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5 CDB: NEUE BIOLOGISCHE MATRIX

5.4 Einfluss des Hämatokrit-Wertes auf die Prozessparameter

5.4 Einfluss des Hämatokrit-Wertes auf die

Während der Hitzeschockbehandlung werden Erythrozyten desintegriert. Untersu-chungen im Rahmen dieser Arbeit haben gezeigt, dass der Hämatokrit einer Vollblut-probe einen Einfluss auf die Prozessparameter und vor allem auf die Gelbildungsgren-ze (tG) hat. Abb. 29 zeigt die Abhängigkeit von tG vom Hämatokrit. Wieder wurden die Proben off-line bei 75°C prozessiert.

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55

0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0.45 0.5 0.55 0.6 0.65

Hämatokrit tG [sec]

Abb. 29: Ermittelte Werte für tG in Abhängigkeit vom Hämatokrit;

Prozessierungstemperatur: 75°C

Die Ergebnisse führen zu der Vermutung, dass Hämoglobin für die Gelbildung von Vollblut während der Hitzeschockbehandlung verantwortlich ist. Denn mit steigendem Hämatokrit steigt auch die Menge an freigesetztem Hämoglobin. Es galt zu klären, welche Bestandteile im Blut schlussendlich für die Gelbildung verantwortlich sind. In der Literatur wird beschrieben, dass Proteine durch Hitzeschockbehandlung Gele bil-den können144,145. Die Gelbildung findet in zwei Schritten statt und kann durch physi-kalische oder chemische Faktoren ausgelöst werden. Hitze führt zuerst zu einer

Disso-Assoziation und Aggregation der Proteinmoleküle, die in einem Gelsystem resultie-ren144,145. Die Heiztemperatur und Heizdauer beeinflussen die Gelstruktur. Tab. 14 zeigt die physikalischen und chemischen Faktoren, die zu einer Gelbildung bei Protei-nen führen. Ein Proteinnetzwerk wird in der Regel über nicht-kovalente Verknüpfun-gen, wie hydrophobe WechselwirkunVerknüpfun-gen, Wasserstoffbrücken oder elektrostatische Interaktionen, und seltener über kovalente Bindungen wie Disulfidbrücken gebildet.

Einfluss auf die Gelbildung hat auch das das Gel umgebende Lösemittel. Dabei kommt es zu Protein-Lösemittel Wechselwirkungen. Während der Denaturierung von Blut mittels Hitzeschockbehandlung kommt es zur Bildung einer wässrigen Gelmatrix146.

Typ Art Mechanismus

Physikalisch Hitze Native Proteine entfalten sich partiell und bilden ein Netzwerk.

Hoher Druck Drücke zwischen 200 und 500 MPa induzieren hydrophobische Wechselwirkungen und Disulfidbindungen zwischen den Proteinmolekülen, was in einer neugeordneten Gelstruktur endet.

Chemisch Ionen Nach initialem Heizen und der Zugabe von Salz wird die

elektrostatische Abstoßung oder Ladung ausgeblendet und ein Gel gebildet.

Harnstoff Harnstoff führt zur intermolekularen Thiol-Disulfid Oxidation von Thiol-Gruppen, was in einem Netzwerk resultiert.

Säure Eine langsame pH-Wert Erniedrigung erlaubt eine Denaturierung, die zur Cluster- oder Aggregatbildung führt. Diese fraktalen Strukturen können als Bausteine des Gels gesehen werden.

Enzyme Enzyme katalysieren die Vernetzung von Glutaminresten zwischen den Proteinen und bilden somit ein Gel.

Tab. 14: Physikalische und chemische Faktoren zur Induktion der Gelbildung bei Proteinen145

Die Gelbildung von Vollblut durch Hitzeeinwirkung ist schon länger bekannt und wird in der Chirurgie zur Gefäßverödung mittels Laserenergie genutzt147. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Laser-induzierte Gelbildung in drei Phasen abläuft. In Phase 1 verändert der Erythrozyt seine bikonkave Gestalt in eine sphärische, ohne dabei sein Gesamtvolumen zu verändern. In der nächsten Phase kommt es zur Fragmentierung der Blutzellen und die Hämolyse wird eingeleitet. Die dritte Phase beinhaltet den Auf-bau der Gelmatrix aus kleinen, aggregierten Membranvesikeln148. Zusätzlich wird in der Literatur beschrieben, dass während der Hitzeschockbehandlung (HST) von Blut Hämoglobin denaturiert146. Mittels Raman-Spektrometrie konnte gezeigt werden, dass es in den Erythrozyten durch Zufuhr von Hitze oder Laser-Energie zur Denaturierung von Hämoglobin und in Folge zur Aggregation von Häm kommt149.

Zum Beweis, dass freigesetztes Hämoglobin für die Gelbildung während der Hitze-schockbehandlung von Vollblut verantwortlich ist, wurde Humanplasma der Blutgrup-pe AB mit lyophilisiertem Hämoglobin versetzt. Als Kontrollprobe wurde reines Hu-manplasma der Blutgruppe AB herangezogen. Für beide Ansätze wurde off-line (manuell in Glaskapillaren) die Gelbildungsgrenze bei verschiedenen Temperaturen bestimmt. Tab. 15 fasst die Ergebnisse zusammen.

AB-HP inkl. Hb AB-HP

85 2 > 10

70 10 > 27

tG [sec] folgender Ansätze Temperatur [°C]

Tab. 15: Bestimmung der Gelbildungsgrenze für Plasmproben inklusive und exklusive Hämoglobin

Diese Versuchsreihe zeigt, dass das bei der Hitzeschockbehandlung freigesetzte Hä-moglobin bei weiterer Hitzezufuhr die Gelbildung zu verantworten hat. Eine weitere Energiezufuhr führt zu einer Denaturierung des Proteins und zur Aggregation von Häm.

Beim Hämoglobin handelt es sich um ein Chromoprotein, das aus vier Polypeptidket-ten mit je einer Farbstoffkomponente, die als Häm bezeichnet wird, besteht. Das Mo-lekulargewicht beträgt etwa 64 kDa. Abb. 30 zeigt den strukturellen Aufbau eines Hämoglobinmoleküls.

Abb. 30: Schematische Darstellung eines Hämoglobin-Moleküls150

Im Erwachsenenhämoglobin (HbA) liegen zwei α-Polypeptidketten und zwei β-Polypeptidketten in symmetrischer Anordnung vor. Die α-β-Polypeptidketten bestehen aus je 141 Aminosäuren, die beiden β-Polypeptidketten aus je 146 Aminosäuren. Beim fetalen Hämoglobin (HbF) sind die beiden β-Polypeptidketten durch γ-Ketten mit

teil-weise anderer Aminosäuresequenz ausgetauscht. Die Farbstoffkomponente der Poly-peptidketten (das Häm) enthält ein Protoporphyringerüst mit zweiwertigem Eisen als Zentralatom. Das Protoporphyringerüst besteht aus vier Pyrrol-Ringen, die über Methinbrücken miteinander verbunden sind. Die Pyrrol-Ringe tragen unterschiedliche Seitenketten18.

Da Hämoglobin die Hauptverantwortung für die Gelbildung von Hitzeschock-behandeltem Blut trägt, sind die Ergebnisse in Abb. 29 nicht überraschend. Je höher der Hämatokrit der untersuchten Probe ist, desto mehr Hämoglobin ist in dieser enthal-ten. Je höher der Hämoglobingehalt der Probe ist, desto schneller kommt es zur Dena-turierung dieses Proteins und zu der daraus resultierenden Gelbildung.

Weitere Versuche haben gezeigt, dass die Zugabe von Plasma eine Art Schutzfunktion auf die Denaturierung von Hämoglobin hat. Für diesen Versuch wurde zuerst ein Erythrozytenkonzentrat hergestellt. Eine EDTA-Vollblutprobe wurde dazu 10 Minuten bei 1610 G zentrifugiert. Überstehendes Plasma und der Buffy-coat wurden abpipet-tiert. Das entnommene Volumen wurde mit isotonischer Kochsalz-Lösung substituiert, die Probe kurz gemischt und im Anschluss erneut bei 1610 G für 10 Minuten zentrifu-giert. Das Waschen der Erythrozyten wurde insgesamt 3-mal durchgeführt. Ein Aliquot des Erythrozyten-Konzentrats wurde 1:1 mit Humanplasma der Blutgruppe AB (AB-HP) versetzt, ein weiteres Aliquot wurde 1:2 mit AB-HP gemischt. Im Anschluss wur-de die Gelbildungsgrenze für alle drei Ansätze off-line bei 85°C bestimmt. Die Ergeb-nisse sind in Tab. 16 dargestellt.

reines Erythrozyten-konzentrat

Erythrozyten-konzentrat : AB-HP

(1:1)

Erythrozyten-konzentrat : AB-HP

(1:2)

85 5 11 12

Temperatur [°C]

tG [sec] folgender Ansätze

Tab. 16: Einfluss von AB-HP auf die Gelbildungsgrenze; Prozessierungstemperatur: 85°C

Aus diesen Versuchsergebnissen wird deutlich, dass eine Zugabe von Plasma die Gel-bildungsgrenze zu einer längeren Heizdauer verschiebt. Der Einfluss von AB-HP auf die Gelbildungsgrenze wurde auch bei anderen Temperaturen untersucht und wird im Kapitel 5.6 näher beschrieben.

Nicht nur der Einfluss des Hämatokrits auf die Gelbildungsgrenze, sondern auch auf die anderen Prozessparameter tmax, tmin und dem resultierenden theat wurde bestimmt.

Dazu wurden Vollblutproben mit unterschiedlichen Hämatokrit-Werten zusammenpi-pettiert und bei 75°C in Glaskapillaren prozessiert. Die Ergebnisse sind in Tab. 17 dargestellt.

Hct tmax [sec] tmin [sec] theat [sec]

0,22 47 5 26

0,39 27 6 17

0,42 24 7 16

0,50 20 6 13

0,63 15 7 11

Tab. 17: Ermittelte Prozessparameter für verschiedene Hämatokrit-Werte (Hct);

Prozessierungstemperatur: 75°C

Die Ergebnisse zeigen, dass der Parameter tmax abhängig ist vom Hämatokrit der unter-suchten Probe. Dies ist nicht überraschend, da der Wert direkt gekoppelt ist an tG. Festzuhalten ist jedoch, dass tmin fast unabhängig vom Hämatokrit zu sein scheint. Für alle hier untersuchten Hämatokrit-Werte liegt das ermittelte tmin zwischen 5 und 7 Se-kunden, wenn die Probe bei 75°C prozessiert wird. Dieser Versuch zeigt, dass das die Erythrozyten umgebende Plasma keinen Einfluss auf die Desintegration der roten Blutkörperchen hat, sondern ausschließlich den Prozess der Gelbildung beeinflusst.

theat wird rechnerisch ermittelt und ist abhängig von tmax und tmin. Aus diesem Grund steigt der Wert für theat mit sinkendem Hämatokrit. Das Zeitfenster zur quantitativen Desintegration der Erythrozyten bei 75°C für Proben mit Hämatokrit-Werten im Be-reich 0,22 – 0,63 liegt zwischen 7 und 15 Sekunden. Während dieser Heizdauer kommt es in allen Proben zu einer vollständigen Desintegration der Erythrozyten, je-doch noch nicht zur Denaturierung des freigesetzten Hämoglobins. In diesem Zeitfens-ter lassen sich somit Proben mit unZeitfens-terschiedlichen Hämatokrit-Werten unZeitfens-ter

identi-5.5 Einfluss verschiedener Infusionslösungen auf