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Die Nanodrähte

5.1 Zugversuche mit Stapelfehlern und Zwillingen

5.1.7 Einfluss des Elektronenstrahls

Der Einfluss des Elektronenstrahls auf den beobachteten Verformungsmechanismus ist abhängig von der Energie und für einige Materialien nicht immer zu vernachlässigen.

Wie im experimentellen Teil beschrieben, wurden die Zugversuche in einem TEM mit einer Beschleunigungsspannung von 300 kV durchgeführt. Um abschätzen zu können, welcher Einfluss vom Elektronenstrahl zu erwarten ist, wurde die Schwellwertenergie Et für Gold berechnet. Diese gibt an, ab welcher Energie (in MeV) mit Elektronenstrahl induzierten knock-on Prozessen zu rechnen ist [28].

Et=

Ausgehend von einem Atomgewicht bei Gold von A=197 a.u. und einer displacement energy Ed=36 eV (aus [28]) ergibt sich eine Schwellwert Energie von Et=1,40 MeV.

Wie bereits erwähnt lag die Energie der verwendeten Elektronen bei 300 keV, was somit deutlich unterhalb des ermittlelten Schwellwertes liegt. Auf Grundlage dieser Überle-gung ist folglich mit keiner ballistischen SchädiÜberle-gung der Probe zu rechnen.

Schwieriger als den Schwellwert für knock-on Schädigung zu berechnen ist hingegen abzuschätzen, welchen Einfluss eine Probenerwärmung während der Einstrahlung mit Elektronen auf das Ergebnis eines Zugversuches hat. Generell wird für gut leitendende Materialien wie Metalle der Einfluss als relativ klein erachtet (vlg. dazu [28]). Dort wird angegeben, dass mit einer Probenerwärmung im Bereich von 1C zu rechnen ist. Um dennoch diesen Effekt besser beurteilen zu können, wurden zwei verschiedene Kontroll-experimente durchgeführt. Zum einen wurde ein Experiment an einem 100 nm dicken Draht ohne Elektronenstrahl im TEM durchgeführt und zum anderen 3 Drähte unter-sucht, die bei lediglich 30 kV Beschleunigungsspannung im REM getestet wurden (siehe auch Appendix A).

Im Falle des im TEM getesteten Drahtes kann keine Aussage über den zeitlichen Ver-lauf der Defektdichte gemacht werden. Dennoch zeigt die post mortem Analyse eine

gleichmäßige Verteilung von planaren Defekten im Draht mit vergleichbarer Defekt-dichte wie sie zu Beginn dieses Abschnittes ermittelt wurde. Im Beugungsbild konnten sowohl Stapelfehler als auch Zwillinge identifiziert werden. Der Bruch des getesteten Drahtes geschah an einer Zwillingslamelle.

Die Auswertung der im REM gezogenen Drähte lieferte ein vergleichbares Bild. In allen Fällen waren planare Defekte in den getesten Drähten vorhanden. Auffällig war bei diesen Versuchen jedoch, dass die Defektdichte im Allgemeinen etwas niedriger war.

Abbildung 5.20 zeigt zwei Dunkelfeldbilder von im REM getesteten Drähten. Im linken Teilbild sind einige sich durchdringende Stapelfehler zu erkennen. Das rechte Teilbild zeigt die Gesamtheit aller sichtbaren Defekte in einem 110 nm Draht.

Die Summe der Ergebnisse dieser Versuche zeigt, dass zwar kein Unterschied im beob-achteten Defektyp, der Zwillingsbildung sowie des Bruchverhaltens vorliegt, aber eine andere Defektdichte ereicht wird. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass im REM eine um den Faktor zwei höhere Dehnrate während der Verformung verwendet wird.

Mit dieser Art von Kontrollexperimenten sind zwei Dinge sichergestellt: Zum einen ist

80 nm 200 nm

Abbildung 5.20: Einfluss des Elektronenstrahls- Dunkelfeldbilder von zwei im REM getesteten Dähten. Links ist eine weakbeam Aufnahme von Stapelfehlern in einem 160 nm Draht. Das rechte Dunkelfeldbild eines 110 nm Drahtes veranschaulicht, dass im Allgemei-nen die Defektdichte in diesen Drähte geringer ist.

davon auszugehen, dass der verwendete Elektronenstrahl keinen Einfluss auf den beob-achteten Defekttyp hat. Zum anderen ermöglicht die Vergleichbarkeit der Defekte eine

direkte Interpretation der quantitativen Ergebnisse aus [24] für die Fließspannung. Die Werte für die Fließspannung finden im Kapitel 6 ihre Anwendung.

5.1.8 Entlastungsversuch

In einem speziellen Zugversuch wurde die Stabilität der Defekte bei einer Entlastung nach Beginn der plastischen Verformung untersucht. Der erste Teil des Tests verlief da-bei analog zu den üblich getesteten Drähte. Der Draht wurde somit bis zum Einsetzen der Versetzungsnukleation und sichtbaren Stapelfehlern gezogen. Das Erscheinen von Stapelfehlern war dabei das Zeichen, dass die Spannung groß genug war, um den Draht plastisch zu verformen. Als nächster Schritt wurde an der Zughaltersteuerung nicht wei-ter verlängert, sondern der Entlastungsvorgang begonnen. Dabei wird die verfahrbare Seite auf die fixe Seite im Halter zu bewegt. Diese Umkehr des Belastungsvorganges macht sich sehr deutlich im TEM sichtbar, da die Position des Drahtes nun nachge-regelt werden musste. Die Defektdichte innerhalb des Drahtes hat sich während dieser Entlastung nahezu nicht verändert. Lediglich an 3 Positionen im Draht konnte eine Veränderung im Kontrast beobachtet werden. Diese sind in Abbildung 5.21 als vorher-nacher Aufnahme gezeigt. Der Großteil des Drahtes behielt seine Kontraststruktur al-lerdings bei. Da die Defektdichte zu diesem Zeitpunkt schon sehr hoch war, konnten den Kontrasten keine individuellen Defekte zugeordnet werden. Eine genau Aussage über die Defekte an den veränderten Positionen lässt sich somit nicht treffen. Dennoch kann aufgrund der Vielzahl der Kontraste, die beim Belasten entstehen, geschlossen werden, dass das Reduzieren der Spannung kaum in eine Reduzierung der Defektdichte resultiert.

a) b)

80 nm 80 nm

Abbildung 5.21: Hellfeldbilder des Entlastungsversuchs- a) Stapelfehler in einem 50 nm Draht beim Beginn der plastischen Verformung b) Defektdichte nach Entlastung durch Zusammenfahren der Fixierungspunkte im TEM-Halter

Drahtbreite Länge Verformungs- Verhältnis der Überstruktur [nm] [nm] bereich [nm] Facettenlängen (ca.)

190 6000 700 4:1 ja

200 5000 5000 5:1 ja

330 5000 4000 5:1 ja

240 5000 4000 4:1 ja

300 5000 400 1:1 nein

Tabelle 5.2: Zugexperimente mit vollen Versetzungen - Übersicht über die ver-formten Proben, die volle Versetzungen zeigen. Angegeben ist neben der erscheinenden Breite im TEM auf die Länge, auch der die Drähte die Defekte zeigen im Verhältnis zu der getesteten Gesamtlänge.