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5.4 Weiterführende Ergebnisse

5.4.2 EEH-Intervention

Laut Kruskal-Wallis-Test lässt sich kein Unterschied in der Zufriedenheit mit der EEH-Inter-vention zwischen allen Arten der Geburt nachweisen (H(4) = 1.99, p = .738). Die Mittelwerte hierzu sind der Tabelle 9 zu entnehmen.

Tabelle 9

Zufriedenheit je nach Art der Geburt

Art der Geburt n M Med SD

Natürlich vaginale Geburt 68 29.69 31.00 3.71

Geplanter notwendiger Kaiserschnitt 11 29.90 31.00 3.02

Wunschkaiserschnitt 5 31.00 32.00 1.73

Notkaiserschnitt 28 29.79 31.00 3.14

Vaginal operative Geburt 13 31.08 32.00 1.38

6 Diskussion 6.1 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

Die vorliegende Arbeit verfolgte das Ziel, Anliegen von Müttern nach einem Kaiserschnitt, die sich an die EEH wenden, zu identifizieren und mögliche Unterschiede in den Anliegen und dem Unterstützungsbedarf zu Müttern mit natürlicher Geburt festzustellen. Zusätzlich sollte eruiert werden, ob die EEH-Interventionen dem Unterstützungsbedarf von Müttern nach einem Kai-serschnitt gerecht werden.

Anhand einer Befragung von insgesamt 126 Müttern (davon 45 Mütter nach einer Kaiser-schnittentbindung) konnte festgestellt werden, dass sich Mütter nach einem Kaiserschnitt in folgenden Bereichen Unterstützung im Rahmen der EEH erhofften: kindliche Probleme, Ge-burtsverarbeitung, Trauerarbeit, Traumaarbeit, Einfinden in die Mutterrolle, krankheitswer-tige psychische Probleme, Unterstützung im Umgang mit dem Kind, Bindungsförderung, Ängste und Unsicherheit, negative Gefühle und Familienprobleme.

Ein Unterschied im Hinblick auf die Anliegen von Müttern nach einem Kaiserschnitt und Müt-tern nach einer natürlichen Geburt konnte nur für die Häufigkeit des Anliegens Geburtsverar-beitung gefunden werden, wobei dieses von Müttern mit Kaiserschnitt häufiger genannt wurde.

Auch ein Vergleich unter Einbezug aller Arten der Geburt zeigt eine Abhängigkeit desselben Anliegens von der Art der Geburt. Der Wunsch nach Geburtsverarbeitung wurde prozentuell am häufigsten von Müttern mit vaginal-operativer Geburt, gefolgt von Müttern mit Notkaiser-schnitt als Anliegen mit Unterstützungsbedarf genannt. Über die Hälfte der Mütter beschrieb hier dieses Anliegen. Die übrigen Anliegen waren unabhängig vom Geburtsmodus.

Darüber hinaus geben die Daten keinen Anlass zur Annahme, dass die Art der Geburt einen Einfluss auf die Zufriedenheit mit der EEH-Intervention hat. Insgesamt geht die EEH-Interven-tion mit einer hohen Zufriedenheit der Mütter nach einem Kaiserschnitt einher und eine Ver-besserung wird sowohl die Mutter-Kind-Bindung betreffend als auch negative Gefühle in Bezug auf die Geburt betreffend erzielt.

6.2 Theoretische Implikationen

6.2.1 Anliegen/Unterstützungsbedarf

Mütter, die sich mit Unterstützungsbedarf in unterschiedlichen Bereichen an die EEH gewendet haben, stellen die Stichprobe dieser Arbeit dar. Die Anzahl an Müttern mit natürlicher Geburt und geplantem Kaiserschnitt (Wunschkaiserschnitt und geplanter notwendiger Kaiserschnitt) ist in der vorhandenen Stichprobe um neun beziehungsweise vier Prozentpunkte geringer als in der österreichischen Geburtsstatistik für 2019 angegeben (Statistik Austria, 2020b). Ungeplan-ter Kaiserschnitt (Notkaiserschnitt) und vaginal operative Geburt sind hingegen in der vorlie-genden Stichprobe mit einem Unterschied von neun beziehungsweise drei Prozentpunkten überrepräsentiert. Diese Feststellung legt die Annahme nahe, dass Mütter, die bei der Geburt mit unvorhergesehenen geburtshilflichen Eingriffen konfrontiert waren, etwas häufiger Unter-stützung benötigen. Dies deckt sich mit der Annahme von Dekel et al. (2019), dass sich ge-burtshilfliche Eingriffe negativ auf das Wohlbefinden der Mutter auswirken können. Diese Schlussfolgerung muss mit Vorsicht betrachtet werden, da die Mütter in der untersuchten Stich-probe auch aus Italien (Südtirol), Deutschland und der Schweiz stammten und die Geburtssta-tistik dieser Länder eventuell abweichen kann.

Insgesamt kann angemerkt werden, dass sich die Anliegen, mit denen sich Mütter tatsächlich an die EEH gewendet haben, sehr gut in die Kategorien, die das Experteninterview ergeben hat, einordnen ließen. Mit den vier, anhand der Antworten der Mütter, hinzugefügten Kategorien, scheinen mögliche Anliegen und der Unterstützungsbedarf von Müttern im Rahmen der EEH gut zusammengefasst zu sein.

Mit einem Durchschnittsalter des Kindes von 4.7 Monaten scheinen sich Mütter nach einem Kaiserschnitt etwas früher, als die Gesamtstichprobe (M = 6.2) erwarten lässt, an die EEH zu wenden. Eine Ursache hierfür könnte sein, dass sich Mütter nach einem Kaiserschnitt häufiger bezüglich Themen die Geburt betreffend an die EEH wenden. Dass Geburtsverarbeitung in der Gruppe von Müttern mit Kaiserschnitt das häufigste Anliegen ist und auch häufiger als von Müttern mit natürlicher Geburt genannt wurde, deckt sich mit früheren Forschungsergebnissen.

So stützt dies die Annahme, dass Mütter nach einem Kaiserschnitt bei Problemen mit dem Kind häufig an eine Ursache, den Kaiserschnitt betreffend, denken (Büscher & Büscher, 2001) und dass ein ungeplanter Kaiserschnitt mit geringerer Zufriedenheit (DeLuca & Lobel, 2014) und wenig positiven Gefühlen in Bezug auf die Geburt einhergeht (Kjerulff & Brubaker, 2018). Ein

ungeplanter Kaiserschnitt (23 %) kam in der Stichprobe deutlich häufiger vor als ein geplanter Kaiserschnitt (13 %). Da bei weniger als einem Fünftel der Mütter mit Kaiserschnitt die burtsmethode auch dem Wunsch entsprochen hat und dieser Faktor auch positiv mit dem Ge-burtserlebnis, negativ mit negative Gefühle in Bezug auf die Geburt und negativ mit der Nen-nung des Anliegens Geburtsverarbeitung korreliert, könnte dies zu dem Unterschied in der Häufigkeit des Anliegens Geburtsverarbeitung beitragen. Dies reiht sich in bereits vorhandene Forschungsergebnisse ein (de Jong & Kemmler, 2008; Houston et al., 2015). Zu erwähnen ist hier, dass Mütter mit vaginal-operativer Geburt das Anliegen Geburtsverarbeitung am häufigs-ten nennen, gefolgt von Müttern mit Notkaiserschnitt und mit größerem Abstand von Müttern mit geplantem notwendigen Kaiserschnitt, natürlicher Geburt und Wunschkaiserschnitt. Dies legt nahe, dass nicht der Kaiserschnitt an sich sondern belastende und unvorhergesehene Erfah-rungen während der Geburt zu diesem Anliegen führen. Dies deckt sich mit dem Ergebnis, dass Mütter mit natürlicher Geburt zwar von einem positiveren Geburtserlebnis berichten als Mütter mit Kaiserschnitt, sich dieser Unterschied unter Einbezug aller Arten der Geburt aber nur für Mütter mit natürlicher Geburt im Gegensatz zu Müttern mit Notkaiserschnitt und vaginal-ope-rativer Geburt zeigt.

Da ein Kaiserschnitt im Vergleich mit einer natürlichen Geburt mit mehr Komplikationen ein-hergehen kann (DeLuca & Lobel, 2014) und eine persönlich empfundene Notlage und Notfälle während der Geburt als Hauptfaktoren für die Entwicklung einer geburtsbedingten PTBS an-gesehen werden können (Andersen et al., 2012), könnte man eine erhöhte Anzahl an Nennun-gen des AnlieNennun-gens Traumaarbeit für Mütter nach einem Kaiserschnitt annehmen. Dennoch zeigt sich entgegen der Erwartungen in dieser Arbeit in Bezug auf das Anliegen Traumaarbeit keine stochastische Abhängigkeit in der Häufigkeit der Nominalvariablen zwischen Kaiser-schnitt und natürlicher Geburt einerseits und zwischen allen Arten der Geburt andererseits. Al-lerdings wurde dieses Anliegen von Müttern mit Notkaiserschnitt und vaginal-operativer Ge-burt prozentuell am häufigsten genannt, was sich wiederum mit der Theorie deckt. Eine mögli-che Erklärung dafür, dass keine Abhängigkeit gefunden wurde, könnte sein, dass sich hinter dem von den Müttern genannten „Trauma“ nicht immer eine traumatische Geburt verbirgt son-dern auch andere, von der Geburt unabhängige, Ereignisse zu Traumatisierung führen und mit Unterstützungsbedarf im Rahmen der EEH einhergehen können.

Mütter nach einem Kaiserschnitt haben häufig Angst, keine gute Mutter zu sein (de Jong &

Kemmler, 2008). Dass das Einfinden in die Mutterrolle deshalb für Mütter nach einem

Kaiserschnitt häufiger ein Anliegen darstellt als für Mütter nach einer natürlichen Geburt, konnte in dieser Arbeit nicht bestätigt werden. Es muss angemerkt werden, dass die Häufigkeit der Nennung dieses Anliegens insgesamt jedoch sehr gering war und eventuell im Rahmen zukünftiger Studien mit höherer Fallzahl nachgewiesen werden kann. Es ist jedenfalls anzu-merken, dass das Anliegen Einfinden in die Mutterrolle nach vaginal-operativer Geburt und Notkaiserschnitt prozentuell am häufigsten genannt wird.

Dem Anliegen krankheitswertige psychische Probleme waren die Aussagen der Mütter nur sel-ten zuzuordnen. Zwar entspricht das prozentuelle Vorkommen von krankheitswertigen psychi-schen Problemen in der Stichprobe in etwa dem von behandlungsbedürftiger PPD in der Ge-samtbevölkerung (Dorn & Mautner, 2018), aber aufgrund der Häufigkeit, mit der Traumaarbeit als Anliegen genannt wurde, ist von einer höheren Anzahl auszugehen. Es ist zu vermuten, dass nicht immer eine Diagnose ausgesprochen wurde und die Mütter deshalb nur ihre Probleme beschrieben haben. Vermutlich könnte auch das Nennen von Aussagen, die negativen Gefühlen, Ängsten und Unsicherheit oder Traumaarbeit zuzuordnen waren, auf krankheitswertige Prob-leme hindeuten. So geht z.B. eine PPD laut Theorie mit negativen Gefühlen einher (Dilling &

Freyberger, 2016). Dies könnte der Grund dafür sein, dass das Anliegen „krankheitswertige psychische Probleme“ entgegen der Annahme unabhängig von der Art der Geburt war.

Während bisherige Forschungsergebnisse dafür sprechen, dass sich ein Kaiserschnitt auf die Mutter-Kind-Bindung auswirken kann (Buckley, 2015; Cetisli et al., 2018), zeigt sich das An-liegen Bindungsförderung unabhängig von der Art der Geburt und auch bezüglich der Mutter-Kind-Bindung vor der EEH-Intervention besteht in dieser Arbeit kein Unterschied. Eine mög-liche Erklärung für diese Diskrepanz könnte sein, dass Bindungsförderung als inhaltliche Grundlage der EEH als selbstverständlich angenommen wird und deshalb nicht explizit genannt wird oder dass Mütter dieses Anliegen nicht ergänzend nennen, da andere Themen, wie z.B.

die Aufarbeitung einer traumatisch erlebten Geburt im Vordergrund stehen.

Kindliche Regulationsstörungen stellen die Mütter vor eine große Herausforderung, weshalb sie als das Haupteinsatzgebiet der EEH angesehen werden können (Harms, 2016). Nach einer natürlichen Geburt berichten Mütter prozentuell häufiger von kindlichen Problemen als Anlie-gen als Mütter nach einem Kaiserschnitt, allerdings ohne statistische Signifikanz. Betrachtet man dieses Anliegen im Detail, fällt auf, dass es prozentuell am häufigsten genannt wurde, wenn die Mutter natürlich geboren hatte, gefolgt von Wunschkaiserschnitt, geplantem notwen-digen Kaiserschnitt und mit deutlich weniger Prozentpunkten Notkaiserschnitt und

vaginal-operativer Geburt. Die Tendenz geht also trotz fehlender Signifikanz in die erwartete Richtung.

Während der unkorrigierte p-Wert unter Einbezug von Kaiserschnitt und natürlicher Geburt nur knapp über dem Signifikanzniveau liegt, zeigt die Korrelationstabelle einen schwachen signi-fikanten Zusammenhang zwischen einer natürlichen Geburt und dem Vorhandensein von kind-lichen Problemen. Auch besteht laut Korrelation ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer stärkeren mütterlichen Belastung durch die kindlichen Schwierigkeiten und einer natürli-chen Geburt. In Bezug auf das Anliegen Unterstützung im Umgang mit dem Kind konnte diese Tendenz nicht festgestellt werden. Es ist hier zu vermuten, dass diese beiden Anliegen nicht deutlich trennbar sind und Probleme mit dem Kind mit dem Wunsch nach Unterstützung im Umgang mit dem Kind einhergehen, beziehungsweise nur eines der beiden Anliegen beschrie-ben wird, mit dem Hintergrund des gleichen Unterstützungsbedarfs.

Da Ängste und Unsicherheit und negative Gefühle anhand des Experteninterviews nicht als Anliegen hervortraten, wurden hierzu im Vorfeld keine Hypothesen aufgestellt. Beide Anliegen ergaben sich aus den Antworten der Mütter. Die Ergebnisse der Auswertung lassen allerdings den Schluss zu, dass diese unabhängig von der Art der Geburt sind. Unterschieden werden muss in dieser Arbeit zwischen jeglicher Art negativer Gefühle, wie sie das Anliegen negative Ge-fühle beinhaltet und den negativen GeGe-fühlen die Geburt betreffend. Von zweitem sind Mütter nach einem Kaiserschnitt nämlich stärker betroffen als Mütter nach einer natürlichen Geburt.

Dies ist konsistent mit früheren Forschungsergebnissen, dass Mütter nach einer natürlichen Ge-burt die positivsten Gefühle bezüglich der GeGe-burt haben (Kjerulff & Brubaker, 2018). Betrach-tet man dies genauer und unter Einbeziehung aller Arten der Geburt, zeigt sich, dass Mütter nach einem Notkaiserschnitt und einer vaginal-operativen Geburt stärker unter negativen Ge-fühlen in Bezug auf die Geburt leiden als Mütter nach einer natürlichen Geburt und zwischen den anderen Arten der Geburt kein Unterschied besteht.

6.2.2 EEH-Intervention

Bei Müttern nach einem Kaiserschnitt waren Beratung/ Krisenintervention, Therapie und bei-des in etwa gleich häufig die Intervention der Wahl. Mit im Durchschnitt acht Terminen in der Gesamtstichprobe, wobei nach vier Terminen bereits eine Entlastung erlebt wurde (und ähnli-chen Zahlen bei Müttern nach einem Kaiserschnitt), scheint die EEH eine Möglichkeit zu sein, innerhalb von kurzer Zeit eine erhebliche Entlastung der Mütter bei unterschiedlicher Problem-stellung zu erzielen.

Mit im Durchschnitt 29.9 Punkten bei maximal 32 möglichen Punkten, zeigten sich die Mütter der Gesamtstichprobe sehr zufrieden mit der EEH-Intervention. Diese hohe Zahl und die Tat-sache, dass kein Unterschied in Bezug auf die Zufriedenheit je nach Art der Geburt besteht, spricht dafür, dass die Unterstützung der EEH den unterschiedlichen Anliegen und Problemen der Mütter gerecht wird. Nimmt man, wie von Hannöver et al. (2000) vorgeschlagen, 24 Punkte als Grenze zwischen zufrieden und unzufrieden an, sind ca. 93 % der Mütter nach einem Kai-serschnitt mit der EEH-Intervention zufrieden. Dasselbe gilt für Mütter nach einer natürlichen Geburt. Es konnte in dieser Arbeit bestätigt werden, dass bei Müttern nach einem Kaiserschnitt nach der EEH-Intervention eine bessere Mutter-Kind Bindung und weniger negative Gefühle in Bezug auf die Geburt als vor der EEH-Intervention vorhanden sind.

Für die Wirkung der EEH spricht auch das Erreichen der Ziele. So schätzten Mütter nach einem Kaiserschnitt die Ziele, die die EEH verfolgt, als zum Großteil erreicht ein, wenn das jeweilige Ziel für sie persönlich Relevanz hatte. Dies spricht dafür, dass die im Experteninterview erho-benen Ziele (siehe Kapitel 4.1.2) im Rahmen der EEH-Intervention in der Praxis tatsächlich verfolgt werden.

6.3 Praktische Implikationen

Die Kombination aus Experteninterview und der Querschnitterhebung bei Müttern durch einen Fragebogen, inklusive statistische Auswertung, hat es ermöglicht, einerseits einen umfassenden Überblick über den praktischen Einsatz der EEH bei Müttern mit Kaiserschnitt zu erlangen und andererseits empirisch überprüfte Ergebnisse anhand einer größeren Stichprobe zu erhalten.

Die beiden am häufigsten als Anliegen genannten Themen kindliche Probleme und Geburts-verarbeitung scheinen in der praktischen Arbeit einen besonderen Stellenwert einzunehmen.

Während bei kindlichen Regulationsstörungen aufgrund von Überforderung der Eltern die Ge-fahr von Kindesmisshandlung erhöht ist (Harms, 2016) und deshalb Handlungsbedarf besteht, kommt der Geburtsverarbeitung auch eine gesellschaftliche Relevanz zu. So planen Mütter mit einem negativeren Geburtserlebnis weniger oft, weitere Kinder zu haben (Kjerulff & Brubaker, 2018). Nicht zuletzt aufgrund des demographischen Wandels besteht Bedarf, dem entgegenzu-wirken.

Durch diese Untersuchung hat sich herauskristallisiert, dass nicht nur Mütter nach einem Not-kaiserschnitt eine besonders vulnerable Gruppe sind, sondern dass auch Mütter nach einer

vaginal-operativen Geburt besonderen Unterstützungsbedarf aufweisen und auch auf diese Gruppe besonderes Augenmerk gelegt werden sollte. Da diese Arbeit zeigt, dass Mütter mit Notkaiserschnitt und ebenso Mütter nach vaginal-operativer Geburt eher Schwierigkeiten das Geburtserlebnis betreffend haben, kann darauf geschlossen werden, dass der medizinischen Überversorgung entgegengewirkt werden sollte. Ungeplante Interventionen sollten demnach nur eingesetzt werden, wenn es nicht vermeidbar ist. Müttern ein positives Geburtserleben zu ermöglichen, sollte auch bei medizinischen Interventionen ein besonderes Anliegen sein. So stellt z.B. die soziale Unterstützung einen entscheidenden Faktor in Bezug auf das Geburtser-lebnis dar (Abou-Dakn, 2018).

Insgesamt haben in der Gesamtstichprobe nur wenige Mütter angegeben, dass ihr Kind keine Probleme bzw. Schwierigkeiten zeigte, bevor Unterstützung angenommen wurde. Auch als An-liegen mit Unterstützungsbedarf wurde kindliche Probleme in der Gesamtstichprobe am häu-figsten, in der Gruppe der Mütter mit Kaiserschnitt am zweithäufigsten genannt und ging mit einer starken Belastung der Mütter einher. Dies unterstreicht die Relevanz der EEH-Interven-tionen in Bezug auf das häufigste Einsatzgebiet „kindliche Regulationsstörungen“ in der EEH (Harms, 2016). Dass die Mütter unter den Regulationsstörungen ihrer Kinder stark leiden, ver-deutlicht die Notwendigkeit früher Intervention, damit die Problematik gar nicht in Erscheinung tritt. Dies könnte laut Harms (2016) bereits im Wochenbett durch das klinische Personal ge-schehen.

Alle Mütter sollten frühzeitig Information darüber erhalten, an welche Institutionen sie sich gegebenenfalls mit ihrem Kind hinwenden können, wenn es nach der Geburt in der Mutter-Kind-Interaktion Probleme gibt. Die Untersuchung zeigt, dass Mütter nach einem Kaiserschnitt, wie auch allen anderen Arten der Geburt, angemessene Unterstützung durch die EEH erfahren können und sich in kurzer Zeit viel bewirken lässt.

6.4 Limitationen

Die vorliegende Stichprobe kann insbesondere deshalb als spannend angesehen werden, da alle Mütter Probleme, in einem die Anliegen betreffenden Bereich, haben und deshalb eine gute Vergleichbarkeit dieser Anliegen besteht. Anzumerken ist jedoch, dass die Intervention teil-weise bis zu fünf Jahre zurückliegt, weshalb Erinnerungsverzerrungen nicht ausgeschlossen werden können. Dasselbe gilt auch für die Angaben zu Mutter-Kind-Bindung und negative

Gefühle vor der EEH-Intervention. Diese könnten durch den Eindruck nach der EEH-Interven-tion beeinflusst werden. Eine Längsschnitterhebung wäre für zukünftige Untersuchungen zur Wirkung der EEH sinnvoll. Dennoch kann angenommen werden, dass Mütter auch im Nach-hinein gut einschätzen können, wie sehr eine Verbesserung erzielt wurde. Es darf in Bezug auf die Zufriedenheit der Mütter nicht außer Acht gelassen werden, dass der Fragebogen unter an-derem über den Newsletter der EEH verteilt wurde und dadurch die Möglichkeit besteht, dass Mütter, die mit der Intervention zufrieden waren, eher bereit waren, daran teilzunehmen. Auch Antworten nach sozialer Erwünschtheit können bei dieser Art der Erhebung zu einer Verzer-rung der Ergebnisse führen.

Die Teilstichprobengröße, vor allem in Bezug auf alle Arten der Geburt, ist unterschiedlich groß. Dementsprechend ist auch die Anzahl, wie oft ein Anliegen in der Untergruppe genannt wurde, teilweise sehr gering. Ein Ansatz, dem Rechnung zu tragen, war die Verwendung des Fisher-Exact-Tests anstelle des Chi-Quadrat-Tests. Dennoch empfiehlt sich bei zukünftigen Untersuchungen die Verwendung größerer Stichproben, wenn alle Arten der Geburt für die Beantwortung der Fragestellung einbezogen werden.

Aus methodischer Sicht muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass neben etablierten Erhe-bungsinstrumenten auch selbst entworfene Fragen zum Einsatz kamen. Um die Qualität der Skalen zu gewährleisten, wurden sie einerseits durch eine Faktorenanalyse auf Unidimensiona-lität geprüft, wobei diese gegeben und auch die interne Konsistenz jeweils gut ist. Andererseits zeigt auch die Interkorrelationsmatrix großteils Korrelationen mit plausiblen Korrelationskoef-fizienten in zu erwartender Richtung. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Skalen eine hohe Kriteriumsvalidität aufweisen und das messen, was sie messen sollen.

Während diese Untersuchung Erinnerungsverzerrungen aufgrund des Querschnittdesigns nicht ausschließen kann, könnte sich die Durchführung einer Längsschnittuntersuchung in zukünfti-gen Erhebunzukünfti-gen zur Wirkung der EEH als sinnvoll erweisen. Auch können Mütter gezielt nach den, in dieser Arbeit erhobenen, Anliegen gefragt werden, um eine noch bessere Vergleichbar-keit durch einheitliche Antworten zu erzielen.

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