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Die Rolle des Phosphorylierungsstatus für die Cofilin1-Aktivität in vitro

5. Diskussion

5.1. Die Rolle des Phosphorylierungsstatus für die Cofilin1-Aktivität in vitro

Die Aktivität von Cofilin1 wird auf verschiedene Weise kontrolliert. Die Phospho-Regulation erfolgt an der Aminosäure Serin3 des Cofilin1-Proteins, welche im Exon 2 des Cofilin1-Gens kodiert wird. In seinem aktiven Zustand ist Cofilin1 dephosphoryliert, in seinem inaktiven Zustand liegt es phosphoryliert vor. Phosphoryliertes Cofilin1 ist weder in der Lage F- noch G-Aktin zu binden und kann somit keine Aktivität gegenüber Aktin ausüben (MORIYAMA et al., 1996).

Durch Einführung zweier verschiedener Mutationen, die zum Austausch des Serins zu Alanin bzw. Asptartat führen, erhält man konstitutiv aktives bzw. inaktives Cofilin1 (NAGAOKA et al., 1996). Alanin kann auf Grund des Fehlens einer Hydroxylgruppe nicht mehr phosphoryliert werden und ist somit dauerhaft aktiv, während Aspartat dagegen durch den Besitz einer weiteren Carboxylgruppe eine Phosphorylierung imitiert, wodurch es permanent inaktiv ist.

Die Auswirkungen dieser beiden Mutationen auf die Fähigkeit von Cofilin1, Aktin zu binden und es zu modifizieren, wurden in verschiedenen in vitro Assays untersucht. Für die Assays wurde alpha-Aktin aus Aktin-Aceton-Puder von Kaninchen isoliert (SPUDICH, WATT, 1971) und mit Hilfe der Äkta-FPLC F-Aktin und störende Proteine entfernt, sodass letztendlich pures G-Aktin vorlag. Für die Gewinnung der rekombinanten Cofilin1-Proteine wurde auf GST-Überexpressionsvektoren zurückgegriffen, in welchen die Sequenzen der beiden Cofilin1-Mutationen und die des Cofilin1-WTs als Fusionsproteine kodiert vorlagen. Diese waren in E.

coli transformiert, sodass die Proteine als GST-Fusionsproteine rekombinant überexprimiert und erfolgreich aufgereinigt werden konnten. Durch anschließende Abspaltung des GST-Tags mittels Thrombin wurden reines Cofilin1-Ala-, Cofilin1-Asp- und Cofilin1-WT-Protein erhalten.

Zunächst wurden im Aktin-Pelleting-Assay die Proteine hinsichtlich ihrer Fähigkeit untersucht, Aktin zu binden. Dazu wurde G-Aktin zusammen mit dem zu untersuchenden Protein unter polymerisierenden Bedingungen inkubieren gelassen und anschließend die

Probe ultrazentrifugiert. Dabei sedimentiert F-Aktin, während G-Aktin im Überstand verbleibt. Ist das Protein in der Lage F-Aktin zu binden, findet man es demnach in der Pelletfraktion (BROWN et al., 1982). Mit diesem Assay konnte zunächst die pH-Abhängigkeit der Aktinpolymerisation bestätigt werden. Ein niedriger pH-Wert begünstigt die Polymerisation von Aktin (ZIMMERLE, FRIEDEN, 1988; CARRAWAY, CARRAWAY,C.A.C, ©1992). Der Kontrollassay, in welchem ausschließlich Aktin ohne Gegenwart anderer Proteine untersucht wurde, zeigt erwartungsgemäß eine stärkere F-Aktinbande in der Pelletfraktion bei dem Polymerisationspuffer mit einem niedrigeren pH-Wert. Die Aktinpolymerisation ist eine Gleichgewichtsreaktion, sodass zu keinem Zeitpunkt das komplette G-Aktin gebunden im Filament vorliegt (ALBERTS, 2011). Darauf ist das Vorhandensein von geringen G-Aktin-Mengen in der Überstandfraktion im Aktin-Kontrollassay zurückzuführen. Durch die Untersuchung des Proteins BSA in diesem Assay konnte bestätigt werden, dass Proteine, welche nicht an Aktin binden, trotz Anwesenheit von F-Aktin in der Überstandfraktion verbleiben. Weiterhin wurde sichergestellt, dass sowohl das Cofilin1-WT-Protein als auch die beiden mutierten Cofilin1-Proteine in Abwesenheit von F-Aktin nicht pelletieren. Mit Hilfe dieser Kontrollen konnte sichergestellt werden, dass sich mit diesem Assay die Bindung von Proteinen an F-Aktin nachweisen lässt.

Das Cofilin1-WT-Protein bindet an F-Aktin (NISHIDA et al., 1984), sodass es überwiegend in der Pelletfraktion, in geringen Mengen aber auch im Überstand zu finden ist. Bei niedrigerem pH-Wert geht geringfügig mehr Cofilin1-Protein in die Pelletfraktion. Da, wie beschrieben, bei niedrigerem pH-Wert mehr F-Aktin vorliegt, kann somit auch mehr Cofilin1-Protein an die Filamente binden. Das auch in der Überstandfraktion Cofilin1-Cofilin1-Protein zu finden ist, lässt sich damit begründen, dass es auch an G-Aktin bindet ((CARLIER et al., 1997):

Cofilin1-Analogon in A. thaliana). Die Cofilin1-Proteine wurden in Bakterien überexprimiert, sodass sie in ihrer aktiven, dephopshorylierten Form vorliegen. In Bakterien sind die notwendigen Enzyme zur Regulation der Aktivität über Phosphorylierung nicht vorhanden.

Somit ist das Vorkommen von Cofilin1-WT-Protein in der Überstandfraktion nicht auf das Vorhandensein inaktiven, phosporylierten Cofilin1 zurückzuführen, sondern allein auf die Fähigkeit, Aktin zu binden.

Das konstitutiv aktive Cofilin1-Ala-Protein verhält sich erwartungsgemäß entsprechend dem Cofilin1-WT-Protein. Seine Bindung an Aktin scheint noch etwas stärker zu sein. Bei dem Ansatz mit niedrigem pH-Wert ist sogar das gesamte Cofilin1-Ala-Protein im Pellet zu finden.

Dagegen bindet das konstitutiv inaktive Cofilin1-Asp-Protein kaum an Aktin. Die Pelletfraktion weist nur eine minimale Menge auf, was eventuell auf eine Restaktivität dieses Proteins zurückzuführen sein kann. Die Carboxylgruppe des Aspartats imitiert zwar eine Phosphorylierung, hat aber aufgrund der Vierbindigkeit des Kohlenstoffs eine andere Ladungsverteilung als der fünfbindige Phosphor. Dies könnte eine Erklärung für die nicht vollständige Inaktivität dieses Proteins darstellen.

Mit dem Pyren-Aktin-Assay wurde weiterhin die Auswirkung der Cofilin1-Mutationen auf die Kinetik der Aktin-Polymerisation und -Depolymerisation untersucht. Diese Methode basiert darauf, dass die Fluoreszenz von Pyren markiertem G-Aktin beim Einbau in Filamente aufgrund des Stacking Effects bis zu einem Faktor von 20 zunimmt (COOPER et al., 1983).

Haben die Proteine einen Einfluss auf die Kinetik, spiegelt sich dies somit in einer Änderung der Fluoreszenz des mit Pyren markierten Aktins wieder.

Im Polymerisations-Assay wurde mit Pyren markiertes G-Aktin mit den jeweiligen Cofilin1-Proteinen ansteigender Konzentrationen zusammengefügt und die Aktinpolymerisation anhand der Fluoreszenzzunahme ermittelt. Das Cofilin1-Ala-Protein zeigt schon bei seiner niedrigsten Konzentration von 0,5 µM den Verlauf einer Sättigungskurve, führt somit sehr schnell zum Erreichen der kritischen Konzentration und beschleunigt daher offenbar die Aktinpolymerisation am stärksten. Die Beschleunigung der Polymerisation kann darauf zurückzuführen sein, dass durch die depolymerisierende Cofilin1-Ala-Aktivität einerseits mehr G-Aktin frei wird, welches wiederum am schnell wachsenden Filamentende wieder eingebaut werden kann, sodass es zu einem erhöhten Aktin-Turnover kommt ((CARLIER et al., 1997): Cofilin1-Analogon in A. thaliana; (POLLARD, BORISY, 2003)). Andererseits kann es durch die schneidende Aktivität von Cofilin1-Ala zu einem vermehrten Vorhandensein von schnell wachsenden Aktinenden kommen, was die on-rate-Bindung (Assoziation) begünstigt, sodass früher der Gleichgewichtszustand erreicht wird ((MORIYAMA, YAHARA, 1999): Cofilin1 aus Hefe). Eine weitere Erklärung könnte der Nukleations-Effekt von Cofilin1 sein. Es konnte gezeigt werden, dass es bei hohen Cofilin1-Konzentrationen zur Nukleation von Aktin durch Cofilin1 kommt ((ANDRIANANTOANDRO, POLLARD, 2006): „Cofiline“ aus Hefe, Acanthamoeba, Mensch). Die flacheren Kurvenverläufe bei den beiden höchsten Cofilin1-Ala-Konzentrationen von 2 µM und 4 µM könnten auf einen Queching-Effekt zurückzuführen sein. Es ist bekannt, dass Cofilin1 die Aktinfilamentfluoreszenz auslöschen kann ((BLANCHOIN, POLLARD, 1999): Actophorin aus Acanthamoeba). Somit spiegelt sehr wahrscheinlich der

Verlauf der Kurven bei diesen Konzentrationen nicht die Kinetik wieder, sondern ist auf Quenching zurückzuführen. Die stärkere Aktivität des Cofilin1-Ala- im Vergleich zu dem Cofilin1-WT-Protein wird durch die Ergebnisse des zuvor beschriebenen Pelleting-Assays bekräftigt, in welchem das Cofilin1-Ala-Protein eine etwas stärkere Bindung gegenüber F-Aktin gezeigt hat als das Cofilin1-WT-Protein. Das Cofilin1-Asp-Protein zeigt bei der höchsten Konzentration von 4 µM ebenfalls einen polymerisierenden Effekt. Dies bestärkt die Beobachtung aus dem Pelleting-Assay, dass es zwar noch eine verminderte Fähigkeit besitzt, F-Aktin zu binden und nun auch eine Restaktivität gegenüber Aktin zeigt.

Im Depolymerisations-Assay wurde mit Pyren markiertes F-Aktin mit den jeweiligen Proteinen ansteigender Konzentrationen zusammengefügt und die Aktindepolymerisation anhand der Fluoreszenzabnahme untersucht. In diesem Assay wurde die konstitutiv aktive Mutante im Vergleich zum WT-Protein analysiert. Bei den beiden niedrigeren Proteinkonzentrationen von 0,5 µM und 1 µM zeigen Cofilin1-Ala und Cofilin1-WT eine vergleichbare depolymerisierende Aktivität gegenüber F-Aktin, während bei den beiden höheren Konzentrationen von 2 µM und 4 µM die Aktivität schwer zu beurteilen war. Da die Werte der Ausgangsfluoreszenzen bei den jeweiligen Proteinen schon sehr niedrig waren, wurden diese normalisiert, wobei jeweils der erste gemessene Wert auf 100% und die folgenden Werte entsprechend ins Verhältnis gesetzt wurden. Dieser Effekt ist vermutlich auf Quenching zurückzuführen. Bei den beiden höchsten Konzentrationen von 2 µM und 4 µM ist dieser Effekt so stark, dass die depolymerisierende Aktivität der Proteine nicht mehr verlässlich beurteilt werden kann.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das konstitutiv aktive Cofilin1-Ala-Protein eine mindestens vergleichbare, wenn nicht sogar stärkere Bindung und Aktivität gegenüber Aktin zeigt als die WT-Form. Das konstitutiv inaktive Cofilin1-Asp-Protein zeigt dagegen nur eine minimale Bindung und noch eine minimale Restaktivität.

Um in Zukunft ein noch umfassenderes Verständnis der Form der Aktivität (Depolymerisation, Schneiden oder Nukleation) des konstitutiv aktiven Cofilin1-Ala-Proteins bzw. des konstitutiv inaktiven Cofilin1-Asp-Proteins gegenüber Aktin im Vergleich zum Cofilin1-WT-Proteins zu bekommen, bietet sich die weiterführende Untersuchung mittels TIRF (engl. Total Internal Reflection Fluorescence)-Mikroskopie an. Diese Mikroskopietechnik ermöglicht die direkte Beobachtung einzelner Aktinfilamente und somit auch der Auswirkungen der zu untersuchenden Proteine auf Aktin (KUHN, POLLARD, 2005). Mit dieser

Methode könnte man zeigen, aufgrund welcher Aktivität von Cofilin1 es zu einer verstärkten Aktinpolymerisation kommt.