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2 Literaturübersicht

2.3 Variabilität der Qualitätsmerkmale von Hengstsperma und der

2.3.3 Einfluss der Jahreszeit

Auch bei Hengsten unterliegt das Fortpflanzungsgeschehen einem saisonalen Einfluss. Dies wird durch die Tageslichtlänge hervorgerufen, aber auch Faktoren wie z.B. das Klima oder die Haltungsform bzw. das Nahrungsangebot können indirekt die

Literaturübersicht

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Regulation der Fortpflanzung beeinflussen (AURICH et al. 1998). Bei zunehmenden Tageslichtlängen wird die Hodenfunktion und damit auch die Konzentration testikulärer Hormone im Blut gesteigert (IRVINE und ALEXANDER 1982, CLAY und CLAY 1992), was zu einer Steigerung der Geschlechtslust und der Spermatogenese, sowie zur Stimulation der akzessorischen Geschlechtsdrüsen führen kann (HARRIS et al. 1983). Nach AURICH et al. (1999) besteht jedoch keine Korrelation zwischen der Testosteronkonzentration und der Libido sexualis. Dem Hypothalamus kommt dabei durch die Ausschüttung des Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) eine zentrale Rolle zu. So sehen etliche Autoren die Serumkonzentrationen der Gonadotropine LH (THOMPSON et al. 1977, JOHNSON und THOMPSON 1983, BURNS et al. 1984, LOPES GUSMAO 1988, VON BREDOW 1995) und FSH (HARRIS et al. 1983) in den Frühjahrs- und Sommermonaten erhöht. JOHNSON und THOMPSON (1983) konnten jedoch keinen signifikanten Unterschied bezüglich der FSH-Konzentration im Blut zwischen den Sommer- und Wintermonaten feststellen.

Das Steroidhormon Testosteron, das im Hoden gebildet wird, erreicht nach BERNDTSON et al. (1974) im Monat Mai seine höchste Konzentration im Blut, die niedrigsten Werte dagegen in den Monaten Oktober, Dezember und Januar. Eine Zunahme von Größe und Gewicht der Hoden über die Decksaison sahen sowohl JOHNSON und THOMPSON (1983) als auch BURNS et al. (1984). Auch die Beschaffenheit des Ejakulates unterliegt saisonalen Schwankungen. PICKETT et al.

(1980) sehen ein Absinken der Spermiengesamtzahl im Winter. JANETT et al. (2003) untersuchten spermatologische Parameter von 10 Warmbluthengsten über einen Zeitraum von einem Jahr um saisonale Unterschiede hierin zu verdeutlichen und um den geeignetsten Zeitpunkt zur Kryokonservierung von Hengstsperma zu bestimmen. Dabei fanden sie heraus, dass das Ejakulatvolumen, die Gesamtspermienzahl und die Motilität in den Sommermonaten (Juni – August) signifikant höher waren als in den Wintermonaten (Dezember – Februar). Dagegen waren die Spermienkonzentration und der Anteil morphologisch intakter Spermien in den Sommermonaten signifikant niedriger, verglichen mit den Frühjahrs-, Herbst- und Wintermonaten. Aus den Ergebnissen schlussfolgerten sie, dass der beste Zeitpunkt zur Kryokonservierung von Hengstsperma im Herbst ist. Zu einem

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diesbezüglich abweichenden Ergebnis kamen WRENCH et al. (2010), die den optimalen Zeitpunkt zur Kryokonservierung in den Frühjahrs- und Sommermonaten sehen (März – Juni). Ihre Untersuchungen ergaben in diesem Zeitraum die geringsten Differenzen zwischen Frischsamen und tiefgefrorenem Samen hinsichtlich der untersuchten spermatologischen Parameter. Auch zeigten sich in dieser Studie keine signifikanten Effekte hinsichtlich des Einflusses der Saison auf das Ejakulatvolumen, auf die Spermienkonzentration, auf die Gesamtspermienzahl, auf die Gesamtmotilität und auf die progressive Motilität. Bezüglich der Spermienmorphologie zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen allen vier Versuchsabschnitten (Frühjahr/Sommer/Herbst/Winter), mit den höchsten prozentualen Anteilen morphologisch intakter Spermien im Frühjahr (März).

Literaturübersicht

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Tab.2.1: Parameter zur Charakterisierung der magnetischen Feldexposition (modifiziert nach SCHMIDT-ROHLFING et al. 2000)

1. maximale Flussdichte (B) in Tesla (T) bzw. Gauss 2. Frequenz in Herz (Hz)

3. Anstiegszeit (ta ) eines Impulses in Mikrosekunden (µs) 4. Abfallszeit (tb ) eines Impulses in Mikrosekunden (µs) 5. Dauer der Einzelimpulse in Millisekunden (ms)

7. Länge der Spulen in Meter (m)

Abb.2.1: autokrin-parakrine Regulation der Hodenfunktion (modifiziert nach ROSER 2008)

Viele lokal wirkende Mechanismen gelten beim Pferd als unbekannt. Die Abbildung zeigt Mechanismen, die bei anderen Spezies beobachtet wurden: (GnRH) Gonadotropinfreisetzendes Hormon, (IGF-1) Insulinähnlicher Wachstumsfaktor 1, (INSL3) Insulinähnliches Peptid 3, (INH) Inhibin, (ACT) Activin, (ß-EP) beta-Endorphin, (Trans) Transferrin, (bFGF) basischer Fibroblastenwachstumsfaktor, (TGF) transformierender Wachstumsfaktor, (TGF-ß) transformierender Wachstumsfaktor beta, (TGF-α) transformierender Wachstumsfaktor alpha, (IL-1) Interleukin-1, (SGP) sulfatiertes Glykoprotein, (NGF) Nervenwachstumsfaktor, (PmodS) peritubulär modifizierende Substanz, (OT) Oxytocin, (VP) Vasopressin, (T) Testosteron, (E2) Estradiol. Die hellgrau hinterlegten Substanzen wurden bisher beim Pferd identifiziert.

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a) Sinusförmige Impulsform mit gleichbleibender Amplitude und Frequenz b) trapezoide Impulsform. Diese zeichnet sich durch längere Anstiegs- und Abfallszeiten aus

rise time = Anstiegszeit ; fall time = Abfallszeit pulse width = Impulsdauer bei maximaler Amplitude c) sinusförmige Impulsform, die zusätzlich in der Amplitude moduliert wird d) sägezahnförmige Impulsform. Ein Intervall besteht in dieser

Darstelllung aus mehreren aufeinanderfolgenden Einzelimpulsen

Abb.2.1 Ausgewählte Impulsformen, die bisher in Untersuchungen mit gepulsten magnetischen Feldern eingesetzt wurden (modifiziert nach MARKOV 2007b (a-c) und WATKINS et al. 1985 (d))

Material und Methoden

29 3.

Material und Methoden

3.1 Versuchshengste

Die Untersuchungen erstreckten sich über einen Zeitraum von insgesamt 24 Wochen. Sie fanden während der routinemäßigen Herstellung von Tiefgefriersperma im Jahr 2010 (Oktober 2010 – Dezember 2010) und zu Beginn der regulären Decksaison 2011 (Januar 2011 – April 2011) statt. Für die Untersuchungen standen insgesamt 11 Warmbluthengste und ein Vollbluthengst des Niedersächsischen Landgestüts in Celle zur Verfügung. Die Hengste waren zwischen 4 und 23 Jahren alt. Alle Tiere waren in der Hengstprüfungsanstalt Adelheidsdorf aufgestallt. Vor Beginn der Untersuchungen erfolgte dreimal in einem Abstand von jeweils 48 Stunden eine Samenentnahme, wobei die Ejakulate verworfen wurden. Die Tiere zeigten ein arttypisches Deckverhalten, sie waren im Allgemeinbefinden ungestört, erb- und geschlechtsgesund. Ihre tägliche Futterration bestand aus Heu, Hafer und einem pelletierten Zusatzfutter. Wasser stand jederzeit über Selbsttränken zur Verfügung. Die Hengste (n=12) wurden entsprechend ihres Alters in drei Gruppen unterteilt. Junge Hengste (4–6 jährig, n=4), mittelalte Hengste (7–11 jährig, n=4) und alte Hengste (12–23 jährig, n=4). Sechs Hengste bildeten eine Untersuchungsgruppe (G1 und G2), die aus je zwei Hengsten einer Altersgruppe bestand.

3.2 Medithera VET-System M-1000

Die Hengste wurden einer gepulsten Magnetfeldtherapie unterzogen. Zum Einsatz kam dabei eine Magnetfelddecke („VET-System M1000“, Fa. Medithera AG, Höhn/Ww.). Diese Einheit bestand aus einem Rückenapplikator in Form einer handelsüblichen Pferdedecke, einem Steuergerät und einem Akku-Netzteil, die beide seitlich an der Decke befestigt wurden. Die Magnetfelddecke wurde täglich (Montag bis Samstag) für 20 Minuten im Programm „Aktiv“ mit der Intensitätsstufe „7“

angewendet. Die Technischen Daten sind in Tabelle 3.1 aufgeführt. Die dieser Programmeinstellung zu Grunde liegende Stärke des Magnetfeldes beträgt 22,5 µT (=0,22 Gauß) bei einer dominanten Frequenz von 10 Hz und Trägerfrequenzen von

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250 Hz und 500 Hz. Die induzierten Impulse haben die Form eines Rechtecks, Anstiegs- und Abfallszeiten ähneln in ihrem Aussehen einer e-Funktion. Die Einstellungen blieben über den gesamten Versuchszeitraum konstant.

3.3 Versuchsaufbau

Der Gesamtuntersuchungszeitraum erstreckte sich über 24 Wochen und war untergliedert in Abschnitte von je sechs Wochen. Wie in Abbildung 3.2 dargestellt, wurden die Gruppen G1 und G2, mit jeweils sechs Hengsten, in sechs- wöchigem Rhythmus alternierend der Magnetfeldtherapie unterzogen. Während des täglichen Behandlungszeitraumes von 20 Minuten wurden die Hengste in ihren Boxen angebunden. Die Samenentnahme aller Hengste erfolgte dreimal pro Woche (Montag/Mittwoch/Freitag), wobei nur zweimal pro Woche eine Untersuchung der Ejakulate jedes Hengstes erfolgte.

Die Untersuchungen gliederten sich in zwei Bereiche. Zunächst wurde morgens während der Samenentnahme im Sprungraum das Deckverhalten mittels Zeitmessungen an zuvor festgelegten Abschnitten des Deckaktes beurteilt (s. 3.4.1).

Danach erfolgte im angrenzenden Labor die standardspermatologische Untersuchung des Ejakulates und die Anfertigung der Eosin-Nigrosin Ausstrichpräparate (s. 3.6). Die computervideographischen Untersuchungen zur Bestimmung von Motilitätsparametern (s. 3.8) fanden am selben Tag statt, die durchflusszytometrischen Untersuchungen zur Bestimmung der Chromatinintegrität (s. 3.7) zu einem späteren Zeitpunkt.

3.4 Samengewinnung und Untersuchung des Deckverhaltens 3.4.1 Untersuchung des Deckverhaltens

Insgesamt wurden drei Zeitintervalle während des Deckaktes gemessen. Dafür war sowohl der Hengstführer als auch der Samennehmer mit einer Stoppuhr ausgestattet. Gemessen wurden: (1) die Zeit vom Betreten der Deckhalle bis zum Beginn des Ausschachtens, (2) die Zeit vom Ausschachten bis zum Aufsprung, (3) die Zeit vom Aufsprung bis zur Ejakulation. Desweiteren wurde die Anzahl der Aufsprünge bis zur Ejakulation dokumentiert. Um stets dieselben Voraussetzungen

Material und Methoden

31

zu gewährleisten, wurden sowohl der Sprungraum als auch die künstliche Scheide jeweils komplett vorbereitet, bevor der Hengstführer den nächsten Hengst zum Decken geholt hat.

3.4.2 Samengewinnung

Für die Samenentnahme wurde eine künstliche Scheide verwendet (Modell

„Hannover“, KLUG 1993), welche für jeden Deckakt mit einer Einmalschlauchfolie (Fa. Minitüb, Tiefenbach) versehen wurde. Der Sprungraum war mit einem Phantom (Modell „Celle“, KLUG 1993) ausgestattet. Eine Stute, die sich fixiert an der Kopfseite des Phantoms in einem Untersuchungsstand befand, war immer anwesend. Zum Auffangen des Ejakulates diente eine sterile, graduierte Glasflasche. Um Verunreinigungen und die Gelfraktion von der spermienreichen Fraktion des Ejakulates zu trennen, wurde ein Gazefilter (Fa. Minitüb, Tiefenbach) in die Glasflasche eingezogen. Als Schutz und um Temperaturschwankungen zu

verhindern wurde die Glasflasche mit einem gepolsterten Kunstoffüberzug (Fa. Minitüb, Tiefenbach) versehen.

Unmittelbar nach dem Deckakt wurden das Volumen (ml), sowie die Farbe (grau/weiß/gelb) und die Konsistenz (wässrig/molkig/milchig/rahmig) des Ejakulates beurteilt. Aus dem Nativsamen wurden Eosin-Nigrosin-Ausstrichpräparate zur Beurteilung der Spermienmorphologie angefertigt. Im Anschluss wurden für die spätere Bestimmung der Chromatinintegrität 2 ml Nativsperma in ein verschraubbares Kryoröhrchen (Fa. Greiner, Frickenhausen) gefüllt und in flüssigem Stickstoff schockgefroren. In diesem blieben sie bis zur weiteren Untersuchung bei -196°C gelagert. Für die Motilitätsanalyse wurde ein Teil des restlichen Nativsamens mit dem Magermilchverdünner INRA-82 (25 g/I Glukose-Monohydrat, 1,5 g/I Laktose-Monohydrat, 1,5 g/I Raffinose, 0,4 g/I Kalium-Citrat-Laktose-Monohydrat, 0,3 g/I Tri-Natrium-Citrat-Dihydrat, 4,76 g/I HEPES, 0,5 g/I Penicillin, 0,5 g/I Gentamicin, 0,15%

Magermilch pH 7.0 (0,5 l auf 0,5 I Verdünneransatz), 300-320 mOsm/kg) auf eine Konzentration von 90 x 106 Samenzellen/ml verdünnt.

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3.5 Dichtemessung und Bestimmung der Viabilität mittels NucleoCounter®

Die Dichte der Ejakulate und die gleichzeitige Bestimmung der Viabilität erfolgte mit Hilfe des NucleoCounter® SP-100™ (Fa. ChemoMetec A/S, Allerød/Dänemark).

Dieser besteht aus einem Fluoreszenzmikroskop und einer CCD-Kamera (Charge-coupeld-Device). Zur Bestimmung der Dichte des Ejakulates wurden 50µl Nativsamen zusammen mit 5ml Aufschlusslösung Reagent S-100 (Fa. ChemoMetec A/S, Allerød/Dänemark) in ein verschraubbares Kunststoffröhrchen gegeben und durch kurzes Schwenken miteinander vermischt. Durch die Aufschlusslösung wurden die Plasmamembranen der Spermien zerstört. Zur Messung wurden dann 50µl dieser Lösung in die sogenannte SP1-Cassette™ (Fa. ChemoMetec A/S, Allerød/Dänemark) aufgesogen. In der Cassette befand sich in immobilisiertem Zustand der Farbstoff Propidiumiodid (PI), welcher durch die aufgesogene Lösung freigesetzt wurde und so die DNA der Spermien angefärbt hat. Die Cassette wurde nun unmittelbar in die Messkammer des NucleCounter® eingesetzt und der Messvorgang gestartet. Die Messung dauerte insgesamt 30 Sekunden, danach erhielt man auf dem Display das Ergebnis in der Einheit 1 x106 Spermien/ml. Zur Bestimmung des Anteils plasmamembrandefekter Spermien wurde derselbe Messvorgang wiederholt, jedoch wurde anstatt der Aufschlusslösung Reagent S-100 (Fa. ChemoMetec A/S, Allerød/Dänemark) PBS als Verdünnungslösung verwendet.

Dieses zerstörte die Plasmamembranen nicht, wodurch sich der Farbstoff PI in der SP1-Cassette™ nicht mit der in den Zellkernen befindlichen DNA plasmamembranintakter Spermien verbinden konnte. Somit konnte nur die DNA der Spermien angefärbt werden, deren Plasmamembranen bereits geschädigt war. Aus den Ergebnissen beider Messungen ließ sich der prozentuale Anteil plasmamembrandefekter Spermien bestimmen und somit auch der Anteil plasmamembranintakter Spermien errechnen.

3.6 Eosin-Nigrosin Ausstrichpräparate

Der Anteil morphologisch abweichender Samenzellen wurde nach den Vorgaben von BRITO (2007) bestimmt. Zu jeweils 100 µl Nativsperma wurden 300 µl Eosin-Nigrosin Lösung gegeben (10% Eosin-Nigrosin, 0,7% Eosin, 3,75 mM Na2HPO4, 1,88 mM

Material und Methoden

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KH2PO4, 5,78 mM NaK Tartrat, 3,75 mM Glukose). Nach 30-sekündiger Inkubation und Durchmischung wurden von diesem Gemisch zwei Ausstrichpräparate angefertigt. Bei 1000-facher Vergrößerung mit Ölimmersion unter einem Phasenkontrastmikroskop (Olympus BX40, Fa. Olympus, Hamburg) fand die Beurteilung der Spermienmorphologie statt (s. Tab. 3.2). Pro Ausstrich wurden 200 Spermien beurteilt.

3.7 Flowzytometrische Bestimmung der Spermienchromatinintegrität (SCSA) 3.7.1 Geräte und Geräteeinstellungen

Für die durchflusszytometrischen Untersuchungen zur Chromatinintegrität wurde das Durchflusszytometer FACScan™ (Fa. Becton Dickinson, Heidelberg) verwendet. Das Gerät ist mit einem Argonionenlaser mit einer Wellenlänge von 488 nm und einer Leistung von 15 mW ausgestattet. Um die emittierten Fluoreszenzsignale messen zu können, standen drei verschiedene Filter zur Auswahl: FL-1 (BP 530/30 nm) für die

grüne Fluoreszenz, FL-2 (BP 585/42) für die orange Fluoreszenz und FL-3 (LP 650 nm) für die rote Fluoreszenz. Zur Steuerung des Durchflusszytometers war

das Gerät an einen Computer, auf dem das Softwareprogramm Cellquest™

(Fa. Becton Dickinson, Heidelberg) installiert war, angeschlossen.

3.7.2 Messprinzip und Durchführung der Spermienchromatinstrukturanalyse (SCSA)

Die Spermienchromatinintegrität wurde nach der von EVENSON und JOST (2000) beschriebenen Methode SCSA™ (sperm chromatin structure assay) bestimmt. Da fragmentiertes Chromatin eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber einer Säuredenaturierung besitzt, wird hierdurch bei der Spermienchromatin-strukturanalyse eine teilweise Trennung der eigentlich doppelsträngig vorliegenden DNA bewirkt. Nach der sich anschließenden Färbung mit Akridinorange emittiert doppelsträngige DNA Licht im grünen Bereich, wohingegen einzelsträngige DNA eine rote Fluoreszenz zeigt. Bei jedem einzelnen Spermium einer Probe wird somit durchflusszytometrisch die Intensität der grünen und der roten Fluoreszenz bestimmt. Der DNA-Fragmentationsindex (DFI), welcher ein Maß für die Integrität der

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Chromatinstruktur der einzelnen Spermien darstellt (EVENSON et al. 2002) wird dann aus dem Anteil Rotfluoreszenz an der Gesamtfluoreszenz bestimmt. Die Darstellung der einzelnen Fluoreszenzen erfolgte computergestützt in einem Punktwolkendiagramm. Anschließend wurden die DFI-Werte in einem Verteilungshistogramm entsprechend ihrer vorkommenden Häufigkeit nach dargestellt.

Um die Messungen durchzuführen, wurden zunächst die zu untersuchenden, schockgefrorenen Nativspermaproben im Wasserbad bei 38°C für 2 Min. aufgetaut.

Die anschließenden Vorgänge wurden in einem Eiswasserbad (4°C) durchgeführt, bzw. wurden die eingesetzten Substanzen permanent darin gekühlt. Die Nativprobe wurde mit TNE-Puffer (0,15 M NaCl, 0,01 M Tris HCL, 1 mM EDTA, pH 7,4) auf eine Konzentration von ca. 2 x 106 Spermien/ml eingestellt. Danach wurden zu 200 µl dieser Spermiensuspension 0,4 ml Säuredetergenz-Lösung (0,08 M HCL, 0,15 M NaCl, 0,1% Triton-X-100, pH 1,2) gegeben, diese für ca. 30 Sekunden auf einem Vortexer vermischt und anschließend mit 1,2 ml Akridinorangelösung (0,15 M NaCl, 0,037 M Citric acid, 0,126 M Na2HPO4, 0,0011 M EDTA, pH 6,0, beinhaltet 6 µg mL-1 Akridinorange) versetzt. Nach weiteren 3 Minuten Inkubation in einem Eiswasserbad erfolgte dann die flowzytometrische Messung. Die Bearbeitung und Auswertung der Daten wurde mit dem Softwareprogramm DAS Version 4.40 (BEISKER 1994) vorgenommen.

3.8 Durchführung der computerassistierten Spermienmotilitätsanalyse

Die Motilitätsanalyse erfolgte mit dem computerassistierten Spermienanalysesystem (CASA) SpermVision™ (Fa. Minitüb, Tiefenbach). Zur Verfügung stand dazu ein Phasenkontrastmikroskop (Olympus BX40, Fa. Olympus, Hamburg) mit aufgebautem optischen System (60 Bilder/Sekunde), welches an einen separaten Computer angeschlossen war, auf dem sich die benötigte Software befand. Für die Analyse wurden ausschließlich standardisierte Messkammern (20 Mikron, SSC 20-01-04-B, Fa. Leja, Nieuw-Vennep, die Niederlande) mit einer Einfülltiefe von 20 µm verwendet.

Bei dem zur Verfügung stehenden Gerät wurde der Objektträgertisch manuell

Material und Methoden

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bedient. Die Einstellungen der Software orientierten sich ebenso an den Vorgaben des Herstellers wie die Durchführung der Messungen.

Die Motilitätsanalysen wurden an dem zuvor bereits verdünnten Sperma (90 x 106 Spermien/ml in INRA 82) durchgeführt. Die zur Durchführung der

Messungen benötigten Gegenstände (Leja-Kammern, Heizblock für Eppendorfgefäße, Pipettenspitzen) wurden zuvor auf 38°C angewärmt. Aus der Spermiensuspension wurde 1 ml in ein 1,5 ml fassendes Eppendorfgefäß pippetiert und für 5 Minuten bei 38°C inkubiert. Nach kurzem Schwenken der Probe wurde umgehend eine Leja-Kammer mit 2,5 µl dieser Spermiensuspension befüllt. Das Befüllen erfolgte nach den Vorgaben der Firma Minitüb. Darauf folgte die Motilitätsanalyse. Hierbei wurden insgesamt acht Felder durch manuelle Betätigung des Objektträgertisches ausgewählt. Die Messung erfolgte auf der Längsachse der Kammer Richtung Kammeröffnung. Mindestens 800 Spermien pro Messung wurden hierdurch erfasst. Die dabei ermittelten Motilitätsparameter sind in Tabelle 3.3 zusammengefasst.

3.9 Statistische Auswertungen

Die Beratung und die Durchführung der statistischen Auswertung erfolgte am Institut für Biometrie und Epidemiologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Zur statistischen Auswertung der Versuchsergebnisse wurde das Programm SAS® -Software (“Statistical Analysis System“, SAS Institute, Iowa, Cary, NC/USA) Version 9.3 verwendet.

Zunächst erfolgte eine Überprüfung der Ergebnisse auf Normalverteilung mit Hilfe des Kolmogorov-Smirnov-Tests und der visuellen Beurteilung von q-q-Plots. Daraus ergab sich eine leichte Rechtsverschiebung der Ergebnisse, die durch Logarithmieren der Werte für die weitere Berechnung behoben wurde. Überprüft wurde daraufhin der Einfluss der gepulsten Magnetfeldtherapie, der Einfluss des Alters und der Einfluss des jeweiligen zeitlichen Therapieabschnitts auf die Parameter, die zur Bestimmung des Deckverhaltens gemessen wurden (Gesamtdeckzeit / Anzahl der Aufsprünge) und auf die spermatologischen Parameter Gesamtspermienzahl, Plasmamembranintegrität, Morphologie, progressive Motilität

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und Chromatinintegrität. Die Kalkulation wurde mit Hilfe einer drei-faktoriellen Varianzanalyse (SAS-Funktion “Mixed“) durchgeführt. Als Signifikanzgrenze wurde bei allen Tests eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0.05 herangezogen. Aufgrund der geringen Anzahl an Individuen in den einzelnen Altersklassen konnten die Ergebnisse zwischen den Altersklassen (jung/mittel/alt) innerhalb und zwischen den Untersuchungsgruppen G1 und G2 nur deskriptiv anhand von Mittelwerten betrachtet werden.

Material und Methoden

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Tab.3.1: Technische Daten VET-System M-1000 (Fa. Medithera, Höhn/Ww.)

Versorgungsspannung 9V DC

Netzspannung 110/230 V

Netzfrequenz 60/50 Hz

Leistungsaufnahme 10 W max.

Applikatoranschluss 2x3 pol.-6,3 Klinkenbuchse

Intensitätseinstellung,Stufen Tasten 1-10 u. Sensitiveinstellung

Anwendungsdauer 1-59 Min. einstellbar

Anwendungsstrom ca.1600 mA bei Stufe 10 ca.75 µT

ca. 160 mA bei Stufe 1 ca. 7,5 µT

Tab.3.2: Beurteilungsschema Spermienmorphologie (modifiziert nach WEITZE 2001)

Abweichung: Differenzierung:

Kopfkappenveränderung deformiert, in Ablösung / abgelöst

Kopfveränderungen deformierte Köpfe

Halsveränderungen Plasmatropfen, paraxialer / retroaxialer Ansatz, Halsbruch

Verbindungsstückveränderungen Plasmatropfen, deformiert, gebrochen fibrillär

Haupt- und Endstückveränderungen aufgerollt, Plasmatropfen, Schleifenform um den Kopf gerollt, rudimentär

Doppel- und Mehrfachmissbildungen Mehrfachschwänze, Doppelköpfe

Unveränderte Spermien

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Tab.3.3: CASA-Parameter (modifiziert nach KLEWITZ 2009)

DAP= Distance average path (µm): Die errechnete zurückgelegte Strecke der gemittelten Bahn zwischen Anfangs- und Endpunkt der Messung DCL= Distance curve line (µm): Die tatsächlich zurückgelegte Strecke des

Spermiums zwischen Anfangs- und Endpunkt der Messung (Kurvolineare Strecke)

DSL= Distance straight line (µm): Die errechnete Strecke zwischen Anfangs- und Endpunkt der Messung

VAP= Velocity average path (µm/s): Die Durchschnittsgeschwindigkeit des Spermienkopfes entlang der gemittelten Bahn

VCL= Velocity curve line (µm/s): Die Geschwindigkeit des Spermiums auf der tatsächlichen, kurvolinearen Bahn

VSL= Velocity straiht line (µm/s): Die errechnete Durchschnittsgeschwindigkeit des Spermiums entlang der geraden Linie zwischen dem ersten und letzten Punkt der erkannten Bahn

STR= Straightness (VSL/VAP): Die Linearität der gemittelten Bahn

LIN= Linearity (VSL/VCL): Die Linearität der tatsächlichen Bahn

WOB= Wobble (VAP/VCL): Die Abweichung der tatsächlichen Bahn von der gemittelten Bahn

ALH= Amplitude of lateral head displacement (µm): Die Größe des seitlichen Spermienkopfausschlages von der gemittelten Bahn

BCF= Beat cross frequenzy (Schläge/s oder Hz): Die Kopfschlagfrequenz, berechnet aus der durchschnittlichen Anzahl der Kreuzpunkte der tatsächlichen Bahn mit der gemittelten Bahn

MOT= Gesamtmotilität (%)

PMS= Progressive Motilität (%)

Material und Methoden

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Abb.3.1: Schema des Versuchsaufbaus

Samengewinnung

Dichtemessung und Bestimmung der Viabilität mittels NucleoCounter™

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Oktober 2010 April 2011

6 Wochen 6 Wochen 6 Wochen 6 Wochen Therapie keine Therapie Therapie keine Therapie

6 Wochen 6 Wochen 6 Wochen 6 Wochen

keine Therapie Therapie keine Therapie Therapie

- Therapie: Behandlung mit der Magnetfelddecke für 20 Minuten (Montag bis Samstag)

- Altersgruppe: junge Hengste (4-6 jährig), mittelalte Hengste (7-11 jährig) alte Hengste (12-23 jährig)

Montag Mittwoch Freitag

Samenentnahme Samenentnahme Samenentnahme und Untersuchung und Untersuchung

- Samenentnahme: die Samenentnahme fand bei allen 12 Hengsten dreimal pro Woche statt - Untersuchung: die Untersuchungen fanden Montag/Mittwoch/Freitag statt (hier nur beispiel-

haft dargestellt). Die Ejakulate jedes Hengstes wurden zweimal pro Woche untersucht

Abb.3.2 Zeitschema des Versuchsaufbaus

Gesamtuntersuchungszeitraum Magnetfeldtherapie: 24 Wochen

Gruppe G1, n = 6 Hengste ( zwei Hengste jeder Altersgruppe)

Gruppe G2, n = 6 Hengste ( zwei Hengste jeder Altersgruppe)

Wöchentlicher Untersuchungsablauf

Ergebnisse

41

4. Ergebnisse

4.1 Bestimmung des Einflusses einer gepulsten Magnetfeldtherapie auf das Deckverhalten unter zusätzlicher Berücksichtigung des Alters und der Saisonalität

Im ersten Teil der Versuche wurde anhand von Zeitmessungen bei der Samenentnahme untersucht, inwieweit sich gepulste Magnetwellen auf das Sexualverhalten (Libido sexualis) von Hengsten auswirken. Die dabei gemessenen Zeitabschnitte sind Kapitel 3.4.1 zu entnehmen. Aus diesen einzelnen Zeitabschnitten wurde die Gesamtdauer des Deckaktes (Gesamtdeckzeit) bestimmt.

Die Anzahl der Aufsprünge bis zur Ejakulation wurde als weiterer Parameter dokumentiert.

Effekte bezüglich der Magnetfeldtherapie (Abb. 4.1/A) und des Alters der Hengste (Abb. 4.3/A) wurden nicht beobachtet (p ≥ 0,05). Wie in Abb. 4.2/A dargestellt, ergab die Varianzanalyse Unterschiede zwischen Abschnitt 1 und 2 (p = 0,0173), zwischen Abschnitt 1 und 3 (p = 0,0073) und zwischen Abschnitt 1 und 4 (p = 0,003).

Bei der Betrachtung der Mittelwerte konnten in beiden Gruppen (G1/G2) ggr. längere Gesamtdeckzeiten für die Zeiträume mit Magnetfelddecke gesehen werden (Abb. 4.1/A).

Bei der Betrachtung der einzelnen Versuchszeiträume zeigte sich in Gruppe 2 ein stetiger Anstieg der Werte der Gesamtdeckzeiten (in sec.) von Abschnitt 1 (60,13 ± 40,38) bis Abschnitt 4 (107,37 ± 44,51). In Gruppe G1 zeigte sich dieser Anstieg von Abschnitt 1 (104,20 ± 64,47) bis Abschnitt 3 (131,36 ± 71,54). In Abschnitt 4 kam es zu einem deutlichen Abfall der Gesamtdeckzeit (102,57 ± 41,51), der in Gruppe G2 nicht beobachtet werden konnte (Abb. 4.2./A).

In Gruppe G1 zeigte die Mittelwertdarstellung (Abb. 4.3/A) die kürzeste Gesamtdeckzeit (in sec.) für die Hengste der Klasse „jung“ (104,53 ± 30,48) und die längste Gesamtdeckzeit für die Hengste der Klasse „alt“ (138,51 ± 102,57). In Gruppe G2 zeigten die Hengste der Klasse „mittel“ die längste Gesamtdeckzeit (98,36 ± 45,56) und die Hengste der Klasse „alt“ die kürzeste (54,14 ± 14,44).

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Abb.4.1: Darstellung der Gesamtdeckzeit (in sec.) für die Zeiträume mit und ohne Magnetfelddecke (jeweils 12 Wochen) über den Versuchszeitraum von 24 Wochen.

Fig.A: Gesamtgruppendarstellung mit 12 Hengsten, sowie Einzelgruppendarstellung mit jeweils 6 Hengsten

Fig.B: Gruppe 1 unterteilt in die Altersklassen (jung/mittel/alt) mit jeweils zwei Hengsten/Klasse Fig.C: Gruppe 2 unterteilt in die Altersklassen (jung/mittel/alt) mit jeweils zwei Hengsten/Klasse

Es wurden Mittelwerte mit Standardabweichungen aus zwei Ejakulaten pro Hengst und Woche ermittelt.

jung / mittel / alt = Altersgruppeneinteilung (4-6 Jahre / 7-11 Jahre / 12-23 Jahre) + / - = Zeitraum mit Magnetfelddecke / ohne Magnetfelddecke

Ergebnisse

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Abb.4.2: Darstellung der Gesamtdeckzeit (in sec.) über den Versuchszeitraum von 24 Wochen. Eine Säule entspricht einem Abschnitt von 6 Wochen.

Fig.A: Gesamtgruppendarstellung mit 12 Hengsten, sowie Einzelgruppendarstellung mit jeweils 6 Hengsten

Fig.B: Gruppe 1 unterteilt in die Altersklassen (jung/mittel/alt) mit jeweils zwei Hengsten/Klasse Fig.C: Gruppe 2 unterteilt in die Altersklassen (jung/mittel/alt) mit jeweils zwei Hengsten/Klasse

Es wurden Mittelwerte mit Standardabweichungen aus zwei Ejakulaten pro Hengst und Woche ermittelt.

jung / mittel / alt = Altersgruppeneinteilung (4-6 Jahre / 7-11 Jahre / 12-23 Jahre) + / - = Zeitraum mit Magnetfelddecke / ohne Magnetfelddecke

a, b = Werte mit unterschiedlichen Buchstaben unterscheiden sich signifikant zwischen den Zeitabschnitten (p ≤ 0,05)

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Abb.4.3: Darstellung der Gesamtdeckzeit (in sec.) in Bezug zum Alter der Hengste. Eine Säule entspricht einer Altersklasse (jung/mittel/alt).

Fig.A: Gesamtgruppendarstellung mit jeweils 4 Hengsten/Klasse, sowie Einzelgruppendarstellung mit jeweils 2 Hengsten/Klasse.

Fig.B: Gesamtgruppendarstellung mit jeweils 4 Hengsten/Klasse, untergliedert in vier 6-Wochen Abschnitte

Fig.B: Gesamtgruppendarstellung mit jeweils 4 Hengsten/Klasse, untergliedert in vier 6-Wochen Abschnitte