• Keine Ergebnisse gefunden

4 Diskussion

4.2 Die Transkripte des pst1-, pst2- und ugp-Operons

Abb. 48: Interaktionsmodell der Bindeproteine mit den Permeasen der Transporter Pst1 und Pst2.

Die Phosphatbindeproteine PstS1 (blau) und PstS2 (grün) können sowohl die Permeasen des Pst1- (blau) als auch des Pst2-Transporters (grün) mit anorganischem Phosphat (gelb) beladen.

Auf Grundlage von bioinformatischen Analysen befindet sich der Promotorbereich des ugp (ugpBAEC)-Operons analog dem ugpBAECQ-Operon in E. coli (Overduin et al., 1988) stromaufwärts des ugpB-Gens. In E. coli konnten zwei Promotoren für das ugp-Operon stromaufwärts des ugpB-Gens identifiziert werden (Kasahara et al., 1991). Der eine Promotor enthält drei PHO-Boxen und wird von PhoB, dem Antwortregulator des PHO-Regulons in E. coli, in Abhängigkeit von Phosphat reguliert. Der andere Promotor hingegen, der nur bei Phosphatsättigung aktiv ist, ist abhängig von cAMP und CRP (cAMP receptor protein) (Kasahara et al., 1991). In dieser Arbeit konnte nur ein Promotor und damit nur ein Transkriptionsstart (TSS) für das ugp-Operon von H. salinarum identifiziert werden.

In Archaeen wurde bisher noch kein Operon mit alternativen Promotoren beschrieben.

Dagegen sind vor allem in Eukaryoten (Herrmann et al., 1988, Ryu & Garges, 1994), aber auch in Bakterien (Yoshisue et al., 1997) Operons mit zwei Promotoren gängig. Säugetier-Gene besitzen sogar sehr häufig multiple Transkriptionsstarts (Schroeder & Myers, 2008).

Neueste Studien bestätigen eine alternative Promotoraktivität für etwa 7000 menschliche Gene (Singer et al., 2008). Es wird vermutet, dass fast die Hälfte aller Protein-kodierenden Säugetier-Gene alternative Promotoren besitzen (Davuluri et al., 2008, Pankratova, 2008).

Die Transkriptionsstartstellen der drei Operons pst1, pst2 und ugp lagen alle, sowohl unter phosphatgesättigten als auch unter phosphatlimitierten Bedingungen, 1 bp stromaufwärts des Startcodons. Im pst1-Operon wurde dagegen noch eine zweite Transkriptionsstartstelle identifiziert, die sich 60 bp stromaufwärts des Startcodons befindet und nur unter phosphatgesättigten Bedingungen auftrat. Das pst1-Operon besitzt somit, ähnlich wie das ugp-Operon von E. coli zwei Promotoren, von denen in analoger Weise der eine unter +Pi- und der andere unter –Pi-Bedingungen aktiv ist. Beide Promotoren enthalten ein TATA-Box-Motiv, das etwa 27 bp stromaufwärts des jeweiligen TSS liegt.

Das pst1-Transkript besitzt somit unter Phosphatmangel keine 5„-UTR, unter phosphatgesättigten Bedingungen jedoch eine 60 nt lange 5‟-UTR. Die pst2- und ugp-Transkripte besitzen sowohl unter Phosphatsättigung als auch unter phosphatlimitierten Bedingungen keine 5‟-UTR.

4.2.2 Untersuchung der alternativen pst1-Transkripte mit Hilfe des bgaH-Reportersystems

Aus den Transkriptomanalysen von (Wende et al., 2009) geht hervor, dass die Transkriptmengen der Gene des pst1-Operons unter –Pi-Bedingungen um ein vielfaches induziert werden. Ein Mikroarray-Experiment zeigt, dass nach 24 h Phosphatmangel die Gene pstS1 25-fach (131-fach in der RT-qPCR) und pstC1 6–fach (408-fach in der RT-qPCR) induziert werden.

Um die Regulation des pst1-Promotors besser studieren zu können, wurde ein Fusionskonstrukt des Promotors mit dem Leserahmen des bgaH-Gens hergestellt. Dieses Reporterkonstrukt enthält daher den nativen pst1-Promotor, allerdings nicht den pst1-Terminator, und wurde durch homologe Rekombination des entsprechenden pReport-Plasmids an der Stelle des OE3349F-Gens in das Genom von H. salinarum inseriert.

Eine Northernblot-Analyse (Kapitel 3.2) dieses Ppst1-bgaH-Reporterkonstrukts unter Phosphatmangel zeigte nur eine geringe Induktion der Transkriptmenge. Die Transkription im Wildtyp scheint durch einen weiteren Faktor reguliert zu werden, der zu einer sehr hohen Induktion des pst1-Transkripts unter phosphatlimitierten Bedingungen führt (Wende et al., 2009). Über die Gründe der verminderten Induktion des Reportergens im Vergleich zum pst1-Operon kann nur spekuliert werden. Der Reporterstamm mit dem Ppst1-bgaH-Reporterkonstrukts enthält nur den nativen pst1-Promotor. Es wäre denkbar, dass zusätzliche cis-aktive Elemente, welche nicht im Ppst1-bgaH-Reporterkonstrukt enthalten sind, eine Rolle in der phosphatabhängigen Induktion der pst1-Transkription spielen. Zudem könnte die Region innerhalb der Gene des pst1-Operons eine für die Induktion benötigte Chromatinstruktur bilden, die dem bgaH-Gen fehlt (Koide et al., 2009).

Ein weiterer Grund der verminderten Induktion der Transkriptmenge könnte sein, dass die Ppst1-bgaH-mRNA instabiler ist als die native pst1-mRNA. Es wäre außerdem denkbar, dass das in (Wende et al., 2009) untersuchte pst1-Transkript nach 24 h Phosphatmangel stabiler war als das in dieser Arbeit untersuchte Ppst1-bgaH-Transkript nach 48 h Phosphatmangel.

Obwohl sich die Induktion der Transkriptmengen des Ppst1-bgaH-Fusionskonstruktes von der des nativen Operons unterscheiden, kann eine deutliche Aussage über die Translationseffizienz der beiden Transkripte mit oder ohne 5„-UTR getroffen werden. Wie im nächsten Kapitel beschrieben wird, findet somit neben der Induktion auf Transkriptionsebene, die von (Wende et al., 2009) beobachtet wurde, eine weitere Induktion auf Translationsebene statt, die die Induktion der Genexpression insgesamt stark erhöht. Im Wildtyp wird die

(Wende et al., 2009) und somit werden sehr viele Transkripte ohne 5„-UTR synthetisiert (siehe 3.1.3). Diese werden wiederum effizienter translatiert und daher fällt die Expression des pst1-Operons im Wildtyp bei Phosphatmangel insgesamt sehr hoch aus.

4.2.3 Die biologische Bedeutung der alternativen pst1-Transkripte

Aus Eukaryoten ist die Existenz von alternativen Promotoren schon lange bekannt (Ayoubi &

Van De Ven, 1996). Das Umschalten des Promotors führt zu Transkripten von unterschiedlicher Stabilität und Translationseffizienz. Sehr viele krankheitsassoziierte Gene verwenden multiple Promotoren. Unterschiedliche Promotoren werden für verschiedene Gewebetypen oder unterschiedliche Zelltypen verwendet (Davuluri et al., 2008). Eine bioinformatische Studie ergab, dass für 10 – 18 % aller menschlichen Gene multiple Promotoren benutzt werden, die zu alternativen 5‟-UTRs führen (Trinklein et al., 2003).

Die Identifizierung der beiden Transkripte des pst1-Operons in dieser Arbeit ist die erste Beschreibung von alternativen 5„-UTRs bei Protein-kodierenden Operons im Reich der Archaeen.

Es stellt sich die Frage, welchen physiologischen Selektionsvorteil es für H. salinarum hat, zwei verschiedene Promotoren einzusetzen.

Je nach Phosphatgehalt im Medium „schaltet“ der Promotor um und es entsteht ein leader-loses Transkript unter phosphatlimitierten und eine Mischung aus Transkripten mit und ohne leader-Sequenz bei ausreichendem Phosphatgehalt, wobei die Transkripte mit leader-Sequenz überwiegen. Der Vergleich der Transkriptmenge mit der Translationseffizienz unter beiden Phosphatbedingungen zeigte, dass das leader-lose Transkript bei gleicher Menge 115-fach effizienter translatiert wird als die Mischung aus Transkripten, die überwiegend eine leader-Sequenz enthalten (Abb. 34). Daraus kann geschlossen werden, dass H. salinarum die Expression des Pst1-Transporters bei Phosphatmangel durch eine effizientere Translation des leader-losen pst1-Transkripts zusätzlich reguliert. Die hohe Expressionsrate des in erster Linie unter phosphatlimitierten Bedingungen benötigten Pst1-Transporters wird von der Zelle somit sowohl auf Transkriptions- als auch auf Translationsebene reguliert. Durch die Synthese der Transkripte mit oder ohne 5„-UTR kann die Zelle eine feine Abstimmung der benötigten Proteinmenge des hoch-affinen Pst1-Transporters erzielen.

Es wäre denkbar, dass unter phosphatlimitierten Bedingungen ein zusätzlicher Faktor gebildet

Transformante bildet unter beiden Phosphatbedingungen ein leader-loses Transkript und die BgaH-Aktivität bleibt in beiden Fällen in etwa gleich hoch. Wäre ein zusätzlicher Faktor für die Steigerung der Translationseffizienz verantwortlich, müsste er hier die BgaH-Aktivität unter Phosphatmangel induzieren. Die Steigerung der Translationseffizienz wird somit allein durch die leader-Sequenz beeinflusst. Auch in einer anderen Arbeit wurde bereits gezeigt, dass die Deletion der 5„-UTR eines halobakteriellen Transkripts die Proteinkonzentration um das 15-fache steigert (Sartorius-Neef & Pfeifer, 2004) und die Translationseffizienz von der 5„-UTR beeinflusst wird. Zudem stellen Transkripte, die eine leader-Sequenz besitzen, eine Minderheit in H. salinarum dar. Daher ging bereits (Brenneis et al., 2007) davon aus, dass 5‟-UTRs im Vergleich zu leader-losen Transkripten, die hoch-effizient translatiert werden, eine repressive Funktion auf die Translationseffizienz haben könnten. Aus anderen Arbeiten ist bereits bekannt, dass die 5„-UTRs die Translationseffizienz beeinflussen (Mignone et al., 2002, Pesole et al., 2000, Wilkie et al., 2003). In dieser Arbeit konnte diese These für die 5„-UTR des pst1-Transkripts bestätigt werden.

Für die 5‟-UTR bzw. leader-Sequenz des pst1-Promotors lässt sich eine Haarnadelstruktur vorhersagen, deren mögliche Struktur in Abb. 49 dargestellt ist. Diese Haarnadelstruktur könnte die Effizienz der Translation und / oder die Stabilität der mRNA beeinflussen.

Abb. 49: Mögliche Haarnadelstruktur der 60 nt langen 5’-UTR im pst1-Promotor (Ppst1).

Die Transkription von Transkriptionsstartstelle TSS-2 führt zu einem Transkript mit 60 nt langer 5‘-UTR, das eine Haarnadelstruktur bilden könnte. Die Haarnadel wurde mit dem Programm RNAstructure dargestellt.