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2 Ansätze, Entwicklungen und Forschungsbefunde

2.3 Rückmeldungen

2.3.3 Art und Aufbau von Rückmeldungen

2.3.3.1 Empirische Befunde zur Gestaltung von Rückmeldung

In diesem Abschnitt werden einige empirische Befunde zum Thema „Rückmel-dung“ referiert, wie man sie in der Literatur findet.

Wir beginnen mit der vieldiskutierten Frage nach dem Zeitpunkt, zu dem Rück-meldung erfolgen soll. Skinner (1968) forderte RückRück-meldung, die er als Verstär-kung auffasste, direkt nach dem Reiz, also der Aufgabe. Er bemängelte das Fehlen solch direkter Rückmeldung im traditionellen Schulunterricht und entwi-ckelte das Programmierte Lernen, um diese zu gewährleisen. Die theorieinterne Forderung nach schnellem Feedback wurde zumindest für den Klassenraum von van Houten (1980) als richtig bewiesen. Es gibt aber auch Kontexte, in de-nen eine verzögerte Rückmeldung eide-nen positiveren Einfluss haben kann als eine unmittelbare (vgl. Cowen, 1991; Rakin, Trepper, 1978). Eine theoretische Erklärung dieses Befundes wurde von Kulhavy, Anderson (1972) und Craik, Lockhart (1972) geliefert. Sie nehmen an, dass bei unmittelbarer Rückmeldung die Rückmeldungsinformation mit der falschen Antwort interferiert und so eine schlechtere Lernleistung verursacht. Bei verzögerter Rückmeldung sei die fal-sche Antwort schon vergessen, was das Memorieren der richtigen Antwort er-leichtere. Kulik, Kulik (1988) beschrieben in ihrer Überblicksanalyse die Bedin-gungen, unter denen verzögerte Rückmeldung günstiger sind. Wenn die Rück-meldung erneute Memorierung und Informationsverarbeitung mit sich bringt, ist sie sinnvoll, was jedoch aufgrund mangelnder Überwachung der

Versuchsbe-Ein Sonderfall im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Rückmeldung ist ein Verfahren, welches man „vorgezogenes Feedback“ nennt (vgl. Musch 1999, S.

152). So nennt man die Situation, dass der Lernende, schon bevor er eine Fra-ge beantwortet, Teile der Lösung Fra-genannt bekommt. Dies wird allFra-gemein als wenig sinnvoll betrachtet.

Eine weitere vieldiskutierte Frage ist die nach dem Umfang von Rückmeldung.

Die Datenlage belegt, dass elaborierte Rückmeldung einer einfachen richtig/

falsch-Rückmeldung vorzuziehen ist, besonders bei falschen Antworten. Die erhöhte Wirksamkeit wird mit der stärkeren Elaboration des Lerninhalts wäh-rend der Rückmeldung erklärt. Zudem finden sich Hinweise darauf, dass gerade bei der Vermittlung komplexer prozeduraler Fähigkeiten umfangreiche Rück-meldung geeigneter ist (vgl. Musch 1999, S. 153; McKendree, 1990).

Die Frage, welche Art von Rückmeldung für welches Problem geeignet ist, hat so viele Antworten wie mögliche Problemstellungen. Beim Erwerb von Fakten-wissen ist eine einfache richtig/falsch-Rückmeldung ausreichend, beim Üben von Problemlösungsprozessen sind zu verschiedenen Phasen des Lernprozes-ses verschiedene Arten von Rückmeldung angemessen (vgl. Musch 1999, S.

153).

In den weiteren Zusammenhang der Eignung von Rückmeldung zu einem Zeit-punkt des Lernprozesses fällt auch das Konzept der Latenzanalyse von Kulha-vy, Stock (1989). Dabei wird der Einfluss der Antwortkonfidenz, also der Grad, zu dem der Lernende von der Richtigkeit seiner Antwort überzeugt ist, benutzt, um Aussagen über die Eignung von Rückmeldung zu treffen. Ist die Antwort-konfidenz niedrig, sagen Testergebnisse kaum etwas über Lernleistungen aus sondern sind eher das Ergebnis von Rateprozessen. Bei hoher Antwortkonfi-denz hat eine Rückmeldung bei einer richtigen Antwort kaum Wirkung, da sie nur die Erwartungen des Lernenden bestätigt. Bei unerwartet falscher Antwort jedoch ist eine komplexere Rückmeldung sinnvoll, die dann zu erneutem, länge-rem Studium des Lehrmaterials führt. Daraus folgt, dass Art und Umfang von Rückmeldung nicht nur von der Art der Problemstellung abhängig gemacht werden kann, sondern auch vom Grad der Beherrschung des Stoffes.

Hutchinson (1986) gibt als Resultat seiner Forschungen zwei Bedingungen an,

die Ergebnisse einsehen kann, bevor er eine Aufgabe erledigt hat, und ande-rerseits, wenn das Material zu schwer ist. Ersteres deckt sich mit den Befunden anderer Studien; letzteres ist ohne genauere Ausführungen darüber, wann ein Material zu schwer ist, kaum sinnvoll zu deuten. Hutchinson führte Experimente mit Computerbasierten Lernsystemen durch und stellte fest, dass die Testgrup-pe, die nur bei Fehlern Rückmeldung erhielt, am besten abschnitten. Ein weite-res Ergebnis seiner Studie war, dass es keinen signifikanten Unterschied zwi-schen Gruppen mit visueller und verbaler Rückmeldung gab. Besonders letzte-res ist im Zusammenhang dieser Arbeit inteletzte-ressant (vgl. Hutchison, 1986, S.

13ff).

Neben den bisher genanten Arten von Rückmeldung sind andere vorgeschla-gen worden, die nicht über das zu Lernende informieren, sondern über das Ler-nen selbst. Butler, Winne (1995) diskutieren verschiedene Ausprägungen in diese Richtung. Einerseits weisen sie auf die Rolle von Advisement hin, eine Form von Rückmeldung, die über den augenblicklichen Grad an Verständnis informiert und beeinflussen soll, wie der Lerner weiter mit dem Lernstoff um-geht. Der positive Effekt solchen Wissens auf den Lernerfolg wurde in mehreren Studien gezeigt (vgl. Butler, Winne, 1995, S. 272f). Eine weitere Form in diesem Bereich geht noch weiten, indem sie nämlich dem Lernenden Wissen über den Umgang mit Aufgaben nicht nebenher liefert, sondern dieses Wissen explizit zum Gegenstand der Unterweisung macht. Dabei werden zwei Ziele verfolgt.

Einerseits soll die kognitive Auseinandersetzung des Lernenden mit dem Stoff gesteigert werden, indem ihm deklaratives und prozedurales Wissen über Lern-strategien gegeben wird, andererseits soll vermittelt werden, wann und wie die-se Strategien Anwendung finden. Zwar ist diedie-se Form der Rückmeldung extern, doch hilft sie dem Lerner, interne Rückmeldung zu erzeugen, indem sie ihm erlaubt, den Lösungsweg von Problemen in Teillösungen zu zerlegen und zu evaluieren, ob seine Ergebnisse diese Teillösungen erfüllen. Damit unterstützt diese Art der Rückmeldung im Endeffekt auch das Monitoring des Lernenden (vgl. Butler, Winne, 1995, S. 273).

Hargreaves, McCallum und Gipps (2000) liefern aus amerikanischen Grund-schulen Beobachtungen darüber, wie Lehrer in Klassenzimmern Rückmeldung

und deskriptive, die sich in zwei bzw. fünf Untergruppen gliedern (vgl. Gipps, 2000, S. 21ff).

Evaluative Rückmeldung: drückt eine Wertung der Leistung des Schülers aus.

Die erste Strategie aus diesem Bereich ist das Verteilen von Belohnungen oder Strafen. Diese können symbolisch sein, wie Bienchen oder Sternchen unter guten Arbeiten. Belohnungen können auch darin bestehen, dass ein Kind gebe-ten wird, seine Lösung an die Tafel zu schreiben oder es Zeit zum Spielen an einem Computer erhält. Bestrafungen sind oft weniger direkt und bestehen eher im Nichterhalt oder Entzug von Belohnungen. Belohnungen sollen den Lerner motivieren, Strafen zukünftiges fehlerhaftes Verhalten verhindern. Einige Lehrer waren sich der möglichen negativen Wirkung von Strafen bewusst und vermie-den diese Strategie. Die zweite evaluative Strategie besteht darin, Einverständ-nis oder Missbilligung auszudrücken. Dies kann verbal geschehen oder durch Augenkontakt, Handzeichen und eine Reihe anderer Mittel. Eine gewisse Vari-anz besteht darin, ob Lob oder Missbilligung pauschal ausgedrückt werden oder einzelne Teile der Arbeit speziell betreffen. Der Übergang zu deskriptiver Rückmeldung kann hier fließend sein (vgl. Hargreaves, McCallum, and Gipps, 2000, S. 22ff).

Deskriptive Rückmeldung: teilt sich in fünf Unterarten. Die erste Form ist das allseits bekannte Markieren richtiger und falscher Antworten. Dies kann verbal geschehen oder bei geschriebenen Aufgaben durch Symbole wie Häkchen und Kreuze. Oft wiederholten Lehrer auch die richtigen Antworten der Schüler, schrieben sie an die Tafel oder ließen die Schüler dies tun. Gelegentlich wurden Schüler auch gebeten, ihre Antworten detailliert zu erklären. Man merkt hier deutlich, dass die Abgrenzungen zwischen den Arten eher theoretisch sind. Die zweite Strategie besteht darin zu erklären, warum eine Antwort gut oder richtig ist. Dabei wird oft die Antwort eines einzelnen Schülers herausgegriffen und bestimmte Aspekte davon hervorgehoben. Oft werden solche Ausführungen von Ausdrücken des Lobes begleitet. Ziel dieser Rückmeldungsstrategie ist es, die Leistungen der Schüler zu bestätigen und sie über die Form angemessener Antworten zu informieren. Die dritte Strategie ist, den Kindern zu sagen, was sie

eines Halbjahres oder ganzer Curricula beziehen. Mehrere der für die Studie beobachteten Lehrer benutzten diese Strategie zur Gliederung der Unterrichts-stunde, um am Ende darzustellen, was erreicht werden sollte und was erreicht worden war. Ziel dieser Strategie ist es, die Lerner zu informieren, in welchem Zusammenhang das augenblickliche Thema zum Gesamtstoffgebiet steht. Die vierte Strategie ist, eine bessere Lösung anzugeben oder zu implizieren. Einige Lehrer betonten, dass dies in Diskussionen besonderst gut möglich sei, andere schrieben solche Angaben aber auch in die Hefte der einzelnen Kinder. Das Ziel dieser Art von Rückmeldung besteht darin, dem Lerner neue, bessere Lö-sungswege aufzuzeigen; es ist eine Form Strategieorientierter Rückmeldung.

Komplementär dazu zielt die fünfte Strategie darauf ab, die Schüler selbst neue Strategien vorschlagen zu lassen. Normalerweise werden sie dazu von den Lehrern explizit aufgefordert, einige Lehrer benutzen aber auch gezielte Frage-stellungen, um Kinder auf einen Lösungsweg zu bringen (vgl. Hargreaves, Mc-Callum, and Gipps, 2000, S. 23ff).

Der Blick in die Praxis zeigt, dass zwar eine Vielfalt von Rückmeldungsstrate-gien Anwendung findet, es lässt sich aber nicht abschätzen, wie konsistent, an-gemessen oder effektiv dies geschieht. Eine weitere interessante Beobachtung berichteten McCallum und Gipps (2000), S. 30f). Sie erfuhren aus Befragungen, dass die Art der Rückmeldung, die Lehrer geben, oft weniger von der Beobach-tung der Schüler bestimmt wird als von der Vorstellung der Lehrer über die Na-tur des Lernprozesses. Umgekehrt verstehen auch Schüler Rückmeldung oft vor dem Hintergrund ihres eigenen Verständnisses des Lernprozesses. Vor diesem Hintergrund gewinnen Untersuchungen zum Lehren von Lernstrategien große Bedeutung, da sie zumindest implizit ein Bild vom Lernprozess vermitteln (vgl. McCallum und Gipps, 2000, S. 30f).

All diesen positiven Beobachtungen stehen auch negative gegenüber wie die Untersuchung von Sims – Knight und Upchurch (2001). Sie fassen ihre Analyse von Experimenten in fünf Punkten zusammen.

1. Informative Rückmeldung ist nur in Bereichen effektiv, in denen es klare richtige und falsche Antworten gibt, und wenn es direkt

nach-2. Wenn man das Behalten und die Übertragung von Wissen überprüft, stellt man fest, dass weniger Rückmeldung besser ist als sehr viel Rückmeldung.

3. Rückmeldung kann den Lerner ablenken.

4. Studien von Rückmeldung unter Klassenzimmerbedingungen zeigen, dass Rückmeldung keine bedeutende Variable ist.

5. Es ist eine effektive Alternative, Schülern beizubringen, ihre eigene Rückmeldung zu erzeugen.

Zwar ist es hier nicht möglich, im Einzelnen darauf einzugehen, wie Sims – Knight und Upchurch zu diesen Schlüssen gelangen, praktische Beobachtun-gen wie diese sollten jedoch in der Theoriebildung Berücksichtigung finden.