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Bereits wenige Wochen nach den Angriffen im Februar 1945 wurde Dresden zum Symbol für das Ausmaß der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. Hintergrund dieser Entwicklung ist einerseits die Tatsache, dass die Stadt im europäischen Kontext einen außergewöhnlich hohen kulturellen Stellenwert besaß, andererseits wiesen die Luftangriffe vor allem in ihren Folgen eine besondere Dramatik auf. Beide Aspekte reichen sicher nicht aus, um die nachhaltige symbolische Wirkung der Bombar-dierung Dresdens endgültig zu belegen, schließlich erlitten auch andere europäische Städte, die weithin bekannt waren, schwere Schäden. Die konsequente Themati-sierung der Geschehnisse durch die deutsche Propaganda besiegelte jedoch die Über-höhung, aber auch Simplifizierung der Zerstörung, die Dresden letztendlich zu einem Symbol für die Schrecken des Zweiten Weltkrieges werden ließ. Um diese Entwick-lung transparent zu machen, soll vorab die Geschichte der Stadt und ihre Bedeutung im europäischen Kontext kurz umrissen werden.

Die 1206 erstmals urkundlich erwähnte Stadt Dresden entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer Metropole der Bildenden Künste, der Musik und der Wissen-schaft. Der Innenstadtbereich bestand nicht nur aus bedeutenden architektonischen Denkmälern verschiedener Epochen, sondern auch aus historisch gewachsenen Straßen und Häuserzeilen, die das Gesicht der Stadt prägten. Weltweit bekannt wurde und ist Dresden bis zur Gegenwart jedoch durch sein ‚Barockensemble‘. Im barocken Zeitalter beginnt der ‚Mythos Dresden‘, der die Stadt bis heute begleitet.151 In den Tagen der Luftangriffe im Februar 1945 wurde die seit dem 19. Jahrhundert als Elb-Florenz titulierte Stadt152 jedoch in eine Steinwüste verwandelt. „Getroffen wurde […] eine Stadt, die in jenem Deutschland lag, das den Krieg entfesselt hatte, der nun mit schlimmen Auswirkungen zurückschlug.“153

In der Nacht vom 28. zum 29. August 1940 heulten zum ersten Mal die Sirenen in Dresden, aber bis zum Oktober 1944 blieb sie als letzte deutsche Großstadt von Bombardierungen verschont. Aufgrund der Offensive der alliierten Streitkräfte gegen die deutsche Mineralöl- und Treibstoffindustrie gab es allerdings ab Mai 1944

151 Jedoch bestand der historische Stadtkern vor der Zerstörung 1945 aus Bauwerken verschiedener Epochen. Zum Beispiel entstanden die Kunstakademie und das Ausstellungsgebäude von Constantin Lipsius auf der Brühlschen Terrasse 1894.

152 Vgl. Herder: Kunstsammlungen in Dresden. In: Ders. (Hrsg.): Adrastea, 1802, S. 52–56. „Durch sie ist Dresden in Ansehung der Kunstschätze ein Deutsches Florenz geworden.“ (S. 53)

153 Lerm: Abschied vom alten Dresden, 2000, S. 11.

regelmäßig Bombenalarm. Wichtige Ziele, wie zum Beispiel die Hydrierwerke in Ruhland oder Brüx (heute Most), befanden sich in der näheren Umgebung. Die Stadt wurde in den Einsatzbefehlen der Fliegerbesatzungen als Ausweichziel angegeben, Aufklärungsflugzeuge erschienen mehrfach über der Stadt. Am 7. Oktober 1944 bombardierten 29 amerikanische Flugzeuge statt der nordböhmischen Treibstoff-werke in Brüx das Zweitziel Dresden. Auch am 16. Januar 1945 wurden wegen der ungünstigen Wetterbedingungen und der Gegenwehr nicht das Hydrierwerk in Ruh-land und der Flugplatz Alt-Lönnewitz bei Leipzig angegriffen, sondern das Aus-weichziel Dresden.

Allen Spekulationen zum Trotz war Dresden vor allem aus technischen Gründen lange Zeit verschont geblieben.154 Am Aktionsradius der auf den britischen Inseln stationierten Bomber gemessen, lag Dresden weitab an der äußersten Peripherie der Reichweiten. Erst durch die im Laufe der Kriegsjahre „verbesserten Zielmarkie-rungsmethoden, die routinierte Handhabung der Bordradargeräte und die forcierte Umrüstung auf die hochleistungsfähigen Lancaster-Maschinen hatten die Briten bessere Chancen auch bei Langstreckenflügen.“155

Am 13. Februar 1945 wurde der britischen Bomberflotte zum ersten Mal Dresden als Hauptziel angegeben. Die Motivation des Angriffs ist oft und widersprüchlich diskutiert worden. Für das Bombardement gab es mehrere Gründe. Einerseits war es die logische Fortführung der Strategie der Flächenangriffe gegen Stadtzentren und damit gegen Zivilisten156, andererseits sollte der Angriff militärische Stärke und die Unterstützung der sowjetischen Armee demonstrieren. Die britische Führung hoffte, angesichts stärker werdender politischer Auseinandersetzungen um die künftige territoriale und politische Gestalt Europas, auf einen militärischen Erfolg, der die

154 Da die Stadt weitestgehend unzerstört geblieben war, glaubten die Bewohner, dass dem so genannten ‚Reichsluftschutzkeller‘ eine Sonderrolle zukäme und sie eine Ausnahme darstellen würden. In einer Art Wunschdenken oder nicht eingestandener Selbsttäuschung schenkte die Bevölkerung immer wieder Gerüchten Glauben, dass Dresden nicht wie andere deutsche Städte zerstört werden würde. Vgl. Bergander: Dresden im Luftkrieg, 1994, S. 88.

155 Bergander: Dresden im Luftkrieg, 1994, S. 12. Ein weiteres Argument für die Verschonung ist die Aussage in einem Informationspapier, das zwischen Juli und November 1943 vom britischen Luftfahrtministerium angelegt wurde. Daraus ging hervor, dass Dresden kein lohnendes Ziel für einen konzentrierten Angriff sei. Vgl. Bergander: Vom unattraktiven zum besonders lohnenden Ziel. In: Reinhard, Neutzner und Hesse (Hrsg.): Das rote Leuchten, 2005, S. 44–57, hier S. 47.

156 Durch Bombardements der Stadtzentren sollte die Moral der gegnerischen Zivilbevölkerung geschwächt und Widerstand gegen das feindliche Regime erzeugt werden. Damit waren Zivilisten aller Kriegsparteien im Verlauf des Zweiten Weltkrieges zu legitimen Zielen militärischer Aktionen geworden.

sowjetische Führungsriege in Jalta157 beeindrucken sollte. Die Entscheidung fiel dabei auch auf Dresden, weil es allen geforderten Kriterien ‚optimal‘ zu entsprechen schien: Bislang nahezu unzerstört, spektakulär durch seinen städtebaulichen Rang sowie nahe zur Ostfront gelegen, um damit glaubhaft die Unterstützung der sowje-tischen Operationen zu demonstrieren.158

In Dresden hätte es genügend militärisch legitime Ziele gegeben159, aber die für den Angriff am 13. Februar 1945 herausgegebenen Karten des britischen Bomber Command sparten diese aus. Der eingetragene Viertelkreis des Zielsektors umfasst das dicht bebaute historische Zentrum der Stadt. Mit außerordentlicher Präzision gelang es, dieses Gebiet zu bombardieren. Der perfekt geplanten Strategie des nächtlichen An-griffs hatte die deutsche Luftabwehr keinen ernsthaften Widerstand entgegenzu-setzen.160 Wie schon in anderen deutschen Städten erprobt, hatten die britischen Generäle gegen Dresden einen Doppelschlag vorgesehen. Kurz nach 22.00 Uhr markierten die Pfadfinder-Mosquitos im Tiefflug die Spitze des Zielsektors, das Sportstadion im Ostragehege. Gleichzeitig trafen Lancaster-Bomber ein, die Leucht-kaskaden setzten. Um 22.13 Uhr warfen die ersten Staffeln des Hauptverbandes ihre Spreng- und Brandbomben ab, die schwere Schäden und Flächenbrände

157 Auf der Konferenz von Jalta (4.2.–11.2.1945) beschlossen die drei Großmächte Großbritannien, UdSSR und USA Regelungen für die Zeit nach dem Krieg.

158 Bei der Befehlsausgabe wurde den Fliegerbesatzungen für den Angriff im Februar u. a. erklärt:

„Dresden, die siebtgrößte Stadt Deutschlands [...] ist auch die größte bebaute Fläche, die noch nicht bombardiert wurde. [...] Mit dem Angriff ist beabsichtigt, den Feind dort zu treffen, wo er es am meisten spüren wird, hinter einer teilweise schon zusammengebrochenen Front gilt es, die Stadt im Zuge weiteren Vormarschs unbenutzbar zu machen und nebenbei den Russen, wenn sie einmarschieren zu zeigen, was das Bomberkommando tun kann.“ Zitiert nach Bergander: Dresden im Luftkrieg, 1994, S. 120–121. Frederick Taylor geht in seinem Buch Dresden im Kapitel Der Schlaf der Vernunft (S. 437–454) auch auf diese Befehlsausgabe ein, relativiert aber den letzten Satz. Er geht nicht davon aus, dass die Sowjetunion offiziell eingeschüchtert werden sollte. Taylor schreibt:

„Man kann es durchaus für möglich halten, dass mit der Steigerung der Bombenangriffe in der Zeit um Jalta ein doppelter Zweck verfolgt wurde: das Ende Deutschlands zu beschleunigen und zugleich, so die stille Hoffnung, die Sowjets davon abschrecken, nach der siegreichen Beendigung des Krieges weiter nach Westen vorzudringen. Dies ist eine alles in allem durchaus mögliche Mischung von Motiven.“ Taylor: Dresden, 2004, S. 444.

159 Wie zum Beispiel die Albertstadt, ein Militärgelände im Norden der Stadt, oder die für die Rüstung wichtige fotografische und optische Industrie (z.B. Zeiss Ikon, Sachsenwerk).

160 Die Verteidigung der Stadt ist nie konsequent ausgebaut worden, da Dresden lange als weniger gefährdet galt als andere Städte. Im Jahr 1944, als die Wahrscheinlichkeit von Luftangriffen auf Dresden wuchs, gab es kaum noch technische und finanzielle Möglichkeiten, einen wirksamen Schutz zu erreichen. Die vorhandenen Flakbatterien waren entweder zum Schutz von

Industrieanlagen oder in ‚Abwehrkämpfen‘ an der Front eingesetzt. Auch der Zivilschutz war in Dresden vernachlässigt worden, so dass die Bevölkerung bei Angriffen ohne ausreichenden Schutz war.

hervorriefen. Diese vereinten sich in den engen Straßen der Innenstadt zu Feuer-stürmen.161

Während in der schwer getroffenen Stadt die ersten Hilfsmaßnahmen anliefen, waren die Flugzeuge der zweiten Angriffswelle bereits in der Luft. Die doppelt so starke Streitmacht bombardierte gegen 1.30 Uhr zunächst die Ränder des schon bren-nenden Gebietes und später dessen Zentrum. So entstanden zahlreiche neue Brände und der Feuersturm breitete sich über große Teile des Stadtgebietes aus. Am Mittag des 14. und 15. Februar fielen erneut Bomben, diesmal einer gewaltigen amerika-nischen Streitmacht mit Bombern und Jagdflugzeugen.

Etwa 15 km² der historischen Innenstadt waren total zerstört. Neben der be-schriebenen Angriffstaktik waren die Vernachlässigung des Luftschutzes in Dresden sowie der Abzug der Flugabwehreinheiten im Januar 1945 weitere wesentliche Punkte für das Ausmaß der Zerstörung und die hohe Anzahl der Toten. Während die Kunstschätze teilweise in Sicherheit gebracht worden waren, war die Bevölkerung unvorbereitet und ungenügend geschützt. Die Zahl der Todesopfer ist bis heute um-stritten.162 Angenommen wird eine Zahl von maximal 25.000.163

161 Wie immer wieder zu lesen ist, sollen die Brände auch durch Phosphorbomben verursacht worden sein. Die Einsatzpläne der britischen Luftwaffe verzeichnen jedoch keinen Abwurf von Phosphor.

Die Brandbomben hatten aber eine ähnlich starke Wirkung, in Luftschutzbelehrungen wurden die mit einer Phosphorzündmasse versehenen Brandbomben oft nur als Phosphorbombe bezeichnet, was die Behauptungen erklären würde.

162 Die amtliche Zahl in der DDR lautete 35.000 Opfer. Die Kritik an Statistiken ist bis heute nicht verstummt. Friedrich Karl Fromme bezweifelt in dem Artikel Vernichtung auf einen Schlag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 11.2.1995 sowohl die Angaben von Götz Bergander als auch die von Friedrich Reichert. Reichert recherchierte und berechnete die Anzahl der Opfer und stellt dies ausführlich in seinem Kapitel Verbrannt bis zur Unendlichkeit im gleichnamigen Buch (1994, S. 40–

62) dar. Er kommt auf die Gesamtzahl von ca. 25.000 Toten. Dass die Zahlen aus politischen Gründen immer wieder manipuliert wurden, zeigt er im Kapitel Zur Rezeptionsgeschichte des 13.

Februar 1945 (S. 150–161) auf. Götz Bergander geht in seinem Buch Dresden im Luftkrieg (1994) im Kapitel Flüchtlinge – Tote (S. 210–231) ebenfalls auf die unterschiedlichen Angaben der

Flüchtlingszahlen und Zahlen der Toten ein. Er geht davon aus, dass sich etwa 700.000 Einwohner, 200.000 Flüchtlinge und 50.000 Verwundete bzw. Soldaten am 13. Februar 1945 in Dresden aufgehalten haben sollen. Frederick Taylor listet im Anhang B Zählung der Toten die verschiedenen literarischen Quellen, die sich mit der Zerstörung Dresdens beschäftigen, und deren Angaben auf. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Schätzung zwischen 25.000 und 40.000 Toten am angemessensten sei. Vgl. Taylor: Dresden, 2004, S. 479–485. Wolfgang Schaarschmidt kommt in seiner Publikation Dresden 1945. Dokumentation der Opferzahlen (2005) jedoch zu folgender Erkenntnis: „Schätzungen von 135 000 bis 150 000 Toten sind begründet und kommen der historischen Wahrheit vermutlich am nächsten.“ S. 237.

163 Die unabhängige Historikerkommission zur Ermittlung der Zahl der Todesopfer während der Luftangriffe vom 13. bis 15. Februar 1945 in Dresden stellte auf dem 47. Historikertag 2008 in Dresden ihren Abschlußbericht vor, darin ging sie von einer Zahl von maximal 25.000 Luftkriegstoten aus, 18.000 konnten bislang nachgewiesen werden. Vgl. Müller, Schönherr und Widera (Hrsg.): Die Zerstörung Dresdens, 2010.

Die Leichen wurden gesammelt und vor allem auf dem Heidefriedhof beerdigt. Da das Begraben der vielen Toten zu langsam ging und in der Stadt Seuchengefahr be-stand, ordnete die örtliche Luftschutzleitung am 20. Februar an, dass in Zukunft die geborgenen Leichen verbrannt werden sollten. So wurden ab Ende Februar für zwei Wochen bis zum 5. März 1945 knapp 7000 Tote auf dem Altmarkt verbrannt und die Asche zum Heidefriedhof gefahren. Walter Hahn164 war der einzige Fotograf, der diese Leichenverbrennung fotografisch festgehalten hat.

Am 2. März und 17. April erfolgten weitere schwere Angriffe. Der Alltag sowie das Weiterleben in der zerstörten Stadt waren durch erste Enttrümmerungsarbeiten, Reparaturarbeiten, Schwierigkeiten in der Lebensmittelversorgung etc. gekenn-zeichnet. Obwohl Dresden so stark zerstört worden war, wurde die Stadt zwei Monate später in einem Aufruf Dresden wird bis zum letzten mit allen Mitteln verteidigt in der Dresdner Zeitung Der Freiheitskampf vom 16. April 1945 zur Festung erklärt.165 Mit der Bombardierung Dresdens im Februar hatte der Luftkrieg einen Höhepunkt erreicht, war aber noch nicht beendet. In den folgenden Wochen ereilte Städte wie Pforzheim, Würzburg oder Hildesheim ein ähnliches Schicksal. Am 8. Mai 1945

164 Nach der Ausbildung als Lithograph arbeitete Walter Hahn (20.4.1889–24.11.1969) freischaffend als Fotograf in Dresden. Er war Mitglied der NSDAP seit Mai 1934. Auch während des Krieges durfte er noch fotografieren und sogar Luftaufnahmen machen. Die Genehmigung vom 30.8.1943 (SLUB Mscr.Dresd.App. 2633, 7a+b) enthält folgende Zusatzgenehmigung vom 25.2.1945:

„Inhaber dieses Ausweises ist berechtigt, von allen Schadenstellen und besonderen Begebenheiten im LS-Ort Dresden fotografische Aufnahmen zu machen.“ (Thiele SS-Brigadeführer und

Generalmajor d. Pol.) Die Aufnahmen der Leichenverbrennung entstanden am 25.2.1945. Richard Peter verbürgt sich in einem Brief an den Verband Deutsche Presse vom 21.1.1951 für die Urheberrechte Walter Hahns an den Bildern der Leichenverbrennungen. Darin schreibt Peter, dass Hahn der einzige ist, der die Original-Filmstreifen besitzt; dass er die Aufnahmen unter Lebensgefahr und auf eigenes Risiko gemacht hat, von der SS daraufhin verhaftet wurde und erst im nachhinein die Erlaubnis zum Fotografieren bekam; dass Hahn die Aufnahmen erst Ende Mai 1945 entwickelt hat und sie dem Oberbürgermeister Dresdens, der Presse, Polizei etc. zur Verfügung gestellt hat. (SLUB Mscr.Dresd.App. 2633, 906) Walter Hahn erhielt gleich nach Kriegsende neue Aufträge der Stadtverwaltung. Zum Thema der Entnazifizierung Walter Hahns siehe folgende Schriftstücke: Schreiben vom 15.12.1945 an den Rat zu Dresden mit einer Erklärung von W. Hahn, dass er in der NSDAP keine Funktionen innehatte und dass er der NSDAP beigetreten ist, damit er seinen Beruf weiterhin ausüben kann. (SLUB Mscr.Dresd.App.

2633, 29). Schreiben an den Auktionsausschuss der Demokratischen Partei in Dresden vom 15.4.1946 von Walter Hahn mit Bitte um Entnazifizierung und Aussagen zu NSDAP Beitrag sowie Bedauern über diesen Schritt. (SLUB Mscr.Dresd.App. 2633, 35 ). Sowie verschiedene weitere Bestätigungen, dass Hahn sich nicht politisch betätigt hat (Vgl. SLUB Mscr.Dresd.App.

2633).

165 In der Dresdner Zeitung Der Freiheitskampf vom 16.4.1945 findet sich folgender Appell: „Dresden wird bis zum letzten mit allen Mitteln verteidigt. Aufruf des Gauleiters und Reichsstadthalters an die Bevölkerung. Männer und Frauen! Die militärische Lage schließt einen Angriff auf Dresden nicht aus. In diesem Fall wird die Stadt mit allen Mitteln und bis zum letztem verteidigt. [...]

Dresden, 14. April 1945, Martin Mutschmann, Gauleiter und Reichsstadthalter“. Vgl. dazu auch Rahne: Die „Festung Dresden“ von 1945. In: Dresdner Geschichtsverein (Hrsg.): Dresden – Das Jahr 1945, (Dresdner Hefte 41), 1995, S. 19–31.

kapitulierte die deutsche Wehrmacht bedingungslos und damit endete der Zweite Weltkrieg in Europa.

Die Stadt wurde schnell zu einem Symbol der sinnlosen Zerstörung und ist es – mit unterschiedlichen Vorzeichen – bis heute. Doch was sind die Gründe? Götz Bergander bringt sie auf den Punkt und bezeichnet Dresden als „Jahrhundert-katastrophe […] weil die Stadt mit überrumpelnder Wucht niedergebrannt wurde, nicht über die Jahre hin straßen- und stadtviertelweise, sondern binnen weniger Stunden. Schnelligkeit, Umfang und Vollständigkeit der Verwüstung waren […]

beispiellos. Beispiellos auch die Fülle der ausgebrannten architektonischen Kost-barkeiten[…] Und in noch keiner Angriffsnacht zuvor mussten so viele Menschen sterben.“166 Auch Frederick Taylor führt diese Argumente auf, weist aber auch darauf hin, dass „vieles von dem, was seit der Zerstörung über Dresden gesagt und gedacht wurde, zu einem nicht geringen Teil auf die Bemühungen der Propagandisten zurückzuführen [sei], erst der Nazis, dann der Kommunisten.“167

Schon am 15. Februar startete eine in der Geschichte bemerkenswerte deutsche Propaganda-Kampagne168, in der der Terror sowie die zerstörten architektonischen und kulturellen Schätze hervorgehoben und Dresden zu einer friedlichen Stadt ohne Rüstungsindustrie erklärt wurde. Es gelang der nationalsozialistischen Propaganda innerhalb weniger Wochen, Dresden zu einem Symbol einer unmoralischen alliierten Bomberoffensive zu stilisieren. Dabei wurde der Mythos Dresdens als Kunst- und Kulturstadt benutzt, um die weit reichende Vernichtung von Menschenleben und Architektur innerhalb kürzester Zeit anzuprangern. „Dresden erschien als einzigartige und unschuldige Stadt, die plötzlich und sinnlos eine in ihren Auswirkungen ebenso einzig-artige Zerstörung erfahren hatte.“169

Diese Kampagne wurde nach Kriegsende von der KPD aufgegriffen und fortgesetzt.

In den ersten Nachkriegsjahren lag der Argumentationsschwerpunkt der Politiker auf der Überwindung von Faschismus und Zerstörung zu Gunsten politischen Neuan-fangs und Aufbaus als antifaschistische Aufgaben. Ab 1948 änderte sich die Sicht auf

166 Bergander: Dresden im Luftkrieg, 1994. S. 350.

167 Taylor: Dresden, 2004. S. 453.

168 Vgl. zu dieser Thematik die beiden Aufsätze von Matthias Neutzner: Vom Alltäglichen zum Exemplarischen, S. 110–127, sowie Vom Anklagen zum Erinnern, S. 128–163. In: Reinhard, Neutzner und Hesse (Hrsg.): Das rote Leuchten, 2005.

169 Neutzner: Vom Alltäglichen zum Exemplarischen. In: Reinhard, Neutzner und Hesse (Hrsg.): Das rote Leuchten, 2005, S. 110–127, hier S. 126.

die Zerstörung der Stadt dahingehend, dass die Schuld an der Zerstörung nicht mehr den Nationalsozialisten sondern den westlichen Alliierten angelastet wurde, die den demokratischen Neuaufbau in der SBZ zu erschweren gesucht hätten. Der Sowjet-union wurde gehuldigt, allein konsequent gegen den Nationalsozialismus gekämpft zu haben.170 Eine landesweite Kampagne am fünften Jahrestag der Zerstörung Dresdens erneuerte und formte die Erinnerung an die Bombardierungen sowie die Befreiung durch die Sowjetarmee nachhaltig. „Nach dem 13. Februar 1950 sollten alle Konstanten der Erzählung soweit ausgeformt sein, dass sie bis zum Ende der DDR für deren Geschichtspolitik tauglich blieb.“171 Dresden wurde, wie bereits bei den Nationalsozialisten, als einzigartige und unschuldige Stadt dargestellt und deren Zerstörung als militärisch sinnlos am Ende des Krieges.

170 Vgl. Neutzner: Vom Anklagen zum Erinnern. In: Reinhard, Neutzner und Hesse (Hrsg.): Das rote Leuchten, 2005, S. 128–163, hier S. 137.

171 Ebd., S. 142.

3.3 Entstehungsbedingungen und Entstehungsgeschichte