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Charakteristika von Immobilien als Kapitalanlage

2.3 Analyse der Besonderheiten des Grundstücks-Investment im Ver- Ver-gleich zum Wertpapier-Investment

2.3.2 Charakteristika von Immobilien als Kapitalanlage

2.3.2.1 Charakteristika von Immobilien und Immobilienmärkten

Immobilien sind bekanntermaßen durch Besonderheiten, wie Standortgebunden-heit und Unzerstörbarkeit, Heterogenität und KnappStandortgebunden-heit, lange Produktions- und Nutzungszeiträume, hohe Transaktions- und Managementkosten, hohe Investi-tions- und Finanzierungsvolumina sowie monetäre und nicht-monetäre Nutzen-stiftung charakterisiert.189 Dies hat zur Folge, daß Immobilienmärkte durch Be-sonderheiten wie Intransparenz, Teilmarktbildung, Abhängigkeit von vor- und nachgelagerten Märkten sowie starke gesetzliche Reglementierung gekenn-zeichnet sind.190 Wegen dieser Charakteristika sind Immobilien als Kapitalanlage durch eine Transaktions-, Bewertungs- und Managementproblematik geprägt.

2.3.2.2 Transaktionsproblematik

Die typischen Transaktionsformen bei der Immobilien-Kapitalanlage lassen sich in die Direktanlage durch Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücks-gleichen Rechts und die indirekte Anlage durch Beteiligung an einer Grund-stücksgesellschaft unterscheiden (Abbildung 11).

Direktanlage Indirekte Anlage

Erwerb auf Grundstücksebene Erwerb auf Gesellschaftsebene

Allein- Gemeinschaftliches Personen-

Kapital-eigentum Eigentum gesellschaften gesellschaften

• Grundstücke • Miteigentum • GbR • GmbH

• Erbbaurechte • (Bruchteilseigentum) • oHG • AG

Wohnungs- und Teileigentum nach WEG • KG

Abbildung 11: Typische Transaktionsformen bei Immobilien-Kapitalanlagen diffe-renziert nach direktem und indirektem Eigentumserwerb

188 Vgl. C&L Deutsche Revision, Novellierung, S. 269.

189 Vgl. dazu Bone-Winkel, Management, S. 27ff.; Thomas, Performanceindex, S. 22ff.

190 Vgl. dazu Thomas, Performanceindex, S. 28ff.

Bei der Direktanlage wird unmittelbares Eigentum an einem Grundstück191 er-worben. Das formale Procedere beim Erwerb ist relativ umständlich und mit vergleichsweise hohen Transaktionskosten192 verbunden. Bei jedem An- und Verkauf ergeben sich zahlreiche Probleme rechtlicher, wirtschaftlicher und vor allem steuerlicher Art. Darüber hinaus ist bautechnisches Know How erforder-lich. Aus diesen Gründen ist die Immobilien-Direktanlage i.d.R. zeit- und ko-stenintensiv. Allerdings führt sie durch den Grundbucheintrag193 zum Erwerb einer eigenständigen Rechtsposition, wobei zwischen Alleineigentum und ge-meinschaftlichem Eigentum zu unterscheiden ist.194

Die Alternative dazu stellt eine Beteiligung an einer Grundstücksgesellschaft dar, die ggf. auch mehrere Grundstücke im Eigentum haben kann und die i.d.R. eine Außengesellschaft ist.195 In diesen Fällen hängt die Intensität der Transaktions-problematik vom Gesellschaftstyp und -vermögen sowie der Gesellschafterart und -struktur ab. Die möglichen Rechtsformen der Personengesellschaften um-fassen die BGB-Gesellschaft bzw. GbR (§ 705ff. BGB) sowie die HGB-Gesell-schaften in Form der oHG (§ 105ff. HGB), der KG (§ 161 ff. HGB) und der GmbH

& Co KG. In diesen Fällen besteht Gesamthandseigentum, da das Grundstück zwar allen gehört, die Anteile der einzelnen Gesellschafter aber zugunsten der Gesamtheit gebunden sind.196 Diese Gesellschaftsformen sind weit verbreitet, da sie i.d.R. die Rechtsgrundlage von Geschlossenen Immobilienfonds oder Projektfinanzierungen darstellen. Dagegen sind die Kapitalgesellschaften vor allem aus steuerlichen Gründen weniger bedeutend. Sowohl die GmbH als auch die AG ist dadurch geprägt, daß sie im vollen Umfang eine eigene

191 Der Gesetzgeber verwendet anstelle der Bezeichnung Immobilie den Begriff Grundstück (Vgl. dazu ausführlich Bone-Winkel, Management, S. 21; Schäfers, Management, S. 13;

Thomas, Performanceindex, S. 18f ).

192 Neben der Grunderwerbsteuer i.H.v. 3% fallen Notarkosten sowie ggf. Maklercourtagen (i.d.R. zwischen 3% und 6% zzgl. MwSt.) an.

193 Das Grundbuch dokumentiert sämtliche Rechte an Grundstücken. Vgl. dazu Maaß, Grund-buch, S. 101, Rz 1 und Falk, Immobilienwirtschaft, S. 288.

194 Vgl. Krüger, Konstruktionen, S. 416ff.; Murfeld, Grundstückswirtschaft, S. 81.

195 Vgl. Maschmeier, Personen- und Kapitalgesellschaften, S. 367, Rz. 2. Je nachdem ob die Beteiligung nach außen in Erscheinung tritt oder nicht, wird zunächst in Außen- und Innen-gesellschaften unterschieden. InnenInnen-gesellschaften (stille Beteiligungen oder Unterbeteili-gungen) oder Mischformen zwischen Innen- und Außengesellschaften sind selten.

196 Vgl. Murfeld, Grundstückswirtschaft, S. 82.

Rechtspersönlichkeit besitzen. Der Zugriff von Gläubigern erstreckt sich somit nur auf die Gesellschaft und deren Vermögen, d.h. die Gesellschafter haften nicht für deren Schulden.197

2.3.2.3 Bewertungsproblematik

Aus den typischen Eigenschaften von Immobilien und der Transaktionsproble-matik resultiert die BewertungsprobleTransaktionsproble-matik, d.h. ein laufender Wert ist nicht be-kannt. Aus diesem Grund werden bei der Wertermittlung von Direktanlagen i.d.R. Verkehrswertgutachten erstellt, die in Deutschland auf der Wertermitt-lungsverordnung (WertV) und den Wertermittlungsrichtlinien (WertR) basieren.

Diese Gutachten werden i.d.R. anhand des Vergleichs-, Ertrags- oder des Sachwertverfahrens erstellt. Diese Verfahren finden mangels Alternativen i.d.R.

auch bei der Ermittlung des Anteilswertes von Grundstücksgesellschaften An-wendung. Allerdings sind dabei ggf. Wertkorrekturen vorzunehmen.

Eine alternative Vorgehensweise zur Bewertung besteht in der Börsennotierung von Grundstücksgesellschaften in der Rechtsform der AG. Deren Börsenkapi-talisierung entspricht jedoch i.d.R. nicht dem Nettoinventarwert bzw. Net Asset Value (NAV) der Gesellschaft, der sich aus der Summe der Verkehrswerte ab-züglich der Summe der Verbindlichkeiten ergibt. So kann bspw. eine Gesell-schaft, die Immobilien im Wert von DM 500 Mio. hält und die mit DM 250 Mio.

Fremdkapital finanziert ist, anstelle des NAV von DM 250 Mio. nur eine Börsen-kapitalisierung von DM 200 Mio., aber auch eine von DM 300 Mio. aufweisen.

Diese elementaren Unterschiede zwischen dem Private Pricing auf Basis von Verkehrswertgutachten und dem Public Pricing durch ein Börsennotierung las-sen sich primär auf die nachfolgenden Einflußfaktoren zurückführen:198

• Die Gutachtenbewertung berücksichtigt i.d.R. nicht die Kosten, die auf Ebe-ne der Grundstücksgesellschaft für Verwaltungstätigkeiten etc. anfallen, während diese in die Börsenbewertung einfließt.

197 Vgl. Maschmeier, Personen- und Kapitalgesellschaften, S. 377, Rz 37.

198 Siehe hierzu ähnlich Marchitelli / MacCrate, REITs, S. 7ff.

• Die Gutachtenbewertung ignoriert besonders die steuerlichen Aspekte der Grundstücksgesellschaft, obwohl diese wichtig für die Börsenbewertung sind. Bei fehlender steuerlicher Transparenz ergeben sich i.d.R. Discounts, da die Überführung von Direktanlagen in steuerlich benachteiligte Anlage-formen vom Kapitalmarkt entsprechend quittiert wird.

• Die Gutachtenbewertung beachtet nicht Größe und Streuung sowie die dar-aus resultierende Fungibilität einer Grundstücksgesellschaft. Bei der Börsen-bewertung stellt sie jedoch einen entscheidenden Faktor dar. Unterhalb der

„kritischen Masse" ergeben sich Discounts, da es keinen Sinn macht, „illi-quide Immobilien in illi„illi-quide Aktien" umzuwandeln. Dagegen sind bei ent-sprechender Größe Liquiditätsprämien darstellbar.

• Die Gutachtenbewertung reflektiert durch den Bezug auf Vergleichstransak-tionen die Vergangenheit, während die Börsenbewertung die Zukunftsein-schätzung durch das Anlegerpublikum zeitnah abbildet. Allein die Erstellung eines Gutachtens kann dagegen Wochen oder Monate dauern.

• Die Gutachtenbewertung bezieht die Rechnungslegungstransparenz und die Informationspolitik der jeweiligen Gesellschaft nicht mit ein, während die Börsenbewertung durch die Publizitätsstandards beeinflußt wird.

• Die Gutachtenbewertung beurteilt weder die Qualität des Immobilienmanage-ments noch die Qualität des PortfoliomanageImmobilienmanage-ments der Gesellschaft, d.h. die Managementproblematik und die Wertschöpfungspotentiale werden nicht be-rücksichtigt. Dagegen ist die Börsenbewertung einer Immobiliengesellschaft immer auch eine Unternehmensbewertung.

2.3.2.4 Managementprobiematik

Obwohl Immobilien oft nur als „Sachwerte" assoziiert werden, handelt es sich um „Ertragswerte", die optimal genutzt und deshalb aktiv bewirtschaftet werden müssen.199 Kurzum: „Die Immobilie ist ein Betrieb."200

199 Vgl. Bone-Winkel, Management, S. 23; Falk, Immobilienwirtschaft, S. 331.

200 O.V., Betrieb, S. 293.

Daher sind für das Management die Nutzungscharakteristika von zentraler Be-deutung. Dabei ist nach dem Entwicklungszustand zunächst in Anlehnung an die WertV zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken zu unterschei-den.201 Dazwischen stehen die Grundstücke im Zustand der Bebauung.202 Fer-ner sind hinsichtlich der Nutzungssituation genutzte und leerstehende Objekte voneinander abzugrenzen. Bei genutzten Immobilien ist die Unterscheidung in Eigennutzung (Nutzer ist Eigentümer) und Fremdnutzung (Nutzer ist Mieter oder Pächter) relevant.203 Dagegen ist Leerstand i.d.R. die Folge ungünstiger Marktgegebenheiten, überzogenener Preisforderungen oder unzeitgemäßer Aufteilung bzw. Ausstattung. Letzteres trifft v.a. auf Objekte zu, die am Ende ih-res Lebenszyklus stehen.204 Im Hinblick auf die Nutzungsarten werden i.d.R.

Wohn-, Gewerbe-, Sonder- und gemischtgenutzte Immobilien unterschieden.205

Der Nutzwert bemißt sich über die drei räumlichen Dimensionen Länge, Höhe und Breite sowie dem Nutzungszeitraum als vierte Dimension.206 Daraus resul-tieren die Space-Time-Characteristics von Immobilien, d.h. Nutzer nehmen Raumeinheiten über einen bestimmten Zeitraum in Anspruch und zahlen dafür Geldeinheiten.

Die Reduktion des wirtschaftlichen Immobilienbegriffs auf die Aussage „Real estate is space and money over time" i.S. einer Einkommenserzielung durch Vermietung207 ist allerdings aus folgenden Gründen zu kritisieren: Erstens fin-det dieser Transformationsprozeß nur bei fremdgenutzten Immobilien statt, d.h.

die Opportunitätskosten eigengenutzter Immobilien werden ignoriert. Zweitens kann auch leerstehenden und ungenutzten Immobilien ein monetäres

Äquiva-201 Durch § 4 WertV werden die unbebauten Grundstücke in Abhängigkeit von ihrem Ent-wicklungsstatus in land- und forstwirtschaftliche Flächen, Bauerwartungsland, Rohbauland und Baureifes Land klassifiziert. Siehe für eine Konkretisierung der einzelnen Entwicklungs-zustände Art. 1.5.2 WertR.

202 Während unter Projekten solche Immobilien verstanden werden, die sich im Planungs- oder Realisierungsstadium befinden, werden fertiggestellte Immobilien als Objekte bezeichnet (Vgl. Bone-Winkel, Management, S. 25; Schäfers, Management, S. 23).

203 Dabei sind je nach Objekttyp und dem Grad der Drittverwendungsfähigkeit auch Übergänge zwischen Eigen- und Fremdnutzung möglich.

204 Vgl. Schäfers, Management, S. 26ff.; Isenhöfer / Väth, Lebenszyklus, S. 141ff.

205 Vgl. Murfeld, Grundstückswirtschaft, S. 57.

206 Vgl. dazu Graaskamp, Fundamentals, S. 229f.

207 Vgl. bspw. Bone-Winkel, Management, S. 23f.

lent gegenüberstehen, sofern sie über vermarktungsfähige Space-Time-Units verfügen oder ein Potential zu deren Erstellung aufweisen. Drittens ist diese Betrachtung ausschließlich auf den Aspekt der Einkommenserzielung ausge-richtet und vernachlässigt Wertsteigerungs- und Wertschöpfungspotentiale.

Während die Wertsteigerung auf einer Erhöhung des Marktwertes ohne aktive Einflußnahme basiert, handelt es sich bei der Wertschöpfung um die Wertän-derung, die durch Managementaktivitäten - wie bspw. Projektentwicklungen208 -entsteht.209 Diese Wertschöpfungsaktivitäten können sich aus der operativen Verwaltung der jeweiligen Liegenschaft (Immobilienmanagement) ergeben oder aus der strategischen Steuerung eines Immobilienbestands (Immobilien-portfoliomanagement)210 resultieren. Während das Immobilienmanagement da-rauf ausgerichtet ist, Einkommenserzielung, Wertsteigerung und Wertschöp-fung auf Einzelobjektebene zu optimieren, strebt das Immobilienportfoliomanage-ment dieselben Zielvorstellungen auf Bestandsebene an.211

2.3.3 Charakteristika des Grundstücks-Investment als Sonderform der