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Einflüsse auf den Pubertätseintritt beim weiblichen Schwein

Schon kurz nach der Geburt entstehen in den weiblichen Ovarien Tertiärfolli-kel, analog zu den Tertiärfollikeln bei zyklischen, erwachsenen Sauen. Von den Tertiärfollikeln werden Östrogene synthetisiert, die für das stetige Wachstum der Geschlechtsorgane verantwortlich sind. Dass es in der Jugendphase vor dem Erreichen der Geschlechtsreife nicht zu Ovulationen kommt, liegt an der weitgehend vom Hypothalamus abhängigen Regulation der Sexualhormone.

Während der Jugendphase geschieht die Regulation des Östrogens auf der Ba-sis eines negativen Feedback. Eine Erhöhung des Plasmaöstrogengehaltes durch Synthese in den Tertiärfollikeln wird im Hypothalamus mit einer Dros-selung der GnRH-Ausschüttung und in der Folge dem Absinken des FSH-Spiegels im Blut, beantwortet. Eine Erhöhung des Östrogengehaltes führt also zu einer Absenkung des FSH-Gehaltes und umgekehrt. Dadurch wird der Ös-trogenspiegel auf einem relativ niedrigen Niveau in engen Grenzen konstant gehalten (HOLTZ 1996).

Mit dem Eintritt der Geschlechtsreife ändert sich die Sensibilität des Hypotha-lamus für das negative Feedback durch die körpereigenen Östrogene. Nament-lich verringert sich die Sensibilität deutNament-lich, so dass eine höhere Konzentration an Östrogenen notwendig ist, um die Gonadotropinsekretion zu unterdrücken.

Die Desensibilisierung des Hypothalamus wird ausgelöst durch Reifungsvor-gänge in dem Hypothalamus übergeordneten Hirnarealen (Aktivierung des zyklischen Sexualzentrums; HOLTZ und SCHLIEPER 1979).

Die Östradiolkonzentrationen sind während der gesamten präpuberalen Perio-de niedrig und steigen erst kurz vor Perio-der ersten Ovulation Perio-deutlich an. Der Me-chanismus des negativen Feedback der Östrogene wird aufgehoben und in ein positives Feedback umgewandelt. Dies hat zur Folge, dass erhöhte Plasma-östrogenspiegel nicht zu einem Absinken der hypohysären Gonadotropinaus-schüttung führen, sondern zu deren Anstieg. Einige Tage vor dem Einsetzen

der Pubertät erhöht sich der Spiegel an Östradiol-17β im peripheren Plasma, gefolgt von einem steilen Anstieg der peripheren Konzentration von LH zum Zeitpunkt der eigentlichen Brunst. Zu diesem Zeitpunkt ist der Östradiolspie-gel wieder auf basale Werte gesunken. Nach stattgefundener Ovulation erhöht sich der Gehalt an Progesteron im Plasma im Zuge der Heranbildung postovu-latorischer Corpora lutea (ESBENSHADE et al. 1982, LUTZ et al. 1984, CAMOUS et al. 1985).

Das luteinisierende Hormon LH spielt eine Schlüsselrolle bei der Kontrolle der ovariellen Entwicklung und folglich des Alters beim Pubertätseintritt (PELLETIER et al. 1981, DIEKMANN et al. 1983, CAMOUS et al. 1985).

Bei Europäischen Schweinerassen sinkt die LH-Konzentration innerhalb der ersten 40 Lebenstage kontinuierlich ab (COLENBRANDER et al. 1977, PELLETIER et al. 1981, CAMOUS et al. 1985). Zwischen 80 und 120 Lebensta-gen kommt es zu einem vorübergehenden Anstieg der LH-Konzentration. Es wird vermutet, dass dieser transiente LH-Peak das Follikelwachstum stimuliert, da die Konzentration des follikelstimulierenden Hormons FSH im Zeitraum 70-125 Lebenstage absinkt und sich auch mit zunehmender zeitlicher Nähe zum Pubertätseintritt nicht mehr erhöht (DIEKMANN et al. 1983, DIEKMANN und TROUT 1984, CAMOUS et al. 1985, GRIEGER et al. 1986, PRUNIER et al. 1993).

Nach dem LH-Peak sinkt die Konzentration wieder bis zu einem Tiefpunkt um den 180. Tag (PELLETIER et al. 1981, DIEKMANN et al. 1983, CAMOUS et al.

1985). Von diesem Tiefpunkt steigt die LH-Konzentration bis zur ersten Ovula-tion (Pubertät) kontinuierlich an (PELLETIER et al. 1981, PRUNIER et al. 1993) und geht mit einer Reifung ovarieller Follikel einher (BELTRANENA et al.

1991).

Diese Hormonprofile zeigten sich sowohl bei Jungsauen, deren Brunst spontan ohne äußere Stimuli eintrat, als auch bei solchen, die durch Eberkontakt stimu-liert wurden, und bei Tieren, deren Zyklus mit PMSG induziert wurde. Bei präpuberalen Jungsauen, die nach Zyklusstimulation keine Brunstsymptome zeigten, erhöhten sich weder die Östradiol- noch die LH-Konzentration. Es wurde auch beobachtet, dass einem gestiegenen Östradiolspiegel keine Erhö-hung des LH-Levels folgte (ESBENSHADE et al. 1982).

Der Progesteronspiegel steigt erst nach dem Pubertätseintritt in Zusammen-hang mit der Bildung der ersten Corpora lutea (ESBENSHADE et al. 1982, PRUNIER et al. 1993).

2.1.2 Alter und Körpermasse

Es wurde angenommen, dass das Alter den bedeutendsten Faktor im Hinblick auf den Pubertätsbeginn darstellt (PRUNIER et al. 1987, NEWTON und MAHAN 1992). Jedoch tritt die Pubertät bei unstimulierten Sauen zwischen dem 170. und dem 260. Lebenstag ein (ELIASSON et al. 1991), so dass das Alter nicht als präziser Vorhersagewert für die Pubertät gilt (ROZEBOOM et al.

1995). Während Züchter häufig vermuten, dass ein frühes Erstabferkelalter mit geringen Wurfgrößen und einem frühen Ausscheiden korreliert ist (RYDHMER 2000), haben Studien im Gegenteil gezeigt, dass ein fortgeschrittenes Alter beim ersten Abferkeln mit einem höheren Risiko des Ausmerzens (THOLEN et al.

1996, GUO et al. 1998, YAZDI et al. 1999) und die Nutzung einer frühen Pu-bertät mit einer höheren Lebensleistung verbunden ist (HOLDER et al. 1995).

Es besteht Einigkeit darüber, dass eine minimale Körpermasse von etwa 75 kg eine Voraussetzung für den Pubertätseintritt darstellt (HUGHES und COLE 1975, RAMPACEK et al. 1976, HOLTZ et al. 1978, KARALUS et al. 1990, YOUNG et al. 1990). Jedoch kann die Körpermasse nur als einer von zahlrei-chen Faktoren für die Geschlechtsreife angesehen werden (GAUGHAN et al.

1997). Wichtiger als die Körpermasse scheint zudem die Körperzusammenset-zung zu sein (vgl. Kap. 2.1.3).

2.1.3 Körperzusammensetzung

Tiere, die auf eine niedrige tägliche Futteraufnahme selektiert wurden und ma-ger waren, erreichten die Pubertät deutlich später als fette Sauen (ELIASSON et al. 1991, RYDHMER et al. 1994). Magere Schweine zeigten außerdem einen kürzeren Östrus und eine weniger deutlich gerötete und geschwollene Vulva im Vergleich zu fetteren Tieren (RYDHMER et al. 1994). BELTRANENA et al.

(1993) wiesen nach, dass die Rückenspeckdicke mindestens 6mm betragen muss, wenn die Pubertät einsetzen soll. Das Ausmaß der Fett- und/oder der Proteinbildung wird mit der physiologischen Reife und dem Fortpflanzungs-vermögen in Verbindung gebracht (EDWARDS 1998) und soll eine größere Rolle bei der Pubertätsinduktion spielen als beispielsweise Alter, Gewicht und Eberkontakt (GAUGHAN et al. 1997). Die vermehrte Züchtung auf fettarmes Fleisch resultiert teilweise in einer abnehmenden Fähigkeit der Sauen den An-sprüchen an Wachstum, Gravidität und Laktation gerecht werden zu können (EVANS und O'DOHERTY 2001).

Bei 93 Jungsauen, die ab einem Alter von 60 Tagen ad libitum gefüttert, ab 120 Tagen einem Eber zugeführt und nach Erreichen der ersten Brunst geschlachtet wurden, wies weder die Rückenspeckdicke noch die Körperzusammensetzung, d.h. die Gehalte an Wasser, Fett, Protein und Rohasche, eine Korrelation zum Zeitpunkt der Geschlechtsreife auf (ROZEBOOM et al. 1997). Im Gegensatz hierzu wurde in einer anderen Studie an 54 Large White-Schweinen eine höhe-re Fett- und Proteineinlagerung bei solchen Sauen gefunden, die in die Brunst gelangten. Bei einer Gruppierung der Sauen aufgrund der Rückenspeckdicke bei Aufnahme in den Versuch am 145. Lebenstag (Light (L): 10-12 mm, Middle (M): 13-15 mm, Fat (F): 16-18 mm) zeigten alle Tiere der Gruppe F, 92% der Gruppe M und nur 67% der Gruppe L bis zum 202. Tag eine Brunst. Außerdem trat die Brunst bei den Sauen der Gruppe L durchschnittlich 12 Tage später auf und diese Tiere wiesen bei der Schlachtung statistisch signifikant weniger Fol-likel auf (GAUGHAN et al. 1997).

2.1.4 Rasse

Es bestehen große rassenspezifische Unterschiede bezüglich des Pubertätsein-trittes, die nach Literaturangaben von durchschnittlich 94 Lebenstagen beim Meishan-Schwein bis zu 259 Tagen beim Duroc-Schwein reichen (Tabelle 1).

Sauen aus Kreuzungen erreichen die Geschlechtsreife üblicherweise eher und haben weniger nichtproduktive Tage als Reinzüchtungen (BIDANEL et al.

1996). ALLRICH et al. (1985) fanden bei drei Versuchen an insgesamt 294 Jung-sauen der Rassen Landrasse (L), Yorkshire (Y) und Duroc (D), sowie deren

Kreuzungsprodukten (LY/YL/LD), dass sich bei den Kreuzungstieren der Pro-zentsatz der Jungsauen, die am 195., 225. oder am 255. Lebenstag reguläre Brunst zeigten, sowie der Prozentsatz an präpuberalen Jungsauen nicht signifi-kant verschieden war.

TUMMARUK et al. (2000) zeigten in einer Untersuchung an 14 761 reinrassigen Jungsauen der Rassen Schwedische Landrasse und Schwedisch Yorkshire, dass die Tiere der erstgenannten Rasse im Durchschnitt 12 Tage früher belegt wur-den (237 Tage gegenüber 249 Tagen).

Auch innerhalb der Rassen ist die Variationsbreite erheblich, wie aus den ho-hen Standardabweichungen in Tabelle 1 hervorgeht, d. h. dass zwar ein Ein-fluss der Rasse offensichtlich ist, dieser aber nicht allein den Beginn der Puber-tät bestimmt.

Tabelle 1: Mittleres Alter in Tagen beim Pubertätseintritt bei Schweinen unterschiedlicher Rassen

Duroc 259 ± 25 Tage BRYAN und HAGEN 1991

224 ± 20 CHRISTENSON und FORD 1979 Hampshire Large 173 ± 13 Tage GAUGHAN et al. 1997

White 206 ± 21 Tage STERNING et al. 1998 208 ± 20 Tage RYDHMER et al. 1994 221 ± 20 Tage ELIASSON et al. 1991 215 ± 49 Tage BIDANEL et al. 1996 Landrasse 198 ± 35 Tage BIDANEL et al. 1996 185 ± 20 Tage ALLRICH et al. 1985

Meishan 94 ± 15 Tage PICKARD und ASHWORTH 1995

115 ± 20 Tage HUNTER et al. 1993

2.1.5 Fütterung

Unter normalen Fütterungs- und Managementbedingungen besteht nur ein minimaler Einfluss der Fütterung der auf das Alter beim Erreichen der

Puber-tät. Es wird während der Aufzucht ab einer Körpermasse von 20 kg eine ad libitum-Fütterung zur Erreichung maximaler Ovulationsraten zum Zeit-punkt des ersten Zyklus empfohlen. Hierbei sollte eine Mindestzufuhr von 35 MJ/Tag gewährleistet sein (KIRKWOOD und AHERNE 1985).

Moderne Schweinegenotypen reagieren aber sehr empfindlich auf Reduktionen der Futtermenge und zeigen einen um bis zu drei Wochen verzögerten Puber-tätseintritt (VAN LUNEN und AHERNE 1987, DZIUK 1991, PRUNIER 1991).

NEWTON und MAHAN (1992) ermittelten in einem Versuch das durch-schnittliche Lebensalter bei Pubertätseintritt von 105 Jungsauen ( (Landrasse x Yorkshire) X Duroc), die im Altersabschnitt von viereinhalb bis neun Monaten entweder ad libitum gefüttert wurden oder aber 50% bzw. 75% dieser Menge erhielten. Zwar nahmen die Körpermasse, die Rückenspeckdicke und der Kör-perfettgehalt linear mit steigender Fütterungsmenge zu, aber es zeigte sich kein Zusammenhang zwischen der Fütterungsmenge und dem Alter bei Pubertäts-eintritt. Dennoch fiel die Ovulationsrate bei den restriktiv gefütterten Sauen tendenziell geringer aus. Die Autoren ziehen den Schluss, dass das Alter einen größeren Effekt auf den Eintritt der Pubertät hat als die Körpermasse und der Körperfettgehalt (NEWTON und MAHAN 1992).

Moderate Futterrestriktionen während der Aufzucht auf 75-90% der ad-libitum-Futteraufnahme hatten auch in anderen Untersuchungen keinen Ein-fluss auf die Reproduktionsleistung (KLINDT et al. 1999, LE COZIER et al.

1999). Es ist jedoch kritisch anzumerken, dass restriktiv gefütterte Sauen eine höhere ad-libitum-Aufnahme in der ersten Laktation hatten und mehr von ih-nen ausgemerzt wurden (LE COZIER et al. 1999), so dass die vermeintlichen ökonomischen Gewinne durch das Einsparen an Futtermitteln nach den ersten beiden Würfen wieder verloren waren.

Eine 50%ige Kürzung des Lysingehaltes im Futter wachsender Sauen gilt als effektives Mittel, um den Anteil an Körperfett zu erhöhen (GILL 1997, CIA et al.

1998), hierbei ist jedoch mit einem verzögerten Pubertätseintritt und abneh-menden Ovulationsraten zu rechnen. Einen Ausgleich bietet eine Steigerung der Proteinzufuhr in den Wochen vor dem erwarteten Brunsteintritt. Ein sol-ches kurzzeitiges Flushing kann die Funktion der Reproduktionsorgane unter-stützen, ohne dass es zu Veränderungen von Körpergewicht oder

–zusammensetzung kommt (BOOTH et al. 1994). Eine hochenergetische Flus-hingfütterung in Zusammenhang mit einem Transport und täglich wechseln-dem Eberkontakt führte bei 166 Jungsauen im Alter von ungefähr 160 Tagen zum Zeitpunkt der Schlachtung eine Woche nach dem Transport zu höheren Uterusgewichten. Darüber hinaus befanden sich mehr Follikel mit einem Durchmesser größer als 4 mm auf den Ovarien als dies bei den Tieren einer Kontrollgruppe (n=154), welche kein Flushing erhielten, der Fall war. Diese Befunde wurden als Indikatoren für das bevorstehende Erreichen der Pubertät interpretiert (DOCIC und BILKEI 2001).

Die komplizierte Verbindung zwischen Ernährung und Reproduktionsleistung wird vermutlich über Insulin und IGF-I (Insulin-like Growth Factor I) vermit-telt, die entweder auf der hypothalamisch-hypophysären Achse oder direkt am Ovar angreifen (EVANS und O'DOHERTY 2001).

2.1.6 Eberkontakt

Der Pubertätseintritt ist signifikant mit dem Alter korreliert, in dem die Sau den Kontakt zu einem Eber hat (HUGHES et al. 1990), hierbei ist es für eine maxi-male Stimulation aber wichtig, dass Sauen bis zu einem Alter von etwa 165 Ta-gen ohne Sicht- und Hörkontakt zu einem Eber aufgezoTa-gen werden. Wenn sie anschließend zu einem sexuell aktiven Eber verbracht werden, kommt es nach 7 bis 30 Tagen zur ersten Brunst (HUGHES et al. 1990). Es ist effektiver, die Sau täglich nur für 30 Minuten zu einem Eber in physischen Kontakt zu bringen als ihnen einen ständigen Zaun-zu-Zaun-Kontakt zu ermöglichen (CATON et al.

1986).

Neben taktilen, auditorischen und visuellen Reizen scheinen auch olfaktorische Anregungen über Pheromone bei der Pubertätsauslösung eine wichtige Rolle zu spielen (HUGHES et al. 1990, PEARCE und PATERSON 1992).

Auch der Transport als solcher scheint den Brunsteintritt zu stimulieren. Dies gilt aber nur, wenn auf den Transport tatsächlich ein Eberkontakt folgt (HUGHES et al. 1997). Die Ursache hierfür ist eine vermehrte Cortisolauss-chüttung, die sowohl beim Transport als auch beim Eberkontakt stattfindet,

und zu einer LH-Stimulierung führt (PEARCE und HUGHES 1987, TURNER et al. 1998). Jedoch sind Cortisolgaben in Anwesenheit eines Ebers nicht effektiv bei der Pubertätsauslösung (PEARCE und PATERSON 1992).

2.1.7 Soziale Faktoren

Schon die Zitzenposition eines Ferkels innerhalb der Saugordnung scheint ei-nen Einfluss auf die Entwicklung der Geschlechtsorgane und den Eintritt der Geschlechtsreife zu haben. Bei Untersuchungen an 178 weiblichen Schweinen, die von der Geburt bis zum Mastende beobachtet wurden, zeigten zum Zeit-punkt der Schlachtung die Tiere, die als Ferkel an den vorderen und mittleren Zitzen der Muttersau gesäugt hatten, einen deutlich höheren Prozentsatz an geschlechtsreifen Tieren (17,3%) als diejenigen Wurfgeschwister, welche die hinteren Zitzenpaare benutzten (10,3%, HOY und SPITSCHAK 1991).

TUMMARUK et al. (2000) fanden bei der retrospektiven Untersuchung an 14 761 Jungsauen der Rassen Yorkshire und schwedische Landrasse, dass auch die Größe des Wurfes, in dem eine Jungsau als Ferkel aufwächst, sich auf das durchschnittliche Alter bei Eintritt der Geschlechtsreife auswirkt. Jungsauen aus kleinen Würfen ereichten die Geschlechtsreife signifikant früher als Tiere aus großen Würfen. In der gleichen Untersuchung zeigte sich, dass Jungsauen aus Erstlingswürfen in einem höheren Lebensalter das erste Mal belegt wurden als solche aus späteren Würfen (TUMMARUK et al. 2000).

Zitzenposition und Wurfgröße beeinflussen den Pubertätseintritt vermutlich in Zusammenhang mit dem Geburtsgewicht und der täglichen Gewichtszunah-me. In der Aufzucht von Zuchttieren sollte ein Ferkel ein Mindestgeburtsge-wicht von 1,3 kg aufweisen, wenn es später zum Zuchteinsatz kommen soll.

Eine Erhöhung des Geburtsgewichtes um 100 g, ausgehend vom genannten Mindestgewicht, soll das Pubertätsalter um 6 Tage vorverlegen können (REINISCH 1973). Die Ferkel mit hohem Geburtsgewicht, welche naturgemäß kräftiger und mitunter auch vitaler sind als ihre leichteren Wurfgeschwister, erarbeiten sich die besten Positionen und erhalten dadurch einen weiteren Vorteil hinsichtlich der möglichen Tageszunahmen. Die Zitzenposition ist somit

eher als sekundärer Faktor zu betrachten, welcher von der Größe und Vitalität der Ferkel zum Zeitpunkt der Geburt beeinflusst wird.

Die Anzahl der Tiere, die während der Jungsauenaufzucht in den einzelnen Buchten gehalten werden, beeinflusst den Zeitpunkt der Geschlechtsreife der Jungsauen ebenfalls. CHRISTENSON et al. (1984) ermittelten an 291 Jungsauen, die ab einem Lebensalter von 4,5–5 Monaten in größeren Gruppen gehalten wurden, regelmäßiger Östrussymptome mit 7–9 Monaten als bei Haltung in kleineren Gruppen. Demgegenüber sollen Sauen in Einzelhaltung seltener eine saisonale Infertilität zeigen (LEMAN 1992).

Tabelle 2: Zusammenhang zwischen Gruppengröße und Eintritt der Pubertät (CHRISTENSON und HRUSKA 1984)

Gruppengröße pro Bucht

Prozentualer Anteil brünstiger Sauen im Alter von 7-9 Monaten

3 56,9

9 78,0

17 80,4

27 80,7

Als weiteres Kriterium wurden die Auswirkungen einer Anbindehaltung un-tersucht. Gegenüber nicht dauernd angebundenen Tieren erreichten Jungsauen in Anbindehaltung den Pubertätseintritt später und nur 71,3% zeigten an-schließend einen regelmäßigen Zyklus, während es bei nicht angebundenen Sauen 85,2% waren (CHRISTENSON 1981). In einer weiteren Untersuchung reduzierte die Anbindehaltung den Anteil der Jungsauen, die zwischen acht und neun Monaten in die Pubertät gelangen, sogar auf bis zu 50%

(RAMPACEK et al. 1981).

HOY und SPITSCHAK (1991) untersuchten an Mastschweinen den Einfluss von Umstallhäufigkeit (ein- bzw. zweimaliges Umsetzen von der Geburt bis zur Schlachtung) und Buchtenpartnerwechsel (wurfweise Haltung von der Ge-burt bis zur Schlachtung bzw. zweimaliges Mischen nach dem Absetzen und

am Beginn der Mast) auf das Erreichen der Geschlechtsreife. Dabei zeigte sich bei der postmortalen Ovardiagnostik, dass bei einer zweimaligen Umstallung der Tiere am 42. und am 98. Tag gegenüber einer einmaligen Umstallung zum Zeitpunkt der Schlachtung mit 21,6% gegenüber 9,5 % deutlich mehr Tiere ge-schlechtsreif waren. Ähnlich wirkte sich ein Buchtenpartnerwechsel gegenüber der wurfweisen Aufzucht (21,8% gegenüber 9,8 %) sowie eine Aufzucht mit zweimaliger Umstallung und Buchtenpartnerwechsel gegenüber der wurfwei-sen Aufzucht und einmaliger Umstallung (27,1% gegenüber 5,9 %) aus. Die Autoren folgerten daraus, dass in der Jungsauenaufzucht, soweit es das Auf-zuchtregime zulässt, ein häufiges Mischen, Umbuchten bzw. Umstallen zur natürlichen Pubertätsinduktion durchgeführt werden sollte.

Es gibt Hinweise darauf, dass sozialer Stress beziehungsweise die Haltungs-form die Cortisolausschüttung erhöht, beispielsweise bei niederrangigen Sauen kurz nach dem Verbringen in eine neue Gruppe (TSUMA et al. 1996). Auch eine saisonale Pubertätsverzögerung im Sommer (s. Kap. 2.1.8) soll, zumindest teil-weise, über Cortisol mediiert werden (LOVE et al. 1995).

2.1.8 Jahreszeit

Die Jahreszeit hat einen Einfluss auf das Alter, in dem weibliche Schweine ge-schlechtsreif werden. Im Sommer ist der Pubertätseintritt gegenüber dem Winter verzögert (PATERSON et al. 1991). Es zeigte sich, dass der Prozentsatz von Jungsauen, die bis zu einem Alter von 9 Monaten reguläre Brunstzyklen zeigten, bei Tieren, welche die Geschlechtsreife in den Sommermonaten er-reichten, deutlich niedriger war als bei solchen, die zu anderen Jahreszeiten geschlechtsreif wurden (CHRISTENSON 1981). Im Rahmen einer Mastleis-tungsprüfung bei Pietrainjungsauen wurde festgestellt, dass in den Monaten Mai, Juni, Juli und August deutlich weniger Jungsauen am Ende der Leistungs-prüfung (bei 100 kg Lebendgewicht) die Pubertät erreicht hatten als in den an-deren Monaten (WILLEKE et al. 1984). Diese Autoren stellten zur Diskussion, ob zur Erklärung dieser Befunde neben den direkten klimatischen Bedingungen nicht auch noch eine saisonal unterschiedlich ausgeprägte sexuelle Aktivität, vergleichbar der beim Wildschwein, in Ansätzen vorhanden sei.

Bei über vier Jahre andauernden Beobachtungen in 1 298 finnischen Sauen-betrieben wurde eine Verschiebung des Erstbesamungsalters bei den Jungsauen um 11 Tage festgestellt (229,9 Tage im März, 241,4 Tage im November) (PELTONIEMI et al. 1999).

Auch TUMMARUK et al. (2000) fanden bei ihren Untersuchungen einen signi-fikanten Zusammenhang zwischen dem Erstbelegungsalter und der Jahreszeit in der eine Zuchtsau geboren ist. Dies kann mit der Temperatur in Zusammen-hang stehen. Hohe Temperaturen im Sommer führen über einen Hitzestress und eine verminderte Futteraufnahmen zu einem Ausbleiben der Brunst (FLOWERS und DAY 1990, REILLY und ROBERTS 1992, LOVE et al. 1995, PRUNIER et al. 1997). Jedoch wird ein saisonale Infertilität weltweit unter ver-schiedensten klimatischen Bedingungen beobachtet, beispielsweise auch in Finnland ab August, wenn die Außentemperaturen kalt sind, so dass die Tem-peratur nicht die Hauptrolle in der Pathogenese spielen kann (PELTONIEMI et al. 2000).

Als weiterer Einflussfaktor wird die Tageslichtlänge angesehen (PATERSON et al. 1991). Bei anderen Spezies, wie beispielsweise beim Rind, kommt es nachts zu einem Anstieg der Melatoninkonzentration, und es besteht eine enge Kor-relation zwischen hohen Melatoningehalten und einer vermehrten LH-Sekretion (LOVE et al. 1993). Ein nächtlicher Melatoninanstieg bei Schweinen wird kontrovers diskutiert. Eine Reihe von Autoren nahm an, dass Schweine keinen deutlichen zirkadianen Rhythmus der Melatoninausschüttung besitzen (DIEKMANN und HOAGLAND 1984, DIEKMANN et al. 1986, BOLLINGER et al. 1997, BUBENIK et al. 2000). Andere Autoren wiesen jedoch eine deutliche und reproduzierbare, erhöhte Melatoninausschüttung auch bei Schweinen und auch im Sommer nach (PATERSON et al. 1991, KLUPIEC et al. 1997, PELTONIEMI et al. 2000, TAST et al. 2001). Ältere Eber sollen deshalb besser geeignet sein als Jungeber, da die Pheromonproduktion bei letzteren noch nicht ausreichend hoch ist .

Daher sollen andere Mechanismen für einen verzögerten Pubertätseintritt im Sommer verantwortlich sein.

2.1.9 Gesundheit

Der Gesundheitszustand der für die Ferkelerzeugung vorgesehenen Zucht-schweine während der Aufzuchtphase spielt eine wichtige Rolle für deren se-xuelle Entwicklung. Untersuchungen zeigten, dass Tiere mit mittel- bis hoch-gradigen pneumoniebedingten Lungenveränderungen signifikant später ge-schlechtsreif waren als solche ohne, oder mit nur geringgradigen Veränderun-gen (HOY und SPITSCHAK 1991). Die Autoren stellten in der gleichen Unter-suchung fest, dass parasitäre Lebererkrankungen, verursacht durch Ascaris suum, ebenfalls Ursache für ein zeitlich verzögertes Eintreten der Geschlechts-reife bei Schweinen sind. In den letzten Jahren wurden vermehrt chronische Intoxikationen mit dem Fusarientoxin Zearalenon als Ursache für den verzö-gerten Eintritt der Pubertät bei Jungsauen diskutiert (SCHNURRBUSCH 1999).

2.2 Biotechnische Methoden zur Beeinflussung des Pubertätseintritts