu erreichen. Da solche Mengen in der Regel nicht direkt zugänglich sind, bedient man sich meist eines in den 1980er Jahren von Mullis et al.

entwickelten Verfahrens zur enzymatischen Amplifikation des zu untersuchenden Nuklein-säuresegments.[13,14] Die Polymerasekettenreaktion (polymerase chain reaction, PCR) ermöglicht die exponentielle Vervielfältigung von DNA durch die templatkontrollierte Verlängerung von sequenzspezifisch hybridisierenden Oligonukleotidprimern durch eine hitzeresistente DNA-Polymerase. Ein Zyklus aus Denaturierung der doppelsträngigen DNA (dsDNA) bei ca. 95 °C, raschem Abkühlen auf eine der Länge der Primer angepasste Anlagerungstemperatur und Temperieren auf 72 °C (dies ist die optimale Arbeitstemperatur der vorwiegend eingesetzten Taq-Polymerase) verdoppelt idealerweise die Nukleinsäure-konzentration mit jedem Durchlauf (Abbildung 3a). Dieser Grad der Amplifizierung ist jedoch nur am Anfang der PCR gegeben. In späteren Zyklen wird eine Plateauphase erreicht,

Abbildung 3: a) Schematische Darstellung der Polymerasekettenreaktion (PCR). b) Strukturformeln zweier

in der sich die Konzentration des PCR-Produkts nicht mehr nennenswert ändert. Mögliche Ursachen sind der zunehmende Verbrauch der Primer und der zu deren Verlängerung benötigten Desoxyribonukleosidtriphosphate (dNTPs), die vermehrte Deaktivierung der Polymerase durch wiederholtes Erhitzen sowie eine mit steigender Konzentration des Amplicons verstärkte Rehybridisierung des doppelsträngigen Produkts, die mit der Primer-anlagerung konkurriert. Es wird auch diskutiert, dass die Taq-Polymerase unspezifisch an das PCR-Produkt bindet und dadurch in zunehmendem Maße inhibiert wird.[67] Dessen ungeachtet reicht in manchen Fällen schon ein einzelnes DNA-Molekül für eine erfolgreiche Amplifizierung aus.[68–70]

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das entstandene PCR-Produkt zu detektieren. Eine der PCR nachgelagerte gelelektrophoretische Auftrennung der im Reaktionsgemisch enthaltenden Oligonukleotide ermöglicht die Bestimmung der Länge des PCR-Produkts durch den Vergleich mit bekannten Standards. Diese Methode ist jedoch zeitintensiv und gibt keinen Aufschluss über die Nukleotidsequenz des Amplicons. Um dessen Entstehung schon während der PCR mitverfolgen zu können, kann der Reaktionslösung ein DNA-bindender Fluoreszenz-farbstoff zugesetzt werden. Hierfür werden hauptsächlich InterkalatorFluoreszenz-farbstoffe wie SYBR® Green I[71,72] oder SYBR® Gold[73] (in den ersten Berichten auch das karzinogene Ethidium-bromid)[74,75] verwendet (Abbildung 3b). Durch die Einlagerung dieser Verbindungen in den Basenstapel der entstehenden dsDNA kommt es zu einem Fluoreszenzanstieg, der durch entsprechende Anregungs- und Emissionsfilter in Echtzeit ausgelesen werden kann (real-time PCR). Allerdings sind diese Farbstoffe nicht in der Lage, zwischen unterschiedlichen Nukleinsäuresequenzen zu differenzieren. Daher wurden eine Reihe von Hybridisierungs-sonden entwickelt, die eine spezifische Detektion einer bestimmten Region des Amplicons ermöglichen. Viele dieser Sonden werden auch für die nicht PCR-basierte Nukleinsäure-detektion eingesetzt. Im Folgenden werden einige Beispiele näher erläutert.

2.1.3 Hybridisierungssonden

Molecular beacons (MBs, 7, Abbildung 4a) sind dual markierte Oligonukleotidsonden, deren Erkennungssequenz in einer haarnadelförmigen Struktur von zwei kurzen, zueinander komplementären Nukleinsäuresegmenten flankiert wird.[76] Im geschlossenen Zustand der Stammregion befinden sich die terminal installierten Fluorophor- und Löschereinheiten in räumlicher Nähe zueinander, wodurch die Emission des Farbstoffs unterdrückt wird. Erst durch die Hybridisierung mit dem zur Erkennungssequenz komplementären DNA-Analyten

werden beide Gruppen voneinander separiert und es kommt zu einem Fluoreszenzanstieg (8).

Durch den Einsatz unterschiedlich markierter MBs können mehrere Nukleinsäuresequenzen parallel detektiert werden.[77] Bei geeigneter Wahl von Temperatur bzw. Länge der Erkennungssequenz ist die Detektion von Einzelbasenmutationen in einer real-time PCR möglich.[78] Die Verwendung von nukleaseresistenten 2′-OMe-modifizierten MBs gestattet zudem die direkte Visualisierung von messenger RNAs (mRNAs) in lebenden Zellen.[79] Ein über die Detektion von Nukleinsäuren hinausgehender Ansatz wurde von Okamoto et al.

beschrieben.[80] Statt eines Fluorophors verwendeten sie einen Phenacylester, über welchen ein Biotinmolekül angebunden war. Durch die Trennung von Löscher und photospaltbarem Ester in Gegenwart der komplementären DNA konnte das Biotin mittels Bestrahlung freigesetzt werden. Damit ist eine Möglichkeit zur DNA-codierten Freisetzung von funktionalen Molekülen gegeben, was für eine genotypspezifische Therapie von Bedeutung sein kann.

Der Einsatz von zwei kurzen, benachbart hybridisierenden Sonden (adjacent probes)[81] kann die Einzelbasenspezifität gegenüber längeren Sonden erhöhen, ohne falsch positive Signale durch die Anwesenheit von multiplen Bindungsstellen zu forcieren. Beide Oligonukleotide (9 + 10, Abbildung 4b) sind terminal mit Fluorophoren markiert, deren Emissions- und Absorptionsspektren überlappen. Ein sich im angeregten Zustand befindender Donor-fluorophor kann bei räumlicher Nähe und geeigneter Orientierung zu einem längerwellig absorbierenden Akzeptorfluorophor über eine Dipol-Dipol-Wechselwirkung strahlungslos Energie auf diesen übertragen. Dieser nach dem Entdecker benannte Förster-Resonanz-energietransfer (FRET)[82,83] bewirkt eine Schwächung der Donoremission bei gleichzeitiger Induktion der Akzeptorfluoreszenz (11). Adjacent probes wurden erfolgreich in der real-time

Abbildung 4: Funktionsprinzip der a) molecular beacons (MBs), b) adjacent probes und c) FIT-Sonden (F = Fluorophor, Q = Fluoreszenzlöscher, A = FRET-Akzeptor, D = FRET-Donor).

PCR eingesetzt.[71,72] Sie bieten den Vorteil, dass pro Sonde nur eine Farbstoffmarkierung benötigt wird, was den Syntheseaufwand verringert. Die Detektion von Einzelbasen-mutationen in PCR-Produkten konnte während der Amplifizierung oder über eine nachträgliche Schmelzkurvenanalyse erreicht werden.[84–87]

Die bisher vorgestellten Oligonukleotidsonden erzielen Einzelbasenspezifität ausschließlich über die Diskriminierung der Hybridisierung. Einen zusätzlichen Selektivitätsfaktor bringen Sonden mit umgebungssensitiven Fluorophoren mit sich. Zu dieser Klasse gehören die FIT-Sonden (12, FIT = forced intercalation of thiazole orange, Abbildung 4c), die ein sequenz-internes Thiazolorange als Basensurrogat tragen.[88–97] Nach optischer Anregung erlaubt die Rotation um die zentrale Methinbrücke einen strahlunglosen Übergang in den Grundzustand durch interne Konversion.[98] Diese Situation liegt im Einzelstrang als auch im Duplex neben einer Einzelbasenfehlpaarung vor, denn hier ist die Torsion ebenfalls erleichtert. Erst in der rigiden Umgebung zwischen zwei perfekt gepaarten Basen wird die Rotation eingeschränkt, sodass es zu einer Verstärkung der Fluoreszenz kommt (13). FIT-Sonden wurden zunächst als PNA und später auch als DNA entworfen. Sie finden in der real-time PCR Verwen-dung,[91,94,96] können aber auch für die RNA-Visualisierung in lebenden Zellen genutzt werden.[93–95,97]