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Empfehlungen zur Entwicklung von Simulationsmethoden und Software

3 Systemtechnische Herausforderungen der

3.1 Anforderungen an die Software für Objektdesign und -produktion

3.1.4 Empfehlungen zur Entwicklung von Simulationsmethoden und Software

Simu-lation von Produktionsprozessen und Produktzuverlässigkeit befinden sich derzeit im Stadium der wissenschaftlichen Entwicklung oder Erprobung. Für ihre Handhabung braucht es in der Regel das entsprechende Know-how, also ein hohes Maß an Grundlagenwissen und interdis-ziplinärer Expertise, sowie leistungsfähige Hardware in Gestalt von Hochleistungs- und Par-allelrechnersystemen. Um die Technologien der Additiven Fertigung für neue Komplexitäts-stufen in der industriellen und kommerziellen Nutzung zu erschließen, ist es notwendig, die Anwendungen zur digitalen Modellierung weiterzuentwickeln und einem großen Nutzerkreis zur Verfügung zu stellen.30 Diese Aufgabe obliegt der sogenannten Computational-Enginee-ring-Forschung, einem Forschungszweig zur Modellierung, Analyse und Simulation komplexer Strukturen in Natur und Technik. Dabei sollte die Weiterentwicklung in enger Abstimmung mit der Industrie erfolgen und sich an deren konkreten Anforderungen orientieren. Neben den an Universitäten und Fachhochschulen angesiedelten Forschungseinrichtungen sind allerdings auch die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Industrie gefordert, im Rahmen ihrer personellen und technischen Möglichkeiten für Verbesserungen bei der Modellierung und Simulation additiver Herstellungsvorgänge zu sorgen.

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28 Ein nationales Konsortium forscht im Rahmen des auf sechs Jahre ausgelegten DFG-Schwerpunktprogramms 2122 (Universität Duisburg-Essen, o. J.) seit 2018 intensiv am Thema „Materials for Additive Manufacturing“.

29 Siehe Erläuterung zu Digitalen Zwillingen in Kap. 3.2.2.

30 Khairallah et al., 2016; Francois et al., 2017.

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31 Voxel: Abk. für „Volume Vox Element“, siehe Glossar.

Mit Blick auf die Erforschung, Weiterentwicklung und Überführung additiver Fertigungsver-fahren in die industrielle Anwendung sollte aus Sicht der Akademien daher die Forschung zu folgenden Schwerpunktthemen prioritär vorangetrieben werden:

End-to-End-Lösungen für die Additive Fertigung entwickeln

Die Planung von additiven Fertigungsprozessen muss effizienter werden. Bereits vorhande-ne Software sollte deshalb mit erweiterten Simulationsfähigkeiten ausgestattet bzw. vorhande-neue Software entwickelt werden. Dies gilt mit Blick auf hybride Fertigungsfunktionalität, also der Kombination von neuen additiven und herkömmlichen subtraktiven Verfahren (beispielswei-se Frä(beispielswei-sen), und kollaborativen 3D-Druck wie dem Einsatz von multiplen, simultan arbeitenden Druckeinheiten. Es wird zudem darauf ankommen, End-to-End-Softwarelösungen für die Ad-ditive Fertigung bereitzustellen. Darunter versteht man eine Software, die es ermöglicht, eine durchgängige Prozesskette digital und konsistent darzustellen. Dabei sollten möglichst alle An-forderungen an den Fertigungsprozess und das Produkt der Additiven Fertigung (Strukturopti-mierung, Produktmodellierung, Datenaufbereitung und -formatierung für 3D-Druck-Maschi-nen, Materialentwicklung, Details der additiven Fertigungsabläufe bis hin zur Reparatur und Entsorgung im Sinne eines Lifecycle-Managements) berücksichtigt werden. Entsprechende Erweiterungen und Verbesserungen der einschlägigen Softwaresysteme würden es dem in-dustriellen Anwender somit erlauben, auf integrativer Basis Produktentwürfe zu modellieren, diese zu testen, zu optimieren und die entsprechenden Objekte unmittelbar im Anschluss zu produzieren. Solche Softwaresysteme sollten insbesondere in der Lage sein, Verformungen, Eigenspannungen oder auch heterogene Steifigkeiten und Festigkeiten präzise vorherzusa-gen, um das Objektdesign im Vorfeld der eigentlichen Fertigung gemäß den Anforderungen an das Produkt zu optimieren.

Um die Entwicklung von durchgängig digital und konsistent gestalteten Prozessketten wei-ter voranzutreiben, ist eine stärkere Verzahnung von industrieller und staatlich geförderwei-ter Forschung nötig. Hierfür braucht es möglichst große Transparenz, standardisierte Methoden und Normen. Bedenken von Industrieunternehmen, die im Rahmen einer solchen Zusam-menarbeit eine wirtschaftsschädigende Veröffentlichung ihres Know-hows befürchten, sollte durch Absicherung mithilfe von „Intellectual Property Rights“ (IPR) begegnet werden. Hierfür muss zunächst deutlich zwischen öffentlichem Know-how (insbesondere Normen) und indi-viduellem, also schützenswertem Know-how („Intellectual Property“) unterschieden werden.

Voxelorientierte Modellierung vorantreiben

Die realitätsnahe Modellierung additiv gefertigter Produkte muss weiterentwickelt werden.

Insbesondere bei Multimaterialverfahren und Anwendungen, bei denen Materialeigenschaf-ten gezielt beeinflusst werden, ist es von großer Bedeutung, den inneren Aufbau eines additiv herzustellenden Objekts so realitätsnah wie möglich modellieren zu können. Daher ist es not-wendig, die Entwicklung der sogenannten voxelorientierten31 Modellierungen gezielt zu för-dern, mit deren Hilfe effiziente Objektbeschreibungen möglich sind – selbst bei verwickelten dreidimensionalen Gebilden mit komplizierten Aussparungen, Überhängen oder filigranen Strukturen, die Leerstellen aufweisen.

Grundlagen für die Entwicklung neuer materialbezogener Berechnungsalgorithmen schaffen Die für die Additive Fertigung zur Verfügung stehenden Simulationsmethoden müssen stärker vernetzt, optimiert und zudem effizienter werden. Um eine korrekte Einstellung der

Werk-zeugmaschinen den aktuellen Produktionserfordernissen entsprechend vornehmen zu kön-nen, bedarf es spezifischer Algorithmen, die in der Lage sind, die physikalisch-chemischen bzw. physikalisch-biologischen Vorgänge bei der eigentlichen Herstellung quantitativ zu be-rücksichtigen. Zudem werden sowohl makroskopisch als auch mikroskopisch ausgerichtete Simulationen der physikalischen Vorgänge bei der Materialverbindung benötigt. Makroskopi-sche Simulationsverfahren dienen der Analyse des Energieeintrags, der Energieverteilung und des Abkühlvorgangs. Mit ihrer Hilfe lassen sich anschließend die Spannungsverteilung und die Verformung des herzustellenden Objekts berechnen. Mithilfe von Simulationsverfahren lassen sich die physikalischen Vorgänge bei der Laser-Material-Wechselwirkung simulieren, sowohl im schmelzflüssigen Zustand als auch bei Erstarrung. Das ermöglicht einerseits die Identifizierung und Ausschaltung von Defektbildungsmechanismen während des Herstel-lungsvorgangs (insbesondere Porenbildung), andererseits kann auch positiv auf die Mikro-strukturbildung eingewirkt werden, um eine Verbesserung der Produkteigenschaften zu er-reichen.

Viele solcher Simulationsmethoden sind in ihrer Entwicklung bereits weit fortgeschritten, allerdings sind die verschiedenen Systemebenen, die sie darstellen, oft nicht ausreichend gekoppelt (siehe Darstellung der Mehrskaligkeit und Skalenanalyse in Kap. 3.1.2, die Be-schreibungen nicht ausreichend detailliert, oder die Simulationen benötigen so hohe Berech-nungskapazitäten, dass sie nicht routinemäßig eingesetzt werden können. Daher gilt es, die Forschung zur Optimierung der Simulationsmethoden weiter zu unterstützen, zu vernetzen und voranzutreiben.

Dezentrale Anwendbarkeit und Steuerung realisieren

Die technologische Infrastruktur der Additiven Fertigung sollte so gestaltet werden, dass die Produktion von Objekten unabhängig vom Standort der Entwurfs- und Simulationsdaten erfolgen kann. Gerade die entfernte Objektherstellung stellt einen wesentlichen Vorteil der Additiven Fertigung gegenüber herkömmlichen Fertigungsverfahren dar und wird mittel-fristig voraussichtlich zu einer weitverbreiteten Nutzung additiver Fertigungstechnologien führen. Daher sind Steuerungsprozesse im Sinne des sogenannten Computational Steering weiterzuentwickeln. Gemeint ist damit ein Steuerungsprinzip, das es Anwenderinnen und Anwendern ermöglicht, noch während des Fertigungsvorgangs interaktiv in vorgegebene, algorithmische Abläufe der Steuerungssoftware einzugreifen, um bereits gültige Eingaben gezielt zu modifizieren und anschließend einen Neustart der Software mit korrigierten Ein-gaben zu generieren.

Konstruktionsparadigmen sowie neue Methoden und Softwaresysteme sollten daher so aus-gelegt werden, dass die Additive Fertigung auch an solchen Standorten effizient durchgeführt werden kann, die von der Quelle der Fertigungsdaten entfernt liegen.

Methoden zur Prozessbeobachtung implementieren

Um das simulierte Materialverhalten sowie Prozessverlauf und -stabilität validieren zu können, aber auch, um die Prozessdaten in den zu einem späteren Zeitpunkt benötigten Digitalen Zwilling (Kap. 3.2.2) einzubetten, sind die Methoden der Prozessbeobachtung und ihre Anwendungsmöglichkeiten konsequent weiterzuentwickeln. Eine solche Beob-achtungsmethode stellt die bildgebende Einzelschichtcharakterisierung dar, mit deren Hilfe Fehler im Schichtauftrag identifiziert, dokumentiert und bauteilbezogen rückverfolgt werden können. Zudem lässt sich die bildgebende Einzelschichtcharakterisierung zur Op-timierung der Simulation des Pulverauftrags verwenden. Aber auch Strahlungsintensitäts-

3.2 Anforderungen an Normung,