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Wie die vorliegende Arbeit zeigt, ist es auch unter Feldbedingungen möglich, eine risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung durchzuführen, bei der die Verbrauchersicherheit nicht nachteilig beeinflusst wird, sondern durch höhere Integration der Prozesskette sogar deutlich gestärkt wird.

Alle bisherigen Arbeiten haben durch die jeweilige Gewichtungsmethodik nur sehr geringe Zahlen an Schlachtschweinen für die risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung zugelassen. Das liegt vorwiegend darin begründet, dass innerhalb des Ampelsystems jede Abweichung für sich und als Ausschlusskriterium für die RFU gewertet wurde. Nur für die Organbefundungen wurde ein Index gebildet. Ein Ausschluss aus dem System erfolgte immer bereits dann, wenn einer der vorgegebenen Grenzwerte nicht eingehalten wurde.

Vorausgegangene Untersuchungen zeigen, dass die Bewertung anhand nur eines Merkmals zu falschen Ausschlüssen aus der visuellen Fleischuntersuchung führt. Falsch bedeutet in dem Fall, dass die Vorhersage einen Ausschluss nahe legt, die tatsächliche Kohorte von Mastschweinen nach den angelegten Bewertungskriterien aber visuell zu untersuchen gewesen wäre.

Durch die hier vorgestellte Untersuchung wird auch klar, dass die Entscheidungen immer dann genauer wurden, wenn sich mehrere Werte außerhalb der festgelegten Grenzen befanden. Je mehr Punkte also in die Bewertung einfließen, desto genauer wird die Bewertung. Diesem Gedanken trägt ein Gesamtindex, wie er hier zur Anwendung kam, Rechnung.

Als wichtiger Unterschied zu den bisherigen Versuchen ist das als relatives Modell aufgebaute Bewertungssystem zu nennen. Das bedeutet, dass jeweils die besten 80% (oder eine vom Lenkungsteam festgelegte Menge) direkt zu der visuellen Fleischuntersuchung zugelassen werden.

Im Unterschied zu früheren Untersuchungen wird in der vorliegenden Arbeit deutlich, dass durch das ständig angepasste System nicht nur örtlich abgegrenzt Lösungen für die risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung möglich sind. Im Gegenteil, durch

eine steigende Zahl von Teilnehmern können immer besser werdende, allgemein gültige Regeln für das risikobasierte Vorgehen entstehen.

Weiterhin wird von der strengen Unterscheidung visuell- konventionell Abstand genommen, vielmehr wird ein System angestrebt, in dem die risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung mit einem visuellen Anteil praktiziert wird.

Selbstverständlich sind einem solchen System Schwächen und Stärken zu eigen. Sind die Schwächen erkannt und stellen sich Lösungswege für solche Schwächen dar, können sich solche Schwachpunkte durchaus in Stärken verwandeln. Zur Analyse der Schwächen und Stärken wurde eine abgewandelte SWOT- Analyse nach Mintzberg angewendet (MINTZBERG, 1994).

Tab. 10: Übersicht SWOT Analyse nach Mintzberg

Stärken (strengths) Schwächen Personalressourcen, z. B. bei Trichinenuntersuchung

Erziehung der Landwirte zu Schlechte Qualität der Bonus - Malussystem für "gute"

Stärken (strengths) Schwächen (Weaknesses)

Lösungsansatz (Opportunities and Threats

"Lebensmittelunternehmern" Daten von Landwirten und "schlechte"

landwirtschaftliche Betriebe

Stärken (strengths) Schwächen

Stärken (strengths) Schwächen visuell zu untersuchenden Schweine geschlachtet werden, während die konventionell zu untersuchenden Tiere im Wartestall liegen. Dieses kann zu längeren Liegezeiten im Wartestall führen. Als Lösung für diesen Schwachpunkt bietet sich die Einführung und gezielte Weiterentwicklung eines Schemas für einen Katalog von gezielt erweiterten Untersuchungen an, die die allgemeine Gültigkeit für die risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung erlangen könnte.

Die Qualität der von den Landwirten übermittelten Daten lässt erheblich zu wünschen übrig. In vielen Fällen sind die Formblätter für die Lebensmittelketten- Information nicht korrekt oder unvollständig ausgefüllt. Hier könnte ein Bonus – Malus – System für „gute“ und „schlechte“ Datenübermittlung die Landwirte erziehen, ihre Rolle als

Lebensmittelunternehmer im Sinne der Verordnung 178/2002 besser anzunehmen und sich als solche zu verstehen.

Eine weitere erhebliche Schwäche ist der schlechte Informationsfluss. Die Lieferscheine sind informativ zu träge, zu nichtssagend und zu schwierig und nur mit hohem Personalaufwand auszuwerten. Diese Daten sollten über eine internetbasierte Datenbank, analog dem „GIQS Backbone“, verfügbar sein. Nur auf diese Weise erscheint eine sinnvolle Datenbearbeitung im Vorfeld der Schlachtung möglich. Dies würde auch ermöglichen, Tiere derjenigen landwirtschaftlichen Betriebe, die zum ersten Mal an diesen Schlachtbetrieb liefern, in das System einzubeziehen, was beim derzeitigen System nicht möglich ist, weil keinerlei Daten vorliegen.

Unterschiedliche Zeiträume und Intervalle zwischen den Lieferungen von Partien eines Betriebes und damit auch der Intervalle, in denen die Daten anfallen, führen zu Unschärfen in der Einstufung einzelner Partien. Bei Landwirten mit kleineren Mastgruppen kann es dazu kommen, dass zwei Lieferungen weiter auseinander liegen als 6 Monate. Dies führt dazu, dass eine Einstufung auf der Basis historischer Daten schwerer möglich ist. Dies hat die Überlegung zur Folge, ob nicht zunächst die Betriebe, die aufgrund ihrer geringen Größe nur in größeren Zeitabständen Schlachtschweine abliefern können, von der Teilnahme am System der direkten visuellen Fleischuntersuchung ausgeschlossen bzw. vorläufig zurückgestellt werden sollten. Dieser Punkt befindet sich noch in der Überarbeitung und wird mit einem weitergehenden, Internet basierten Ansatz hinfällig.

Eine Vergleichbarkeit der Daten der Organbefundung ist nicht gegeben; Untersucher sehen oft gleiche Befunde unterschiedlich und so entsteht ein uneinheitliches Bild.

Hier müssten verstärkt laufende Schulungsmaßnahmen der Behörde für die Veterinäre und amtliches Fachpersonal zu einer Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit der Befundbeurteilungen führen. Dies würde die Einsetzbarkeit des Personals auch an anderen Schlachtbetrieben derselben zuständigen Behörde erleichtern.

Eine ganz klare Schwäche ist die Unwägbarkeit des amtlichen Personaleinsatzes durch das Veterinäramt; hier ist erhebliches Verbesserungspotential vorhanden. Eine Forderung des Veterinäramtes bestand darin, noch bei der Schlachttieruntersuchung, oder sogar noch bei der Fleischuntersuchung eine Entscheidung über die Teilnahme /

Nichtteilnahme an der visuellen Fleischuntersuchung fällen zu können. Dies scheiterte allein schon an mangelnder Personalstärke; das für die konventionelle Untersuchung erforderliche Mehr an Personal steht ja nicht „in Lauerstellung“. Die vorgeschlagene Hinzuziehung von Personal aus dem Trichinenlabor oder des Dienststellenleiters erwies sich als nicht praktikabel, weil diese Personen andere Aufgaben zu erfüllen hatten. Hier müsste eine bessere Arbeits- und Personalorganisation einsetzen, die es ermöglicht, weniger dringende Arbeiten zunächst hintanzustellen, um eine zügige Durchführung der Fleischuntersuchung zu gewährleisten. Denkbar wäre der zeitweise Einsatz entsprechend ausgebildeten Betriebspersonals im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Einsatzmöglichkeiten. Oder der Einsatz des amtlichen Tierarztes am Schlachtband, der sonst nur am Ausschleuseband steht. Ausgeschleuste Schlachtkörper könnten durch das verlängerte Ausschleuseband später nach untersucht werden.

Die stark von der Person des Nutzers (Untersuchers) abhängigen Fehler bei Eingaben führen zu Daten, die nicht vergleichbar sind. Es war wiederholt festzustellen, dass auf Papier dokumentierte Daten erheblich von EDV- basiert dokumentierten abwichen.

Als Ursache wurde erkannt, dass zeitliche Überschneidungen im Schlacht- bzw.

Untersuchungsablauf zu Ungenauigkeiten führten. Diese Problematik wird sich nach einer gewissen Eingewöhnungszeit, wenn die Mitarbeiter gelernt haben, der EDV zu vertrauen, erledigt haben.

Mangelnde Offenheit des Systems, um den Algorithmus regelmäßig überprüfen zu können.

Bekanntermaßen werden die Forderungen der VO 1244/2007 EG nur durch deutsche, niederländische und belgische QS- ähnliche Systeme erfüllt. Systeme wie QS, IKB und Certus haben einen solchen Ansatz für die Durchführung der rSFU erst möglich gemacht. Die Teilnahme an einem derartigen System muss daher als Grundvoraussetzung für die Zulassung zur risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung angesehen werden.

Große Diskussionen gibt es noch wegen der Abstufungen der Untersuchungen (konventionell, gezielt erweitert oder visuell). Die amtliche Überwachung wird (um

„auf der sicheren Seite“ zu bleiben) immer eher mehr als weniger untersuchen. Eine

risikobasierte Untersuchung ist daher zurzeit noch schwer zu realisieren. Ein Grund hierfür ist auch der bislang ungelöste Personaleinsatz.

Es konnte festgestellt werden, dass die Kommunikation zwischen den amtlichen Fachassistenten und den amtlichen Tierärzten starke Defizite aufweist. Während die amtlichen Tierärzte der Einführung der risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung eher aufgeschlossen gegenüberstehen, ist bei den amtlichen Fachassistenten eine eher skeptische Einstellung gegenüber allen Neuerungen feststellbar. Hier ist verstärkte Schulung und Aufklärung dringend nötig.

Schulung und Aufklärung würde auch dazu beitragen, die geringe Flexibilität der Veterinärbehörde zu verbessern. Die der Behörde zuzurechnenden Defizite werden dort eher verdrängt als offen kommuniziert und verbessert.

Stärken:

Die Verbrauchersicherheit wird mit dem vorgestellten System deutlich gestärkt.

Das beschriebene System eröffnet weiterhin die Möglichkeit, auch Tierschutzrechtliche Aspekte besser zu erfassen und auszuwerten.

Sehr wichtig erscheint die deutliche Stärkung der fachlichen Entscheidungsmöglichkeiten der amtlichen Tierärzte und des Dienstellenleiters. Damit können diese Personen ihre hohe Fachliche Eignung besonders gut zur Wahrung der Verbrauchersicherheit und des Tierschutzes einbringen. Denn Sie können über das Maß der durchzuführenden Untersuchung aufgrund einer Risikobewertung, ihrer Ausbildung und Erfahrung entscheiden und sind nicht an starre Vorgaben gebunden.

Sie können untersuchen, was sie für nötig erachten und nicht, was Ihnen vorgegeben wird. Diese Eigenschaft kann die Stellung der Tierärzte bei der Gewinnung sicherer Lebensmittel deutlich stärken, muss sich aber auch in einer zielgerichteten Aus-und Weiterbildung wiederfinden.

Ein betriebseigenes EDV-System eröffnet Möglichkeiten des Experimentierens mit Daten und Verifizierung der Belastbarkeit. Allerdings gestaltet sich die Fehlersuche in einem solchen System schwierig. Darüber hinaus besteht eine gewisse Gefahr von Möglichkeiten zur Manipulation.

Durch die Einführung des Systems nach der vorliegenden Arbeit sind höhere Schlachtzahlen möglich, als in den Systemen der vorausgegangenen Arbeiten bei gleichem Personaleinsatz und gestiegener Verbrauchersicherheit.

Die Entscheidungsgewalt der amtlichen Tierärzte wird durch die Einführung von Anweisungen deutlich gestärkt; es wird möglich, unabhängig von starren Vorgaben der gesetzlichen Vorschriften fachlich basierte Untersuchungsschritte einzuleiten.

Die Einführung eines Kataloges für die Einteilung der Kategorien „gezielt erweiterte Untersuchung“ und „visuelle Untersuchung“ würde betriebsübergreifend, insbesondere für die Untersuchungspersonen, die hinsichtlich ihrer Entscheidungen unsicher sind, Gültigkeit erlangen und wäre ein großer Fortschritt für die Vergleichbarkeit der Befunde, auch Schlachtbetrieb – übergreifend.

Die flexiblere Nutzung von Personalressourcen führt zu reibungsloseren Abläufen ebenso wie zur besseren Einsetzbarkeit des Personals, sowohl auf der amtlichen als auch auf der betrieblichen Seite.

Die Einführung eines Bonus – Malus – Systems für die Landwirte führt zu einem wesentlich verbesserten Verständnis der Landwirte für ihre Rolle als Lebensmittelunternehmer.

Die bessere Ausnutzung des gut gestalteten und sehr aufnahmefähigen Ausschleusbandes führt einerseits zu höherer Flexibilität des amtlichen Untersuchungspersonals und andererseits durch den Zeitgewinn zu einer größeren Gelassenheit im Hinblick auf Entscheidungen.

Durch den Zwang, an einem der Qualitätssysteme wie IKB, Certus oder Q+S teilnehmen zu müssen, wird die Zahl der durch solche Systeme zertifizierten landwirtschaftlichen Betriebe steigen.

Die Etablierung einer internetgestützten Datenbank, etwa wie der „GIQS Backbone“

hätte eine deutliche Verbesserung der Kommunikation zwischen den verschiedenen Stufen der Erzeugung zur Folge und würde insgesamt die Anwendung des Systems erleichtern.

Auf Initiative der Erzeugergemeinschaft Rheinland schafft die Fa. Manten die Möglichkeit für Landwirte ebenso wie für die Erzeugergemeinschaft, über das Internet Einblick in die gesundheitsbezogenen Daten der jeweiligen Betriebe, einschließlich

des LAX, zu nehmen. Selbstverständlich ist dieser Internet – Zugang passwortgeschützt und steht nur Berechtigten zur Verfügung.

Die Zusammenarbeit mit dem Erzeugerring gestaltete sich sehr fruchtbar und hat das Projekt gefördert.

Der durch das Projekt entstandene Dialog zwischen Betrieb, Erzeugern, Veterinär Amt und Wissenschaft hat die Zusammenarbeit insgesamt deutlich verbessert. Die weitere Intensivierung von Schulungen und Informationen fördert die Offenheit der Beteiligten untereinander.

Als nächster Schritt wäre zu erwägen, zwei Schlachthöfe gemeinsam in eine solche Untersuchung zu nehmen. Denkbar wären die Firmen Manten und Tummel, dort könnten Schritte für die Einführung einer internetbasierten, gemeinsame genutzten, neutralen Datenbank vorgenommen werden.

Das System muss dynamisch auf neue Möglichkeiten und Anforderungen reagieren können.

Etwa neue Gefährdungen, eine verbesserte EDV, verbesserte Serologie. Hier könnte ein neues Projekt, möglicherweise mit einer neuen Dissertation, entstehen. Gleichzeitig könnte man einen Katalog von Untersuchungen bei gegebenen Anweisungen zu erarbeiten und so die Risikoorientierung auf neue Füße stellen.