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Empirische Ergebnisse – Angebote für Erwachsene mit Migrationshintergrund

 71 VHS,

 149 sonstige gemeinnützige Einrichtungen unterschiedlicher Träger (Kir-chen, Gewerkschaften, Wohlfahrverbände, Vereine) sowie

 40 kommerzielle Einrichtungen.

Blickt man auf die Verteilung der realisierten Stichprobe, fällt zunächst auf, dass nur ein vergleichsweise kleiner Anteil an kommerziellen Einrichtungen für die Befragung erreicht werden konnte. Nach Stadt- und Gemeindegröße der befragten Einrichtungen zeigt sich zudem, dass die Befragung hauptsäch-lich im städtischen Raum realisiert werden konnte. Zu beachten ist ferner, dass die Teilnahme an der Befragung der Freiwilligkeit unterlag und somit die Vermutung naheliegt, dass sich häufiger Einrichtungen an der Befragung beteiligt haben, die sich bereits mit dem Thema der Befragung auseinander-gesetzt haben und/oder dieses Thema als besonders wichtig erachten.

Empirische Ergebnisse – Angebote für Erwachsene mit Migrationshintergrund

Im Hinblick auf das Angebotsspektrum werden vielfältige Bestrebungen seitens der Einrichtungen deutlich, den Bildungsbedarfen von Erwachsenen mit Migrationshintergrund zu begegnen. 72 Prozent der Einrichtungen gaben an, spezifische Angebote an Erwachsene mit Migrationshintergrund zu adres-sieren. Vor allem VHS sind hier führend. In 97 Prozent der VHS werden solche Angebote offeriert. Aber auch über die Hälfte der sonstigen gemein-nützigen Einrichtungen (67 %) stellt spezifische Angebote für Erwachsene mit Migrationshintergrund bereit. Bei kommerziellen Einrichtungen liegt der entsprechende Wert bei 40 Prozent.

Insgesamt zeigen die Befunde, dass die konzeptionelle Verankerung or-ganisationsumfassender Konzepte wie Diversity Management und Interkultu-reller Öffnung keine Voraussetzung für die Aufnahme von zielgruppenspezi-fischen Angeboten darstellt. So bieten auch rund zwei Drittel der Einrichtun-gen, die keine Erfahrung mit der Umsetzung solcher Konzepte haben, zielgruppenspezifische Angebote an. Ein Teil der befragten Einrichtungen sieht letztlich auch deshalb keine Notwendigkeit, solche Konzepte zu imple-mentieren, da Erwachsene mit Migrationshintergrund schon immer zu den Adressaten der Einrichtung gehörten.

Blicken wir auf die Themenfelder der zielgruppenspezifischen Angebote, zeigt sich im Einklang mit dem Forschungsstand auch in dieser Studie der vergleichsweise hohe Anteil von Deutsch- und Integrationskursen (Abb. 1).

  Abb. 1: Zielgruppenangebote nach Themenfeld. Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich; n= 176 (Gesamtstichprobe der Filterfrage 177, davon 1 fehlende Angabe)

96 91 45 43 22 3 88 16

37 68 7 21 15 11 25 58

29 29 64 50 43 57 7 7

59 74 26 32 20 11 48 38

0%20%40%60%80%100% Integrationskurse Deutschkurse allgemein Deutschkurse berufsbezogen Beratung allgemein Qualifizierung r den Einstieg Qualifizierung für Fachkräfte Alphabetisierung & Grundbildung Familie & Erziehung

VHSGemeinnützige EinrichtungenKommerzielle EinrichtungenGesamt

 

Dabei sind besonders VHS Anbieter von Sprach- und Integrationskursen und decken darüber hinaus häufig Bedarfe in Grundbildung bzw. Alphabeti-sierung ab. Auch Beratungsangebote für Beruf und Alltag werden von etwas mehr als 40 Prozent der VHS angeboten.

Die allgemeinen Deutschkurse werden ebenso von rund zwei Dritteln der sonstigen gemeinnützigen Einrichtungen bedient. Ebenso wird von diesen auf das Thema Familie und Erziehung Bezug genommen, was sicher auch mit dem Engagement der Familienbildung in diesem Segment zusammenhängt.1

Kommerzielle Einrichtungen beteiligen sich auch an der Sprachbildung, jedoch sind sie eher im Bereich der berufsbezogenen Deutschkurse aktiv.

Darüber hinaus bieten sie berufliche Qualifizierungsangebote für den Ein-stieg und für Fachkräfte an. Angebote für Fachkräfte mit Migrationshinter-grund werden allerdings von den anderen Einrichtungsformen kaum bedient.

Themen, die nur von wenigen Einrichtungen für diese Zielgruppe besetzt werden und die wir deshalb nicht in die Grafik integriert haben, sind u. a.

Angebote zur kulturellen und politischen Bildung, zu den Themen Gesund-heit sowie Medien und Management. In diesen Feldern sind vor allem ge-meinnützige Einrichtungen die Anbieter.

Zielgruppen, die mit spezifischen Angeboten von allen Einrichtungen häufig angesprochen werden, sind Asylberechtigte und anerkannte Flücht-linge, ebenso Personen, die neu nach Deutschland eingereist sind, und jene, die schon länger hier leben (Abb. 2). Auch werden Angebote oft ganz allge-mein an Personen mit Migrationshintergrund adressiert.

Im Vergleich zu den anderen Einrichtungsformen richten kommerzielle Einrichtungen ihre Angebote häufiger an Personen mit ausländischen Abschlüssen. Zielgruppen aus einem bestimmten Herkunftsland oder mit einer bestimmten Muttersprache werden von allen Einrichtungsformen selten explizit angesprochen. Allerdings wird in der offenen Kategorie des Fragebogens auf weitere Zielgruppen wie Frauen, Flüchtlinge ohne Status, ausländische Mitarbeitende in Unternehmen und ausländische Christen hingewiesen. Die Finanzierung solcher Angebote unterliegt meistens einer öffentlichen Förderung, wobei dies (zusätzliche) Teilnehmergebühren nicht ausschließt.

Unter den sonstigen gemeinnützigen Einrichtungen ist ein hoher Anteil an Familienbil-dungseinrichtungen (58 %) vertreten.

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Abb. 2: Zielgruppen spezifischer Angebote. Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich; n= 175 (Gesamtstichprobe der Filterfrage 177, davon 2 fehlende Angaben)

Schließlich weisen die Ergebnisse auch auf Faktoren hin, die ein solches zielgruppenspezifisches Angebot verhindern. Ein Teil der befragten Einrich-tungen, die keine Angebote für diese Zielgruppe offerieren, erachten dies zwar durchaus als sinnvoll, ihnen fehlen aber die entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen für eine Umsetzung. Andere Einrichtungen ver-weisen darauf, keinen Bedarf an solchen Angeboten zu sehen, da Erwachsene mit Migrationshintergrund im Einzugsgebiet der Einrichtung wenig vertreten sind oder grundsätzlich nicht zur Zielgruppe gehören. Darüber hinaus äußer-ten sich einzelne Einrichtungen explizit kritisch gegenüber Zielgruppenange-boten. Beispielsweise richtete sich die Kritik gegen die Homogenisierung, die mit einer zielgruppenspezifischeren Ansprache einhergeht, was in diesem Zitat zum Ausdruck kommt: „Migrationshintergrund ist kein sinnvolles

Se-97 Personen, die bereits länger in

Deutschland leben

 

lektionskriterium, da die betreffenden Menschen viel zu unterschiedlich sind“

(Orga 3196, II7b_other). Andere Einrichtungen sehen sich einer Haltung der Offenheit verpflichtet, der ein solches Angebot zu widersprechen scheint, was folgende Zitate beispielhaft zeigen:

„Wir machen Angebote, die sich ebenso an Menschen mit Migrations-hintergrund richten wie auch an ‚Biodeutsche‘“ (Orga 2220, II7b_other).

„Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund sind selbstverständ-lich Teil unserer Zielgruppe als Bürger_innen dieser Stadt“ (Orga 2016, II7b_other).

Diese kritischen Stimmen gegenüber spezifischen Angeboten verweisen zugleich auf eine grundsätzliche Frage der Zielgruppenarbeit in der Weiter-bildung, nämlich, für welche Bedarfslagen von Erwachsenen mit Migrations-hintergrund solche Angebote überhaupt sinnvoll sind. Zukünftig gilt es, in diesen Diskurs insbesondere die heterogenen Migrationsbiografien dieser Bevölkerungsgruppe einzubeziehen.