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Kritische Defekte im Schädelbereich treten in Folge von Traumata, zum Beispiel nach Verkehrsunfällen, exzessiven Tumorresektionen, entzündlich – nekrotisierenden Prozessen oder kongenitalen Missbildungen auf (XU et al. 2012). Ein Defekt gilt als kritisch, wenn auf Grund seiner Größe und / oder Lokalisation eine adäquate Knochenheilung durch eine mangelhafte Blutgefäßversorgung in dem betroffenen Gebiet ausbleibt (WU et al. 2010;

SARAN et al. 2014).

Zur Behandlung solcher kritischen Defekte werden in der Humanmedizin, wie in der Veterinärmedizin vielfach autogene Knochentransplantate verwendet. Dazu wird in der Regel Knochenmaterial aus dem Hüftkamm des Patienten entnommen und in den Defektbereich eingesetzt. Dieses Vorgehen geht jedoch mit den Nachteilen einer zusätzlichen Verletzung von ursprünglich gesundem Gewebe und damit verbundenen zusätzlichen Schmerzen für den Patienten einher (SILBER et al. 2003). Außerdem ist das zur Verfügung stehende Material in seiner Menge begrenzt und manchmal nicht ausreichend für die Größe des Defektes (CHENARD et al. 2012).

Titan ist ein häufig verwendetes Implantatmaterial mit vielen positiven Eigenschaften. Es ist lasttragend, biokompatibel, osteokonduktiv (LI et al. 2006) und wird bereits im Schädelbe-reich verwendet (LAU u. MCDERMOTT 2015). Da die Blutgefäßversorgung ein häufig limitierender Faktor in der Einheilung von Implantaten ist, sollen im Rahmen dieser Arbeit Titanimplantate so optimiert und funktionalisiert werden, dass sie eine frühe Angiogenese und somit eine schnelle und effiziente Regeneration fördern.

Die in der Studie verwendeten Implantate bestehen aus einer TiAl6V4-Legierung und wurden mittels Selective Laser Melting® (SLM) hergestellt. Dabei handelt es sich um ein etabliertes additives Fertigungsverfahren, mit dessen Hilfe es gelingt, schnell und kosteneffizient patientenindividuelle Implantate zu produzieren (THIJS et al. 2010; VAN DER STOK et al.

2013).

Da eine poröse Implantatstruktur sowohl die Knochenheilung als auch das Einsprossen von Blutgefäßen begünstigt, und der Leichtbauweise des Knochens näherkommt als ein kompakter Implantatkörper, wurden für die vorliegende Studie Implantate mit einer

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Porengröße von 600 µm ausgewählt (KARAGEORGIOU u. KAPLAN 2005; LOH u.

CHOONG 2013).

Der Nachteil von dauerhaften Implantaten wie Titan ist jedoch, dass sie ein im Vergleich zu Knochen höheres E-Modul haben (10 – 30 GPa bei Knochen und 110 GPa bei Titan). Diese Differenz führt zu einer inadäquaten Lastübertragung auf den Knochen, was langfristig zu Knochenabbau und Lockerung des Implantates führen kann. Zusätzliche Operationen sind die Konsequenz (KE ZHU et al. 2007). Deshalb steigt die Nachfrage nach resorbierbaren Implantaten, die ähnliche mechanische Eigenschaften wie Knochen besitzen. Magnesium scheint ein ideales Implantatmaterial zu sein, da es biologisch degradierbar ist und in verschiedenen Studien auch eine gute Biokompatibilität nachgewiesen werden konnte (WAIZY et al. 2013; CHAYA et al. 2015b). Ein Magnesiumkonstrukt mit 600 µm Porengröße wurde für die eigene Untersuchung mittels SLM hergestellt und die Biokompatibilität in vitro untersucht und mit Titan verglichen (GIESEKE et al. 2014;

MATENA et al. 2015b).

Um eine frühe Angiogenese zu fördern, ist die Funktionalisierung von Implantaten mit proangiogenen Faktoren vielversprechend (LINDHORST et al. 2010). Hierzu wurden die beiden Faktoren VEGF und HMGB1 in vorangehenden Arbeiten in vitro getestet und ihre chemotaktische Wirkung auf Endothelzellen mittels Migrationsassays nachgewiesen (MATENA et al. 2015a). Damit auf dem porösen Titanimplantat VEGF bzw. HMGB1 deponiert werden kann, ist eine Beschichtung mit einem biokompatiblen Polymer erforderlich (DE GIGLIO et al. 2010). Außerdem soll die Polymerschicht die schnelle Degradation der Magnesiumimplantate reduzieren (SHADANBAZ et al. 2014).

Ein wichtiges Ziel der eigenen Arbeit war es, eine geeignete Methode zu finden, mit der der Einfluss dreidimensionaler, metallischer Testkomponenten auf die Angiogenese in vitro evaluiert werden kann.

Zur Untersuchung der Angiogenese existieren verschiedene Modelle. Die meisten in vitro Methoden beinhalten Proliferations- oder Migrationsversuche mit Endothelzellen, denen angiogenesefördernde oder –hemmende Substanzen zugesetzt werden. Die meisten dieser Testsysteme sind nicht mit der Situation in vivo vergleichbar, da Endothelzellen ein sehr spezies- und herkunftsspezifisches Verhalten zeigen (STATON et al. 2004). 3D-Matrigel

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Assays und Co-Kultur Assays, in denen Tubuli-Wachstum visualisiert werden kann, korrespondieren dagegen besser mit in vivo Ergebnissen (KORFF et al. 2001; STATON et al.

2009).

Die vorliegende Arbeit beinhaltet daher 2 Studien, in denen Implantate zur Förderung einer frühen Angiogenese für die Versorgung von kritischen Defekten im Schädelbereich untersucht wurden.

Um ein geeignetes Implantat- und Beschichtungsmaterial für funktionalisierte Implantate zu definieren, wurde in der ersten Studie die Vitalität und die Proliferation von Osteoblasten auf zwei verschiedenen Polymerbeschichtungen Poly-ɛ-caprolacton (PCL) und Poly-(3-hydroxybutyrat)/poly-(4-hydroxybutyrat) P(3HB)/P(4HB)) miteinander verglichen.

Außerdem wurde die Proliferation und die Vitalität von Osteoblasten auf porösen Titanimplantaten mit 600 µm Porengröße untersucht. Mit dem Live Cell Imaging (LCI) wurde der Einfluss von PCL-beschichteten Titanimplantaten und unbeschichteten Titanimplantaten auf das Wachstumsverhalten von Osteoblasten evaluiert.

Außerdem wurde ein Co-Kultur Angiogenese Assay zur Untersuchung des Einflusses metallischer Implantate auf die Angiogenese geprüft, um ein in vitro Modell zu entwickeln, das Tierversuche in Zukunft zu reduzieren hilft. Mit diesem Assay wurde der Einfluss von mit VEGF bzw. HMGB1 funktionalisierten Titanimplantaten auf die Angiogenese geprüft.

Auf Grund der Ergebnisse der ersten Studie wurde die für die Inkorporation der Faktoren in die Polymerschicht verwendete Konzentration erhöht und die Inkubationszeit verlängert. Die Bioaktivität der Faktoren VEGF und HMGB1 nach Inkorporation wurde mit einem Migrationsassay geprüft. Der Angiogenese Assay mit den nach dem neuen Protokoll funktionalisierten, beschichteten Titanimplantaten wurde durchgeführt zur Prüfung der Angiogenese-stimulierenden Wirkung der Implantate. Parallel dazu wurde die Freisetzungskinetik der Faktoren aus den Implantaten während des Angiogenese Assays mittels Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) untersucht. Die proangiogene Wirkung der Faktoren VEGF und HMGB1 wurde außerdem unabhängig vom Implantat im Co-Kultur Angiogenese Modell überprüft.

Literaturübersicht