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Die Versorgungssituation mit öffentlich geförderten Wohnungen

7 Der öffentlich geförderte Mietwohnungssektor

7.3 Die Versorgungssituation mit öffentlich geförderten Wohnungen

Die Frage nach dem Bedarf an Sozialwohnungen lässt sich nur schwer beantworten. Da das Ziel der sozialen Wohnungspolitik darin besteht, den auf Hilfe angewiesenen Haushalten eine angemessene Wohnungsver-sorgung zu garantieren, sind hierfür zunächst Bedarfsgruppen und VerWohnungsver-sorgungsprobleme zu identifizieren.

Die angestrebten Versorgungsstandards (was ist angemessen?) sind dann im zweiten Schritt zu bestimmen, wobei diese nicht nur durch den gesellschaftlichen Wandel, sondern auch durch politisch-normative Wert-ordnungen bestimmt werden. Ein Neubau von Sozialwohnungen sollte grundsätzlich dann infrage kommen, wenn sich das versorgungspolitische Ziel über den Markt nicht erreichen lässt. Zur exakten Dimensionie-rung des sozialen Wohnungsbaus müsste neben der Kenntnis der Versorgung auch bekannt sein, wie sich der soziale Wohnungsbau auf die Versorgung der Zielgruppen auswirkt. Auch dabei handelt es sich um eine ungeklärte Frage.

Insoweit ist die Frage zum Bedarf an Sozialwohnungen nicht vollumfänglich empirisch zu begründen, son-dern normativ festzulegen. Die vergleichende Darstellung der Versorgungssituation im Landkreis Offenbach und in den benachbarten und übergeordneten Gebietskörperschaften soll dazu als Beurteilungsgrundlage dienen. Im zweiten Schritt werden auf dieser Grundlage mögliche Orientierungswerte für Bedarfskennwer-te diskutiert.

7.3.1 Versorgungskennzahlen

In diesem Abschnitt werden vergleichende Kennzahlen zur derzeitigen quantitativen Versorgungssituation mit öffentlich geförderten Wohnungen diskutiert. Neben der Möglichkeit, die Versorgungssituation im Landkreis durch einen Vergleich mit den benachbarten Landkreisen und kreisfreien Städten sowie den übergeordneten Gebietskörperschaften zu bewerten, werden auch mögliche Versorgungsnormen darge-stellt.

Eine erste Gruppe von Kennzahlen, die in der fachöffentlichen Diskussion verbreitet sind, stellen Förder-quoten dar. Setzt man den gesamten Wohnungsbestand mit dem geförderten Wohnungsbestand ins Ver-hältnis, erhalt man eine bestandsbezogene Förderquote, hier Kennzahl I genannt. Wie Abbildung 62 im linken Diagramm zeigt, liegt diese Quote im Landkreis Offenbach unter Zugrundelegung der Wohnungsbe-standszahlen 2016 als aktuellstem verfügbarem Jahrgang bei 2,2 %. Innerhalb der Teilräume variierte sie zwischen 2,8 % im Teilraum 1 und 1,7 % im Teilraum 2. Vergleichbare Werte finden sich auch für den Land-kreis Darmstadt-Dieburg. Im LandLand-kreis Groß-Gerau liegt die Quote dagegen bei 3,2 %, gleichauf mit dem bezirksweiten Mittel. Deutlich höhere Anteile an geförderten Wohnungen finden sich in den Großstädten mit 3,9 % in Hanau und 5,9 % in Frankfurt. Ein Teil dieser Unterschiede erklärt sich dadurch, dass sich ge-förderte Wohnungen ausschließlich auf Wohnungen zur Miete beziehen und deren Marktanteil in kleineren Städten und Landgemeinden geringer ausfällt als in Großstädten. Ein Vergleich zwischen Gebietskörper-schaften unterschiedlichen Urbanisierungsgrades ist daher bei dieser Kennzahl nicht zielführend. Nimmt man den Regierungsbezirk Darmstadt oder das Land Hessen zum Maßstab einer Versorgungsnorm, wäre eine Sollquote von 3% auf den Gesamtbestand ein möglicher Zielwert.

Abbildung 62: Quotenbasierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Land-kreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen

Kennzahl 1: Bestandsbezogene Förderquote 2017 Kennzahl 2: Neubaubezogene Förderquote 2017

Quelle: Eigene Darstellung. Angaben zur Fördertätigkeit: WI-Bank, Stand 30. November 2017. Die Gegenüberstellung erfolgte jeweils mit Angaben zum Wohnungsbestands 2016 bzw. den Fertigstellungsraten 2014 bis 2016. Die Förderbewilligungen lagen nur auf Kreisebene vor. Für Hanau waren daher keine Werte angegeben. Die Bewilligungen im LK Offenbach wurden proportional zu den Beständen auf die Teilräume aufgeteilt.

0%

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach Darmstadt, Stadt Frankfurt am Main, St Offenbach am Main, St Hanau, St LK Darmstadt-Dieburg LK Groß - Gerau Reg.-Bez. Darmstadt Hessen Geförderter Bestand in v.H. des gesamte nWohnungsbestandes 2016/2017

0%

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach Darmstadt, Stadt Frankfurt am Main, St Offenbach am Main, St Hanau, St LK Darmstadt-Dieburg LK Groß - Gerau Reg.-Bez. Darmstadt Hessen

Anteil Förderbewilligungen an Fertigstellungen

Eine weitere quotenbezogene Kennzahl, die in der wohnungspolitischen Diskussion Anwendung findet, ist die neubaubezogene Förderquote. Diese hier als Kennzahl 2 titulierte Quote setzt die jährlichen Förderbe-willigungen mit den gesamten Fertigstellungszahlen eines Jahres in Relation (vgl. Abbildung 62 rechtes Dia-gramm). Auch hier stellt sich das Problem, geförderte Mietwohnungen mit der gesamten Neubautätigkeit, die sich auf Eigenheime, Wohnheime, Eigentumswohnungen und Mietwohnungen erstreckt, in Bezug zu setzen. Eine Förderquote bezogen auf den Mietwohnungsbau von 30 % Sozialwohnungen bedeutet z.B. bei einem Marktanteil des Mietwohnungsbaus von insgesamt 40 % eine Förderquote von 12 %. Die Höhe der Quote ist daher auch hier nicht zwischen Gebietskörperschaften unterschiedlicher Wohnungsmarktstruktu-ren vergleichbar. Nimmt man in Landkreisen wie dem Landkreis Offenbach einen mittleWohnungsmarktstruktu-ren Anteil des Woh-nungsbaus in Mehrfamilienhäusern von 75 % an, davon 50 % als Mietwohnungen, entspricht eine Gesamt-förderquote von 10% in etwa einem Förderanteil an Mietwohnungen von 25 %-30 %.

Insgesamt erscheinen die Kennzahlen 1 und 2 aus den vorgenannten Gründen nicht geeignet, eine Einord-nung der Versorgungssituation im Landkreis durch Vergleich vorzunehmen. Das bedeutet im Umkehr-schluss jedoch nicht, dass Zielförderquoten als wohnungspolitische Maßnahme innerhalb des Kreises nicht zur Anwendung kommen können. Dazu reicht jedoch ein rein angebotsseitiger Bewertungsmaßstab, wie ihn die Kennzahlen 1 und 2 darstellen, nicht aus. Die Zahl der geförderten Wohnungen ist nämlich nur in Relation zum Bedarf sinnvoll interpretierbar. Ist dieser Bedarf in einem Gebiet sehr gering, dürfte eine För-derquote in Höhe der oben skizzierten Sollquote zu hoch angesetzt sein.

Als Alternative werden im Folgenden deshalb zwei weitere Kennzahlen diskutiert. Die Kennzahl 3 stellt auf die Tatsache ab, dass durch Bindungsausläufe die Zahl geförderter Wohnungen schrittweise abnimmt. Die Ersatzquote setzt dazu die Zahl der Neubewilligungen im Jahr 2017 ins Verhältnis zur mittleren Zahl der bis 2030 jährlich aus der Bindung fallenden Wohnungen. Die Quote drückt damit eine bestandserhaltende Förderquote aus, bezogen auf die Wohnungsfertigstellungen im Mittel der Jahre 2014-2016. Liegt dieses Verhältnis bei 100 %, dann reduziert sich der Bestand nicht weiter. Wie Abbildung 63 links zeigt, lag die Ersatzquote im Landkreis Offenbach aktuell bei 38 % der im Jahresmittel bis 2030 aus der Bindung fallen-den Sozialwohnungen. Da keine Angaben über die Bewilligungen in fallen-den Teilräumen vorlagen, wurfallen-den diese geschätzt. Dazu wurde die Gesamtzahl der Neubewilligungen 2017 proportional zu den Anteilen geförder-ter Bestände auf die Teilräume aufgeteilt. Am höchsten lag die Ersatzquote mit ca. 230 % in der Stadt Of-fenbach, gefolgt vom Landkreis Groß-Gerau mit knapp 150 % und dem Landkreis Darmstadt-Dieburg mit ca.

100 %.

Die Ersatzquote zielt nicht auf ein absolutes normatives Versorgungsziel ab, sondern auf den Erhalt des aktuellen Bestands an geförderten Wohnungen. Bei einer Ersatzquote von 100% wird nur eine Verschlech-terung der Versorgungssituation relativ zum gegenwärtigen Zustand aufrechterhalten. Zukünftige Mehr- oder Minderbedarfe, die sich aus einer wachsenden Bevölkerungszahl oder veränderten Bedarfsgruppen ergeben, sind darin nicht berücksichtigt und erfordern eine Anpassung der Kennzahl.

Auch diese Kennzahl bzw. die daraus abgeleitete Versorgungsnorm berücksichtigt nicht die nachfrageseiti-ge Situation. Um eine Abschätzung der Versorgungslanachfrageseiti-ge unter Berücksichtigung der Nachfranachfrageseiti-ge zu erlauben, wurde vom IWU eine vierte Kennzahl entwickelt, die, Vermittlungsquote genannt, das Verhältnis aus geför-derten Wohnungsbeständen und registrierten Wohnungssuchenden berücksichtigt. Im Jahr 2017 betrug dieses beispielsweise im Landkreis Offenbach 91 zu 100, d.h. auf 91 registrierte Haushalte kamen 100 Sozi-alwohnungen. Diese Kennzahl ist jedoch in dieser Form ohne praktische Relevanz, da Bestandsgrößen (Zahl der Sozialwohnungen) mit einer Stromgröße (Anwärter auf eine Sozialwohnung) verglichen werden. We-sentlich zielführender wäre eine Kennzahl, die die Zahl der Anwärter mit der Zahl der jährlich vermittelba-ren Wohnungen in Bezug setzt oder anders ausgedrückt, wie lange ein Haushalt auf eine Wohnung warten muss.

Diese Fragestellung hat nämlich infolge der Subjektförderung des SGB II/XII für den sozialen Wohnungsbau einen Bedeutungswandel erhalten: Anstelle der Mietsubvention für Niedrigeinkommenshaushalte tritt ver-stärkt die Bedeutung als Verfügbarkeitsreserve für Haushalte hervor, die unter den Selektionskriterien des freien Wohnungsmarkts nur geringe Chancen auf eine Mietwohnung besitzen. Diese Chancenarmut stellt

dabei nicht nur auf die geringe Wohnkaufkraft ab, sondern auch auf andere Merkmale, wie Diskriminie-rungstatbestände. Die Möglichkeit, Haushalten über Belegungsrechte, insbesondere aber über die gezielter nutzbaren Benennungsrechte Wohnraum zur Verfügung stellen zu können, ist daher neben der Mietverbil-ligung der wesentliche Förderaspekt der Objektförderung.

Die Berechnung der Kennzahl 4 basiert daher auf der grundlegenden Annahme, dass Wohnungsbedarfe keine Bestandsgrößen darstellen, sondern zeitraumbezogene Stromgrößen. Die Menge an wohnberechtig-ten Bewerbern um eine geförderte Wohnung nimmt nicht ab, wenn jährlich ein Teil dieser Gruppe in eine Wohnung vermittelt wird. Es handelt sich vielmehr um eine Menge, zu der ständig Haushalte hinzukom-men, gleichzeitig durch Vermittlung einer Wohnung, durch eigenständige Wohnungssuche und durch Fort-zug, Haushalte ausscheiden. Diese Menge jährlich wohnungssuchender Haushalte kann unter normalen Umständen als zeitkonstant angesehen werden, durch veränderte Marktbedingungen oder plötzliche Zu-zugsströme kann sich aber auch eine Veränderung der Menge ergeben, vgl. die Darstellungen in der Abbil-dung 58.

Für die Aufstellung von Bedarfskennzahlen bedeutet dies, dass eine wesentlich größere Zahl an Wohnun-gen im Bestand vorhanden sein muss, um jährlich eine bestimmte Zahl an WohnunWohnun-gen vermitteln zu kön-nen, da unter den gegebenen Verweildauern in Mietverhältnissen nur ein Bruchteil der Bestände jedes Jahr zur Neuvermittlung freigezogen wird. Tabelle 31 zeigt das Berechnungsverfahren für die Teilräume und den gesamten Landkreis Offenbach, Abbildung 63 rechts die vergleichende Darstellung der Ergebnisse mit den Vergleichsräumen. Unter Ansatz der oben in Tabelle 29 aufgeführten Bestandszahlen an geförderten Miet-wohnungen und der Zahl wohnungssuchender Haushalte aus Tabelle 28, ergibt sich unter Ansatz einer jähr-lichen Fluktuationsrate von 13 % eine Zahl von 469 Wohnungen, die im Landkreis Offenbach jedes Jahr unter den getroffenen Annahmen neu vergeben werden können. Diese addieren sich aus 181 Wohnungen im Teilraum 2, 229 im Teilraum 1 und 60 im Teilraum 3. Aus dem Verhältnis aus registrierten wohnungssu-chenden Haushalten und jährlichem Angebot resultiert eine jährliche Vermittlungsquote von ca. 14 % im Landkreis Offenbach, 12 % im Teilraum 2, 18 % im Teilraum 1 und 13 % im Teilraum 3. Deutlich höhere Vermittlungsquoten werden in den Städten errechnet, mit 26 % in Hanau und mehr als 30 % in Darmstadt und Frankfurt. Im hessenweiten Mittel liegt die Kennzahl bei ca. 23 %. Vergleichbare Ergebnisse wie für den Landkreis Offenbach liefert die Berechnung auch für die Landkreise Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau, obwohl deren Förderquoten im Bestand (Kennzahl 1) deutlich höher liegen als im Kreis Offenbach.

Tabelle 31: Berechnungsschema der Kennzahl 4

Teilraum 1 Teilraum 2 Teilraum 3 LK Offen-bach Annahmen Gesamtzahl der als wohnungssuchend

registrierten Haushalte 1.302 1.533 465 3.300 Jahreswerte 2017 Bestand an öffentlich geförderten

Wohnungen 1.758 1.392 460 3.610 Bestand Ende 2017 ohne

Neuförderungen mittlere Umzugsfluktuation 13% 13% 13% 13% Aus Mikrozensus 2010,

wohnungsgrößenabhängig, ca. 12-18% p.a.

Gesamtes rechnerisches Angebot an

geförderten Wohnungen p.a. 229 181 60 469

Rechnerische Vermittlungsquote p.a. 18% 12% 13% 14%

Quelle: Eigene Berechnungen, Mikrozensus 2010

Diese Tatsache illustriert die Wichtigkeit einer Bewertung der Versorgungssituation unter Berücksichtigung der Nachfrageseite. Wie Tabelle 31 zeigt, ist die wesentliche Einflussgröße bei der Ermittlung der Kennzahl jedoch die Fluktuationsrate in den geförderten Beständen. Die Annahme in der Berechnung ist ein Mittel-wert aus AusMittel-wertungen aus dem Mikrozensus 2010, die für verschiedene Haushaltsgrößenklassen und

Ge-meindetypen gemacht wurden, um regional und familienstatusbezogen unterschiedliche Verweildauern berücksichtigen zu können. Eine Verlängerung der durchschnittlichen Wohndauer, die z.B. in der derzeiti-gen Phase knapper und teurer Wohnalternativen auftreten kann, reduziert sich die Zahl jährlich vermittel-barer Wohnungen und senkt damit die Vermittlungsquote. Eine Verlängerung der mittleren Wohndauer von 8 auf 10 Jahren, was gleichbedeutend mit einer Veränderung der Fluktuationsrate von 13% auf 10% ist, reduziert sich die rechnerische Vermittlungsquote im Landkreis Offenbach auf 11% oder eine rechnerisch 9-jährige Wartezeit auf eine Sozialwohnung.

Auch bei dieser Kennzahl kann eine Versorgungsnorm abgeleitet werden. Unterstellt man eine unterschied-liche Dringlichkeit des Vermittlungsbedarfs unter den verschiedenen Bedarfsgruppen des geförderten Wohnungsbaus, so dürfte die Vermittlung von Wohnungsnotstandsfällen und von Haushalten ohne eigene Wohnung vorrangig sein. Diese Bedarfsgruppen umfassen im Landkreis Offenbach ca. 25% der registrierten Wohnungssuchenden, so dass eine Vermittlungsquote in dieser Höhe dem Dringlichkeitsbedarf entspre-chen sollte.

Abbildung 63: Bedarfsorientierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Landkreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen

Kennzahl 3: Ersatzquote Kennzahl 4: Vermittlungsquote

Quelle: Eigene Darstellung 0%

50%

100%

150%

200%

250%

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach Darmstadt, Stadt Frankfurt am Main, St Offenbach am Main, St Hanau, St LK Darmstadt-Dieburg LK Groß - Gerau Reg.-Bez. Darmstadt Hessen Verhältnis Neubewilligungen zu Bindungsausufen

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach Darmstadt, Stadt Frankfurt am Main, St Offenbach am Main, St Hanau, St LK Darmstadt-Dieburg LK Groß - Gerau Reg.-Bez. Darmstadt Hessen Verhältnis wohnungssuichende HH zur Zahl vermittelbarer Wohnungen

7.3.2 Ableitung von Zielbedarfen

Die im vorigen Abschnitt im Zusammenhang mit den vergleichsorientierten Kennzahlen 1 bis 4 diskutierten Versorgungsnormen 1 bis 4 werden abschließend zur Ableitung von Zielbedarfen herangezogen. Aus der Gegenüberstellung von Bestand und Zielbedarfen ergibt sich für jede Versorgungsnorm ein spezifischer Fehlbedarf. Die Unterschiedlichkeit der herangezogenen Normen und der Ergebnisse illustrieren die Not-wendigkeit einer normativen Festlegung der Frage nach dem erforderlichen Sozialwohnungsbedarf, zeigen aber auch gleichzeitig die Bandbreite, innerhalb derer sich ein bedarfsgerechter geförderter Wohnungsbau einordnen kann.

Unterstellt man eine an der Kennzahl 1 abgeleitete Versorgungsnorm von 3 % des gesamten Wohnungsbe-standes, ergibt sich für den Landkreis Offenbach ein Sollbestand von ca. 4.900 geförderten Einheiten, was einem Fehlbedarf von ca. 1.300 Einheiten im Bestand entspricht (vgl. Tabelle 32). Dieser Fehlbedarf ent-steht vor allem im Teilraum 2, dort ist das Verhältnis aus Wohnungsbeständen und geförderten Beständen besonders ungünstig (siehe Abbildung 65 links). Verglichen mit der ebenfalls bestandsorientierten Versor-gungsnorm 4, die auf eine mindestens 25 % Vermittlungsquote abstellt, liegt der Gesamtbedarf mit ca.

6.350 Einheiten und der Fehlbedarf mit ca. 2.750 Einheiten noch darüber. Zur Zielerreichung im Vermitt-lungsansatz ist vor allem im Teilraum 2 und Teilraum 3 eine Verdopplung des geförderten Wohnungsbe-stands erforderlich (siehe Abbildung 66 rechts).

Abbildung 64: Quotenbasierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Land-kreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen

Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 1 Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 2

Quelle: Eigene Darstellung.

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach

Sollbestand

geförderte Wohnungen 2017 Fehlbedarf 1

0

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach

Sollbewilligungen

Bewilligungen 2017 Fehlbedarf 2

Abbildung 65: Quotenbasierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Land-kreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen

Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 1 Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 2

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 66: Bedarfsorientierte Versorgungskennzahlen für öffentlich geförderte Wohnungen im Landkreis Offenbach, in seinen Teilräumen sowie den Vergleichsräumen

Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 3 Ziel- und Fehlbedarfe nach Versorgungsnorm 4

Quelle: Eigene Darstellung

Diese bestandsorientierten Bedarfsziele stellen jedoch nur eine Momentaufnahme dar. Wachsende Bevöl-kerungszahlen und wachsende Zahlen an Dringlichkeitsfällen können eine weitere Zunahme der Sollbe-darfszahlen ergeben. Ebenso wenig sind Bindungsausläufe hierbei berücksichtigt. Den erforderlichen

Er-0

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach

Sollbestand

geförderte Wohnungen 2017 Fehlbedarf 1

0

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach

Teilraum 2 Teilraum 1 Teilraum 3 LK Offenbach

Sollbestand

geförderte Wohnungen 2017 Fehlbedarf 4

satzbedarf für Bindungsausläufe ergibt der Zielbedarf 3. Wird ein Erhalt der derzeitigen Zahl an geförderten Wohnungen angestrebt, so sind hierzu kreisweit bis 2030 jährlich im Mittel ca. 85 Neuförderungen erfor-derlich. Davon wurden im Jahr 2017 im Landkreis weniger als 40% bewilligt. Wird auf einen Anteil von im Mittel 10% geförderter Wohnungen unter allen Fertigstellungen abgestellt, so ergibt sich eine jährliche Sollförderung von 90 Wohnungen. Dieser Orientierungswert kann daher zum Erhalt der derzeitigen Versor-gungssituation an geförderten Wohnungen genutzt werden.

Tabelle 32: Kennzahlgestützte Bedarfsnormen, Ziel- und Fehlbedarfe an öffentlich geförderten Woh-nungen im Landkreis Offenbach und seinen Teilräumen

Raum

"Bestands-quote" Zielbedarf 1 Fehlbedarf 1

Teilraum 1 61.942 1.758 2,8% 3% 1.858 124

"Neubau-quote" Zielbedarf 2 Fehlbedarf 2

Teilraum 1 326 16 4,8% 10% 33 17

"Er-satzquote" Zielbedarf 3 Fehlbedarf 3

Teilraum 1 1.758 49 32% 100% 49 33

"Vermitt-lungs-quote" Zielbedarf 4 Fehlbedarf 4

Teilraum 1 1.758 1.302 18% 25% 2.504 746

Teilraum 2 1.392 1.533 12% 25% 2.948 1.556

Teilraum 3 460 465 13% 25% 894 434

LK Offenbach 3.610 3.300 14% 25% 6.346 2.736

Quelle: Eigene Darstellung

Insgesamt legen die Ergebnisse, insbesondere die des Vermittlungsquotenansatzes jedoch nahe, den Be-stand an geförderten Wohnungen über das derzeitige Maß hinaus deutlich auszuweiten. Um die

Versor-gungsnorm 4 zu erreichen, wären beispielsweise bis zum Jahr 2030 weitere jährliche 125 Förderungen, entweder im Neubau, durch Modernisierungen oder durch Erwerb von Belegungsrechten im Bestand er-forderlich, so dass sich insgesamt ein kreisweiter Zielwert von 200 Neuförderungen pro Jahr bis zum Jahr 2030 ergibt.

8 Profilbildung und Handlungsoptionen