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6. Sozialindex

6.2. Die Gräberfelder

6.2.1. Die Grabgruppe von Landau-Südost

Die Grabgruppe von Landau-Südost (Ldkr. Dingolfing-Landau, Niederbayern)605, wurde zwischen Sommer 1991 und Herbst 1994 archäologisch untersucht606. Aufgrund früherer Grabungen607, zahlreicher Lesefunde und luftbildarchäologischer Befunde war eine Untersuchung von Teilen des 28 ha großen Baugebietes unumgänglich608. Aufgrund der Größe des zu untersuchenden Gebietes wurde der Humusabtrag maschinell vorgenommen, was zu gelegentlichen Störungen der Befunde führte609. Von den Ausläufern des tertiären Hügellandes südlich des Stadtzentrums reicht der Blick weit über das Isartal hinaus bis in den Bayerischen Wald610. Als weiterer Standortfaktor zeichneten sich die gute Bodenqualität – Löß- und Parabraunerdeböden – und die Wassernähe – Isar und Fuchsbach – ab611. Als besonderer Glücksfall muss angesehen werden, dass es in Landau-Südost gelang, sowohl eine Grabgruppe, als auch die zugehörige Siedlung zu untersuchen612. Auf einer Fläche von 35 x 12 m konnten neun Gräber freigelegt werden. Diese wurden auf der sehr sanft abfallenden Nordseite einer leicht gewölbten, breitrückigen Hügelkuppe in den Boden eingetieft613. Ein Großteil der Gräber ist in einer nordnordwestlich-südsüdöstlichen Reihe angelegt, lediglich die Gräber 5, 7 und 8 fanden sich etwas westlich abgesetzt614. Die zugehörigen Siedlungsstellen liegen 150 bis 230 m südlich der Grabgruppe am Südhang der Hügelgruppe. Ein Sichtkontakt zwischen Gräbern und Siedlung war demnach nicht möglich615.

Die neun Gräber enthielten elf Bestattungen, von denen vier dem männlichen (Grab 1, 3, 6 und 8) und sieben dem weiblichen Geschlecht (Grab 2, 3, 4, 5, 7, 8 und 9) zuzuordnen sind (Abb. 49). Somit handelt es sich bei annähernd Zweidritteln der Bestattungen um Frauen.

605 Husty 1999; Ders. 2004a.

606 Ders. 1999, 2.

607 Das 1981 untersuchte Grab eines Mannes, der aufgrund seiner umfangreichen Waffenausstattung als

„Krieger“ bezeichnet wird, liegt etwa 180 m südwestlich der Grabgruppe. Aufgrund der Entfernung ist eine Zugehörigkeit zu der kleinen Grabgruppe nicht gesichert, auch wenn diese angenommen wird. Da in dieser Untersuchung zusammenhängende Befunde untersucht werden sollen, wurde dieses Grab nicht in die Auswertung einbezogen.

608 Husty 1999, 2.

609 Ebd., 6f.

610 Ebd., 2.

611 Ebd., 9.

612 Zu den Befunden der Siedlung vgl. Ebd., 134-202.

613 Ebd., 37.

614 Ebd., 38.

615 Ebd., 41.

Geschlecht der Bestattungen (Landau-Südost)

36%

64%

männlich (n=4) weiblich (n=7)

Alter der Bestattungen (Landau-Südost)

36%

0% 9%

55%

0%

0%

Infans I (n=4) Infans II (n=1) juvenil (n=0) adult (n=6) matur (n=0) unbestimmt (n=0)

Abb. 49 Geschlecht und Alter der Bestattungen von Landau-Südost

Verteilung der Sozialindices (Landau-Südost)

0 5 10 15 20 25 30

Angehörige der Gruppen I-III (Landau-Südost)

56%

22%

22%

Gruppe I (n=5) Gruppe II (n=2) Gruppe III (n=2)

Abb. 50 Verteilung der Sozialindices und Angehörige der Gruppen I-III von Landau-Südost

Grab 3 enthielt die Doppelbestattung eines männlichen und eines weiblichen Individuums.

Bei Grab 8 handelt es sich um eine birituelle Doppelbestattung eines männlichen und eines weiblichen Individuums. In Grab 6 wurde ein männliches Individuum brandbestattet. Vier Individuen sind der Altersklasse „Infans I“ (Grab 1, 3 und 8), eines der Altersklasse

„Infans II“ (Grab 2) und sechs der Altersklasse „adult“ (Grab 4, 5, 6, 7, 8 und 9) zuzurechnen. Die Gruppe „adult“ weist mit 55% mehr als die Hälfte aller Bestattungen auf.

Einen großen Anteil, mit 36%, besitzt die Gruppe „Infans I“. Gar nicht vertreten sind Angehörige der Gruppen „juvenil“ und „matur“ (Abb. 49).

Das durchschnittliche Volumen der Grabgruben beläuft sich auf 0,78 m3. Mit 5,3 Stunden muss die Arbeitszeit für die größte Grabgrube der Grabgruppe, nämlich die des Grabes 9, veranschlagt werden. Die meisten Beigaben, mit 17 Objekten, enthielt ebenfalls Grab 9.

Die meisten Beigabentypen erbrachte Grab 1 mit sechs Typen. Zwischen einem und vier Exklusivitätspunkten konnten verteilt werden. Jeweils in fünf Gräbern vorhanden waren Begleitkeramik und Glockenbecher. Somit erhalten diese einen Exklusivitätspunkt. Je drei Gräber erbrachten Silices und Beinknöpfe, weshalb diese zwei Exklusivitätspunkte erhielten. Drei Exklusivitätspunkte gab es für die in zwei Gräbern vorhandenen Silexpfeilspitzen. Jeweils nur in einem Grab vertreten, und somit vier Exklusivitätspunkte erbringend, waren bogenförmige Anhänger, eine Armschutzplatte, ein kupferner Griffzungendolch, ein Kupferpfriem, ein Golddraht und ein Goldblech. Die meisten Exklusivitätspunkte erhielt mit 16 Stück somit das Grab 1.

Der Sozialindex der einzelnen Gräber zeigt große Unterschiede. Er reicht von 0,4 (Grab 2) bis 29,3 (Grab 9). Somit liegt der Mittelwert für den Sozialindex bei 12,9. Die Gräber 1, 7, 8 und 9 liegen über diesem, alle Anderen darunter. Betrachtet man die Verteilung der einzelnen Sozialindices, so fällt auf, dass diese Kurve relativ gleichmäßig ansteigt (Abb.

50). Lediglich die beiden Gräber mit den höchsten Sozialindices (Grab 1 und 9) sind durch einen Sprung von den Restlichen abgesetzt.

Bei einer Dreiteilung ergeben sich ein Grenzwert von 9,8 und ein doppelter Grenzwert von 19,6. Demnach gehören fünf Gräber (Grab 2, 3, 4, 5 und 6) der untersten Gruppe I an, die mit 56% vertreten ist. In der mittleren Gruppe II finden sich zwei Gräber (Grab 7 und 8).

Ebenso viele Gräber (Grab 1 und 9) finden sich in der höchsten Gruppe III. Beide Gruppen sind somit mit 22% vertreten (Abb. 50).

Schlüsselt man die einzelnen Gruppen nach Geschlecht und Alter auf, so lassen sich weitere Zusammenhänge erkennen. In den Gruppen I und II sind Frauen jeweils doppelt so

0 1 2 3 4

Angehörige der Gruppen I-III nach Geschlecht (Landau-Südost)

Mann 2 1 1

Frau 4 2 1

unbestimmt 0 0 0

Gruppe I Gruppe II Gruppe III

0 1 2 3

Angehörige der Gruppen I-III nach Alter (Landau-Südost)

Infans I 2 1 1

Infans II 1 0 0

juvenil 0 0 0

adult 3 2 1

matur 0 0 0

unbestimmt 0 0 0

Gruppe I Gruppe II Gruppe III

Abb. 51 Angehörige der Gruppen I-III nach Geschlecht und Alter von Landau-Südost

Abb. 52 Verteilung der Angehörigen der Gruppen I-III in der Grabgruppe von Landau-Südost

häufig vertreten wie Männer. Die Gruppe III weist gleich viele Bestattungen beider Geschlechter auf (Abb. 51). Die Gruppe I liefert die größte Bandbreite der verschiedenen Altersklassen. Am häufigsten vertreten sind Bestattungen der Altersklasse „adult“, gefolgt von Solchen der Klasse „Infans I“ und „Infans II“. In Gruppe II ist die Altersklasse „adult“

doppelt so häufig zu finden, wie „Infans I“. Dieselben Altersklassen finden sich auch in der Gruppe III. Allerdings sind diese hier gleich oft vertreten (Abb. 51).

Betrachtet man die Verteilung der drei Gruppen in der Grabgruppe (Abb. 52), so fällt als erstes die unmittelbare Nähe der beiden Gräber aus Gruppe III auf. Diese befinden sich, auf beiden Seiten eingerahmt von Gräbern der Gruppe I, innerhalb der nordnordwestlich-südsüdöstlichen Reihe. Ebenfalls auffällig ist, dass sich an beiden Enden der Reihe je ein westlich abgesetztes Grab findet, das der Gruppe II zuzurechnen ist.