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Dr. Oberländer

Im Dokument in Verbindung mit deutschen Klinikern (Seite 174-196)

in D r e s d e n .

Die Beweise, dass durch geringfügige periphere Reize in und auf

Schleimhäuten mit empfindlichen N e r v e n e n d i g u n g e n dem R e i z entsprechend unverhältnismässig grosse nervöse Störungen veranlasst werden können, haben sich in der Litteratur der letzten Jahre ausserordentlich vermehrt.

Schon länger bekannt war unter anderen der R e i z der E i n g e w e i d e w ü r m e r bei Kindern und die dadurch veranlassten K r a m p f f o n n e n , neueren D a ­ tums der Einfluss chronischer Katarrhe der Nasen- und Rachenschleimhaut auf die verschiedenen benachbarten Nervenplexus. Ein im praktischen L e b e n fast tägliches V o r k o m m n i s bilden die nervösen Leiden örtlicher und allgemeiner Natur, die mit Krankheiten der weiblichen Geschlechts­

organe in direktem Zusammenhang stehen, allerdings ist dies auch mit R ü c k s i c h t auf das w e i b l i c h e Nervensystem und den Bau der weiblichen Geschlechtsorgane ein leichter erklärbares V o r k o m m n i s . W a s in dieser Beziehung bei der Frau als etwas überaus häufiges gelten muss, ist bis jetzt beim Manne mehr oder weniger als ein seltenes, w e n i g gekanntes, in einzelnen Formen als ein zweifelhaftes V o r k o m m n i s betrachtet und in seiner Kenntnis vernachlässigt worden. Obschon wir anatomisch und physiologisch in den männlichen H a r n - und Geschlechtsorganen resistenz­

fähigere und kräftiger gebaute G e b i l d e vor uns h a b e n , so weist schon ihre komplicirte und reichliche Innervirung auf die Möglichkeit einer grossen Varietät ihrer nervösen Erkrankungen h i n , die ihre Ursache genau w i e beim weiblichen G e s c h l e c h t e in mehr oder minder erheblichen anatomischen Veränderungen haben k ö n n e n oder wenigstens v o n diesen

K l i n . V o r t r ä g e , 27S. (Innere Mediriu 'Jt.l j y i j

•2Ö24 Dr. Oberländer.

[2 begleitet sind. Einzelne Arten nervöser Erkrankungen a m Harnapparat des Mannes, der ja in seinem peripheren Theil anatomisch-physiologisch als Ausführungsgang des Geschlechtsapparates zu betrachten ist, zählen zu den nichts weniger als seltenen Krankheiten überhaupt; der Zweck dieser Blätter soll sein, sich über Entstehung, Symptome, Verlauf und H e i ­ lung einer Anzahl wenig gekannter Formen solcher Neurosen zu verbreiten.

Es soll 1) soweit es möglich ist, versucht werden, die den zu be­

sprechenden n e r v ö s e n S t ö r u n g e n zu G r u n d e l i e g e n d e n , m e h r o d e r m i n d e r g e r i n g f ü g i g e n V e r ä n d e r u n g e n a,\if u n d in d o T S c h l e i m h a u t des I l a r n k a n a l s zu beschreiben. Dieselben sind in d e r Hauptsache noch u n b e k a n n t und in dieser d e t a i Iii r t e n W e i se n o c h n i c h t b e s c h r i e b e n w o r d e n .

2) W i r d d a n n e i n e A n g a b e der h i e r g e g e n a n z u w e n d e n d e n t h e r a p e u t i s c h e n M a s s r e g e l n f o l g e n .

:<) Nach einer a l l g e m e i n e n B e s c h r e i b u n g der b e t r e f f e n d e n F o r m e n d e r N e u r o s e n , wird

4) e i n e S p e z i a l i s i r u n g der a u s g e w ä h l t e n K a p i t e l n e b s t K r a n k e n b e i s p i e l e n u n d s p e z i e l l e n t h e r a p e u t i s c h e n B e m e r ­ k u n g e n den l e t z t e n T h e i l b i l d e n .

Es sind oft von Natur aus und hereditär zu nervösen Erkrankungen beanlagte Individuen, welche zu solchen Affektionen neigen und man findet dann in der Regel noch ein oder d a s andere Anzeichen für der­

gleichen Dispositionen im Vorhandensein eines neuralgischen Zustande», einer Migräne, Schlaflosigkeit, nervöser Dyspepsie u. dergl. Ein anderer Theil solcher Kranken hat die vorerwähnte Disposition durch körperliche oder geistige Ueberanstrengungen sich erworben, und dieselbe macht sich bei einer bestimmten Gelegenheit in einer solchen Neurose geltend.

Zweifellos spielen lange Zeit fortgesetzte Masturbation und andere Excesse in Venere bei unseren Erkrankungen genetisch ebenfalls eine bedeutende Rolle mit. Ihr Zusammenhang mit dem Nervensystem im allgemeinen tritt noch deutlicher zu Tage, wenn sie sich zuerst nach plötzlichen g e -müthlichen Erschütterungen zu zeigen beginnen.

Das grösste Kontingent unserer Kranken leidet zur Zeit scheinbar an keinerlei Disposition und das veranlassende Moment ist dann in einer vorausgegangenen blennorrhoischen Erkrankung der Harnröhre zu suchen.

Dieselbe ist zumeist schon längere Zeit, Monate oder Jahre scheinbar ab­

geheilt gewesen, d. h. der Patient hat keinerlei Ausfluss aus der Harn­

röhre mehr bemerkt; obschon die noch nicht perfekte Heilung auch schon ohne endoskopische Untersuchung durch Anwesenheit von Schleimfäden im Urin konstatirt werden kann. Ebenso oft fehlen selbst diese auch und man muss dann annehmen, dass der Rest des blennorrhoischen Processes eine spontane Heilung insoweit eingegangen ist, als die erkrankten Schleimhautpartien nicht mehr soviel Sekret produciren, dass es jedesmal

31 Zur K e n n t n i s der nervösen Erkrankungen am Harnapparat des Mannes. 2&25 sichtbar durch den Urinstiahl herausgespiilt wird und der in den Ge­

weben immer noch vorhandene Rest der Blennorrhoe oder vielmehr deren Folgezustände von der Schleimhaut aus einen solchen Reiz auf die em­

pfindlichen Nervenendigungen der betreffenden Organe ausübt, dass be-merkenswerthe Störungen in der Funktion oder Sensibilität daraus re-sultiren. Analoge Vorgänge finden sich im menschlichen Organismus, wie schon vorher erwähnt, häufiger.

Die in Frage kommenden anatomischen Objekte: Harnblase, Ureter, Harnröhre, Prostata und Bulbärmuskeln sind ausserordentlich reichlich und zart innervirt. Ihre Nerven stammen von dem Plexus hypagastricus des Sympathicus verstärkt durch Fäden der Ganglia. sacralia und des Plexus pudendalis. Besonders zahlreiche Neivenstämme und eingestreute Ganglien finden sich an der Prostata und zwischen dem Sphincter uretliTae, erstere soll sogar Paccinische Körperchen enthalten; Nervenbildungen, welche nur den empfindlichsten Organen zukommen. Es liegt auf der Hand, dass derlei zart innervirte Gewebe dazu angethan sein müssen, dass auch schon geringfügige acute oder chronische Kntzündungsvorgänge in unmittelbarer Nähe solcher Nervenendigungen diese in einem konti-nuirlichen Reizzustande zu erhalten im stände sind. Ebenso leicht er­

klärlich wird dadurch das stets zu beobachtende Vorkommnis, dass pathologische Vorgänge am Rectum z. B. Hämorrhoidalzustände, Fissuren, Parasiten u. s. w. zu einzelnen der nachstehend geschilderten ähnlichen und analogen Zuständen Veranlassung sind.

Es ist nun dabei nicht nöthig, dass die blennorrhoischen Reste oder andere EntziindungsvoTgänge sich an der Stelle, wo der Reiz ausgelöst wird, vor­

finden; so kann z. B. eine Störung in der Funktion der Schliessmuskeln der Blase ihren Grund in einer Entzündung in der Mitte der Pars pendula haben oder eine, kaum nennenswerthe Injektion der Schleimhaut des Caput galli-naginis verursacht peinigende Schmerzen längs der Pars pendula. Also Reflex oder irradiirte Neurosen.

Zufolge dessen ergiebt sich, dass man Lage und Beschaffenheit der in Frage kommenden Schleimhautveränderungen genau nur durch endo­

skopische Untersuchungen wird feststellen können. Obwohl diese leicht von der einen Seite überschätzt werden, so wird ihnen im allgemeinen doch noch viel zu wenig Beachtung in Bezug auf derlei lokale Affektionen geschenkt. Daran sind zumeist die unzulänglichen Instrumente schuld, mit denen gearbeitet wird. Wer einen Vergleich der verschiedenen Ure-throskope in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit hat anstellen können, wird, sobald er unparteiisch zu Werke geht, dem elektro-endoskopischen System von N i t z e - L e i t e r den ersten Rang zuerkennen müssen. Was die Ein­

richtung und den Gebrauch dieser Instrumente anlangt1), so verweise ich

') Seitdem sind dieselben wesentlich vereinfacht und praktischer eingerichtet.

199*

2526 ])r. Oberländer.

unter anderen auf die seinerzeit von mir veröffentlichten Notizen in der Berliner klinisch. Wochenschr. 1 8 7 ( 1 , Nr. 4 S . — Beobachtungen in grösse­

rem Umfange bekannt zu geben, hat mir bis jetzt die Zeit gemangelt.

Ebenso muss ich es im folgenden der Umfänglichkeit wegen unterlassen, eingehende Vergleiche mit den Beobachtungen einiger anderer Autoren, welche in dem Grünfeld'sehen Muche «Endoskopie, der Harnröhre und Blase« sich vorfinden, anzustellen. Dasselbe soll zu anderer Zeit und an einem anderen Orte geschehen und ist überhaupt hier von nebensächlicher Bedeutung. Die meisten der eben erwähnten Untersuchungen und Be­

funde bedürfen noch einer eingehenden wissenschaftlichen Prüfung, ebenso wie die meinigen der Bestätigung der Fachspezialisten harren.

Nur bitte ich dabei Rücksicht zu nehmen, dass dieselben mit einem Instrumente angestellt wurden, welches ermöglicht, den zu untersuchen­

den Theil der Harnröhre bei der B e l e u c h t u n g s s t ä r k e des S o n n e n ­ l i c h t s zu untersuchen, während die mit reflektirtem Lichte erleuchteten Theile auch nicht annähernd diese Intensität erreichen können und dass demgemäss der grössere Theil der Details dem Untersucher verloren gehen muss. Man hat also die nachfolgenden Meobachtungen in der Haupt­

sache als originelle aufzufassen, deren Kontrolle nur mit demselben In­

strumente, resp. derselben Beleuchtungsmethode möglich ist.

In den einzelnen Theilen der Harnröhre beobachtet man verschiedene Formen von chronischer Entzündung, die alle zu neurotischen Erschei-nungen Veranlassung geben können.

Im allgemeinen kann man nach meinen Beobachtungen zwei Arten unterscheiden. 1) s o l c h e m i t M e t h e i l i g u n g d e r D r ü s e n u n d des p e r i a c i n ö s e n G e w e b e s , dies s i n d die e i g e n t l i c h e n c h r o n i s c h e n , resp. am längsten zu ihrer Vorbereitung brauchenden Formen. 2 ) Die, bei denen die Drüsen nicht hauptsächlich betheiligt sind, wo eine a l l ­ g e m e i n e und auch h e r d f ö r m i g e Betheiligung der Schleimhaut in lorm e i n e r sa mm ta l t i g e n S c h w e l l u n g oder einer g r a n u l ä r e n H y p e r t r o p h i e beobachtet wird. Zu dieser Art zählt auch eine m e n i -b r a n ö s e E n t z ü n d u n g der Harnröhre, die in croupähnlichen kleinen Auflagerungen besteht, dieselbe ist keineswegs identisch mit der in dem Grünfeld'sehen Buche erwähnten Erkrankung gleichen Namens, welche eine acute, sehr entzündliche Form darstellen soll; im Gegentheil hat die meinige in der Hauptsache einen ziemlich reaktionslosen Verlauf auf die umgebende Schleimhaut. Die Membranen sitzen in der Regel nur in der zweiten Hälfte der P. pendula nahe am Bulbus, und ich habe sie zumeist nur in Begleitung der noch näher zu beschreibenden chronischen Ent­

zündung der Schleimhautdrüsen gesehen. Die Membranen haben eine weisse Farbe, sind nicht oder wenig erhaben über die sie umgebende Schleimhaut, haften sehr fest auf ihrer Unterlage, so dass man mit dem Wattetampon oft nur sehr schwierig und wenig davon ablösen kann. —

5 1 Z u r K e n n t n i s der nervösen Erkrankungen am Harnapparat des M a n n e s . 2527 Hei dieser Prozedur pflegen diese Stellen keineswegs immer leicht, zu bluten, so dass man einen fest abgegrenzten Krankheitsbezirk innerhalb des Epithels annehmen muss. Dem entspricht auch meine konstante Wahrnehmung, dass diese Stellen zumeist monatelang bestehen und nach ihrer Entfernung sich immer wieder bilden, trotz der Einwirkung von starken kaustischen Mitteln. Die Membranen verlieren sich stets so, dass sie immer dünner und durchscheinender werden, zumeist zuerst in der Mitte, wo man nach und nach die gesunde Schleimhaut immer mehr durchschimmern sieht. Die mikroskopische Beschaffenheit der Membra­

nen habe ich bis jetzt noch nicht genau feststellen können. W i e schon erwähnt, sitzen die Membranen zumeist in der Nähe des Bulbus und sind der natürlichen Faltung der Schleimbaut daselbst adaptirt, also bilden sie spitz zulaufende schmale Streifen von mehreren Millimetern Breite und bis zu 1 cm Länge. Ihre Entstehung kann ich mir nur so erklären, dass Urinreste, natürlich nur Tropfen, von einer bestimmten chemischen Beschaffenheit durch den längeren Kontakt mit einer besondern Art erkrankten Epithels eine Verhornung dieser Herde hervorzurufen ge­

eignet sind. Urinreste verhalten sich stets, vor allen Dingen bei nicht gesunder Harnröhre, am Bulbus, resp. vor demselben, da der M. compressor uretbrac infolge der längeren Entzündung an Agilität eingebüsst hat; zu­

dem wird der eben durch den Bulbus sehr eingeengte Urinstrahl mit grösserer Heftigkeit an die Wände des angrenzenden Theils der P. pend.

antreffen und dort Auflockerungen und Degenerationen des erkrankten und erweichten Epithels leicht veranlassen können. Da die Degeneration einen d u r c h a u s s c h m e r z l o s e n u n d t r o c k e n e n C h a r a k t e r hat, so wird man einen andern Process als den einer V e r h o r n u n g , ein passen­

der Name wäre dafür U r e t h r i t i s s q u a m o s a , nicht supponuen können.

Ein naheliegendes Beispiel dafür ist in der Mundschleimhaut die Psoriasis mueosa oris und deren verwandte Erscheinungen. Eine besondere Urin­

beschaffenheit hatten die Patienten, welche diese Membranen zeigten, sonst nicht — es waren alles starke Fleischcsser, also war der Harn stets mit Harnstoff stark gesättigt — die Membranen hafteten, wie schon er­

wähnt, so fest an, dass kaum zu erwarten war, dass sich häufig Bestand­

t e i l e derselben im Urin auffinden lassen würden. Endlich ist selbstver­

ständlich die Möglichkeit ausgeschlossen, dass etwa eine Täuschung in Bezug auf artificielle Produkte an diesen Stellen mit Injektionsüberresten, Kauterisationsschorfen etc. stattgefunden halten könnte.

Was die vorher erwähnte h y p e r t r o p h i s c h e F o r m der Urethritis anlangt, so ist dieselbe mit einer sehr starken Succulenz der Schleimhaut verbunden, es findet sich zumeist gräulicher Schleim am Boden des ein­

gestellten Schleimhauttrichters, ebenso blutet die erkrankte Stelle leicht.

Die Drüsen sind sichtbar zumeist nur in den Uebergangsformen betheiligt.

Die chronische Urethritis, welche ich g r a n u l i r t e nenne, zeigt eine grosse

L

2 5 2 8 Wr. Oberländer. [C Aehnliehkeit mit HIT Art des Schlcimhautkatarrhs im Rachen, die den­

selben Namen führt, nur sind die Granulationen viel kleiner, flacher und zahlreicher. Sie ist aber ebenfalls nicht sehr schleimproducirend, sehr hartnäckig, zu sensiblen Störungen Veranlassung gebend, beim Dariibcr-hingleiten des Tubus zumeist empfindlich.

G r i i n f e l d versteht unter U r e t h r . g r a n u l o s a etwas anderes, was am meisten Aehnlichkeit mit der von mir im folgenden genau zu beschreiben­

den Form zu haben scheint, die näheren Details sind jedoch mit dem reflectirten Lichte nicht erkannt worden.

Die Entzündungen, bei welchen die Drüsen hauptsächlich zu parti-eipiren scheinen, habe ich in den verschiedensten Stadien und Formen beobachten können. Haid sind es e i n f a c h e f o l l i c u l ä r e V e r s c h w ä -rungen, von aussen durch eine etwa hanfkorn- bis erbsengrossc Härte an der Harnröhre zu fühlen, die sich unter dem Urethroskop durch eine circumscripte Rothe und leichte Hervorbuchtung kennzeichnet, in der­

selben liegen mitten von geschwollener Schleimhaut umgeben eine Anzahl Drüsenausführungsgänge, aus denen Kiter oder Schleim hervorquillt, unter Umständen sich herausdrücken lässt. Die Zahl kann zwischen 5 und 1 0 variiren; ihr Sitz ist in der Regel ein Stück hinter der Fossa navic, auch noch näher dem Bulbus finden sich welche; selten ist nur einer, zumeist 2 — 3 solcher Herde vorhanden, von denen einer vielleicht schon in Rückbildung begriffen ist.

Aus dieser Form der Follicularverschwärung oder Entzündung, die man nicht so häufig bei Klagen über nervöse Beschwerden findet, kann sich vermuthlich eine andere, viel hartnäckigere und häufigere Form bil­

den. Das urethroskopische Bild bei dieser ist ein äusserst charakteristisches.

Der erkrankte Theil der Harnröhre stellt schon auf den ersten Anblick ein mehr oder weniger starres Rohr dar, der Tubus gleitet nur unter stärkerem Drucke, sehr oft unter Schmerzensäusserungen der Patienten darüber weg. Die Faltenbildung an dem Schleimhauttrichter, der das urethroskopische Bild abschliesst, ist nicht mehr vorhanden, die Spitze des Schleimhauttrichters bildet, wie bei dem eigentlichen Trichter, eine klaffende runde Oeffnung. Die Farbe der Schleimhaut ist blässer als das gesunde Gewebe, weniger glänzend und deutlich glasig geschwollen. Die Drüsenausfühmngsgänge liegen zum Theil unregelmässig in Gruppen ver­

streut mit kraterförmig klaffender Mündung, — dies scheint mehr bei den leichteren Formen der Fall zu sein, — theils sieht man sie als schwärzliche Punkte, ohne dass man eine offene Mündung zu sehen bekommt, ver­

muthlich durch Sekret.verstopft. Sehr oft umgiebt in hochgradigen Fällen ein dunkelrother bis blauschwarzer Hof die Ausführungsgänge, der deut­

lich hämorrhagischen Charakter trägt. Je nach der Betheiligung des periglandulären Gewebes erscheinen die Ausführungsgänge klappenartig durch die gewulstete Schleimhaut überwölbt oder im Niveau der

letzte-7] Z u r K e n n t n i s d e r n e r v ö s e n E r k r a n k u n g e n a m l l a r n a p p a r a t d e s M a n n e s . 2 5 2 9 ren liegend. Hat die chronische Entzündung das ganze Gewebe durch­

setzt, so ist die Schwellung noch stärker und der Durchgang des Tubus verursacht oft oberflächliche unter Umständen tiefe Risse. Die Schleim­

haut ist dann auch nicht mehr glatt, sondern hügelig erhaben, macht immer noch in der Hauptsache einen starren, glasig gesehwollenen Ein­

druck, zeigt aber nun ausserdem eine grosse Anzahl, ohngefähr stecknadel­

kopfgrosser und kleinerer abschuppender Stellen. — Dieselben bestehen aus verhornten und verdickten Epithellagen, welche beim Abtupfen mit dem Wattetampon sich ablösen und leicht blutende Punkte darstellen.

In den Zwischenräumen oder Spalten dieser Proliferationen liegen unregel-mässig verstreut die Drüsengruppen mit mehr oder weniger stark ent­

zündetem Hofe, wie es eben geschildert wurde, umgeben. Nach mehr oder weniger längerem Bestehen pflegen sich diese Veränderungen zurückzu-bilden. Die blutenden Stellen verringern sich, die Schuppenbildung lässt nach, der Tubus verursacht beim Einführen keine Risse mehr. Im Laufe der Heilung bilden sich an ihrer Stelle zunächst deutlich kleine Narben, zuerst an Stelle der Schuppen und in einer weitern längeren und unbestimmten Zeit an der ganzen erkrankt gewesenen Stelle, nur hie und da sind die­

selben unterbrochen von unregelmässig eingestreuten Drüsengruppen, die selten jetzt die Injektionshöfe, häufiger in dem starren Gewebe die schon beschriebenen kraterförmig klaffenden Ausführungsgänge zeigen. Zumeist findet sich die so erkrankte Stelle, die in ihrer Ausdehnung l bis ca.

5 cm betragen kann, nicht gleichmässig erkrankt, sondern in einem der beschriebenen Entzündungsstadien, so dass Anfang und Ende dem Ver-narbungsprocess am nächsten sind, die mittlere Region befindet sich in dem höchsten Entzündungsstadium. Der ganze Krankheits und H e i -lungsprocess nimmt verschieden lange Zeit in Anspruch. Fast alle be­

standen, ehe sie in meine Behandlung kamen, mindestens schon Monate, oft Jahr und Tag und brauchten ebenso lange Zeit zur Behandlung, ehe sie definitiv vernarbten. Andere, natürlich räumlich weniger ausgedehnte Fälle konnten bereits im Verlaufe von 8 — 1 0 Wochen soweit gediehen sein. Es versteht sich ferner von vornherein von selbst, dass ich mit der eben gegebenen genauen Beschreibung den Typus eines besonders aus­

gebildeten Krankheitsbildes der Schleimhaut gegeben habe. Zwischen den vorher erwähnten Formen und der letzteren, die ich U r e t h r i t i s g l a n d u l a r i s p r o l i f e r a n s zu nennen vorschlage, finden sich Ueber-gangsstaclien, namentlich solche Formen, in denen sich die Entzündung nur auf die Drüsen und noch nicht in so hohem Grade auf das peri­

glanduläre Gewebe erstreckt hat. Die Drüsenausführungsgänge sind dann ebenfalls injicirt, blauroth tingirt und liegen tief eingebettet in geschwol­

lener Schleimhaut, man müsste eine solche. Form dann U r e t h r i t i s g l a n ­ d u l a r i s nennen. In vielen, wenn auch vielleicht nicht in allen Fällen, gehen diese in die U. g. proliferans über, unbedingt kann man aber durch

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die geeignete und noch zu erwähnende Behandlung den betreffenden Uebergang in die länger andauernde und schwierig zu behandelnde Form coupiren. Inwieweit sielt die eben beschriebene Kntziindungsform mit der Strikturbildenden vollkommen deckt, lasse ich an dieser Stelle jetzt un-erörtert.

Aehnlicber solcher Befunde an der Leiche erwähnt D i t t e l »Strikturen der Harnröhre" am Ende des § 2G, S. 152, und damit wäre ja auch das positive Vorkommen ausgedehnter, flacher Narben auf der Schleimhaut der Harnrühre, die Strikturbildung nicht veranlassen, sanktionirt. Auch D i t t e l fuhrt diese Erscheinung auf das Vorangehen vieler Katarrhe zurück.

Da es schwierig ist, genügendes mikroskopisches Material zur Unter­

suchung zu bekommen, so bin ich zunächst ausser Stande, eine genaue histo­

logische Beschreibung zu liefern. In der Hauptsache wird dieselbe sich mit der eines Entzündungsprocesses und nachfolgender narbiger Schrumpfung decken.

Der zweite Abschnitt der Harnröhre vom Mulbus bis zum Blasenhals ist so bequem wie die P. pend. einer urethroskopischen Untersuchung nicht zugänglich, und ist auch für den Patienten mit mehr Unbequemlich­

keiten verknüpft; andererseits sind die auf der Schleimhaut sichtbaren Veränderungen keineswegs von einer so grossen Mannigfaltigkeit und Wichtigkeit. Man findet oft bei verhältnismässig starken Beschwerden in diesem Theile als periphere Reizerscheinung nur eine etwas dunkler gefärbte Schleimhaut. Hingegen sind die unter der Oberfläche gelegenen Gebilde »Cowpersche Drüsen, Samenhügel, Samenblasen, Vas defeTens und Nebenhoden«, viel öfter der Sitz von chronischen Erkrankungen, als man bis jetzt anzunehmen gewöhnt ist. Sehr oft schliessen sich auch nervöse Beschwerden der in Frage kommenden Art direkt an eine Nebenhodenentzündung an. Bei Resten von katarrhalischer und blennorrhoischer Entzündung im zweiten Abschnitt der Harnröhre, seien dieselben nun acuter, subacuter oder chronischer Natur gewesen, sind nervöse Beschwerden ein ganz selbstverständliches Vorkommnis. U t c -throskopisch kennzeichnen sich diese in der Hauptsache nur als Kon-gestivzustände und deren Folgen. Man sieht dann oft nur eine scharlach-rothe, mattglänzende Beschaffenheit der Schleimhaut, dieselbe ist glatt, nicht leicht blutend, oder tief dunkelroth wie Granatblüte und bei alten Onanisten kann der chronische Kongestionszustand eine dunkelblaurothe Färbung hervorgebracht haben. In einigen Fällen findet man an Stelle der glatten Oberfläche eine nicht sehr erhabene aber deutliche Querfaltung, ähnlich den Valvulae conniventes K. der Dünndarmschleimhaut, welche zumeist an Höhe zunimmt, wenn man sich dem Collicul. seminal. nähert, der sich stets unverkennbar in den Tubus hereinwölbt. Chronische Ent­

zündungen in den Cowperschen Drüsen werden ebenfalls vielfach zu Neu­

zündungen in den Cowperschen Drüsen werden ebenfalls vielfach zu Neu­

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