4.4 Konsequenzen für die Ausbildung von IT-Managern am Beispiel
4.4.1 Die Studienrichtung Medizinische Informatik im Studiengang Angewandte
Bestandteil des Studiengangs Angewandte Informatik des Zentrums für Informatik. Dieser Studiengang bietet neben der Medizinischen Informatik weitere sieben Anwendungsfächer der Informatik an: Bioinformatik, Wirtschaftsinformatik, Wissenschaftliches Rechnen, Ökoin-formatik/Waldökosysteme, Geoinformatik, Neuroinformatik/Computational Neuroscience und
Recht der Informatik (Abbildung 14).
Die enge Verknüpfung der Informatik mit den Anwendungsfächern ist eine Besonderheit des Göttinger Studien-ganges. Die starke Praxisorientierung wird zusätzlich durch ein sechs-wöchiges Praktikum in einem Indust-riebetrieb, oder in einem Forschungs- oder Ausbildungsinstitut unterstrichen.
In sechs Semestern führt das Studium der Angewandten Informatik zum Ab-schluss des Bachelor of Science (B.
Sc.). Seit dem Wintersemester 2003/2004 wird ein Masterstudiengang angeboten, der in vier Semestern die weitere fachliche Vertiefung und Spezi-alisierung ermöglicht und mit dem
Mas-Abbildung 14: Studienrichtungen der Angewandten Infor- matik (http://www.informatik.uni-goettingen.de/studies.htm)
ter of Science (M. Sc.) abgeschlossen wird. An das Master-Studium kann eine Promotion zum Dr. rer. nat. (rerum naturalium) auf der Basis der Promotionsordnung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultäten oder ein gleichwertiger PhD-Abschluss (Doctor of Philo-sophy) angeschlossen werden. Das mathematisch-naturwissenschaftliche Promotionskolleg GAUSS (Georg-August University School of Science) bietet zahlreiche interdiszi-plinäre PhD-Programme, darunter auch die beiden Informatik-bezogenen Programme „Programme for Computer Science (PCS)“ und „Programme for Environmental Informatics (PEI)“.
Die einzelnen Anwendungsfächer können optional als Studienschwerpunkt gewählt werden.
Neben den Anwendungen der Informatik vermittelt das Informatikstudium substanzielle Kenntnisse in der praktischen, theoretischen und technischen Informatik.
Tabelle 6: Inhalte der praktischen, theoretischen und technischen Informatik im Göttinger Studiengang Informatik nach Hogrefe, http://www.informatik.uni-goettingen.de/html/img/pool/Informatik2009ok.pdf
Praktische Informatik Theoretische Informatik Technische Informatik
• Datenbanken, Betriebssysteme • Formale Sprachen und Automa-tentheorie
• Entwurf und Architektur hochin-tegrierter Schaltungen
• Modellbildung und
Systemana-lyse • Logik, Theorie der
Berechenbar-keit • Mikroprogrammierung
• Systementwurf • Komplexitätstheorie • Rechnergestütztes Entwerfen und Konstruieren (CAD)
• Softwaretechnik und
Software-produktionsumgebungen • Algorithmentheorie • Computer Integrated Manufactu-ring (CIM)
• Programmier- und
Dialogspra-chen • Theorie verteilter Systeme und
Netztheorie • Rechnernetze und Telekommu-nikation
• Verteilte Systeme und Betriebs-systeme
• Theorie der Programmverifikation • Rechnerorganisation und Paral-lelrechner
• wissensbasierte und
Experten-systeme • formale Semantik und formale
Spezifikation • Robotik
• Künstliche Intelligenz (KI) und Mustererkennung
• Theorie konkurrierender Prozes-se
• Betrieb von Rechenzentren
• Graphische Datenverarbeitung • Theorie der Datenstrukturen •
rtung von Rechensyste-men
Messung, Modellierung und Bewe
Das Bachelor-Studium gliedert sich in zwei Studienabschnitte, die Orientierungsphase und das Hauptstudium. Erst ab dem zweiten Semester kommt das Anwendungsfach hinzu. Jede Studienrichtung setzt sich aus dem Wahlpflichtblock der Angewandten Informatik und dem Anwendungsfach zusammen. Bei der Studienrichtung Medizinische Informatik sind dies der Wahlpflichtblock Medizinische Informatik sowie das Anwendungsfach Gesundheitswesen.
Eine Studienrichtung kann auf dem Zeugnis vermerkt werden, wenn in dem betreffenden Fach Module aus dem Wahlpflichtblock und Module aus passenden Anwendungsfächern im Umfang von je mindestens 21 Credit Points erbracht worden sind und auch die Bachelorar-beit in diesem Fachbereich angefertigt wurde. Insgesamt müssen im Bachelor-Studium 120 Credit Points erbracht werden.
Abbildung 15: Empfohlener Aufbau des Bachelor-Studiums im Studiengang Angewandte Informatik der Universi-tät Göttingen (http://www.informatik.uni-goettingen.de/studies/general/bsc.htm). In Klammern ist die Anzahl der erforderlichen Credit Points für die jeweiligen Module angegeben.
Im Master-Studium müssen in der jeweiligen Studienrichtung Module aus dem Wahlpflicht-block und aus den passenden Anwendungsfächern im Umfang von je mindestens 24 Credit Points erbracht worden sein, um sie auf dem Zeugnis vermerken lassen zu können. Zudem muss auch die Masterarbeit in diesem Fachbereich geschrieben werden. Zur Sicherung des Praxistransfers der theoretischen Inhalte ist ein Praktikum oder eine forschungsbezogene Projektarbeit in der Industrie oder einer wissenschaftlichen Einrichtung vorgesehen. Im Mas-ter-Studium werden insgesamt 180 Credit Points erbracht.
Abbildung 16: Empfohlener Aufbau des Master-Studiums im Studiengang Angewandte Informatik der Universität Göttingen (http://www.informatik.uni-goettingen.de/studies/general/msc.htm). In Klammern ist die Anzahl der erforderlichen Credit Points für die jeweiligen Module angegeben.
Die Studienrichtung Medizinische Informatik – Health Information Officer (HIO) orientiert sich an dem international konsentierten Medizin-Informatik-Curriculum der IMIA. Seit Oktober 2002 wird es in die Workgroup 1 „Health and Medical Informatics Education“ der IMIA einge-bracht, um den internationalen Studierendenaustausch und eine moderne Ausrichtung auf Biomedizin zu fördern. Schwerpunkt des Curriculums ist das strategische und operationale IT-Management. Die Studierenden werden darauf vorbereitet, verantwortliche Aufgaben zu übernehmen und nach einigen Jahren erfolgreicher Praxiserfahrung auch die Rolle eines Chief Information Officers im Gesundheitswesen (CIO-Health) auszufüllen. Das Bachelor-Studium vermittelt die Grundlagen der Entwicklungen und Anwendungen in der Medizini-schen Informatik, der Organisation und des Managements im Gesundheitswesen sowie die naturwissenschaftlich-medizinischen Grundlagen der Biomedizin (Tabelle 7).
Das Master-Studium bietet vertiefende Veranstaltungen zu den im Bachelor-Studium ange-botenen Inhalten und ermöglicht damit eine weitere Spezialisierung innerhalb des Fachbe-reiches Medizinische Informatik (Tabelle 8). Durch ein externes Praktikum in einem Industriebetrieb oder eine forschungsbezogene Projektarbeit, die in eine Masterarbeit mün-det, kann der individuell gewählte thematische Schwerpunkt weiter ausgebaut und praktisch angewendet werden.
Tabelle 7: Module und Veranstaltungen des Curriculums Medizinische Informatik im Bachelor-Studium
Bachelor
Modul Veranstaltungen Modulumfang
(CP, SWS1) Wahlpflichtblock Medizinische Informatik
Entwicklung und Potenziale der Medizinischen Informatik*
Medizinische Dokumentation*
Grundlagen der Medizini-schen Informatik
Datenschutz und Datensicherheit
9 (6)
Telemedizin und assistierende Gesundheitstechnologien*
Biosignalverarbeitung
Computerunterstützte Chirurgie
5 (3)
Medizinische und administrative Entscheidungsmodelle IT-Controlling
Life-Cycle Management I
Grundlagen des Projektmanagements
9 (5)
Wahlpflichtblock Gesundheitssystem
Grundlagen der Biomedizin I Grundlagen der Biomedizin
Grundlagen der Biomedizin II
6 (4)
Versorgungssysteme auf dem globalen Gesundheitsmarkt*
Organisationen und Personengruppen im Gesundheitswe-sen*
Elektronische Patientenakte und Patientenmanagement
6 (4)
1Semesterwochenstunden
*Wahlpflichtfächer für Studierende der Humanmedizin
Etliche Lehrveranstaltungen des Curriculums für Medizinische Informatik werden auch als Wahlfächer von Studierenden der Humanmedizin im Rahmen von Wahlpflichtangeboten besucht. Darüber hinaus kann im Rahmen einer 5-jährigen beruflichen Weiterbildung nach dem Studium das Zertifikat Medizinische Informatik von der Deutschen Gesellschaft für Me-dizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie sowie von der Deutschen Gesellschaft für Informatik erworben werden. Nach 3-jähriger Fortbildung kann für Mediziner die Zusatzbe-zeichnung Medizinische Informatik der Ärztekammer Niedersachsen vergeben werden.
Tabelle 8: Module und Veranstaltungen des Curriculums Medizinische Informatik im Master-Studium
Master
Modul Veranstaltung Modulumfang
(CP, SWS1) Wahlpflichtblock Medizinische Informatik
Marktanalyse eines IT-Marktes I Marktanalyse
Marktanalyse eines IT-Marktes II
8 (6)
Entwicklungslinien der Medizinischen Informatik Journal Club I
Aktuelle Themen der Medizi-nischen Informatik
Journal Club II
10 (4)
Virtual Reality in der Medizin Bildgebung und
Visualisie-rung
Bildgebende Systeme
5 (3)
Software Engineering für medizinische Systeme eHealth
Telematikplattform im deutschen Gesundheitswesen
4 (2)
Anwendungsfach Gesundheitssystem
Kollaborative Arbeitsmethoden in der Forschung Arbeitsmethoden in der
Gesundheitsforschung
Grundlagen der wissenschaftlichen Projektarbeit
8 (3)
Facility Management von Kliniken Management im
Grid-Technologien in der Wissenschaft
7 (4)
Ökonomische Aspekte bei IT-Investitionen im Gesundheits-wesen
Lifecycle Management II
Spezielle Aspekte des IT-Projektmanagements im Gesund-heitswesen
7 (6)
1Semesterwochenstunden
*Wahlpflichtfach für Studierende der Humanmedizin
4.4.2 Berücksichtigung der Entwicklungen zwischen BI und MI in der Studienrichtung