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4 Diskussion

4.4 Einige Spenderzellen verbleiben langfristig in der Leber

Fünfundzwanzig und fünfzig Tage nach Induktion des subakuten Leberversagens durch CCl4 sind in LEW.1A/LEW.1WR2-Chimären Thy1-positive/OX-1-negative (CD90-positive/CD45-negative) gallengangsassoziierte Spenderzellcluster gefunden worden (siehe Abschnitt 3.4). Obwohl kein Beweis auf Einzelzellebene erbracht werden konnte, liegen in den Clustern mehr Thy1-positive Zellen als CD45-positive Zellen vor, was durch die Untersuchung von Serienschnitten nachgewiesen werden konnte (siehe Abbildung 3-13). Daraus ist geschlossen worden, dass tatsächlich einige Thy1-positive/OX-1-negative (CD90-positive/CD45-negative) Spenderzellen vorliegen. Da Thy1-positive Spenderzellcluster vereinzelt auch in Kontrolltieren ohne CCl4 -Behandlung beobachtet werden, ist nicht ganz klar, ob diese Zellen ausschließlich nach einer Leberschädigung auftreten, oder auch mit Ganzkörperbestrahlung und Knochenmarktransplantation assoziiert sind. Spenderzellen in den Kontrolltieren werden allerdings seltener gefunden und die Cluster sind wesentlich kleiner.

Ähnliche Zellcluster sind auch 25 Tage nach Induktion eines subakuten Leberversagens durch partielle Hepatektomie gefunden worden. Falls die Cluster nicht durch die Ganzkörperbestrahlung verursacht worden sind, ist anzunehmen, dass sie durch eine beliebige Leberschädigung induzierbar sind. Da sich die Ergebnisse bei Leberschädigung durch CCl4 und partielle Hepatektomie ähneln, ist angenommen worden, dass beide Modelle vergleichbar sind und dass ähnliche Phänomene wie Regeneration durch Hypertrophie und Thy1-positive/OX-1-negative (CD90-positive/CD45-negative) gallengangsassoziierte Spenderzellcluster auch bei anderen akuten Leberschädigungsmodellen zu erwarten sind.

Thy1 (CD90) ist ein Marker für „oval cells“73, ein Marker für hepatische Vorläuferzellen26, die auch im Knochenmark zu finden sind5 und ein Knochenmarkstammzellmarker. Einerseits könnten viele knochenmarkstämmige Zellen gleichzeitig in die Leber gelangt und angewachsen sein, andererseits ist auch denkbar, dass wenige knochenmarkstämmige Zellen in der Leber angewachsen sind und dort proliferierten, was das Vorhandensein der gleichartigen Zellhaufen erklären würde.

Wang et al.97 vermuten, dass aus dem Knochenmark stammende Zellen zunächst vollständig zu Hepatozyten (Trans-)differenzieren und dann proliferieren. In dem vorliegenden Versuch scheint dies nicht der Fall zu sein. Die beobachteten Zellen sind zwar CD45-negativ, es handelt sich also nicht um hämatopoetische Zellen, die stets

CD45-positiv sind. Sie scheinen aber auch keine Hepatozyten zu sein. Unklar ist, ob die Zellen das CD45 Antigen nie exprimierten, oder es verloren haben, sich also nach dem Anwachsen in der Leber phänotypisch veränderten.

Bei den beobachteten Zellen könnte es sich um so genannte „oval cells“ handeln. Bisher ist angenommen worden, dass diese Zellpopulation das erste Reservekompartiment bildet, wenn Hepatozyten die Leber nach Schädigung nicht mehr regenerieren können22,58,74. Die Zellen sind nach ihrer charakteristischen Morphologie benannt worden und finden sich in der Umgebung der terminalen Gallengänge (die noch mit Gallengangsepithel ausgekleidet sind), den so genannten Hering’schen Kanälen. Oval cells sind bipolare Stammzellen, die zu Hepatozyten und zu Gallengangsepithelien differenzieren können. Klassische Modelle zur oval cell-Induktion benutzen 2-Acetylaminoflouren (AAF), eine Substanz, welche die Hepatozytenzellteilung inhibiert23,59,71,73. Der Ort der gefunden Zellcluster würde für eine oval cell-Proliferation sprechen. Andererseits handelt es sich um Spenderzellen, die auf dem Blutweg in die Leber gelangt sein müssen und nicht primär aus den Hering’schen Kanälen stammen können. Es wurde allerdings gezeigt, dass oval cells auch aus dem Knochenmark stammen könnten24,72.

Die gefundenen Zellen könnten auch aus dem Knochenmark stammende hepatische Vorläuferzellen sein. Avital et al.5 isolierten β1-Mikrogloulin-negative/Thy1-positive Zellen aus dem Knochenmark und stellten fest, dass diese Zellen leberspezifische Gene exprimieren und Funktionen von Leberzellen ausüben. Oh et al.70 zeigten in einem in vitro-Modell, dass im Knochenmark hepatische Vorläuferzellen existieren, die α-Fetoprotein (AFP), einen typischen Marker für Lebervorläuferzellen, exprimieren. In der Zellkultur können diese Zellen durch HGF-Gabe (hepatic growth factor) zur Differenzierung in Richtung reife Hepatozyten angeregt werden. Die Zellen exprimieren dann typische Marker adulter Hepatozyten, wie Cytokeratin 8 und 18. Da in den hier besprochenen Versuchen das ganze Knochenmark transplantiert wurde, kann es sein, dass diese hepatischen Vorläuferzellen aus dem Knochenmark in der Leber angewachsen sind.

Wahrscheinlich handelt es sich bei den beobachteten Zellen nicht um transdifferenzierende hämatopoetische Stammzellen, da sich herausgestellt hat, dass bisher beobachtete Transdifferenzierungsereignisse sich teilweise durch Zellfusion erklären lassen. Lagasse et al.51 transplantierten mittels FACS aufgereinigte c-kithighThylowLinSca-1+ Knochenmarkzellen in letal bestrahlte

Fumarylacetoacetat-hydrolase defiziente Mäuse (FAH–/–). Diese CD45-positiven Stammzellen rekonstruierten das Knochenmark und erzeugten einen Chimärismus im Knochenmark.

In der Leber fanden Lagasse und Mitarbeiter Hepatozyten mit Spendereigenschaften (nachgewiesen durch Färbung des spenderspezifischen lacZ Gens), die teilweise über 30% der Lebermasse ausmachten. Dieses Experiment untermauerte die Vermutung, dass Transdifferenzierung tatsächlich stattfindet und eine therapeutische Relevanz besitzt. Nicht nur wurden vom Spender stammende Hepatozyten immunhistologisch nachgewiesen, obwohl ausschließlich hämatopoetische Stammzellen transplantiert worden sind, sondern die transplantierten Mäuse überlebten auch ohne das rettende Medikament (NTBC). Die hämatopoetischen Stammzellen konnten die Funktion von Hepatozyten übernehmen und ausreichend Lebermasse bilden, so dass die Mäuse überlebten. Dies galt lange als einziges funktionierendes Modell für Transdifferenzierung, wobei die Zelltherapie einen Effekt auf die Überlebenszeit hatte.

Wang et al.98 und unabhängig davon Vassilopoulos et al.95 fanden heraus, dass die lebensrettenden Hepatozyten tatsächlich durch Zellfusion von hämatopoetischen Zellen und Hepatozyten entstanden sind. Die funktionierenden Leberzellen wiesen den Karyotyp 80, XXXY oder 120, XXXXYY auf, sie sind durch die Fusion einer weiblichen diploiden (40, XX) hämatopoetischen Zelle und einem männlichen diploiden (40, XY) oder tatraploieden (80, XXYY) Hepatozyten entstanden. Durch verschiedene Methoden wie Southernblot, Nachweis des X- und Y-Chromosoms und durch Serientransplantation ist eine Transdifferenzierung ausgeschlossen worden.

Normalerweise exprimieren hämatopoetische Stammzellen nicht das Fumarylacetoacetathydrolase-Gen67, welches in den fusionierten Zellen aber nachgewiesen worden ist. Die fusionierte Zelle ist so „umprogrammiert“ worden, dass sie sich wie ein intakter Hepatozyt verhält. Bei der Zellfusion handelt es sich somit im Prinzip um eine zellvermittelte Gentherapie, wobei das fehlende Gen von der hämatopoetischen Zelle beigesteuert worden ist. Dies ist ein interessanter Ansatz für die Gentherapie von Erbkrankheiten, bei denen ein Gendefekt vorliegt, da die Fusion unter Umständen sicherer als eine virale Gentherapie ist. Durch die fehlende Geninsertion bei der Zellfusion entstehen vielleicht keine malignen Zellen, wie es bei der Benutzung eines viralen Vektors durchaus vorkommen kann11,12,43,56,57. Bei den im vorliegenden Versuch beobachteten Spenderzellen könnte es sich ebenfalls um mit Empfängerhepatozyten fusionierte Knochenmarkstammzellen handeln. Diese würden zur Regeneration nach subakutem Leberversagen aber wenig beitragen können, da kein

fehlendes Gen benötigt wird, sondern proliferationsfähige Zellen, die Leberparenchym funktionell ersetzen können.

Transdifferenzierung ist ein Phänomen, das auch beim Menschen beschrieben worden ist. Theise et al.91 untersuchten Lebern von Frauen, die eine Knochenmarktransplantation von einem männlichen Spender erhielten und Lebern von weiblichen Spendern, die in männliche Empfänger transplantiert worden ist. Beides mal fanden Theise et al. männliche Leberzellen. Es ist unwahrscheinlich, dass die von Theise beobachteten Hepatozyten aus ähnlichen Knochenmarkzellen hervorgegangen sind, wie die von Lagasse benutzten, da letztere Thylow sind, während die von Theise gefundenen Zellen Thy1-positiv sind. Theise et al. fanden nur vereinzelte Zellen, also wesentlich weniger als von Lagasse et al. beschrieben. Es könnte sich also bei den in den Versuchen beobachteten Zellclustern um eine Stammzellpopulation des Knochenmarks handeln, die in die Leber gewandert, dort angewachsen ist und sich auf irgendeiner Stufe zwischen Stammzelle und Hepatozyt befindet.

Im den vorliegenden Versuchen ist Retrorsine mit einer CCl4-Applikation kombiniert worden, ein Modell, welches in ähnlicher Weise von Guo et al.39 bei Mäusen verwendet wurde. Auch Gordon et al.34,36-38 benutzten Retrorsine, allerdings in Kombination mit partieller Hepatektomie als Schädigungsmodell und ohne Knochenmarktransplantation.

Sie beobachteten eine vollständige Leberregeneration durch eine neuartige Zellpopulation, so genannte „small hepatocyte-like progenitor cells“ (SHPC), die Eigenschaften von oval cells, fetalen Hepatoblasten sowie adulten Hepatozyten exprimierten, sich aber von all diesen Zellpopulationen morphologisch und im Phänotyp unterschieden. Im Wesentlichen exprimierten sie α-Fetoprotein (AFP), WP-Protein, nicht aber Cytochrom 3A1. Da Retrorsine auch im vorliegenden Modell benutzt worden ist, könnte man das Auftreten von SHPCs erwarten. Es ist aber keine derartige Zellpopulation beobachtet worden, was bedeuten könnte, dass SHPCs ausschließlich in Kombination mit partieller Hepatektomie zu beobachten sind. CCl4 könnte einen spezifischen Schaden verursachen, bei dem SHPCs nicht proliferieren können oder durch die diffuse Leberzerstörung extrem schwer zu finden sind. Auch Gordon et al.

fanden gallengangsassoziierte proliferierende Zellcluster, die immer dann aufzutreten scheinen, wenn nach Retrorsine-Applikation die Leber auf beliebige Weise geschädigt wird.

In keinem der durchgeführten Versuche entwickelten die Tiere Tumore. Es kann davon ausgegangen werden, dass Knochenmarkzellen inklusive hämatopoetischer

Stammzellen auch in großen applizierten Mengen keine Tumore erzeugen. Dies stellt einen Vorteil adulter Stammzellen bei einem therapeutischen Einsatz gegenüber embryonalen Stammzellen dar, welche bei syngener Transplantation Tumore in der Leber induzieren können86 (siehe Abschnitt 6.2).

Die bei dem hier vorgestellten Modell gefundenen Zellcluster konnten die Lebermasse und -Funktion nicht in dem Ausmaß wieder herstellen, wie es die verbleibenden Hepatozyten durch Hypertrophie vermochten. Aus diesem Grund fanden sich nur wenige Spenderzellcluster und deswegen profitierten die Versuchstiere auch nicht von der Knochenmarkzelltherapie. Dies unterstützt die Hypothese der Leberregeneration in Stufen. Ein komplexer Regenerationsmechanismus, wie das Anwachsen von knochenmarkstämmigen Zellen, kommt erst dann zum Einsatz, wenn die einfacheren Mechanismen versagen. Im vorliegenden Modell reicht die Regeneration durch Zellhypertrophie aus, es finden sich wenige, große Zellen bei der Auswertung der HE-Schnitte. In einem biologischen Organismus laufen meist verschiedene Regenerationsmechanismen in unterschiedlichem Ausmaß nebeneinander ab, weswegen auch einige Thy1-positive/OX-1-negative (CD90-positive/CD45-negative) gallengangsassoziierten Spenderzellcluster gefunden werden konnten.

5 Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit ist ein neues Rattenmodell vorgestellt worden, mit dem der Beitrag knochenmarkstämmiger Zellen zur Regeneration im subakuten Leberversagen untersucht worden ist. Zur Therapie des subakuten Leberversagens ist eine Knochenmarkzellinjektion eingesetzt worden, zum einen, weil in einem chronischen Krankheitsmodell der Leber bereits beachtliche Erfolge mit hämatopoetischen Stammzellen erzielt werden konnten, und zum anderen weil der Beitrag knochenmarkstämmiger Zellen im subakuten Leberversagen noch nicht untersucht worden ist. Wichtiger Bestandteil des Modells war eine Knochenmarktransplantation, wobei sich der Spender vom Empfänger nur in einem genetischen Merkmal unterschied (CD45 dialleles bzw. MHC Klasse I dialleles System). Dadurch konnten Knochenmarkzellen des Spenders immunhistologisch identifiziert werden, was es ermöglichte, die Auswirkungen einer Knochenmarkzelltherapie in der Leber zu beobachten. Vor der Induktion des subakuten Leberversagens ist der naive Regenerationsmechanismus der Leber, die Zellteilung, durch den Mitoinhibitor Retrorsine (ein pflanzliches Pyrrolizidinalkaloid, das in der Leber zu DNS-alkyliereden Metaboliten gegiftet wird) unterbunden worden. Durch diese pharmakologische Vorbehandlung sollten andere Zellpopulationen, wie etwa die hämatopoetischen Spenderzellen, einen Selektionsvorteil erhalten und so die Leber durch einen anderen Mechanismus regeneriert werden. Bei der Entwicklung des Modells ist von einer Leberregenration in Stufen ausgegangen worden, was bedeutet, dass wenn ein Regenerationsmechanismus nicht mehr greifen kann, der nächst komplexere eingesetzt wird. Zur Induktion eines subakuten Leberversagens sind die Leberteilresektion und die Applikation von CCl4 miteinander verglichen worden. CCl4 ist ein Lebergift, das zu Nekrose von Hepatozyten und dadurch zu Parenchymverlust führt.

Folgende Fragen sollten geklärt werden:

1. Leberregeneration nach subakutem Organversagen: In welchem Umfang und durch welchen Mechanismus wird die Leber regeneriert?

2. Funktioneller Beitrag zur Leberregeneration: Kann eine intravenös applizierte Knochenmarkzelltherapie die Überlebenswahrscheinlichkeit verbessern?

3. Kurzfristige Besiedelung der Leber durch Spenderzellen: Beteiligen sich Spenderzellen an der Entzündungsreaktion im subakuten Organversagen und wenn ja, welcher Art und wie viele?

4. Langfristige Besiedelung der Leber durch Spenderzellen: Verbleiben knochenmarkstämmige Spenderzellen langfristig in der Leber, (trans-)differenzieren sie und bilden Leberparenchym?

Zu 1. Ein subakutes Leberversagen ist entweder durch Applikation von CCl4 oder durch partielle Hepatektomie induziert worden, wobei jeweils ein Teil der Versuchstiere mit Retrorsine vorbehandelt worden ist. Anhand der Leber-/Körpergewicht-Relation ist gezeigt worden, dass sich die Lebern aller Versuchstiere regeneriert haben. Als Regenerationsmechanismus ist im Wesentlichen die Zellhypertrophie nach Retrorsine-Applikation bzw. die Zellhyperplasie ohne Retrorsine-Retrorsine-Applikation gefunden worden, wobei die Art der Leberschädigung (CCl4 bzw. partielle Hepatektomie) keine Rolle spielt.

Zu 2. Verschiedene Schweregrade eines subakuten Leberversagens sind durch steigende Dosen CCl4 induziert worden (0,6; 0,8; 1,0; 1,2 und 1,5 CCl4/kg KG). Die Hälfte der Tiere erhielt eine Knochenmarktzelltherapie, deren funktioneller Beitrag zur Leberregenration durch die Überlebenszeit gemessen worden ist. Der Versuch ist mit und ohne Vorbehandlung durch Retrorsine durchgeführt worden. Das Überleben der Tiere hing allein von der Dosis des applizierten CCl4 ab, wobei es keine Rolle spielte, ob die Versuchtiere eine Knochenmarkzelltherapie oder eine Vorbehandlung mit Retrorsine erhielten. Die Knochenmarkzelltherapie konnte somit keinen funktionellen Beitrag zur Leberregeneration leisten.

Zu 3. Nach einer Knochenmarktransplantation im CD45 diallelen Modell ist bei stabilen Knochenmarkchimären ein subakutes Leberversagens durch Injektion von 1 ml CCl4/kg KG induziert worden und Tiere nach 1, 3, 7 und 14 Tagen getötet worden. In einer zweiten Gruppe wurde der gleiche Versuch bei mit Retrorsine vorbehandelten Tieren durchgeführt. Spenderzellen wandern im Rahmen einer akuten Entzündungsreaktion in die Leber ein. Die Anzahl der beobachteten Spenderzellen verhielt sich proportional zum Chimärismusgrad im Knochenmark. Hauptsächlich handelte es sich dabei um HIS48-positive neutrophile Granulozyten. Nach 14 Tagen war die Entzündungsreaktion abgeklungen, nur wenige knochenmarkabhängige Spenderzellen verblieben langfristig in der Leber.

Zu 4. Nach einer Vorbehandlung mit Retrorsine und einer Knochenmarktransplantation im MHC Klasse I diallelen Modell ist bei stabilen Knochenmarkchimären ein subakutes Leberversagens durch Injektion von 0,6 ml CCl4/kg KG induziert worden. Nach drei Tagen ist eine Knochenmarkzelltherapie intravenös verabreicht worden.

Fünfundzwanzig und fünfzig Tage nach Applikation von CCl4 sind Thy1-positive/OX-1-negative (CD90-positive/CD45-negative) gallengangsassoziierte Spenderzellcluster gefunden worden. Bei diesen Zellen könnte es sich um hämatopoetische Zellen handeln, die das für knochenmarkstämmige Zellen charakteristische CD45 Antigen verloren haben, da Thy1 ein Marker für hämatopoetische Stammzellen ist. Andererseits könnten es auch knochenmarkständige hepatische Vorläuferzellen bzw. „oval cells“ sein, die CD45 nicht exprimieren, da Thy1 ein Marker für „oval cells“ ist. Es ergaben sich keine Hinweise drauf, dass die Zellcluster einen funktionell signifikanten Beitrag zur Leberregeneration leisten.

Aus der geringen dauerhaften Persistenz von Spenderzellen in der Leber ist gefolgert worden, dass sich knochenmarkstämmige Zellen in diesem Versuch selten in anderen Geweben ansiedeln. Somit scheint in diesem Fall die Transdifferenzierung von hämatopoetischen Stammzellen bzw. die Differenzierung von knochenmarkstämmigen Vorläuferzellen ein seltenes oder viel Zeit benötigendes Ereignis zu sein. Das unbestrittene Potenzial von hämatopoetischen Stammzellen für eine Zelltherapie entfaltet sich wahrscheinlich am besten in einem chronischen Krankheitsmodell, vor allem bei Erbkrankheiten mit einem Gendefekt. Der therapeutische Nutzen wird dabei wahrscheinlich nicht durch Transdifferenzierung, sondern durch Zellfusion erreicht.

Insgesamt zeigt sich in der vorliegenden Arbeit, dass eine Knochenmarkzelltherapie nicht die Überlebensrate nach subakutem Leberversagen verbessert und im verwendeten Leberschädigungsmodell keinen therapeutischen Nutzen bringt. Eine geringe Zahl von Spenderzellen persistiert allerdings langfristig nach einer Knochenmarktransplantation in der Leber. Damit eine Stammzelltherapie in Zukunft klinisch eingesetzt werden kann, müssen die Eigenschaften der Stammzellen weiter erforscht werden. Wichtig ist ein besseres Verständnis der Mechanismen, wie Stammzellen in Organe einwandern, dort anwachsen, wie sie dann proliferieren und warum sie wie organeigene Zellen funktionieren. Können diese Funktionen der Stammzellen positiv beeinflusst werden, so wird auch die Wirksamkeit einer Therapie verbessert. Schließlich müssen auch die Nebenwirkungen einer Stammzelltherapie erforscht werden, da neue Therapieformen auch immer neue Risiken bergen.