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VII. Hypothesen dieser Arbeit

I.2. Die Persönlichkeitstests

Bei einem der beiden Persönlichkeitstests, die in dieser Arbeit zur Anwendung kommen, handelt es sich um einen Test zur Erfassung der Geschlechtsrollenidentität einer Versuchsperson. D.h., dass die Ergebnisse des Persönlichkeitstests darüber Auskunft geben, mit welchen Geschlechtsrollen sich die Versuchspersonen identifizieren. Der zweite Persönlichkeitstest erfasst das arbeitsbezogene Erlebens- und Verhaltensmuster einer Versuchsperson. Diese Kombination wurde gewählt, um eventuelle Zusammenhänge zwischen Geschlechtsrollenidentifikation und arbeitsbezogenem Verhalten aufzudecken.

I.2.1. Das Bem-Sex-Role Inventory (BSRI)

Das BSRI erfasst die Geschlechtsrollenidentifikation anhand einer persönlichen Selbsteinschätzung. Es wurde 1974 von Bem entwickelt und 1978 von Schneider-Düker & Kohler für den deutschen Sprachraum neu konstruiert. Im Gegensatz zu den bis dahin bekannten Tests zur Erfassung der Geschlechtsrollenidentifikation hat das BSRI einen Androgynieansatz. Maskulinität und Femininität werden nicht mehr als Endpunkte einer Geraden betrachtet, auf welcher die Versuchsperson entsprechend näher zur Femininität oder Maskulinität platziert wird, sondern als zwei voneinander unabhängige Dimensionen, dadurch werden maskuline und feminine Tendenzen in der Geschlechtsrollenorientierung einer Versuchsperson identifizierbar. Im Gegensatz zu den eindimensionalen Tests ist durch das BSRI neben der femininen oder maskulinen auch eine androgyne (hohe Femininitäts- und Maskulinitätswerte) und eine undifferenzierte (niedrige M.- und F.-werte) Geschlechtsrollenidentifi-kationserfassung möglich.

Das BSRI besteht aus 60 Persönlichkeitseigenschaften (Items), die von den Versuchspersonen auf einer 7-Punkte-Skala beurteilt werden. Die 7-Punkte-Skala repräsentiert die Intensität der Identifizierung mit dem abgefragten Item und beinhaltet dementsprechend sieben Abstufungen zwischen "nie" und "immer" (siehe Anhang).

Die 60 Persönlichkeitseigenschaften gehören zu der Femininitätsskala (f-Skala), der Maskulinitätsskala (m-Skala) und zu der Skala der sozialen Erwünschtheit (s.E.-Skala). Diese Skalen werden durch jeweils 20 Eigenschaften repräsentiert, welche innerhalb der m- und f-Skala geschlechtsbezogen sind. Die 20 Items der s.E.-Skala sind unterteilt in 10 negative und in 10 positive geschlechtsneutrale Persönlichkeitseigenschaften.

Die geschlechtsbezogene oder geschlechtsneutrale Zuordnung der Persönlichkeitseigenschaften wurde bei der Neukonstruktion des BSRI für den deutschen Sprachraum von einer BeurteilerInnengruppe wiederholt. Eine Persönlichkeitseigenschaft qualifizierte sich für die m- oder f-Skala, wenn sie unabhängig vom Geschlecht der Beurteiler als signifikant erwünschter für das eine als für das andere Geschlecht beurteilt wurde, und wenn sich die Varianzen der Beurteilungen nicht unterschieden.

Ein Item war für die neutrale s.E.-Skala geeignet, wenn es von männlichen und

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weiblichen BeurteilerInnen unabhängig voneinander gleichermaßen als sehr erwünscht oder sehr unerwünscht für Männer und Frauen angesehen wurde (Schneider-Düker & Kohler 1988: 258).

Für jede Versuchsperson werden die 20 Werte der drei Skalen addiert. Zur Addition der s.E.-Skala werden die negativen Items umgepolt. Aus den entstandenen drei Summenwerten werden die Mittelwerte berechnet. Die Differenz zwischen den Mittelwerten der m- und f-Skala ist der Androgynitätswert. Je größer die Differenz, um so stärker ist das Individuum in Richtung einer Geschlechtsrolle festgelegt (Schneider-Düker & Kohler 1988: 257).

Bem (1974) entwickelte zur weiteren Gruppeneinteilung der Differenzwerte die t-Wert-Methode. Hierbei werden die Differenzwerte mit dem Umrechnungsfaktor 2,322 multipliziert und somit dem von Bem vorgegebenen t-Wert 2,025 approximiert. Dieser t-Wert gilt als Einteilungsgrundlage für fünf Gruppierungsmöglichkeiten: Werte zwischen -1 und +1 beschreiben androgyne Versuchspersonen, Werte zwischen -2,025 und -1 bzw. zwischen +1 und +2,025 beschreiben Individuen mit femininer bzw. maskuliner Tendenz in der Geschlechtsrollenorientierung. Werte, die unter -2,025 oder über 2,025 liegen, beschreiben Versuchspersonen mit femininer oder maskuliner Geschlechtsrollenidentifikation.

Eine weitere Auswertungsmethode ist die Median-Split-Methode, welche 1975 von Spence entwickelt wurde. Sie ist heute die gängigere Methode, da sie in der Geschlechtsrollenorientierung undifferenzierte Individuen identifiziert. Durch die Median-Split-Methode entsteht eine Einteilung in vier Gruppen, deren Grenzen durch die Mediane der Femininitäts~ und Maskulinitätsskala gebildet werden.

Versuchspersonen mit hohen Werten auf der m~ und f-Skala werden als androgyn und welche mit niedrigen Werten auf beiden Skalen als undifferenziert typisiert.

Zeigt eine Versuchsperson einen hohen Wert nur auf der m~ oder f-Skala, so wird sie als maskulin oder feminin typisiert.

In dieser Arbeit wurde die Median-Splitt-Methode anhand der Mediane der vorliegenden Stichprobe angewandt. Da die Mediane von Spence auf Daten von 1975 zurückgehen, erscheint ein Gegenwartsbezug durch diese Vorgehensweise

angebracht, um der sich wandelnden Geschlechtsrollentypisierung innerhalb unserer Gesellschaft gerecht zu werden.

I.2.2. Das arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM) Das AVEM wurde 1996 von Schaarschmidt und Fischer entwickelt. Dabei handelt es sich um einen mehrdimensionalen Persönlichkeitstest. Er ist ein diagnostisches Instrument zur Differenzierung von Typen gesundheitsrelevanten Verhaltens und Erlebens gegenüber der Arbeit und wurde in Deutschland und Österreich normiert.

Das AVEM besteht aus 66 Fragen über die persönlichen Verhaltensweisen, Einstellungen und Gewohnheiten im Bezug auf das Arbeitsleben. Diese Fragen werden mit einer 5-Punkte-Skala beantwortet. Die 5-Punkte-Skala beinhaltet eine Abstufung von „trifft völlig zu“ bis „trifft überhaupt nicht zu“.

Jeweils 6 Fragen sind einer von 11 Merkmalsdimensionen zugeordnet. Diese Merkmalsdimensionen sind:

1. Subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit 2. Beruflicher Ehrgeiz

3. Verausgabungsbereitschaft 4. Perfektionsstreben

5. Distanzierungsfähigkeit

6. Resignationstendenz (bei Misserfolg) 7. Offensive Problembewältigung 8. Innere Ruhe / Ausgeglichenheit 9. Erfolgserleben im Beruf

10. Lebenszufriedenheit

11. Erleben sozialer Unterstützung

Diese 11 Merkmalsdimensionen lassen sich wiederum in die drei folgenden Sekundärfaktoren unterteilen:

1. Arbeitsengagement (1. bis 5. Dimension)

2. Persönliche Widerstandsfähigkeit und das Bewältigungsverhalten gegenüber Belastungen (6. bis 8. Dimension)

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3. Wohlbefinden / psychologischer Schutzfaktor (9. bis 11. Dimension)

Die Antwortpunkte der Fragen einer Merkmalsdimension werden entsprechend addiert bzw. subtrahiert, wenn eine die Merkmalsdimension verneinende Frage gestellt wurde und der Gesamtwert anschließend in das vorliegende Vergleichsprofil übertragen.

Bei der Interpretation der AVEM-Ergebnisse kann in drei Schritten vorgegangen werden:

„Erstens sind die Ausprägungen Skala für Skala zu betrachten. Dabei sind insbesondere die Skalen zu berücksichtigen, bei denen deutlich über- oder unterdurchschnittliche Ausprägungen vorliegen. Extreme Werte in einzelnen Skalen können auch für sich gesehen bereits von differential diagnostischer Aussagekraft sein.

Zweitens sollten nach der Betrachtung der einzelnen Skalen die Ausprägungen in zusammengehörigen inhaltlichen Bereichen zur Kenntnis genommen werden. Hier bietet es sich an, jeweils die Skalen zusammenfassend zu berücksichtigen, die zu einem Sekundärfaktor gehören, d.h. die Skalen des Arbeitsengagements (1-5), des Bewältigungsverhaltens und der Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen (6-8) sowie des Lebensgefühls (9-11).

Drittens schließlich erfolgt die Typenbestimmung. Hierbei ist das individuelle Profil mit den Typenprofilen zu vergleichen. Dieser Vergleich wird bei automatisierter Auswertung über die Ausgabe von Zuordnungswahrscheinlichkeiten durch das Programm geleistet, in vielen Fällen wird auch schon ein Vergleich per Augenschein aussagefähig sein“ (Schaarschmidt & Fischer 1996: 33). Es kann eine Zuordnung zu vier Typen von Verhaltens- und Erlebensmustern vorgenommen werden. Jedoch besteht das Ziel dieser Typisierung in der Zuordnung individueller Profile und deren Bewertung unter dem Gesundheitsaspekt.

Da die Bewertung der individuellen Profile und deren Zuordnung zu einem Typen eine Diagnose darstellt, wird diese Typisierung in meiner Arbeit nicht zur Anwendung kommen.

Dennoch möchte ich auf die Anwendung des AVEM nicht verzichten und es ebenso wie das BSRI als ein Instrument zur Erfassung der Selbsteinschätzung einer

Versuchsperson nutzen. Durch eine Zusammenfassung der einzelnen Skalen zu den Sekundärfaktoren Arbeitsengagement, Widerstandsfähigkeit und Wohlbefinden kann diese Selbsteinschätzung sehr aussagekräftig sein und eventuell Zusammenhänge mit der Geschlechtsrollenidentifikation aufweisen.