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Die Verkehrswege

Im Dokument ALEXANDER VON TOBIEN (Seite 128-135)

War Livland auch durch seine Lage am Meere Westeuropa erschlossen, so hat es doch andererseits eine ausreichende Verbindung mit dem Osten viel zu lange entbehrt, denn die russische Regierung tat fast zwei Jahrhunderte lang wenig oder gar nichts für die Anlage livländischer Verkehrswege. Bis in das letzte Jahrzehnt des 19. Jahr­

hunderts wurde hier der Güter- und Personenverkehr durch Post- und Landstraßen allein vermittelt5, deren Anlage und Instandhaltung Sache der Provinz war. Schon

1 §§ 114, 221—223 der Bauernordnung vom 13. November 1860; siehe oben S. 58. Vgl. a. S. 72.

2 Siehe oben S. 59.

3 „Bericht des Landratskolleg, über die in Folge der Grundsteuerreform getroffenen Maßnahmen zur Modifikation agrarrechtlicher Bestimmungen der Bauernverordnung". Druckvorlage für den Livl. Land­

tag vom März 1914.

4 Siehe oben S. 104.

5 Mädler: „Die Handelswege der baltischen Lande", „Baltische Wochenschrift für Landwirtschaft, Gewerbefleiß und Handel", 1863, S. 225 ff. und 301 ff.

Reinhold Guleke: „Baltische Verkehrsstudien", herausgegeben vom „Livl. Verein zur Förderung der Landwirtschaft und des Gewerbefleißes", Dorpat 1866, S. 7 ff. und 87 ff.

K. von Loewis of Menar: „Livländische Verkehrsverhältnisse in älterer und neuerer Zeit", ohne Angabe des Druckortes und Zeitpunkts der Veröffentlichung.

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im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts, also zu schwedischer Zeit organisiert, lag der Brücken- und Wegebau den Landgütern als öffentlich-rechtliche Provinziallast ob.

Die Bauernschaften hatten die Neubauten und Reparaturen auszuführen, die Höfe das notwendige Material kostenlos herzugeben und die oft beträchtlichen Barkosten zu tragen l. Diese schwere Bürde ist, wie gesagt2, bis in die Neuzeit zum größten Teil auf den Schultern der Bauern ruhen geblieben, obgleich die livländische Ritterschaft sich Jahre lang bemüht hat, einen gerechten Ausgleich herbeizuführen. Die Petersburger Beamtenschaft war es, die das Vorhaben des Landtages in entscheidender Stunde ver­

eitelte.

Die erste Eisenbahnlinie ist auf Initiative der Rigaschen Kaufmannschaft von Riga nach Dünaburg erbaut und am 12/24. September 1861 dem regelmäßigen Verkehr übergeben worden 3. Sie wurde in den Jahren 1872 und 1873 durch die Nebenbahnen Riga—Mühlgraben und Riga—Bolderaa erweitert, denen sich alsbald die Bahnen Riga—Mitau (1873) und Riga—Tuckum (1877) anschlössen4. Um dieselbe Zeit, im Dezember 1876, wurde als Zweig der baltischen, Reval mit Petersburg verbindenden Bahn die Linie Dorpat—Taps eröffnet 5, die ebenfalls privaten Bemühungen ihre Ent­

stehung verdankte. Alle diese Schienenwege kamen jedoch lediglich dem äußersten Norden und dem Süden Livlands zu gut, während es an einer, das Zentrum der Provinz durchschneidenden Magistrallinie, die Riga einerseits mit Dorpat und weiter mit Reval, andrerseits mit Pleskau und danach direkt mit Petersburg verbunden hätte, immer noch gebrach.

Obgleich die livländische Gemeinnützige und Ökonomische Sozietät6, die Land­

wirtschaftskammer Livlands, wie auch einzelne Glieder der Ritterschaft sich rege für den Bau der schmerzlich entbehrten Magistrallinie einsetzten, war dennoch bei der Staatsregierung nichts zu erreichen. Ihre Unifizierungspolitik hätte sie darauf verweisen sollen, daß eine nähere Verkehrs Verbindung mit dem Innern des Reiches, ganz ab­

gesehen von deren wirtschaftlichen Vorteilen, schon politisch geboten sei, allein ihre vis inertiae war doch stärker.

Schon im Jahre 1869 hatte der livländische Landtag ein aus seinen Gliedern gebildetes Eisenbahnkomitee niedergesetzt7, das ermächtigt wurde, den Bau irgend

1 Provinzialrecht der Ostseegouvernements, Teil III, Privatrecht Art. 1004.

Tobien: „Die Agrargesetzgebung Livlands im 19. Jahrhundert". I. Bd. 1899, S. 87.

Fürst N. D. Kropotkin: „Die Wegebaulast im livl., kurl. und estländischen Gouvernement", Riga 1906 (russisch).

2 Siehe oben S. 105.

3 E. Mertens: „Die Riga-Dünaburger Eisenbahn 1858—1863", Riga 1883, S. 17 ff.

4 H. von Stein: „Der Rigasche Börsen-Comitö in den Jahren 1866—1872", Riga 1873, S. 779 ff.

Bernhard Becker: „Aus der Bauthätigkeit Rigas und dessen Umgebung in der 2ten Hälfte des 19ten Jahrhunderts", Riga 1898, S. 25 ff.

5 „Baltische Wochenschrift" usw., 1876, S. 758.

6 Siehe oben S. 66.

7 Es bestand, unter dem Vorsitz des Landrats August von Oettingen, aus den Herren: Hermann Baron

einer den Süden und Norden Livlands verbindenden Eisenbahnlinie nach Mögüchkeit

zu fördern. Von der Staatsregierung eine Eisenbahn-Konzession zum Besten der Ritter­

schaft zu erwirken war ihr untersagt, wohl aber durfte sie jedem vertrauenswürdigen Inhaber einer staatlichen Konzession eine ritterschaftliche Unterstützung zusichern.

Die Höhe der Subvention sollte in der Weise bemessen werden, daß sie dem Betrage gleichkäme, der sich durch Einschränkung der Fahrpost1 voraussichtlich gewinnen ließe2 Im Übrigen sollten die Städte Livlands, vor allen Riga, bewogen werden, den Betrieb der livländischen Eisenbahn mit jährlichen Beiträgen zu unterstützen.

Durch die willige Bereitstellung ritterschaftlicher und städtischer Jahressub­

ventionen ermutigt, bemühten sich die Landräte Arthur von Richter und George von Lilienfeld-Könhof3 in Petersburg um die Erlangung einer privaten Baukon­

zession4 für die Linie Riga— Wenden— Wolmar—Werro—Pleskau nebst einer Zweig­

bahn von Werro nach Dorpat5, verloren namhafte Teile ihres Vermögens, erreichten jedoch ihr Ziel ganz und gar nicht.

Als die Bemühungen der Einzelnen zu keinem Ergebnis führten, nahm die Ritter­

schaftsrepräsentation die Sache direkt in ihre Hand6 und wies in einer umfassenden Denkschrift nach7, daß der Mangel an Schienenwegen die livländischen Landwirte zum übermäßigen Anbau von Flachs verführe, weil nur dieses relativ kostspielige Er­

zeugnis den teuren Versand auf Post- und Landstraßen vertrüge8, Namentlich seien

•es die Bauern, die, um bares Geld zu gewinnen, den bodenangreifenden Flachsbau in einem Umfange betrieben, der den Grundsätzen der rationellen Landwirtschaft strikt widerspräche. Ungeachtet des exakten Nachweises der unbedingten Notwendigkeit eines wirklichen Schienennetzes, geschah jedoch immer noch nichts und erst zu Ende der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts raffte sich die Staatsregierung auf, aber nur, weil das Kriegsministerium aus strategischen Gründen den Erbau einer livländischen Ma­

gistrallinie kategorisch verlangte. Im Juli 1889 konnte die Linie, die Riga über die Stadt Walk mit Pleskau verband und von Walk aus Dorpat erreichte, eröffnet werden.

Es war nicht mehr, wie bisher, unvermeidlich, um im wegelosen Winter von Dorpat aus die livländische Metropole Riga erreichen zu können, über Gatschina bei Petersburg

Wrangeil-Turneshof, Max Baron Wolff-Hinzenberg, Alexander von Grote-Lemburg und August von Pander-Ronneburg-Neuhof.

1 Etwa 60000 Rbl. jährlich.

2 R. A. Akte Nr. 282/E.

3 Band I S. 19 und 50.

4 Ihnen hatte sich Konsul B. Eugen Schnakenburg aus Riga angeschlossen.

5 Landrat von Richter an das Rittersch. Eisenbahn-Comite am 9. August 1869, in derselben Akte.

6 v. Stein: a. a. 0. S. 785; Dr. v. Seidlitz-Meyershof: „Zur livl. Eisenbahnfrage", „Baltische Wochenschrift" usw. 1876, S. 477 ff.

7 Fr. von Jung-Stilling: „Denkschrift betr. die Anlage einer livländischen Eisenbahn, vom livlän­

dischen Landrats-Colleg. der Commission zur Erforschung der Eisenbahnfrage in Rußland vorgestellt"

Riga, 1880.

* Ebenda.

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und über Dünaburg reisen, d. h. fast einen Kreis beschreiben zu müssen. Nach jahre­

langem Warten waren die drei Ostseeprovinzen endlich durch einen normalen Schienen­

weg, der die wichtigsten Städte berührte, miteinander verbunden. Nur die Hafenstadt Pernau und die namentlich für den Flachshandel wichtige Stadt Fellin lagen noch außerhalb des Schienennetzes. Diesem Mangel half die Privatinitiative livländischer Gutsbesitzer ab, deren Bemühen die Eröffnung der Schmalspurbahn Walk—Pernau mit der Zweiglinie Moiseküll-Fellin am 5. Oktober 1896 zu danken warx. Jener Schienen­

weg wurde im Jahre 1900 bis zur Hauptstadt Estlands, Reval, fortgesetzt. Es folgte 1902 die Schmalspurbahn Walk— Stockmannshof und 1912 die vom Flecken Smilten nach dem Hafenort Haynasch führende Kleinbahn2.

Das in dieser Weise Stück für Stück gespannte Netz livländischer Eisenbahnen hatte vor dem Weltkriege eine Ausdehnung von 1077 Werst oder 1149 Kilometer. Auf 100 qkm kamen 2,7 Kilometer und auf 10 000 Einwohner 8,7 Kilometer Eisenbahnen 3, wobei die Doppelgeleise nicht in Anrechnung gebracht worden sind 4.

1 Hauptsächlich dem Landrat Oswald Baron Ungern-Sternberg zu Schloß-Fellin.

2 Eine Schöpfung des Landrats Georg von Gersdorff zu Daugeln.

3 Oskar Mertens: „Die Verkehrswege", in: „Die deutschen Ostseeprovinzen Rußlands", Berlin 1918„

S. 122 ff.

Das Eisenbahnnetz Livlands setzte sich wie folgt zusammen (1 Werst = 1,07 Kilometer):

I. Normalspurbahn:

Werst:

1. Anteil an der Riga—Dünaburger Bahn 106

2. Anteil an der Riga—Mitauer Bahn 22

3. Anteil an der Riga—Tuckumer-Bahn 41

4. Riga—Bolderaa 17

5. Riga—Mühlgraben 11

6. Riga über Dorpat bis zur Grenze Estlands 294

7. Walk—Werro bis zur Grenze 86

577 II. Schmalspurbahn:

Werst:

1. Walk-Stockmannshof 197

2. Walk-Pernau 117

3. Anteil an der Linie Moiseküll- Reval 78

4. Haynasch-Smilten 107

499~

Die Angaben bei Kupffer: „Baltische Landeskunde" Riga 1911, S. 443, differieren namentlich hin­

sichtlich der Angabe über die Länge des Anteils an der Linie Moiseküll-Reval, die irrtümlich mit 90 Kilo­

metern beziffert ist.

4 Die Fläche des livländischen Festlandes unter Ausschluß aller Seen ist auf 37 265,90 Quadrat-Werst = 42 410,38 Quadrat-Kilometer angenommen worden (vgl. „BaltischeWochenschrift" usw. 1908, Nr. 1, S. 5).

Die Einwohnerzahl Livlands, mit Einschluß der Insel Oesel, ist gemäß der offiziellen Angabe im Jahrbuch des Finanzministeriums Jahrg. 1914, S. 152, auf 1.466.900 kalkuliert und hiervon die durch die Volks­

zählung vom Jahre 1897 festgesetzte, seitdem wohl konstant gebliebene Bewohnerschaft Oeseis mit 60.263 in Abzug gebracht worden, wonach sich für das Festland die Ziffer 1.406.637 ergibt.

Diese Dichtigkeit des livländischen Eisenbahnnetzes war, nach dem Flächen­

inhalt der Provinz bemessen, eine sehr geringe, wie der Vergleich mit anderen Ländern Europas lehrt, denn es entfielen im Jahre» 1908:1 als 30 Jahren, vielfach auf die Initiative von Privatpersonen bewirkte Entwicklung der Schienenwege einen um so größeren Gewinn, als die Wasserwege nicht geeignet waren, den Post- und Landstraßen ihre unbedingte Vorherrschaft im Handelsverkehr streitig zu machen.

Unter den Wasserwegen ragt die Düna hervor, allein dieser große, an Neben­

flüssen reiche Strom, der durch das Beresina-System die Verbindung des Schwarzen Meeres mit der Ostsee vermitteln könnte, ist nur von ihrer Mündung bis 16 km oberhalb Rigas schiffbar, während der obere Teil des Stromes nur flachen Booten und Flößen gestattet, die im Strombett vorhandenen natürlichen Hindernisse zu überwinden und eine Talfahrt zu riskieren. Wiewohl die Schiffbarmachung der Düna seit mehr als 100 Jahren geplant wird2, so ist doch diese, für die Entwicklung Rigas und seines Hinterlandes äußerst wichtige Frage bis heute im Stadium der Verhandlungen und Vorbereitungen stecken geblieben3.

Ist schon die wichtige Düna nicht in ihrer ganzen, Livland berührenden Länge der Schiffahrt zugänglich gemacht worden, so gilt das Gleiche für die zahlreichen, aber unregulierten Flüsse Livlands. Der Embach ist zwar von Dorpat bis zu seiner Mündung in den größten Landsee Europas, den Peipus, schiffbar, nicht aber in seinem, von Dorpat bis zum Wirzjärwsee reichenden Oberlauf, auf dem höchstens kleine Schlepp­

1 „Wörterbuch der VOlkswirtschaft", herausg. von Prof. Dr. L. Elster, 3. Aufl. 1. Band 1911, S. 759.

In Rußland, Finnland eingeschlossen, kamen im Jahre 1907 auf 100 qkm 1,1 und auf 10 000 Einwohner 5,5 Kilometer Eisenbahn. „Handwörterbuch der Staatswissenschaft", 3. Aufl. 3. Band, 1909, S. 901.

2 Alexander Tobien: „Ergebnisse der Rigaer Handelsstatistik aus den Jahren 1866—1891" Riga 1893, S. 7.

3 A. Pabst: „Die Wasserstraße Riga—Cherson und die Projekte für ein großes russisches Wasser­

straßennetz", Riga, 1909. Rigaer Handels-Archiv, 39. Jahrgang 1912, S. 82 ff. und 41. Jahrgang 1914, S. 386; Bruno von Gernet: „Die Bedeutung der Wasserstraße Riga—Cherson für das wirtschaftliche Leben Rußlands" (russisch), Riga 1914.

Ingenieur K. Siewert: „Riga—Cherson, als Glied des Wasserstraßennetzes Mittel-Ost-Europas und die Ausnutzung seiner Wasserkräfte", Riga 1918.

T o b i e n , R i t t e r s c h a f t I I . 8

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dampfer verkehren können. Der Pernaufluß ist bloß von seiner Mündung an bis zur Stadt Pernau Dampfern zugänglich. Der im Mittelalter von Schiffen befahrene, Liv­

land durchquerende Wasserweg Pernau—Peipus (205 Werst=217 Kilometer) ist sonach heute verkümmert und verwahrlost, wiewohl seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wiederholt Versuche gemacht worden sind, diese alte Wasserstraße zu neuem Leben zu erwecken1.

Selbst der spezifische Fluß Livlands, die Aa, der in seiner gesamten, 380 Kilo­

meter betragenden Länge das Zentrum Livlands durchströmt, kann nur mit Flößen befahren werden. Auch der, dank der Tatkraft zweier livländischer Edelleute2 erbaute, im Jahre 1903 vollendete Düna-Aa-Kanal, der die Aa mit der Düna verbindet3, dient ausschließlich demselben primitiven Verkehr4.

Noch heute sind mithin die Wasserwege Livlands dem Handelsverkehr in äußerst geringem Maße erschlossen. Selbst der Bau von Chausseen ist sehr beschränkt geblieben5, weil die Ritterschaft erst spät die formale Möglichkeit gewann, die Sache in cjie Hand zu nehmen. Nicht früher als im Jahre 1898 hielt die Staatsregierung es für zeitgemäß, eine geordnete Wegewirtschaft ins Leben zu rufen. Sie regelte durch Gesetz 6 die Er­

hebung besonderer Landessteuern zur Deckung der wesentlichsten Bedürfnisse des neu-organisierten Verwaltungszweiges, bewilligte Zuschüsse aus Reichsmitteln und übertrug die Pflege des Wegebauwesens ritterschaftlichen Organen, die in dieser Hin­

sicht einer, ad hoc geschaffenen Regierungsinstanz, der Gouvernements-Wegebehörde, unterstellt wurden. Hiermit war der ritterschaftlichen Provinzialverwaltung eine neue, sehr dankenswerte Aufgabe gestellt, die sie im Interesse des Landes freudig ergriff und alsbald einer glücklichen Lösung entgegen geführt hätte, wenn nicht lokaler Bureau-k r a t i s m u s i h r i n d e n A r m gefallen w ä r e 7 E s w u r d e d e m residierenden L a n d r a t A r v e d von Oettingen und dem Landmarschall Baron Meyendorff8 nicht leicht, den in der gouvernementalen Aufsichtsinstanz zu Tage tretenden, das klare Recht beugenden Widerstand zu beseitigen, allein schließlich gelang es doch, weil Meyendorffs Darlegung der Sache in Petersburg entscheidenden Eindruck machte. Die im Schloß zu Riga vom Zaun gebrochene Streitfrage der Abgrenzung des Kompetenzgebietes der ritter­

1 „Bericht der kaiserl. Livland. Gemeinnützigen und Ökonomischen Sozietät für das Jahr 1907 und des Livl. -Estländischen Bureaus für Landeskultur", Dorpat 1908, S. 72 ff.

2 Friedrich Graf Berg-Schloß-Sagnitz und Arthur von zur Mühlen-Groß-Congota.

3 A. von zur Mühlen: „Über Wasserwege als Mittel zur Hebung der wirtsch. Krisis in Livland",

„Baltische Wochenschrift für Landwirtschaft, Gewerbefleiß und Handel", Jahrgang 1894, Nr. 17, Dorpat

4 Kupffer: „Landeskunde", S. 45 ff. und 443; „Rigaer Handels-Archiv" 41. Jahrgang 1914, S. 171.

5 Größere Chausseen gibt es in Livland nur in einer Ausdehnung von 241V2 Werst = 256 Kilometern;

Kupffer: a. a. 0. S. 443 Oskar Mertens: „Die Verkehrswege" usw., S. 123.

6 Kaiserlich am 21. Dezember 1898 bestätigtes Reichsratsgutachten, „Sammlung der für Livland wesent­

lichsten Verordnungen in nicht-offizieller deutscher Übersetzung. 1. Januar bis 31. Dezember 1899"

Riga, 1900, S. 104 Nr. 9. Kropotkin, „Die Wegebaulast" usw., S. 30 ff.

7 In der Person des Regierungs-Ingenieurs Eisenstein.

8 Band I S. 24 u. 69.

schaftlichen Organe einerseits, der gouvernementalen Wegebehörde andererseits, welcher der unfähige Gouverneur, General Paschkow \ nicht Herr zu werden verstand, wurde zu Gunsten der Ritterschaft entschieden2. Seitdem nahm die Wegebauwirt­

schaft einen günstigen Verlauf3 und hätte zur vollsten Zufriedenheit aller Bewohner Livlands entwickelt werden können, wenn es der Ritterschaft auch gelungen wäre, für den von ihr vorbereiteten, so notwendigen Ausgleich der ungleich verteilten Wege­

baulast die gesetzliche Unterlage zu erwirken. Allein, trotzdem es in Petersburg bekannt war, daß dieser Ausgleich von der ländlichen Bevölkerung Livlands lange ersehnt wurde, hielt man es dort, wie wir gesehen haben4, doch nicht für zwingend, dem Antrage der R i t t e r s c h a f t nachzugeben, weil angeblich d i e i n n e r e n G o u v e r n e m e n t s d e s Reichs f ü r eine so tief greifende Reform, wie die rationelle Umgestaltung des Brücken- und Wege­

baues, noch nicht reif seien. Und die staatliche Beamtenschaft, von Unifizierungs-gedanken so weitgehend erfüllt, daß sie bestrebt war, in Rußland, wo Polarfüchse

ebenso gedeihen, wie Weintrauben, alles gleich zu machen, versagte Livland die Ge­

nehmigung zu Reformen lediglich deshalb, weil deren Ergebnisse zu grellen Unter­

schieden zwischen den Grenzländern und dem Inneren des Reichs geführt hätten. Liv­

land, die „wertvollste Perle in der Krone 5 des Zaren", durfte nicht die russischen Gou­

vernements des Reiches überstrahlen!

1 Band I S. 169.

2 Tagebuch Meyendorffs, Eintragung vom 27. Januar 1903, „Der Bericht über das Wegebaukapital", Druckvorlage für den livl. Landtag 1902, S. 7 und für den livl. Landtag Juli 1905, S. 1 ff.

3 „Bericht des Landratskolleg, betr. die Reorganisation der Wegebauwirtschaft", Druckvorlage für den livl. Landtag 1914.

4 S. oben S. 104.

5 Beispiel Sinowjews, Band I S. 156.

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ZWEITER TEIL

Die Folgen der russischen Regierungspolitik

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