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3. E RGEBNISSE UND D ISKUSSION

3.3 Studium der schnellen Faltung von CspB mit NMR-Spektroskopie

3.3.1 ZZ-Austausch NMR Spektroskopie

Im Übergangsbereich des Harnstoff-induzierten Entfaltungsübergangs von CspB ist sowohl der native als auch der entfaltete Zustand signifikant populiert. Daher werden in NMR-Spektren für beide Konformationen Signale erhalten, sofern sich diese im langsamen Austausch bezüglich der NMR-Zeitskala befinden. Langsamer Austausch bedeutet, dass die Austauschrate zwischen den beiden Zuständen kleiner ist, als die Differenz der chemischen Verschiebung zwischen den Signalen der beiden Zustände. Dies trifft für CspB im Bereich zwischen 2.77 M und 4.65 M Harnstoff zu, weshalb in diesem Bereich bei sieben verschiedenen Harnstoffkonzentrationen 2D ZZ-Austauschspektren aufgezeichnet wurden.

Dabei kam die Pulssequenz aus Abb. 18 zum Einsatz mit der die Spin-Gitter Relaxationsraten (R1N, R1U) und die Austauschraten (kf, ku) simultan ermittelt werden können. Die meisten Amidprotonen von CspB befinden sich im langsamen Austausch, so dass diese ein Kreuzsignal für den nativen und ein Kreuzsignal für den entfalteten Zustand zeigen (Autosignale). Durch Verlängerung des Austauschzeitintervalls werden sog. Austauschsignale generiert, die die 15N chemische Verschiebung des nativen bzw. entfalteten Zustands und die

1H chemische Verschiebung des jeweils anderen Zustands tragen (2.5.6). Die Zuordnung der Kreuzsignale des nativen Zustands bei 0 M Harnstoff ist bekannt. Durch die Aufnahme von 2D 1H/15N HSQC-Spektren bei unterschiedlichen Harnstoffkonzentrationen konnte die Abhängigkeit der chemischen Verschiebung bestimmt werden, da die Kreuzsignale sich graduell verschoben. Somit konnte die Zuordnung der Kreuzsignale des nativen Proteins über den gesamten Harnstoffkonzentrationsbereich getroffen werden. Die Abhängigkeit des Betrags der Differenz der 15N chemischen Verschiebung zwischen dem Kreuzsignal des nativen und des entfalteten Proteins (∆δN,U(15N)) von der Harnstoffkonzentration ist linear und in Abb. 51 gezeigt.

Abb. 51: Harnstoffabhängigkeit der Differenz der 15N chemischen Verschiebung zwischen den Kreuzsignalen des nativen und entfalteten Zustands (∆δN,U(15N)). (a) W8, (b) G54, (c) G16. Die lineare Regression ergab für die Steigung bzw. den y-Achsenabschnitt für (a) (0.213 ± 0.009) ppm·M-1 bzw. (10.771 ± 0.034) ppm, für (b) (-0.081 ± 0.005) ppm·M-1 bzw. (3.578 ± 0.019) ppm, für (c) (0.007 ± 0.005) ppm·M-1 bzw. (4.457 ± 0.017) ppm.

In den ZZ-Austauschspektren sind neben den Autosignalen des nativen und entfalteten Zustands auch die dazugehörigen Austauschsignale vorhanden, so dass teilweise eine Überlagerung der Kreuzsignale eintritt. Die Unterscheidung der Autosignale von den Austauschsignalen erfolgte nach einer Subtraktionsmethode (2.5.6). Hierzu wurden 1H/15N 2D-Korrelationsspektren mit der Pulssequenz aus Abb. 19 mit identischen Austauschintervallen aufgezeichnet. Der Unterschied dieser beiden Spektren besteht darin, dass in einem Experiment der Austausch nach (Abb. 19a, Austauschspektrum) bzw. vor (Abb.

19b, Autospektrum) der Entwicklung der 15N chemischen Verschiebung ermöglicht wird, so dass Austauschsignale generiert werden oder nicht. Die Subtraktion des Austauschspektrums vom Autospektrum ergibt positive Intensitäten für die Autosignale und negative Intensitäten für die Austauschsignale, was in Abb. 52 gezeigt ist. Da die Relaxations- bzw. Austauschzeit identisch ist werden Subtraktionsartefakte minimiert. Die Korrelation der Autosignale des nativen und des entfalteten Zustands mit Hilfe der Austauschsignale ermöglicht eine einfache Zuordnung der Kreuzsignale des entfalteten Zustands ausgehend von der Zuordnung des nativen Proteins. Insgesamt konnten so 34 Kreuzsignale von Amidprotonen im entfalteten Zustand identifiziert und zugeordnet werden.

Durch die Variation des Austauschintervalls in der Pulssequenz aus Abb. 19 sind ebenso wie mit der Pulssequenz aus Abb. 18 die Bestimmung der longitudinalen Relaxationsraten von U und N sowie die Faltungsraten möglich. Allerdings ist der doppelte Messzeitaufwand notwendig, da für jede Austauschzeit sowohl ein Auto- als auch ein Austauschspektrum

Abb. 52: Ausschnitt aus 2D 1H/15N Korrelationsspektren von CspB mit einem Austauschzeitintervall von 60 ms in 20 mM Na-cacodylat, 3.1 M Harnstoff pH7.0 bei 25 °C. (a) Autospektrum (Pulssequenz Abb. 19b), in dem nur Kreuzsignale des nativen und entfalteten Proteins auftreten. (b) Austauschspektrum (Pulssequenz Abb. 19a), das zusätzlich zu den Autosignalen auch die Austauschsignale enthält. (c) Differenzspektrum (Subtraktion des Austauschspektrums vom Autospektrum). Positive bzw. negative Intensitäten wurden in schwarz bzw. rot dargestellt und repräsentieren die Auto- bzw. Austauschsignale. Die Kreuzsignale eines Amidprotons wurden mit einem Rechteck verbunden und die Zuordnung angegeben.

gemessen werden muss. Dadurch entsteht aber auch ein Vorteil für die nachfolgende Anpassung mit Gl. 50. So kann die im Autoexperiment bestimmte R1N- und R1U-Rate bei der Anpassung der Intensitätsverläufe der vier Kreuzsignale eines Amidprotons aus dem Austauschexperiment konstant gehalten werden, was die Güte der Anpassung durch Gl. 50 verbessert. Ein entscheidender Nachteil der Pulssequenz aus Abb. 19 für die quantitative Bestimmung der Austauschraten ist jedoch, dass das unterschiedliche Austauschverhalten der Amidprotonen mit dem Lösungsmittel im nativen bzw. entfalteten Protein nicht berücksichtigt wird. Dies führt zu einer fehlerhaften Bestimmung der Signalintensität der Kreuzsignale und somit zu einer Unsicherheit in der Gleichgewichtskonstante (2.5.6). Daher wurden die Faltungsraten ausschließlich mit der Pulssequenz aus Abb. 18 bestimmt, in der sehr viel Wert auf das unterschiedliche Führen der Wasser- bzw. Proteinmagnetisierung gelegt wird. In Abb. 53 ist die simultane Anpassung der Intensität der vier Kreuzsignale von G22 bei 2.8 M Harnstoff und von F15 bei 3.5 M Harnstoff an Gl. 50 gezeigt. Die Intensität der Autosignale erfährt einen exponentiellen Abfall (,), während die Intensität der Austauschsignale (,) einen charakteristischen Verlauf nimmt: Bei kurzen Austauschzeiten steigt die Intensität deutlich an, um bei längeren Austauschzeiten aufgrund der größer werdenden longitudinalen Relaxation wieder abzunehmen.

Aus der mit stopped flow Fluoreszenzmessungen erhaltenen Chevron-Auftragung (halblogarithmische Auftragung von kex gegen [Harnstoff]) sind die Faltungsraten und ihre Harnstoffabhängigkeiten bekannt (Schindler, et al., 1995). Die damit bestimmte

Abb. 53: Gleichzeitige Anpassung der longitudinalen Relaxationsraten (R1N, R1U) und der Austauschrate (kex = kf, + ku) in 20 mM Na-cacodylat pH 7.0 bei 25 °C. (a) G22 in Gegenwart von 2.8 M Harnstoff. (b) F15 in Gegenwart von 3.5 M Harnstoff. Intensität der Autosignale des () nativen bzw. des () entfalteten Zustands.

Intensität der Austauschsignale des () nativen bzw. des () entfalteten Zustands. Die gemeinsame Anpassung der vier Kreuzsignalintensitäten je Amidproton an Gl. 50 ergab für (a) R1N = (7.4 ± 3.1) s-1, R1U = (2.4 ± 2.6) s-1, kex = (38.9 ± 4.2) s-1 und für (b) R1N = (4.6 ± 2.3) s-1, R1U = (4.2 ± 0.5) s-1, kex = (43.4 ± 3.9) s-1. Die Spektren wurden an einem Bruker Avance750 mit der Pulssequenz aus Abb. 18 aufgezeichnet.

Austauschrate kex (kex = kf + ku) beträgt bei 25 °C und 2.8 M bzw. 3.5 M Harnstoff 75 s-1 bzw.

55 s-1. Die mit der 2D ZZ-Austauschspektroskopie erhaltenen Ergebnisse sind vergleichbar (39 s-1 bzw. 43 s-1), liegen jedoch zu tief. Der Hauptgrund dafür ist in der Empfindlichkeit dieser Austauschexperimente bzgl. der Geschwindigkeit der beobachteten Reaktion zu suchen. Die Faltungsrate von CspB im untersuchten Harnstoffkonzentrationsbereich liegt teilweise deutlich über dem theoretisch vorgeschlagenen Bereich von 0.1 s-1 bis 10 s-1. Durch die hohe Austauschrate sind auch Austauschsignale bei sehr kurzen Austauschintervallen (< 1 ms) in den Spektren vorhanden, da während des abschließenden INEPT-Schritts der Pulssequenz in Abb. 18 ebenfalls der Austausch wirkt. Zusätzliche Probleme bei der Anpassung der relativen Intensitäten der vier Kreuzsignale treten durch das ungünstiger werdende Populationsverhältnis von nativem und entfaltetem Protein bei höheren Harnstoffkonzentrationen auf. Dies ist schon teilweise in Abb. 53b zu sehen. Bei steigender Harnstoffkonzentration steigt die Intensität des Autosignals von U stark an und die Intensität des Autosignals von N nimmt stark ab. Bei 4.2 M Harnstoff liegt bei G22 die relative Intensität des Autosignals von N noch bei ca. 3% der Intensität des Autosignals von U. Die Austauschrate (kex) bleibt für G22 zwischen 2.8 M Harnstoff und 4.2 M Harnstoff nahezu konstant, was ebenso ein Zeichen für die zu geringe Sensitivität der ZZ-Austauschspektroskopie ist, um einen vollständigen Datensatz für die quantitative Analyse zwischen 0 M und 8 M Harnstoff zu erhalten. Vergleichbare Resultate wurden für W8, F15, E19 und G44 erhalten. Aus diesen Gründen wurde hier auf die Auswertung und Darstellung der weiteren 19 analysierbaren Aminosäuren verzichtet.

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