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Die proximale Humerusfraktur stellt mit einer Häufigkeit von etwa 5 % aller Extremitätenfrakturen eine häufige Verletzung insbesondere des alten Menschen dar. Die proximalen Humerusfrakturen sind zu 80-85 % nicht oder nicht relevant disloziert und können mit gutem Resultat konservativ behandelt werden (10,79).

Dagegen stellen die dislozierten Frakturen eine Herausforderung an die Behandlungsstrategie dar. Beim geriatrischen Patienten beeinflussen Osteoporose, Arthrose, Degeneration der Rotatorenmanschette und die Multimorbidität entscheidend das Endergebnis (85). Komplikationen der Fraktur einerseits und der operativen Behandlung andererseits sind in Abhängigkeit von der Frakturdislokation in erster Linie die Redislokation der Fraktur, Pseudarthrosen, Humeruskopfnekrosen, Kapselschrumpfung, Rotatorenmanschettenläsionen, verbliebene Achselfehlstellungen und Subluxationen sowie Infekte (72). Das Therapiespektrum der dislozierten proximalen Humerusfraktur reicht von der rein konservativen Therapie (83,113,114), über Versorgung mit Kirschner-Drähten (60), Drahtcerclagen (55,104,107) und Schraubenosteosynthesen bis hin zur primären Hemiarthroplastik (11,43,104). Nach einer neuen prospektiven internationalen Multicenterstudie werden auch weiterhin sehr unterschiedliche Behandlungsverfahren angewandt (107).

Insgesamt scheint sich ein Trend zu minimalinvasiven oder Minimalosteosynthese mit definierten Kriterien abzuzeichnen (44,55,72,87).

Die gedeckte Kirschner-Drahtspickung zur Stabilisierung von nichtkomplexen Frakturen des proximalen Humeruskopfes wird häufig als eine Kompromisslösung zwischen der rein konservativen-funktionellen und der offenen Osteosynthese angesehen (60). Die Drahtwanderung mit resultierendem Korrekturverlust, insbesondere beim osteoporotischen Knochen, ist jedoch erheblich (60). Von Zifko et al(111) wurden erstmals 1987 über neue elastische Marknägel berichtet, die vom distalen Humerus eingebracht werden und eine niedrige Komplikationsrate aufwiesen. Die als Zifkodrähte bekannt gewordenen Markdrähte werden auch in den aktuellen Berichten als minimal-invasives Versorgungskonzept vorgestellt (44).

In unserer In-vitro-Studie verglichen wir die Eigenschaften der neuentwickelten Formgedächtnislegierungen-Drähte aus Nickeltitanium mit den standardisierten Kirschnerdrähten mit und ohne Gewinde. Im Rahmen dieses Projektes war die

Zielsetzung, ein bestehendes, einfach zu handhabendes, daher kostengünstiges und minimal-invasives, stabiles Osteosyntheseverfahren - die Spickdrahtosteosynthese - mittels Kirschnerdrähten weitreichend zu optimieren und somit erhöhte medizinische Erfolgsaussichten zu erreichen. Dies sollte einhergehen mit einer Verbesserung des Komforts des Patienten, Senkung der Behandlungskosten, sowie eine mögliche Erweiterung des Verfahrens auf andere Indikationen. Wie anfangs beschrieben, sollten dabei folgende Fragen beantwortet werden:

- ist die Fixierung der FGL-NiTi-Drähte im humanen und bovinen Knochen im Vergleich zu herkömmlichen Kirschnerdrähten ausreichend?

- ermöglichen die FGL-NiTi-Drähte ein für den Operateur vergleichbar leichtes Handling?

- ist die Präzision der FGL-NiTi-Drähte im Vergleich zu Kirschnerdrähten aus Stahl für eine derartige Anwendung ausreichend?

Um die Frage zu beantworten, ob eine Fixierung der FGL-NiTi-Drähte im humanen und bovinen Knochen im Vergleich zu herkömmlichen Kirschnerdrähten ausreichend sei und ob eine erhöhte Primärstabilität erreicht werden kann, haben wir in unserer Studie einen einfachen Versuchsaufbau durchgeführt.

Von einigen Autoren sind verschiedene Modelle bzw. Studien bezüglich der Testung von Primärstabilitäten beschrieben oder durchgeführt worden (19,47,50,75,108).

Jiang et al. testeten den Einfluß von verschiedenen Methoden, die parallele und die konvergente Nagelversorgung, zur Versorgung von proximalen Humerusfrakturen mittels Nägeln oder Drähten bezüglich ihrer Frakturstabilität (47). Achtzehn Paare adulte frischgefrorenen Humeri wurden in vier verschiedenen Gruppen eingeteilt und zwei Gruppen mittels der parallelen Methode und zwei Gruppen mit der konvergente Methode versorgt Hierbei wurden die Anti-Torsionswiderstände der verschiedenen Methoden biomechanisch getestet (55).

Koval et al. (50) führten eine Studie über die Vergleichbarkeit von zehn verschiedenen Methoden zur Versorgung von proximalen Humerusfrakturen bezüglich ihrer Steifigkeit und ihrer Kraft. Hundertundzwanzig Humeruskadavern, nicht konservierte und konservierte, wurden randomisiert und verschiedenen

Frakturen vier verschiedene Kombinationen der Drahtversorgung getestet. Zehn frischgefrorenen Humeri-Frakturmodelle wurden zur Fixation mit 2,5 mm-Drähten versorgt und unter dem Einfluss von Biege- und Torsionskräften biomechanisch getestet (75).

Claes et al. (19) führten eine Untersuchung bezüglich der Intialstabilität von neuentwickelten Implantaten zur Versorgung von menschlichen Femuri. Unter biomechanischen zyklischen Belastungen wurden an sechs frischen Femurkadavern die Bewegungen an der Verankerung zwischen Implantat und Knochen gemessen.

Dabei wurden die Bewegungen mittels Mess-Sensoren an sechs verschiedenen Stellen zwischen Implantat und Knochen gemessen.

In der Studie von Wheeler et al. wurde die mechanische Kraft und die Dauerhaftigkeit von intramedullären Nägeln mit percutanen Drähten zur Fixation von 3-Fragmentfrakturen des proximalen Humerus getestet. Hierbei wurde an Humeruskadavern im Frakturmodell biomechanisch unter Axial- und Rotationsbelastung die Steifigkeit und die Wanderung der Drähte gemessen und ausgewertet. Dabei zeigte die intramedulläre Nagelung eine stärkere und stabile Fixation im Vergleich zu percutanen Drähten (108).

Conrad et al. (21) und Ammon et al. (2) beurteilten in ihren Versuchen die Stabilität und Kraft der Fixation von verschiedenen Schrauben mittels axialer Auszugskraft.

Bei den Versuchen von Ammon et al. (2) wurden neuartige bioresorbierbare PLLA-Schrauben(poly-L-lactit acid) mit Bosworth-Schrauben aus Titan an humanen Acromioclavicular-Modellen getestet. Dabei zeigten die Bosworth-Schrauben bezüglich ihrer axialen Auszugskraft eine erhöhte Fixationskraft und Stabilität.

In der Studie von Rubel et al. (89) wurde die Auszugskraft zwischen den neuartigen bioresorbierbaren PLLA-Drähten mit den standardisierten Kirschner-Drähten ermittelt. Hierbei konnten bei den biomechanischen Versuchen an bovinen Femurknochen gezeigt werden, dass die axiale Auszugskraft, ein wichtiger Parameter zur Ermittlung von Stabilität und Fixation sei.

Versuche von Rubel et al. Eigene Versuchsergebnisse

Abbildung 40. Vergleich der maximalen Auszugskraft der Drähte an bovinen Knochen in Newton.

Alle diese Arbeiten bzw. Studien unterschieden sich sowohl in ihrer Methodik als auch in der Definition ihrer Zielsetzung. Ein direkter Vergleich mit unserer Arbeit war deshalb nicht möglich.

Die in unseren Versuchen verwendeten NiTi-Legierungen zeichnen sich durch hohe Biokompatibilität aus. Das Material eignet sich z.B. ideal für Implantate in der Zahnmedizin und Chirurgie. Die Anforderung für klinische Anwendungen wurden in Untersuchungen zur Korrosion dieses Legierungstyps in unterschiedlichen, künstlich erzeugten, körperähnlichen Medien, wie z.B. Speichel erfüllt (30). Zum Vergleich wurde hierfür auch Edelstahl herangezogen, der in den gleichen Medien auf Biokompatibilität getestet wurde. Verglichen wurde hierbei die Abgabe von toxischem Nickel an das umgebende Medium. Trotz des im Gegensatz zu Edelstahl in NiTi-Legierungen wesentlich höheren Nickelgehaltes sind die Mengen an Nickel, die aus den beiden Metalllegierungen abgegeben werden, nicht signifikant unterschiedlich.

Weitere Untersuchungen ergaben, dass NiTi-Legierungen in ß-Phasen-Struktur am stabilsten gegenüber Korrosion sind (26).

Studien bezüglich der Verträglichkeiten der NiTi-Legierungen zeigten, dass Nickel-Titanium-Verbindungen eine besonders stabile Struktur besitzen, die kaum allergische Reaktion hervorrufen. Dies gilt insbesondere fürs Titanium, das weder toxische noch inflammatorische Reaktionen hervorruft. Lediglich für Ni2+-Ionen sind

Versuchen von Shabalovskaya(93) kam heraus, dass NiTi-Legierungen einen zelltoxischen Effekt aufweisen. Dies galt für NiTi-Legierungen mit Wasserstoffperoxid behandelte Oberfläche. Die Studie zeigte auch, dass der zelltoxische Effekt mit dem Gehalt an Nickel variierte. Wever et al. führten ebenfalls einige In-vitro-Versuche bezüglich der biologischen Sicherheit der NiTi-Legierungen durch. Sie fanden heraus, dass NiTi-Legierungen weder cytotoxische, allergische noch gentoxische Aktivität zeigen.

Ryhänen et al.(92) untersuchten in einer In-vitro-Vergleichsstudie Testscheiben aus NiTi-Legierungen, rostfreiem Stahl und Titanium mit humanen Osteoblasten und Fibroblasten. Die Zellen wurden inkubiert und für etwa zehn Tage auf die Testscheiben mit der Größe 6x7mm angebracht. Die Kulturen wurden nach 2,4,6,8 Tagen fotografiert, gezählt und analysiert. Die Proliferation der Fibroblasten betrug 108% (NiTi), 134% (Titanium), 107%( rostfreiem Stahl) und 48% für Kontrollkulturen.

Die Proliferation der Osteoblasten ergab 101% (NiTi), 100% (Titanium), 105%

(rostfreiem Stahl) und 54% für Kontrollkulturen. Anfangs setzte Nitinol mehr Nickel (87-129 µg/l) in die Zellkulturen frei als rostfreier Stahl (7µg/l), doch nach zwei Tagen war die abgegebene Konzentration annährend gleich. Man kam zu dem Schluss, dass Nitinol eine gute In-vitro-Biokompatibilität bezüglich humanen Fibroblasten und Osteoblasten besitzt. Trotz der anfangs höheren Nickelfreisetzung induziert Nitinol weder einen toxischen Effekt, noch eine Verminderung der Zellproliferation oder eine Hemmung des Zellwachstums beim Kontakt mit metallischen Oberflächen (92).

In-vivo-Biokompatibilitätversuche zeigten vergleichbare Resultate. Bei den Versuchen von Cutright et al. wurden Nitinol-Drähte für 9 Wochen subkutan in Ratten implantiert. Eine Gewebereaktion war zu keinem Kontrollzeitpunkt sichtbar.

Bei den Versuchen von Wen et al. wurden der Korrosionswiderstand und die Gewebeverträglichkeit von NiTi-Legierungen und Ti50Ni50-Cux verglichen. Es war kein signifikanter Unterschied unter den Drähten bezüglich der Gewebereaktion nach zwei und drei Monaten nachzuweisen. Auch nach viermonatiger Implantation war keine Korrosion der Oberfläche feststellbar. In den tierexperimentellen Studien von Rabkin et al. wurden endovaskuläre NiTi-Prothesen in Hunden implantiert. Langzeitresultate über einen Zeitraum von 14 Monaten zeigten eine gute und anhaltende Permeabilität der NiTi-Prothesen.

Prince et al. (80) setzten NiTi-Blutgerinnselfilter in die Venae cavae von 16 Hunden ein. Die Ergebnisse wurden in einem Zeitraum von einer Woche und bis zu vier

Jahren analysiert. Es zeigte sich, dass saubere NiTi-Prothesen offen blieben, unreine Prothesen zeigten dagegen organisierte Thromben. Die Ergebnisse zeigten außerdem, dass die Beschaffenheit der NiTi-Prothesen keinen wahrnehmbaren Effekt auf die Thrombogenität hat. Histologische Untersuchungen ergaben, dass unreine Prothesen eine chronische Entzündung der benachbarten Gefäßbezirke verursachten, während bei den nicht verunreinigten Prothesen eine einzige, eine benigne fibröse Gewebereaktion verursachte. Nach Meinung der Autoren sind NiTi-Legierungen geeignete Materialen für vaskuläre prothetische Anwendung (80).

Auch in den orthopädischen und odonthologischen Bereichen hat die Anwendung der NiTi-Legierungen Einzug gehalten.

Drugacz et al. testeten die klinische Anwendung von Ti50Ni48,7Co1,3 Formgedächtnislegierung-Klammern zur Stabilisierung mandibulärer Frakturen. Nach zirka sechs Wochen wurden die Klammer entfernt. 77 Patienten mit mandibulären Frakturen wurden mit den NiTi-Klammern behandelt. Bei 72 Patienten war die Behandlung mit den Formgedächtnis-Klammern zufrieden stellend, während sich in fünf Fällen Infektionen ereigneten. Die histologische Untersuchung der entfernten Klammern ergab weder eine pathologische oder atypische Gewebereaktion, noch Zeichen einer Zellzerstörung. Nach Meinung der Autoren erleichtert die Anwendung der Formgedächtnislegierung die Stabilisierung und chirurgische Behandlung von mandibullären Frakturen (24).

Silberstein konnte in einer klinischen Studie mit 84 Patienten mit Frakturen und Tumoren in cervikalen und lumbalen Wirbelsäule ebenfalls demonstrieren, dass die Implantation von NiTi auch hier zur Anwendung kommen kann und dass die NiTi-Implantate einen hohen Grad an Biokompatibilität zeigen(97).

All diese Studien und Versuche zeigen, dass NiTi-Legierungen oder auch Formgedächtnislegierungen nicht nur einen hohen Grad an Biokompatibilität aufweisen, sondern darüber hinaus heutzutage Anwendung in unterschiedlichen Bereichen der Chirurgie, Orthopädie, Orthodonthlogie und Gefäßprothetik finden.

5.1 Versuchsaufbau

In der von uns in Zusammenarbeit mit dem Institut für Material- und Werkstoffentwicklung der Medizinischen Hochschule Hannover entworfenen Halterung war die axiale Einwirkung der Zugkraft auf die Drähte gegeben.

Gleichzeitig konnte eine Applikation der Drähte im Knochen wie bei der intraoperativen Versorgung von Frakturen in vivo gewährleistet werden.

Für unsere Versuche haben wir sechs Paar humane Humeruspräparate aus der anatomischen Sammlung des Zentrums für Anatomie der Medizinischen Hochschule Hannover verwendet. Bei diesen handelte es sich um Spender mit einem Durchschnittalter über 65. Lebensjahren, was der Zielgruppe des Implantates entsprach. Damit wir eine bessere Vergleichsmöglichkeit hatten, verwendeten wir zusätzlich bovine Knochenspongiosa, die wir zuvor in 60 mm x 30 mm x 30mm Quadern abgesägt hatten. Bevor wir mit unseren Versuchen starten konnten, führten wir bei allen Knochen, sowohl bei den humanen Humerusköpfen als auch bei den bovinen Spongiosaquadern eine Knochendichtemessung mittels peripherer quantitativer Computertomographie (pQCT, Typ STRATEC XCT-900 pQCT™, Fa.

Stratec) durch. Die Messung der Knochendichte ist normalerweise vor einer operativen Versorgung von Frakturen nicht üblich. Es ist davon auszugehen, dass die FGL-NiTi-Drähte bei Patienten Anwendung finden, deren Knochendichte höher oder niedriger liegt als bei den humanen Humerusköpfen in unserer Versuchsreihe.

Die bei unseren Versuchen verwendeten Formgedächtnislegierungen aus Nitinol bedürfen für ihre Formänderung Wärmezufuhr. Außerdem waren wir somit in der Lage, bei der Anwendung der Drähte Körpertemperatur bzw. In-vivo-Verhältnisse zu simulieren. Genutzt wird dabei die Eigenschaft von Formgedächtnislegierungen eine zuvor eingeprägte Form bei Wärmezufuhr wieder einzunehmen. Die bei einer Temperatur unter der des Körpers implantierten K-Drähte aus FGL machen die vorher festgelegte mechanische Verformung bei der im Humerusknochen herrschenden Körpertemperatur wieder rückgängig. Bei Temperaturerhöhung von der Tieftemperaturphase Martensit über As hinaus, beginnt die kristallografische Umwandlung in die Hochtemperaturphase, genannt Austenit, die makroskopisch in ihrer äußeren Gestalt wieder der Ausgangsform entspricht. Das Material zeigt also einen Formgedächtniseffekt (78). Diese Formänderung soll durch Kraft- bzw.

Formschluss (Anteile sind abhängig vom Widerstand des Knochenmaterials und dem daraus resultierenden Grad der Verformung) die Fixation des Drahtes erhöhen.

Bei unseren Versuchen verwendeten wir zum Erreichen der Hochtemperaturphase warmes Wasser, das konstant bei 39°C gehalten wurde und mittels einer Umwälzpumpe in die Halterung floss. Die verwendeten FGL-NiTi-Drähte wurden durch direkten Kontakt mit dem Wasser erwärmt. Der zuvor in den Knochen eingebohrte Draht wurde fast ausschließlich durch die Wärmeleitung im Draht selber erwärmt. Eine Erwärmung des Drahtes durch den im Medium (Warmwasser) befindlichen Knochen war aufgrund der schlechten Wärmeleitfähigkeit des Knochens nicht zu erwarten.

Bei der Entwicklung der FGL-NiTi-Drähte seitens unseres Kooperationspartners ARGE Medizintechnik hatten die Werkstoffeigenschaften der FG-Legierungen entscheidenden Einfluss auf das Design. Zum einen ist der zu erzielende Formgedächtniseffekt bedeutend, zum anderen die Drahtgeometrie. Bezüglich des Formgedächtniseffektes war drauf zu achten, dass bei der Verformung in der Tieftemperaturphase T < As nicht bis in den plastischen Bereich hinein gedehnt wird.

Die dabei entstehenden Versetzungen im Kristallgefüge, würden den zu erzielenden Einwegeeffekt verschlechtern.

Der Grenzwert der Dehnung darf daher 5% bis 8% nicht überschreiten. Der Wert von 8% bezieht sich auf eine einmalige Umwandlung, der Wert von 5% auf bis zu 100 Zyklen. Für die Praxis wurde ein Wert von 7% gewählt, um für gegebenenfalls wenige Zyklen ausreichende Sicherheit gewährt zu haben. Hierbei bot der Biegeradius ein gewisse Einschränkung bei der Konstruktion der Drahtgeometrie, der von der Umwandlungsdehnung des Werkstoffs abhängig ist.

Auch der Einfluss der Drahtgeometrie wurde bei der Entwicklung der FGL-Drähte berücksichtigt. Die endgültige, sich durch die Auslösung des Einwegeeffektes bei Körpertemperatur einstellende Geometrie ist dabei vom Widerstand des Knochenmaterials abhängig, welcher der Formänderung entgegenwirkt. Kann der Formgedächtniseffekt gegebenenfalls aufgrund des äußeren Widerstandes durch das Material nicht realisiert werden, bauen sich Spannungen zwischen Implantat und

Eigenschaften der FG-Legierungen eine bessere Verankerung und Stabilität im Knochen bieten würden.

5.2 Bohrverhalten

Eine aus unserer Sicht geforderte Randbedingung war die Tatsache, dass direkt mit dem einzubringenden Kirschner-Draht auch der Knochen aufgebohrt wird. Ein Vorbohren mit einem OP-üblichen Bohrer wird nicht akzeptiert. Dieses führte beim Einsatz der FGL-NiTi-Drähte prinzipbedingt zu Problemen, aufgrund der Wärmeentwicklung durch den Bohrvorgang. Die Entstehung von Wärme durch Reibung aufgrund des Bohrvorgangs, lässt sich prinzipiell nicht vermeiden.

Bachus et al (3) berichteten in ihrer Studie über die Effekte von Bohrkraft bezüglich Hitzeentwicklung in Kortikalknochen. Hierbei wurden in der Umgebung der Bohrungen Temperaturen bis 50°C gemessen. Genauere Daten bezüglich Temperaturentwicklung während des Bohrvorgangs lieferten Chacon et al. (18) Bei diesen Versuchen an bovinen Femurkortikalknochen wurde in einer Tiefe von 15mm im Bohrkanal Temperaturen von über 47°C gemessen.

Somit wurde uns klar, dass eine Unterdrückung des Formgedächtniseffektes während des Bohrens bei den verwendeten FGL-Drähten nicht möglich war, da es schon bei Raumtemperatur zur Auslösung des Formgedächtniseffektes kommt.

Allerdings kann während des Bohrvorganges durch Spülen mit Eiswasser eine gewisse Kühlwirkung erzielt werden. Dieses ist eine während Operationen etablierte Vorgehensweise. Es bleibt allerdings fraglich, ob die Kühlwirkung im Knochen in einer Tiefe von z.B. 15mm überhaupt zum tragen kommt. Bei unseren Versuchen haben wir für die Bohrungen sowohl in flüssigem Stickstoff vorgekühlte FGL-Drähte, als auch Eiswasser während des Bohrens bedient.

Auch bei der Optimierung des Designs der Drahtspitzen wurde versucht, dem während des Bohrvorganges durch Reibungsenergie vorzeitigen Auslösens der Hochtemperaturphase entgegenzuwirken. Es wurden uns seitens der ARGE Medizintechnik zwei Varianten der Drahtspitzen zur Verfügung gestellt. Eine geeignete Variante war eine kegelförmig angespitzte Drahtspitze. Diese verringert den Widerstand beim Eindringen in die harte Knochenstruktur und damit die Erwärmung, wodurch der Gefahr eines vorzeitigen Auslösens des Formgedächtniseffektes entgegen gewirkt werden kann.

Eine weitere Optimierung sollte die Trokarspitze darstellen. Diese ist durch vier konisch angeordnete Abflachungen gekennzeichnet. Die Trokarspitze hatte gegenüber der konischen Spitze den Vorteil, dass diese schneidet, wodurch die Reibung und damit auch die Wärmeentwicklung nochmals minimiert werden sollte.

Trotz all den Optimierungen im Designbereich als auch während des Bohrvorganges konnte das Problem der vorzeitigen Auslösung der Formgedächtniseffektes nicht vollständig entgegengewirkt bzw. vermieden werden. Dieses Problem der vorzeitigen Auslösung der Hochtemperaturphase und des Formgedächtniseffektes war besonders bei den sinusförmigen FGL-NiTi-Drähten zu beobachten. Denn hier konnten wir die sinusförmigen FGL-Drähte weder durch Kühlung mit Eiswasser oder flüssigem Stickstoff noch durch Kompression in Platten in eine für den Bohrvorgang ideale gerade Form bringen.

5.3 Auszugskräfte der Drähte

Ursprünglich hatten wir aufgrund der Formgebung der FGL-NiTi-Drähte große Erwartung bezüglich ihrer Verankerung und Frakturstabilität gehabt. Gerade bei den beiden sinusförmigen Varianten der FGL-NiTi-Drähten, nämlich 20mm Radius und 18mm Radius, wurde dies erwartet. Denn nach dem Einbringen der Drähte in noch gerader Form, sollte während der Umwandlung in der Hochtemperaturphase die Sinusform eine bessere Verankerung und Frakturstabilität gewährleisten. Doch in allen Versuchen enttäuschten die sinusförmigen FGL-NiTi-Drähte. Die Unterschiede zu normalem Kirschnerdraht ohne Gewinde waren bezüglich der Fixierung im Knochen und bei der Präzisionsmessung zwar nicht signifikant, aber erheblich.

Auch der Vergleich der neuentwickelten Formgedächtnislegierungen aus Nitinol mit den standardisierten Kirschnerdrähten bezüglich ihrer Fixierung im Knochen und ihrer Stabilität fiel sowohl im humanen Humerusknochen als auch in bovinen Spongiosablöcke zugunsten der herkömmlichen Kirschnerdrähte aus Stahl.

Als mögliche Ursache steht eine nachteilige Weitung des Bohrlochs in Folge der nicht 100% zu realisierenden Rückbiegung der FGL-NiTi-Drähte zur Diskussion.

Verminderung der Verklemmung der FGL-NiTi-Drähte im Knochen zur Folge haben, die sich letztlich in dem vergleichsweise schlechten Widerstand gegen Explantation widerspiegelt.

Abbildung 41.Skizze zur Verdeutlichung der Bohrlocherweiterung

Da die Verklemmung des herkömmlichen Kirschnerdrahtes aber zu 100% durch die Reibkräfte zwischen Draht und Knochen realisiert wird, welche neben den vom Bohrlochdurchmesser und dessen Aufweitung abhängigen Normalkräften auch von der Oberflächenbeschaffenheit der Drähte abhängig sind, wurden diese weiteren Untersuchungen unterzogen.

Wie eingangs beschrieben, wurden parallel zu unseren ersten Versuchen im Laser Zentrum Hannover e.V. die Oberflächenrauhigkeit von den standardisierten Kirschnerdrähten und FGL-NiTi-Drähten vermessen, sowie am dortigen Rasterelektronenmikroskop Aufnahmen der Oberflächen gemacht. Die Abtastung der Oberfläche mittels Perthometer ergab eine deutlich höhere Rauhigkeit für die Drähte aus Nitinol. Seine Bestätigung findet dieses Messergebnis in der rasterelektronenmikroskopischen Auswertung der Oberflächengestalt mit

„kraterförmig“ strukturierte Oberfläche der NiTi-Legierungen.

Damit lässt sich der primäre Verdacht, die unterschiedlichen Werte bei den Zugversuchen einfach mit der Oberflächenrauhigkeit zu begründen, nicht aufrechterhalten. Die nachweislich glatte Oberfläche der herkömmlichen

Damit lässt sich der primäre Verdacht, die unterschiedlichen Werte bei den Zugversuchen einfach mit der Oberflächenrauhigkeit zu begründen, nicht aufrechterhalten. Die nachweislich glatte Oberfläche der herkömmlichen