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2.1 Regulierung des Investment vor und nach der KAGG-Novelle im Rahmen des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes

2.1.1 Entstehung der Investmentidee

Der Rückblick auf die Ursprünge der Investmentidee erscheint aus drei Grün-den relevant: Erstens verdeutlicht der historische Hintergrund die Vor- und Nachteile bzw. Chancen und Risiken der Investmentidee eindrucksvoll. Zwei-tens haben die historischen Erfahrungen im Investmentgeschäft die ursprüngli-che Regulierung durch das KAGG in Deutschland maßgeblich beeinflußt. Drit-tens läßt sich erst anhand dieser Erfahrungen die Tragweite der Einführung von Investmentaktiengesellschaften durch die aktuelle KAGG-Novellierung im Rahmen des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes verstehen. Dabei wird zwi-schen dem Ursprung in Kontinentaleuropa, der Weiterentwicklung in Großbri-tannien und den USA sowie der Entwicklung in der Schweiz, die besonderen Einfluß auf die Gestaltung des KAGG hatte, unterschieden.

Der erste Investmentfonds entstand unter dem Namen „Eendracht maakt Magt"

(Einigkeit macht stark) in den Niederlanden (Amsterdam, 1774).33 Zu den er-sten Investmentgesellschaften werden die Societe Generale des Pays-Bas (Brüssel, 1822)34, die Credit Mobilier (Paris, um 1852)35 sowie die Societe civile genevoise d' emploi de fonds (Genf, um 1849)36 gezählt. Die geschichtlichen Erfahrungen37, die sich auch auf die Ursprungsversion des KAGG auswirkten, fanden aber primär im angelsächsischen Raum statt.

33 Vgl. dazu Bergius, Niederlander, S. 29. Anlagezweck war der Erwerb ausländischer Obliga-tionen. Sowohl dieser Fonds, als auch zahlreiche ähnliche Fonds verloren allerdings durch-schnittlich ca. 75% des Vermögens.

34 Vgl. Baur, Inländische Investmentanteile, S. 705, Rz. 1a; Jacob, Investmentfonds, S. 20.

Nach Hahn (Spezialbanken, S. 276) entwickelte sich später daraus die Soci6t6 G6n6rale de Belgique.

35 Vgl. Baur, Inländische Investmentanteile, S. 705, Rz. 1a.

36 Vgl. Bichsei, Investment-Trusts, S. 10f.; Hahn, Spezialbanken, S. 276.

37 Vgl. für umfassende Darstellungen zur historischen Entwicklung des Investmentgeschafts Linhardt, Investmentgeschichte, S. 1 ff.; Fischer, Investmentsparen, S. 18ff.

In Großbritannien und insbesondere in Schottland erlebte die Investmentidee ihre erste Blütezeit mit Trusts, die nach dem Prinzip der Risikomischung primär im Ausland investierten.38 Am Anfang dieser Entwicklung stand die Scottish-American Investment-Company (Schottland, 1860).39 Unter deren Nachfolgern ist der Foreign and Colonial Government Trust (Schottland, 1868) hervorzuhe-ben, der sich als „erste Gesellschaft (...) das Prinzip einer weiten Kapitalvertei-lung zu eigen machte."40 Sein Prospekt gilt als Urbild der Investmentidee41 da er verkündet, kleinen Sparern dieselben Vorteile verschaffen zu wollen wie den großen Kapitalisten, indem das Risiko durch die Streuung der Kapitalanlage auf eine Vielzahl verschiedener Aktien vermindert wird 42 Mit dem Übergang vom Common Law Trust zum Company Trust (um 1885) entfremdete sich das Trustgeschäft von seinem ursprünglichen Zweck: Spekulativer Effektenhandel, Engagements in riskanten Finanzierungsgesellschaften und Spezialisierung auf bestimmte Branchen kennzeichneten die Entwicklung; vereinzelt veräußerten Managementgesellschaften auch unverkäufliche Wertpapierbestände an ihre eigenen Trusts.43 Nicht zuletzt aus solchen Transaktionen resultierten zunächst enorme Gewinne, die wiederum zu erheblichen Mittelzuflüssen führten. Diese Sonderentwicklungen wurden jedoch durch die Baring-Krise im Jahr 1891 ab-rupt beendet, die schwere Kursstürze zur Folge hatte. Damit hatte die Invest-mentidee ihr erstes Tief erreicht, der erste „Boom and Bust Cycle" war durch-laufen.

38 Vgl. Linhardt, Investment Trusts, S. 40ff.; Beckmann / Scholtz, Investment, 062, S. 1; Laux / Pasler, Wertpapier-Investmentfonds, S. 22.

39 Vgl. Tormann, Investmentgesellschaften, S. 12.

40 Linhardt, Investment Trusts, S. 51.

41 Bezeichnenderweise spricht Baur (Inlandische Investmentanteile, S. 705, Rz. 1) in diesem Zusammenhang vom „Schottenmuster" der Investmentidee, das sich aus einer breiten Anle-gerstruktur, einer diversifizierten Anlagestruktur und dem Management durch eine profes-sionelle Investmentgesellschaft zusammensetzt.

42 Vgl. Laux / Pasler, Wertpapier-Investmentfonds, S. 9. Im Originaltext: „(...) to provide the in-vestor of moderate means the same advantage as the large capitalists in diminishing the risk of investing in foreign and colonial Government stocks and reserving a portion of the extra interest as a sinking fund to pay off the original capital". In: Economist, 1868, S. 346f., zitiert nach Liefmann, Beteiligungs- und Finanzierungsgesellschaften, S. 169 aus Reuter, In-vestmentfonds, S. 18.

43 Vgl. Huber, Investment-Gesellschaften, S. 8f.; Reuter, Investmentfonds, S. 18f.

Den zweiten derartigen Zyklus erlebte die Investmentidee in den USA in der zweiten Hälfte der 20-er Jahre.44 Während die Zahl der Investmentgesellschaf-ten erst nach dem ersInvestmentgesellschaf-ten Weltkrieg spürbar anstieg, kam es speziell in den Haussejahren 1928 / 29 zu einer Blütezeit, die durch eine Vielzahl von Neu-gründungen angeregt wurde. Aber die Geschichte wiederholte sich, denn „auch alle Auswüchse und Mißbräuche der englischen Investment-Gesellschaften wurden nun - vierzig Jahre später - kennzeichnend für die amerikanischen In-vestment Trusts."45 Dies war besonders verhängnisvoll, da seinerzeit LeveraFonds wegen der Erwartung hoher Wertsteigerungen enorme Popularität ge-nossen.46 Insbesondere deshalb wurden die Anleger durch den Börsenkrach vom Herbst 1929 besonders hart getroffen.47 Damit hatte die Investmentidee ih-ren zweiten Tiefpunkt erreicht48

Neben diesen Erfahrungen der angelsächsischen Länder sind jedoch auch die Entwicklungen in der Schweiz für die Ursprungskonzeption des KAGG relevant.

Die Schweiz ist insofern bedeutsam, als die Kombination von Vertragstyp, laufen-der Emission und permanenter Rücknahme dort in den 30-er Jahren entwickelt wurde. Eine Fondsgesellschaft und eine als Treuhänderin wirkende Depotbank schlössen einen Gründungsvertrag mit dem Inhalt, ein Depot (sog. Invest-menttrust) einzurichten, Anteilszertifikate an den darin befindlichen Vermögens-gegenständen zu emittieren und das Depot im Interesse und für Rechnung der Anleger zu verwalten. Zusätzlich sah der Gründungsvertrag zum Zweck des An-legerschutzes vor, die Depotbank mit der Verwahrung und Verwaltung des De-pots, der Erledigung der Kauf- und Verkaufaufträge, der Zertifikatsausgabe und -rücknahme sowie der Überwachung der Fondsgesellschaft zu betrauen 49

44 Vgl. Tormann, Investmentgesellschaften, S. 12.

45 Huber, Investment-Gesellschaften, S. 10f.

46 Vgl. Tormann, Investmentgesellschaften, S. 13.

47 Vgl. Reuter, Investmentfonds, S. 22; Tormann, Investmentgesellschaften, S. 13.

48 Nach Reuter (Investmentfonds, S. 23f.) wurde als Konsequenz daraus vom Kongreß der Securities Exchange Act von 1933 und 1934 verabschiedet und die Securities and Exchan-ge Comission (SEC) ins Leben Exchan-gerufen. Deren jahrelanExchan-gen ErmittlunExchan-gen folgten konkrete Handlungsempfehlungen, die 1940 zur Verabschiedung des Investment Company and In-vestment Advisors Act führten.

49 Vgl. Spoerri, Investment-Trust, S. 23ff.; Ohl, Rechtsbeziehungen, S. 22.