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Dreidimensionale Echtzeit NMR-Spektroskopie mit S54G/P55N RNase T1

3. E RGEBNISSE UND D ISKUSSION

3.6 Echtzeit NMR-Spektroskopie zum Studium der langsamen Faltung von RNase T1

3.6.3 Dreidimensionale Echtzeit NMR-Spektroskopie mit S54G/P55N RNase T1

Für die sequentielle Zuordnung der Resonanzen des Faltungsintermediats I39t reicht die spektrale Auflösung zweidimensionaler Spektren nicht aus, da in Echtzeit NMR-Spektren neben den Kreuzsignalen des transienten I39t auch die Kreuzsignale des nativen Zustands auftreten. In vielen Fällen ist die chemische Verschiebung der Resonanzen im nativen und intermediären Zustand ähnlich, was zu einer signifikanten Überlagerung von Signalen führt. Neben der sequentiellen Zuordnung ist auch die Zuordnung von NOE-Kreuzsignalen von Interesse, da diese Informationen über den Abstand der wechselwirkenden Protonen liefert und die Grundlage jeder Strukturrechnung darstellt. Hierzu wurde schon ein homonukleares 2D NOESY-Spektrum während der Rückfaltung aufgezeichnet und ca. 200 NOEs des Intermediats mit Hilfe der in Abb. 96 (siehe 3.6.2) beschriebenen Linienformanalyse bzw. Differenzbildung identifiziert (Balbach, et al., 1999). Die Rückfaltung von S54G/P55 RNase T1 bei 1 °C verläuft so langsam, dass währenddessen ein dreidimensionales 15N-editiertes NOESY-HSQC Echtzeit NMR-Spektrum (Abb. 8) aufgezeichnet werden konnte. Die Vorgehensweise entspricht der Analyse, die für das 2D Echtzeit 1H/15N HSQC-Spektrum durchgeführt wurde. Im 3D Echtzeit Experiment sind jedoch zwei indirekte Dimensionen vorhanden, so dass je nach der Reihenfolge der Inkrementierung die charakteristische Linieform der auftretenden Kreuzsignale des nativen Proteins entweder in der indirekten 1H- oder 15N-Dimension zu beobachten ist. Daher wurden jeweils ein 3D 1H/15N NOESY-HSQC Spektrum während der Rückfaltung von S54G/P55N RNase T1 aufgezeichnet. Um die charakteristische Linienform in der indirekten 1 H-Dimension zu erhalten, wurden bei der Aufnahme zuerst die 15N-Dimension und anschließend die indirekte 1H-Dimension inkrementiert. Für die charakteristische Linienform in der 15 N-Dimension wurden zuerst die indirekte 1H-Dimension und dann die 15N-Dimension inkrementiert. In Abb. 101 sind die jeweiligen 2D NOESY-Ebenen aus den beiden 3D 1H/15N NOESY-HSQC Echtzeit NMR-Spektren gezeigt. Die charakteristische Linienform mit den negativen Flanken ist nur in der 2D NOESY-Ebene zu finden, bei der im 3D Experiment die indirekte 1H-Dimension nach der 15N-Dimension inkrementiert wurde. Die Kreuzsignale sind allerdings sehr breit und zeigen daher eine geringere Intensität. Somit kann mit diesem Spektrum lediglich die Unterscheidung zwischen charakteristischen Kreuzsignalen im nativen bzw. intermediären Zustand getroffen werden. Die äquivalente 2D NOESY-Ebene des 3D Experiments, welche die charakteristische Linienform in der 15N-Dimension trägt, besitzt scharfe und intensive Kreuzsignale und kann somit zur sequentiellen Zuordnung und zur Zuordnung von NOE-Kreuzsignalen eingesetzt werden.

Neben den 3D Echtzeit NMR-Spektren wurden nach der Rückfaltung auch die dazugehörigen Referenz-Spektren aufgezeichnet. Wie in 3.6.2 für das 2D 1H/15N Echtzeit HSQC-Spektrum beschrieben, wurde auch hier das Differenz-Spektrum berechnet, um eine schnelle Unterscheidung zwischen Kreuzsignalen des Intermediats und des nativen Zustands zu erreichen. Auf der Grundlage dieser vier 3D-Spektren konnte der Großteil der Kreuzsignale des Faltungsintermediats zugeordnet werden. Die verwendete Zuordnungsstrategie ist in der Diplomarbeit von F. Hagn ausführlich beschrieben (Hagn, 2003), wobei als Startpunkte der sequentiellen Zuordnung die Kreuzsignale von Amidprotonen dienten, die im nativen Zustand und im Faltungsintermediat eine identische oder sehr ähnliche chemische Verschiebung besitzen (siehe Abb. 99 und Tab. 20). Die Zuordnung des Intermediats ist in dem 2D 1H/15N HMQC-Spektrum in Abb. 102b dargestellt.

Im Vergleich dazu ist das äquivalente Spektrum des nativen Zustands abgebildet (Abb. 102a).

Abb. 101: 2D 1H/1H NOESY-Ausschnitte aus den 3D Echtzeit 15N-editierten NOESY-HSQC-Spektren. In (b), (d), (g) und (h) besitzen die Kreuzsignale des nativen Zustands die charakteristische Linienform in der indirekten

1H-Dimension mit den beiden negativen Flanken, da die indirekte 1H-Dimension nach der 15N-Dimension inkrementiert wurde. In (a), (c), (e) und (f) ist die charakteristische Linienform der Kreuzsignale des nativen Proteins nicht vorhanden, da diese aus dem 3D Echtzeit NMR-Spektrum extrahiert wurden, in dem die indirekte

1H-Dimension vor der 15N-Dimension inkrementiert wurde. NOESY-Ausschnitte von (a), (b) A95 in I39t (8.06 ppm) und N39c (7.98 ppm) bzw. von (c), (d) G97 in I39t (8.75 ppm) und N39c (8.80 ppm). NOESY-Ausschnitte von A19 im nativen Zustand (e), (g) und in I39t (f), (h). Über den NOESY-Ausschnitten ist die jeweilige 15N-chemische Verschiebung im 3D-Spektrum angegeben.

Das 2D HMQC-Spektrum des Intermediats wurde aus einem 2D Echtzeit NMR-Experiment erhalten. Dabei wurden 128 schnelle 2D HMQC-Spektren während der Rückfaltung von S54G/P55N RNase T1 in 10 mM Na-oxalat, 0.6 M GdmCl pH 5.0 bei 10 °C aufgezeichnet. Die Experimentdauer pro 2D HMQC-Spektrum betrug 207 s. Nach der Mittelung der ersten vier 2D HMQC-Spektren wurde das mit der Rückfaltungsrate skalierte Spektrum des nativen Anteils (Abb. 102a) subtrahiert woraus das 2D HMQC-Spektrum des Faltungsintermediats (Abb. 102b) resultierte. Die Spektren und deren Analyse wurde freundlicherweise von Steegborn et al. zur Verfügung gestellt (Steegborn, et al., 2000). Die Kreuzsignale im 2D 1H/15N HMQC-Spektrum von I39t bei 10 °C sind vergleichbar den Kreuzsignalen von I39t im 2D Echtzeit 1H/15N HSQC-Spektrum bei 15 °C (Abb. 97a) und zeigt eine ebenso gute Dispersion. Daraus lässt sich schließen, dass I39t schon weitgehend strukturiert vorliegt. Allerdings besitzt der Großteil der Amidprotonen im Spektrum des Intermediats eine unterschiedliche chemische Verschiebung als im Spektrum des nativen Proteins (Abb. 99 und Tab. 20). Ähnliches wurde auch für NOE-Kreuzsignale im 3D Echtzeit

Abb. 102: Schnelle 2D 1H/15N HMQC-Spektren von S54G/P55N RNase T1, die während der Rückfaltung aus 6 M GdmCl in 10 mM Na-oxalat, 0.6 mM GdmCl pH 5.0 bei 10 °C an einem Bruker DRX600 aufgezeichnet wurden. (a) Spektrum des nativen Proteins nach der Rückfaltung (N39c). (b) Spektrum des langlebigen Faltungsintermediats (I39t), das durch Mittelung der ersten vier Spektren während der Rückfaltung und anschließender Subtraktion des Spektrums des nativen Anteils erhalten wurde. Die Spektren wurden freundlicherweise von Steegborn et al. zur Verfügung gestellt (Steegborn et al., 2000). Dort sind auch die weiteren experimentellen Bedingungen und die Berechnung des Spektrums von I39t beschrieben. Die Zuordnung von N39c bzw. I39t wurde mit 15N-editierten dreidimensionalen NMR-Spektren bzw. dreidimensionalen Echtzeit NMR-Spektren getroffen.

NOESY-HSQC-Spektrum gefunden. Hier können, wie dies schon im homonuklearen 2D NOESY-Spektrum gezeigt wurde (Balbach, et al., 1999), drei Gruppen von NOE-Kreuzsignalen unterschieden werden (Abb. 96). (i) NOE-Kreuzsignale zwischen Protonen, die nur im Intermediat räumlich nahe sind, zeigen eine abnehmende Intensität während dem Verlauf des Experiments und breitere Linien. (ii) NOE-Kreuzsignale zwischen Protonen, die nur im nativen Protein räumlich nahe sind, weisen die charakteristische Linienform in der indirekten 1H- bzw. 15N-Dimension mit den beiden negativen Flanken auf. Die Intensität steigt mit zunehmender Rückfaltungsdauer an. In den NOESY-Ausschnitten des Intermediats sind diese Kreuzsignale nicht zu finden (z.B. A95, A19 in Abb. 101). (iii) NOE-Kreuzsignale zwischen Protonen, die in N39c und in I39t räumlich nahe sind und sich in der nativen strukturellen Umgebung befinden, besitzen eine unveränderte Intensität, scharfe Linien und eine identische chemische Verschiebungen. Durch die Einteilung der NOE-Kreuzsignale in diese drei Gruppen ermöglicht die sequentielle Zuordnung des Intermediats.

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