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8. Trennung von Rekombinationseigenschaften von Oberäche und Volumenvon Oberäche und Volumen

8.3. Elektrolumineszenz an Solarzellen 2 Freiheitsgrade

Mit EL an Standard-Silicium-Solarzellen ist die Vorderseitenrekombinationsgeschwin-digkeit aufgrund der sehr kleinen Emittertiefe und der folglich vernachlässigbaren Lumineszenz des Emitters nicht messbar. Hier beschränkt sich die Bestimmung der Rekombinationseigenschaften auf die Diusionslänge der Elektronen in der Basis und deren Rückseitenrekombinationsgeschwindigkeit

Lj, Sbj .

Der Zustandsraum der Rekombinationseigenschaften ist also zweidimensional (zwei Freiheitsgrade). Eine Lumineszenzmessung liefert eine Reduktion zulässiger Zu-stände auf einen Freiheitsgrad. Eine LIR-Messung an einer Solarzelle mit Filtern der Kantenwellenlängen λe1 und λe2 schränkt durch das gemessene Intensitätsver-hältnis Rλj

e1e2 die Auswahl möglicher Kombinationen (L, Sb) am Ort j auf eine Funktion L(Sb)|Rj

λe1,λe2 ein.42Durch eine zweite LIR-Messung mit Filtern der Kan-tenwellenlängen λe3 und λe4 (Messung von Rjλ

e3e4) können durch die Forderung L(Sb)|Rj

λe1,λe2 = L(Sb)|Rj

λe3,λe4 (101)

die Rekombinationseigenschaften eindeutig bestimmt werden, sofern sich die Funk-tionen L(Sb)|Rj

λe1,λe2 und L(Sb)|Rj

λe3,λe4 nur an einem Punkt Lj, Sbj

im Zustands-raum schneiden. Bei der experimentellen Realisierung der Trennung der

Rekombi-Abbildung 61: Hier ist die Abhängigkeit des Quotients R der Messignale zwei-er Kurzpass-Filtzwei-er dzwei-er Kantenwellenlängen λe1 = 1000nm und λe2 = 900nm von der Diusionslänge L und der Rückseitenrekom-binationsgeschwindigkeitSb gezeigt. Messung eines WertesRj redu-ziert die Menge möglicher Zustände auf eine FunktionL(Sb)|Rj

λe1,λe2. nationseigenschaften L und Sb wurde eine untexturierte Solarzelle mit Diusions-längen L > d (Zelldicke d) und einem Rückseitenoxid mit lokalen LF C-Punkten

42Zwei Messungen mit verschiedenen Kurzpass-Filtern sind bei ELIR zur Reduktion des durch den lokalen Serienwiderstand Rjs zusätzlich auftretenden Freiheitsgrades notwendig.

verwendet. Analog zur Vorgehensweise in 8.2wurden vier Messungen mit verschie-denen Kurzpassltern durchgeführt. Daraus ergaben sich sechs Filterkombinatio-nen mitλe1 > λe2. Zur Bestimmung des Punktes Lj, Sbj

im Zustandsraum wurden die sechs Intensitätsverhältnisse43 Rjλ

eiek an jedem Bildpunkt miteinander vergli-chen. Dabei wurden die beiden Algorithmen aus 8.2 allerdings nun angewandt auf Intensitätsverhältnisse von Messsignalen verwendet:

• Minimierung der AbweichungσjLder Funktionen L(Sb)|Rj

λei,λek an jedem Bild-punkt j (in 8.3.1)

• Minimierung einer Fehlerfunktion χj(L, Sb), die die Abweichungen der In-tensitätsverhältnisse Rjλ

eiek von den Kalibrierfunktionen Rλeiek(L, Sb) be-schreibt (in 8.3.2)

Die Zustandsvariablen wurden hier wie folgt diskretisiert:

L = [1,11,21, . . . ,991]µm Sb = h

100,1013,1023,101, . . . ,106i cms−1

8.3.1. Minimierung der Abweichung von Zustandsfunktionen Zunächst wurde versucht, für jeden Bildpunktj den Punkt Lj, Sbj

zu bestimmen, für den die Standardabweichung der sechs Funktionen L(Sb)|Rj

λei,λek minimal ist44 also den Punkt, der die Forderung in Gl. 101 am besten erfüllt. Diese Art der

Abbildung 62: Zur Bestimmung der Rekombinationseigenschaften Lj, Sbj

am Ort j: Links ist der Fall gezeigt, dass sich die durch Messung von Inten-sitätsverhältnissen ausgezeichneten Funktionen L(Sb)|Rj

λei,λek unge-fähr in einem Punkt schneiden. Rechts ist gezeigt, wie sich der Ver-lauf dieser Funktionen bei einer Abweichung von R um nur ±1%

ändert.

Bestimmung von Lj, Sbj

ist mit Lumineszenz-Imaging unmöglich.45 Der Grund

43Die hier verwendeten IntensitätsverhältnisseRjsind um laterale Filterinhomogenität korrigiert.

44i, k= 1, . . . ,4;λei> λek

45Dies gilt gleichermaÿen auch für die analoge Bestimmung von

Lj, Sdetectj , Sirradj

an Wafern.

dafür ist in Abb. 62skizziert und wird im Folgenden erläutert:

Die Steigungen der durch gemessene Intensitätsverhältnisse ausgezeichneten Funk-tionen liegen an deren Schnittpunkt sehr nahe beieinander:

dL Eine kleine Verschiebung der Funktionen L(Sb)|Rj

λei,λek durch einen statistischen oder systematischen Fehler führt dadurch zu einer sehr groÿen Verschiebung des Schnittpunkts oder dazu, dass sich die Funktionen möglicherweise gar nicht schneiden, obwohl dies physikalisch eigentlich zwingend ist. In Abb.62ist die Ver-schiebung der Funktionen L(Sb)|Rj

λei,λek bei einer Variation der Intensitätsverhält-nisse δRj/Rj = ±10−2 gezeigt. Die relative Unsicherheit tatsächlich gemessener Intensitätsverhältnisse46 muss jedoch als |δRj/Rj| > 10−2 angenommen werden.

Einer groben Abschätzung nach Abb. 62 zufolge wäre für eine Diusionslängen-bestimmung mit einer Unsicherheit von δL/L ≤ 0.3 eine maximale Unsicherheit gemessener Intensitätsverhältnisse von δR/R ≤3·10−4 notwendig. Dies ist schon alleine wegen des statistischen Rauschens der Lumineszenzstrahlung ausgeschlos-sen.So sind auch die Ergebnisse dieses ersten Versuchs ähnlich wie in 8.2.1, wo analog vorgegangen wurde in keiner Weise kongruent mit erwarteten Werten für Sb. Die berechneten Werte Sbj liegen sämtlich weit unter den in [48] simulierten Werten für eine oxidische LF C-Rückseite. Dies suggeriert auch Abb. 62, wonach bei stark voneinander abweichenden Funktionen L(Sb)|Rj

λei,λek typischerweise deren minimale Standardabweichung bei der kleinstmöglichen Oberächenrekombinati-onsgeschwindigkeit zu nden ist.

8.3.2. Minimierung einer Fehlerfunktion

In Analogie zu8.2.2wird hier eine Fehlerfunktionχj(L, Sb)deniert, mit deren glo-balem Minimum bei Lj, Sbj

am Ortj die Rekombinationseigenschaften bestimmt sind. Mit den in allen Filterkombinationeni, k (λei > λek) gemessenen Intensitäts-verhältnissenRλj

Das Ergebnis einer Trennung der Rekombinationseigenschaften L und Sb gemäÿ einer Minimierung von χj ist in Abb. 63gezeigt.

46Ursache einer Abweichung zwischen Messung und physikalischer Realität kann im statistischen Rauschen oder in einer Unsicherheit der Eingangsparameter zur Simulation der Kalibrierfunk-tionRλeiek(L, Sb)liegen.

Abbildung 63: Trennung von Diusionslänge L und Rückseitenrekombinationsge-schwindigkeit Sb an einer untexturierten Solarzelle mit oxidischer LF C-Rückseite nach einem Algorithmus zur Minimierung der Feh-lerfunktion χj(L, Sb). Das Ergebnis stimmt sehr gut mit SR-LBIC und mit Simulationen der LFC -Rückseitenrekombinationsgeschwin-digkeit aus [48] überein.

Bewertung

Zunächst ist festzustellen, dass das Ergebnis der hier vorgestellten Methode eine gute Übereinstimmung mit Simulationen der Rückseitenrekombinationsgeschwin-digkeit an LF C-Zellen zeigt.

Tabelle 6: Vergleich der hier bestimmten mittleren Rückseitenrekombination hSbi einer oxidischen LFC -Rückseite mit Simulationen aus [48].

hSb,LFCELIRi Sb,LFCSIMUL Sb [cms−1] 190 110

Abbildung 64: Vergleich der hier mit ELIR bestimmten Diusionslänge LELIR mit einer ortsaufgelösten Messung der eektiven Diusionslänge mit SR-LBIC. Die eektive Diusionslänge LSR−LBICeff aus der SRLBIC -Messung ist gemäÿ Gl.121 (vgl. AnhangD.1) in eine physikalische DiusionsängeLSR−LBICS=190cms−1 transformiert.

Als Referenzmessung wurden die eektiven Diusionslängen Leff aus der SR-LBIC -Messung gemäÿ Gl. 121 mit einer Rückseitenrekombination Sb = 190cms−1 in physikalische Diusionslängen L transformiert. Die Überbewertung der Diusi-onslänge durch ELIR im Vergleich zu SR-LBIC relativiert sich zumindest teilweise bei Betrachtung der Näherungen, die in die Diusionslängenbestimmung durch SR-LBIC eingehen (vgl. Anhang D.1 und [56]).

Tabelle 7: Vergleich der Mittelwerte der Diusionslänge hLi im Bildausschnitt in Abb.64 zwischen ELIR und SR-LBIC (siehe Text).

hLELIRi hLSR−LBICi

L [µm] 342 201

Ein Mangel des hier demonstrierten Trennungsverfahrens ist die lokale Absen-kung der Rückseitenrekombinationsgeschwindigkeit bei Volumendefekten. Diese lo-kale Absenkung der Oberächenrekombination könnte ein Artefakt einer optischen Verschmierung der Ortsinformation sein, die an Orten, an denen der Gradient der Materialqualität besonders groÿ ist (wie etwa Korngrenzen) sichtbar wird. Da die Stärke der Verschmierung auch von der Kantenwellenlänge verwendeter Kurzpass-Filter abhängt ist anzunehmen, dass die Interpretation mit ELIR an solchen Orten mit einem besonders groÿen Fehler behaftet ist. Darauf weist auch eine Topographie der minimalen Funktion χjmin in Abb. 65hin.

Abbildung 65: Minimale Fehlerfunktionχjmin. An Orten mit starkem Gradient der Materialqualität ist der Fehler höher. Dies könnte an einer optischen Verschmierung der Ortsinformation durch eine laterale Impulskom-ponente von Photonen in Probe oder CCD-Chip liegen.

Mit dem hier vorgestellten Algorithmus zur Trennung der Rekombinationseigen-schaften Diusionslänge und Rückseitenrekombinationsgeschwindigkeit an Solar-zellen mittels ELIR ist eine neue Charakterisierungsmethode gegeben, die nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ zuverlässige Ergebnisse liefert.

9. As-Cut-Materialcharakterisierung mit Photolumineszenz

Im Produktionsprozess von Solarzellen ist zur Beurteilung der Eingangsmaterial-qualität und des Einusses einzelner Prozessschritte auf die Rekombinationseigen-schaften die Möglichkeit der Materialcharakterisierung in jedem Produktionsstadi-um erwünscht. Dies schlieÿt auch eine ortsaufgelöste Materialcharakterisierung an sägerauen (as-cut) Wafern ein.

Sägeraue Wafer haben aufgrund einer fehlenden Oberächenpassivierung und ei-ner starken mechanischen Beschädigung der Oberäche Oberächenrekombinati-onsgeschwindigkeiten in der Gröÿenordnung der thermischen Geschwindigkeit der Ladungsträger S & 5·105cms−1 [57, 58]. Jeder Überschussladungsträger, der die Oberäche erreicht, rekombiniert instantan, und so kann sich an der Oberäche keine Überschussladungsträgerdichte aufbauen. Diese Randbedingung führt dazu, dass wie in Abb.38schon angedeutet die von einem Siliciumsubstrat emittierte Lumineszenzintensität Ilum(L) bei groÿen Diusionslängen einen Sättigungswert Ilum(L→ ∞) = Ilum,sat anstrebt. Dies bedeutet, dass Ilum(L) bereits bei Diusi-onslängen vonL≈500µman sägerauem Material um 2-3 Gröÿenordnungen schwä-cher ist als an schadensgeätztem und passiviertem Material (vgl. Abb. 38). Zum einen werden dadurch die Anforderungen an die Messgeräte insbesondere mit Blick auf kamerainhärentes Rauschen (vgl. Anhang B) höher, zum anderen wer-den dadurch systematische Fehler wie etwa eine unzureichende Unterdrückung von Anregungsstrahlung sehr dominant.