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5. Funde und Befunde die auf eine sozial gehobene Schicht hindeuten

5.1. Trachtbestandteile

5.2.2. Armschutzplatten

Zu den charakteristischsten Funden des Glockenbecherphänomens zählen Arm- bzw.

Daumenschutzplatten. Ihr Vorkommen ist für das gesamte Verbreitungsgebiet der Glockenbechergruppen belegt. Schätzungen gehen von insgesamt 1000 bis 1500 Exemplaren aus462. Vereinzelt finden sich Armschutzplatten auch in der Frühbronzezeit.

Die Funktion der steinernen Platten scheint recht leicht erklärbar zu sein. Sie sollten den Unterarm vor dem Zurückschnellen der Bogensehne schützen. Somit gehören sie in das Umfeld des Bogenschießens und im weitesten Sinne zur Waffenausstattung. Die in den meisten Gräbern angetroffene Fundlage am linken Unterarm, die man deshalb als Funktionslage bezeichnen kann, bestätigt diese Einschätzung. Allerdings wird vielfach die Meinung vertreten, dass z.B. Schutzvorrichtungen aus Leder wesentlich besser für diese Aufgabe geeignet gewesen wären. Somit käme den steinernen Armschutzplatten eher eine übertragene Funktion zu. Sie sind daher als Status- oder Standessymbol zu sehen, das eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, nämlich den Bogenschützen, symbolisiert.

Überraschend erscheint in diesem Zusammenhang jedoch die Tatsache, dass eine Vergesellschaftung von Armschutzplatten und Silexpfeilspitzen nicht zwangsweise gegeben ist463. Dass nicht jeder Bogenschütze eine Armschutzplatte besaß, ist dabei weniger erstaunlich, als die Tatsache, dass nicht einmal jedes zweite Grab, das eine Armschutzplatte enthielt auch Silexpfeilspitzen beinhaltete. Von den 66 hier analysierten Gräbern mit Armschutzplatten enthielten nur 29 Silexpfeilspitzen. Einen fast ebenso hohen Wert erreichen Kupferdolche, die in 28 Gräbern mit Armschutzplatten vergesellschaftet waren. Davon waren in 16 Fällen nur Armschutzplatten und Kupferdolche vergesellschaftet, in den übrigen zwölf auch Silexpfeilspitzen. Grab 3 von München-Sendling (Stadt München, Oberbayern)464, enthielt zwar weder einen Kupferdolch, noch Silexpfeilspitzen, jedoch einen Silexdolch. Somit fand sich in 20 Gräbern nur eine Armschutzplatte, ohne weitere Waffenausstattung. Für das Fehlen von Silexpfeilspitzen in

462 Heyd 2000, 283.

463 Vgl. hierzu Kapitel 4.4.3. „Waffenausstattung“.

464 Trauwitz-Hellwig 1924; Müller-Karpe 1961.

Karte 6 Fundstellen mit Armschutzplatten (nach Typen)

den Gräbern mit Armschutzplatte fehlt jede vernünftige Erklärung. In Bezug auf die Kupferdolche scheint eine Begründung möglich. Es scheint so, als hätte nicht jeder Träger einer Armschutzplatte die Möglichkeit gehabt, auch einen Dolch zu erwerben. Somit wäre der Besitz eines Kupferdolches, auch aufgrund des exklusiven und neuartigen Rohstoffs, höher zu bewerten als der einer Armschutzplatte. Dieses Ergebnis lieferte auch die Auswertung der mit bogenförmigen Anhängern vergesellschafteten Funde465. Auch die im Vergleich zu den Kupferdolchen wesentlich höhere Anzahl von Armschutzplatten liegt wohl hierin begründet.

Trotz dieses Ergebnisses scheinen die Armschutzplatten einen hohen Wert besessen zu haben. Dies lässt sich aufgrund der oft von weiter her stammenden und ungewöhnlichen Materialen sagen. So wurde die Armschutzplatte aus dem Brandschüttungsgrab von Aufhausen (Ldkr. Dingolfing-Landau, Niederbayern)466, aus versteinertem Holz hergestellt. Auch die an zahlreichen Exemplaren nachzuweisenden Reparaturen können in gleicher Weise gedeutet werden. Wenn bei der Herstellung Bohrungen ausbrachen, wurden die Armschutzplatten trotzdem weiterverarbeitet und es wurden neue Bohrungen angesetzt.

Die zeigt sich u.a. an der Armschutzplatte aus dem 1981 entdeckten Grab von Landau-Südost (Ldkr. Dingolfing-Landau, Niederbayern)467, welche an einer Seite zwei Durchbohrungen und an der Seite mit einer gebrochenen Ecke nur eine Durchbohrung besitzt.

Eng in Verbindung mit den Armschutzplatten steht der Altmeister der Glockenbecherforschung E. Sangmeister. Nach einer ersten Untergliederung der verschiedenen Typen im Jahre 1964, folgte zehn Jahre später eine Klassifizierung der Armschutzplatten in sieben Typen aufgrund einer groß angelegten typologischen Untersuchung468. Die wichtigsten Stilmerkmale dieser sieben Grundtypen sollen im Folgenden kurz zusammengefasst werden.

Typ A besitzt vier Durchbohrungen und die Längsseiten sind stark eingezogen. Im Profil ist diese Armschutzplatte stark gewölbt. Besonders die Schmalseiten sind oftmals verziert. (Karte 6 u. Abb. 37)

465 Vgl. hierzu Kapitel 4.4.3. „Waffenausstattung“.

466 Kreiner et al. 1999.

467 Husty 1999; Ders. 2004a.

468 Sangmeister 1974.

Abb. 37 Armschutzplatten Typ A und Typ B (ohne M.)

Abb. 38 Armschutzplatten Typ C (ohne M.)

Abb. 39 Armschutzplatten Typ D (ohne M.)

Typ B besitzt vier Durchbohrungen und alle Seiten, besonders die Längsseiten sind stark eingezogen. Im Profil ist diese Armschutzplatte nur mäßig gewölbt. (Karte 6 u.

Abb. 37)

Typ C besitzt vier Durchbohrungen und die Seiten sind nicht eingezogen, d.h. er besitzt eine rechteckige Form. Im Profil ist diese Armschutzplatte nur mäßig gewölbt. (Karte 6 u. Abb. 38)

Typ D besitzt vier Durchbohrungen und die Seiten sind nicht eingezogen, d.h. er besitzt eine rechteckige Form. Im Profil ist diese Armschutzplatte flach. (Karte 6 u.

Abb. 39)

Typ E besitzt vier Durchbohrungen und die Längsseiten sind eingezogen. Im Profil ist diese Armschutzplatte flach. (Karte 6 u. Abb. 40)

Typ F besitzt eine langschmale Form und zwei Durchbohrungen. Die Längsseiten sind stark eingezogen. Im Profil ist diese Armschutzplatte flach. (Karte 6 u. Abb. 40) Typ G besitzt eine langschmale Form und zwei Durchbohrungen. Die Seiten sind nicht

eingezogen, d.h. er besitzt eine rechteckige Form. Im Profil ist diese Armschutzplatte flach. (Karte 6 u. Abb. 41)

Obwohl dieser Arbeit keine Gesamtanalyse des Fundstoffes zugrunde liegt, lassen sich über die Verbreitung der einzelnen Typen in der Ostgruppe gewisse Aussagen treffen469. Armschutzplatten des Typs A liegen nur von drei bayerischen Fundstellen vor (Karte 6).

Armschutzplatten des Typs B kommen sowohl in Bayern, als auch in Böhmen und Mähren in größerer Zahl vor (Karte 6). Ebenfalls in Bayern und Mähren, jedoch auch in Polen und Ungarn vertreten ist der Typ C (Karte 6). Eine gleiche Verbreitung, außer in Polen, besitzen Armschutzplatten vom Typ D (Karte 6). Der Typ E kommt in Bayern, Böhmen und Mähren vor (Karte 6), jedoch ist die Anzahl der Funde relativ begrenzt.

Armschutzplatten vom Typ F werden lediglich durch je ein Exemplar aus Österreich und Mähren repräsentiert (Karte 6). In fast allen Regionen, genauer in Bayern, Österreich, Böhmen und Mähren, ist der Typ G vertreten (Karte 6).

469 Armschutzplatten die nicht sicher einem Typ zugeordnet werden konnten, sollen hier keine Rolle spielen. In die Karte 6 und Abb. 42 wurden diese jedoch aufgenommen.

Abb. 40 Armschutzplatten Typ E und Typ F (ohne M.)

Abb. 41 Armschutzplatten Typ G (ohne M.)

Abb. 42 Armschutzplatten Sonderform und nicht eindeutig typisierbare Armschutzplatten (ohne M.)

Eine Sonderform (Karte 6 u. Abb. 42) stammt aus Obj. 3092 des Gräberfeldes von Burgweinting (Stadt Regensburg, Oberpfalz)470. Diese Armschutzplatte ist annähernd trapezförmig und weist eine relativ starke Wölbung auf. Neben den drei Durchbohrungen zeigen sich weitere zwei Bohransätze. In dieser Ausführung scheint die Armschutzplatte unbrauchbar zu sein. Sie erinnert an ein Werkstück, das nicht sorgfältig bearbeitet wurde und deshalb nicht die gewünschte Form erhielt. Dass diese Armschutzplatte trotzdem aufbewahrt wurde und als Beigabe in ein Grab gelangte, ist ein weiterer Beweis für die Wertschätzung für diese Artefakte.

Armschutzplatten sind fast ausschließlich aus Männergräbern belegt. Da dies auch für Silexpfeilspitzen gilt, kann die Betätigung des Bogenschießens als typisch männlich angesehen werden. Eine Ausnahme stellt u.a. das Grab 77/99 von Tišice (Bezirk Mělník, Böhmen)471 dar. Der, auch in sonstigem Maße, reich ausgestatteten Frau wurden sogar zwei Armschutzplatten mit ins Grab gegeben. Diese Sitte ist vereinzelt aus Österreich, Böhmen und Mähren belegt. Auffällig ist, dass es sich bei vier der sieben hier ausgewerteten Gräber, die zwei Armschutzplatten enthielten, um Bestattungen, die auch geschliffene Steinwerkzeuge erbrachten und somit um so genannte Handwerkergräber handelt. Ob dies an der besonderen Wertschätzung dieser Handwerker lag, oder ob diese für die Herstellung der Armschutzplatten verantwortlich waren, lässt sich nicht sagen.

Beides erscheint nicht abwegig.