• Keine Ergebnisse gefunden

3 Eigene Untersuchungen

3.1 Populationsstruktur

3.1.4 Diskussion

3.1.4.1 Inzucht

Besonders in kleinen Populationen kann der Inzuchtzuwachs durch die Verpaarung miteinander verwandter Tiere stark ansteigen. Als Folge einer Zunahme der Inzucht wird in den ersten Generationen von ingezüchteten Tieren ein vermehrtes Auftreten von monogen oder oligogen vererbten Krankheiten gesehen, da mit der Zunahme von herkunftsgleichen Genen auch die Kombination von Defektallelen zunehmen kann. Bei fortgesetzter Inzucht treten erhöhte Anfälligkeiten für Krankheiten, verrin-gerte Vitalität, Fruchtbarkeit und Fitness sowie Leistungsdepressionen auf.

Die Zunahme der Driftvarianz und die Abnahme der genetischen Variabilität sind besonders Folgen für kleine Populationen mit hohen Inzuchtraten (FALCONER 1984). Der im Jagdspaniel Klub e.V. geführte Englische Cocker Spaniel gehört mit 1400 registrierten Welpen im Jahre 2002 zu den Hunderassen in Deutschland mit einer mittleren Populationsgröße und rangiert hier deutlich hinter den Deutschen Schäferhunden, den Teckeln und dem Deutsch Kurzhaar. Die mittleren Inzuchtkoef-fizienten der gesamten und der aktuellen Population der Englischen Cocker Spaniels lagen bei 2,95 ± 4,16 % bzw. bei 2,44 ± 3,43 % und bewegen sich somit im Vergleich mit anderen Populationen eher im unteren Bereich. Hierbei ist es wichtig, die Populationsgröße mit zu berücksichtigen, da größere Populationen, die auf eine breitere genetische Basis zurückgreifen können, geringere Inzuchtkoeffizienten aufweisen sollten. Des weiteren muss beachtet werden, dass in verschiedenen Studien keine bestimmte Anzahl von Ahnengenerationen in die Auswertung mit einbezogen wurden, sondern alle verfügbaren bekannten Ahnen (Tab. 9) genommen wurden. Bei unvollständigen Pedigrees wäre es besser, den erwarteten Inzuchtkoef-fizienten (F2) als Vergleichswert zu nehmen. Wenn die Pedigrees also unvollständig waren und unterschiedlich viele Ahnengenerationen berücksichtigt wurden, sind Vergleiche mit den Werten aus der Literatur vorsichtig zu interpretieren. Die von GRESKY et al. (2004) untersuchte Teckelpopulation (n =20.3119) lag mit einem Inzuchtkoeffizienten von 5,27 ± 6,39 % und einem Vollständigkeitsindex von 64,89 % deutlich über dem der Englischen Cocker Spaniels. Auch die von KARJALAINEN u.

OJALA (1997) untersuchte Population der Finnischen Bracke (n = 35.715) und des Finischen Spitzes (n = 23.701) wiesen Inzuchtkoeffizienten von 9 und 7,2 % auf und lagen damit über dem der Englischen Cocker Spaniels, die Finnische Bracke aber unter dem der Teckel.

Dagegen waren die Inzuchtkoeffizienten der Deutschen Schäferhunde (n = 78.500) aus den Geburtsjahrgängen von 1992 bis 2002 mit Abstand am niedrigsten (HAMANN et al. 2003). Kleine Populationen hatten in der Regel wesentlich höhere Inzuchtkoeffizienten. So lag dieser bei 2053 untersuchten Elos bei 12,04 % und einem Vollständigkeitsindex von 57,7 % von allen am höchsten (KAUFHOLD et al.

2004). Auch die von LÜPKE und DISTL (2004a) untersuchte aktuelle Population des Hannoverschen Schweißhundes hatte einen relativ hohen Inzuchtkoeffizienten von 9,2 % (n = 334). Bei den mittleren Populationen wiesen die Tibet Terrier mit ca. 800 geborenen Welpen pro Jahr einen Inzuchtkoeffizienten von 0,89 % auf (KETTERITZSCH et al. 2004).

NIELEN et al. (2001) untersuchten in den Niederlanden fünf Hunderassen auf ihren Inzuchtkoeffizienten. Die Golden Retriever, die mit 5412 untersuchten Hunden das größte Datenmaterial stellten, hatten mit 1,8 % die niedrigsten Inzuchtkoeffizienten.

Die Populationen mit mittlerer Größe zeigten Inzuchtkoeffizienten zwischen 4,6 und 5,6 %. Die kleinste Population der Kooiker Dogs hatte mit 7,0 % den höchsten Inzuchtkoeffizienten. Eine weitere kleine Population, nämlich der Entlebucher Sennenhund reiht sich mit einem Inzuchtkoeffizienten von 5,2 % hier ein (HEITMANN et al. 2003). In einer weiteren Studie, in der sieben verschiedene Hunderassen von unterschiedlicher Größe untersucht wurden (MÄKI et al. 2001), lagen die Finnische Bracke (n = 3163) und der Berner Sennenhund (n = 3140) mit Inzuchtkoeffizienten zwischen 4,6 und 5,6 % recht hoch, während die kleineren Populationen (1712 Deutsche Schäferhunde, 908 Labradors, 772 Collies, 600 Rottweiler und 119 Golden Retriever) mit Inzuchtkoeffizienten von 2,3 und 4,6 % auf gleicher Höhe mit den Finnischen Bracken bzw. darunter lagen.

Der Anteil der Tiere, die einen Inzuchtkoeffizienten zwischen 0 und 3 % bei den hier analysierten Cocker Spaniels haben, lag bei ca. 60 % und ist damit mit der Studie von NIELEN et al (2001) zu vergleichen, in der bei den fünf untersuchten Hunderas-sen dieser Anteil zwischen 30 und 55 % lag.

Der maximal von den Englischen Cocker Spaniels erreichte Inzuchtkoeffizient von 32,2 % lag deutlich unter den Maximalwerten der Teckel (38 %, GRESKY et al. 2004) und der Hannoverschen Schweißhunde (38 %, LÜPKE und DISTL 2004b), jedoch in vergleichbarer Höhe wie bei den Elos (KAUFHOLD et al. 2004). Die Englischen Cocker Spaniels stellen somit eine Hundepopulation mittlerer Größe mit einem relativ geringen Inzuchtkoeffizienten dar. Auch die Tatsache, dass die berechneten und erwarteten Inzuchtkoeffizienten mit den jüngeren Geburtsjahrgängen abfallen, spricht für eine Zuchtpolitik, in der Inzuchtpaarungen vermieden werden.

Dieser Trend war auch bei den Teckeln (GRESKY et al. 2004) und den Hannover-schen Schweißhunden (LÜPKE u. DISTL 2004b) zu beobachten, wobei die Inzucht-koeffizienten bei den Teckeln nicht so stark abfielen.

3.1.4.2 Inzuchtraten

Die effektive Populationsgröße in der aktuellen Population beträgt 728,35, woraus sich bei Zufallspaarungen ein Inzuchtzuwachs von 0,062 % pro Generation ergibt.

Die aus den tatsächlichen Populationsdaten geschätzte Inzuchtrate pro Generation

∆F1 ist jedoch mit einem Wert von 0,38 % um das 6,2 - fache höher. Die Ursache für diese Diskrepanz ist darin zusehen, dass näher verwandte Tiere häufiger als bei reiner Zufallspaarung miteinander verpaart werden, um bestimmte züchterisch

erwünschte Eigenschaften in Aussehen und Verhalten zu erreichen. Zum anderen zeigt sich auch für die Inzuchtzunahme der Eltern - auf die Nachkommengeneration mit ∆F3 = 0,26 % ein positiver Wert. Dies zeigt, dass im Mittel durch die gewählten Paarungskombinationen ein gewisser Inzuchtzuwachs in Kauf genommen wurde.

Aufgrund der leicht abfallenden Inzuchtkoeffizienten in den letzten Geburtsjahrgän-gen und der Tatsache, dass der Wert für ∆F3 seit 2000 negativ ist, ergibt sich, dass der Rassehundezuchtverein versucht, eine Inzuchtabnahme zu erreichen. Um in Zukunft eine noch deutlichere Abnahme der Inzucht von der Eltern - auf die Nach-kommengeneration zu erreichen, müsste der zu erwartende Inzuchtkoeffizient für die potenziellen Verpaarung berechnet und bei der Auswahl der Paarungspartner berücksichtigt werden. Hierzu ist es nötig, die Verwandtschaftskoeffizienten zwischen den Elterntieren und die Inzuchtkoeffizienten der gemeinsamen Ahnen der Eltern zu kennen. Die leicht positiven Werte von ∆F3 sind darauf zurückzuführen, dass zwar Elterntiere mit einem niedrigen Inzuchtkoeffizienten zur Zucht eingesetzt werden, hierbei jedoch nicht beachtet wird, in welchen Grad sie miteinander verwandt sind.

Infolgedessen steigen die Inzuchtkoeffizienten in der Nachkommengeneration im Vergleich zu der Elterngeneration an. In der Teckelpopulation zeigte sich dieser Sachverhalt besonders deutlich (GRESKY et al. 2004). Auch bei den Elos und den Hannoverschen Schweißhunden waren die Inzuchtraten positiv und lagen mit einem

∆F2 zwischen 1,46 und 7,48 % (KAUFHOLD et al. 2004) und 1,52 % (LÜPKE u.

DISTL 2004a) deutlich über den Englischen Cocker Spaniels. Das Nichtbeachten der Verwandtschaftskoeffizienten zwischen den Paarungspartnern ist die Ursache dafür, dass trotz niedriger Inzuchtkoeffizienten der Eltern die Inzuchtkoeffizienten in der nächsten Generation wenig oder gar nicht abnehmen.

3.1.4.3 Verwandtschaft

Der Verwandtschaftskoeffizient für die aktuelle Population des Englischen Cocker Spaniels betrug 1 % und fiel für die Geburtsjahrgänge von 1994 bis 2002 ab. Damit liegt der mittlere Verwandtschaftskoeffizient der aktuellen Population unter den mittleren Inzuchtkoeffizienten, was sich daraus erklärt, dass in der Zucht deutlich näher miteinander verwandte Tiere verpaart wurden, als aus dem mittleren Ver-wandtschaftskoeffizient zu erwarten gewesen wäre. Anders ausgedrückt heißt dies, dass bei Zufallspaarungen der mittlere Inzuchtkoeffizient in der hier untersuchten Population deutlich niedriger wäre und in einer Größenordnung von 0,5 % liegen dürfte. Bei allen anderen Hunderassen, für die Verwandtschaftskoeffizienten in der Literatur angegeben wurden, waren die Werte deutlich höher. So lag der mittlere Verwandtschaftskoeffizient für die Elos bei 19,22 % (KAUFHOLD et al. 2004), für die Hannoverschen Schweißhunde bei 17 % (LÜPKE u. DISTL 2004a) und bei den von NIELEN et al. (2001) untersuchten Hunderassen zwischen 2 % (Golden Retriever) und 14,6 % (Kooiker Dog). Bei den Englischen Cocker Spaniels erklären die geringen Verwandtschaftskoeffizienten auch wieder die relativ niedrigen Inzuchtkoeffizienten. Andererseits macht dies deutlich, dass bei der Zuchtwahl der Elterntiere der jeweilige Verwandtschaftskoeffizient zwischen den Paarungspartnern beachtet werden sollte, um den Inzuchtkoeffizienten in der nachfolgenden Generation zu senken.

3.1.4.4 Tiere mit positiven Augenuntersuchungsbefund

Tiere mit einem positivem Distichiasis und MPP Befund lagen mit Inzuchtkoeffizien-ten von 2,70 ± 4,05 % und 2,42 ± 3,66 relativ gleich mit den Tieren der aktuellen Population. Die Verwandtschaftskoeffizienten lagen mit 2,36 ± 4,97 % und 3,79 ± 6,25 % über der aktuellen Population. Dies ist vor allem bei Tieren mit MPP deutlich. Bei dem Auftreten von Distichiasis und MPP scheint Inzucht also keine große Rolle zu spielen. Sowohl die PRA positiven Tiere als auch die Tiere mit primärer nicht kongenitaler Katarakt waren mit einem mittleren Inzuchtkoeffizienten von 4,99 ± 6,76 % bzw. 4,07 ± 5,44 % wesentlich stärker ingezüchtet als die restliche Cocker Spaniel Population. Dies zeigt sehr deutlich, dass in diesen Linien das für PRA und primärer nicht kongenitaler Katarakt verantwortliche Defektallel verbreitet ist und bei gesteigerter Inzucht das Auftreten von PRA und primärer nicht kongenitaler Katarakt erwartungsgemäß zunimmt.

Der mittlere Verwandtschaftskoeffizienten lagen mit 3,41 ± 7,54 % bzw. 2,88 ± 8,41%

wieder deutlich über dem der aktuellen Population. Wenn keine Verpaarung verwandter Eltern statt gefunden hätte, wären bereits ein Großteil der PRA und primärer nicht kongenitaler Katarakt Fälle zu vermeiden gewesen. Die Beachtung der Verwandtschaftskoeffizienten kann somit zu einem erheblichen Teil dazu beitragen, dass sich genetisch bedingte Erkrankungen nicht im größeren Umfang manifestieren.

Damit könnte auch Inzucht auf Anlage - oder Merkmalsträger von Defektallelen vermieden werden.

Tab. 2: Anzahl der beim Jagdspaniel Club e.V. ab 1987 registrierten Welpen der Rasse Englischer Cocker Spaniel einschließlich deren Vater - und

Tab. 3: Anzahl der zur Zucht im Jagdspaniel Klub e.V. eingesetzten Englischen

Tab. 4: Anzahl Tiere mit einem positiven Augenuntersuchungsbefund sowie die Anzahl der positiven Tiere mit Zuchteinsatz

Tab. 5: Mittlere Inzuchtkoeffizienten (F1), erwarteter Inzuchtkoeffizient (F2) und Verwandtschaftskoeffizient (R), einschließlich der Standardabweichung (s) und der Maxima für die gesamte, die aktuelle Population sowie die

Für die gesamte Population, die aktuelle Population und die einfarbigen und mehr-farbigen Tiere wurde kein Verwandtschaftskoeffizient berechnet, da eine so große Verwandtschaftsmatrix von dem Programm nicht unterstützt werden.

Tab. 6: Mittlere Inzuchtkoeffizienten (F1), erwarteter Inzuchtkoeffizient (F2) und Verwandtschaftskoeffizient (R), einschließlich der Standardabweichung (s) und der Maxima für die einzelnen Geburtsjahrgänge der aktuellen

Tab. 7: Inzucht und Verwandtschaftskoeffizienten der Tiere mit positivem

Tab. 8: Inzuchtraten ∆F1-5 und effektive Populationsgröße (Ne) für die aktuelle Population nach Geburtsjahrgängen

Tab. 9: Übersicht über bisherige Studien zur Höhe des Inzuchtkoeffizienten in LÜPKE u. DISTL 2004a Hannoverscher

Schweißhund

334 9,2 10 73,3 -

KAUFHOLD et al. 2004 Elo 2053 12,0 6 45,7 - GRESKY er al. 2004 Teckel 203119 5,3 ≤ 11 - - HEITMANN et al. 2004 Entlebucher

Sennenhund

3.2 Populationsgenetische Analyse und Heritabilitätsschätzung für erblich