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Transversales Spinecho

2.1 Die gekippte Spule

Abb. 2.1 zeigt zwei mögliche Spulenanordnungen, um eine longitudinale Aufspaltung der Teilwellenpake-te zu erreichen. Im linken Fall handelt es sich um eine zylindersymmetrische Spule. Dieser Typ von Spule wird beispielsweise beim Heidelberger3He-Spinecho-Spektrometer eingesetzt und erzeugt ein longitudi-nales Magnetfeld entlang der Strahlachse. Rechts ist eine Rechteckspule gezeigt, wobei die Seitenflächen der Spule entweder parallel oder senkrecht zur Strahlachse orientiert sind. Eine solche Spule erzeugt ein transversales Magnetfeld bezüglich der Strahlachse, wobei der Gradient des Magnetfeldbetrags auf der Strahlachse parallel bzw. antiparallel orientiert ist.

Wird nun diese Spule derart um ihre Achse gedreht, dass die Stirnflächennormale2 den Winkelθmit der Strahlachse einschließt, so wird aus einem rein longitudinalen Versatz eine Aufspaltung mit longitudinaler und transversaler Komponente [11]. Eine solche Situation ist in Abb. 2.2 gezeigt. Der Übersichtlichkeit hal-ber beschränkt sich die Abbildung auf den Fall eines reinen Spin12-Teilchens, das inx-Richtung polarisiert ist.

2.1.1 Erzeugter Versatz

Das Wellenpaket dieses Teilchens mit dem Wellenvektor~k0ist als kohärente Mischung der Eigenzustän-de |iiund |jibezüglich der Magnetfeldrichtung der Spule darstellbar. Nach Gl. (1.19) wirkt auf jeden Eigenzustand beim Eintritt in das Magnetfeld eine Kraft parallel bzw. antiparallel zur Richtung von∇~B, abhängig vom magnetischen Momentµdes jeweiligen Wellenpakets. Für jeden Eigenzustand lässt sich der einfallende Wellenvektor~k0zerlegen in eine Komponente~kkparallel zu∇~Bund eine Komponente~k senkrecht dazu.~kkund~kspannen ein rechtshändiges Koordinatensystem auf, das bezüglich derxy-Ebene um den Winkelθverdreht ist. Für die Einheitsvektoren dieses Koordinatensystems3gilt

~ek=

sinθ cosθ 0

 ~e =

−cosθ sinθ

0

 ~e3=~ez=

0 0 1

. (2.2)

1In [8] wird von transversalem Spinecho gesprochen, sobald das Magnetfeld der Spinecho-Spulen senkrecht zum Strahl orientiert ist. Da aber die Richtung des Magnetfeldes keinen Einfluss auf die Richtung der Aufspaltung hat, können auch mit transversalen Spinecho-Feldern longitudinale Aufspaltungen erzeugt werden (siehe Abb. 2.1), mit denen rein zeitliche Korrelationen auf einer Probe untersucht werden können. Wie im Laufe dieses Kapitels noch deutlich werden wird, ist es dagegen mit transversalen Aufspaltungen der Teilwellenpakete möglich, ohne ortsauflösenden Detektor direkt Informationen über räumliche Korrelationen auf der Probe zu erhalten. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zum longitudinalen Spinecho dar, bei dem es keine Möglichkeit gibt, direkt Aussagen über räumliche Korrelationen zu machen. Aus diesem Grund ist es eigentlich konsequenter, erst dann von transversalem Spinecho zu sprechen, wenn transversale Komponenten der Aufspaltung vorliegen.

2Die Seitenflächen, durch die der Strahl in die Spule ein- bzw. austritt werden hier und im Folgenden als „Stirnflächen“ bezeichnet.

3Im Folgenden ist darauf zu achten, dass das hier verwendete Koordinatensystem rechtshändig ist, im Gegensatz zu dem in [18]

verwendeten.

Aufgrund der Vektorzerlegung von~k0bleibt~kvon der Krafteinwirkung unberührt, inner- und außerhalb des Magnetfelds giltk=k0sinθ. Die Auswirkung auf~kkwird vorgegeben durch die Energieerhaltung

E=Ekin(out)=Ekin(in)+Ei(B). (2.3)

Dabei beschreibtE(out,in)kin die kinetische Energie des Zustands|iiaußerhalb bzw. innerhalb des Magnet-feldsB.~ Ei(B)ist seine potenzielle Energie aufgrund des Magnetfelds,Erepräsentiert die Gesamtenergie.

Unter der Voraussetzung4Ei¿Ekingilt für die Komponenten des Wellenvektors von Zustand|ii k(i)k 'kk die Wellenvektor-Komponenten parallel zum Feldgradienten von diesem verändert werden, fliegen die Eigenzustands-Wellenpakete innerhalb des Magnetfeldbereichs nicht mehr parallel zur Strahlachse, was in Abb. 2.2 ersichtlich ist.

Der Zustand |ii mit Ei < 0 wird in das

Abbildung 2.2:Gekippte Rechteck-Spule zur Erzeugung eines longitudinalen und transversalen Versatzes zwischen den Teilwellenpaketen.z-Achse und Magnetfeld zeigen aus der Blattebene heraus. Anders als in [18] ist das hier ver-wendete Koordinatensystem rechtshändig.

gnetfeld hinein beschleunigt und bewegt sich mit erhöhter Gruppengeschwindigkeit auf der in den Halbraumx >0gerichteten geknickten Trajekto-rie. Der Zustand|jimitEj >0wird abgebremst und folgt der längeren, nach x < 0 gerichteten Trajektorie. Da die Gruppengeschwindigkeit von

|ii im Magnetfeld größer ist als die von|ji und zusätzlich noch die Trajektorie für |ii kürzer ist als die Trajektorie für|ji, wird|iidie Begrenzung des Magnetfeldbereichs früher erreichen als|ji. Beim Verlassen des Magnetfeldbereichs wirkt auf beide Wellenpakete eine Kraft, die der beim Ein-treten in den Feldbereich wirkenden Kraft entge-gen gerichtet ist. Sind beide Kräfte für ein Wel-lenpaket betragsmäßig gleich, so bewegen sich die Wellenpakete nach Verlassen des Feldbereichs mit ihrem ursprünglichen Wellenvektor parallel zur Strahlachse versetzt weiter. Aufgrund seines Vor-sprungs legt|iiaußerhalb des Magnetfelds schon

eine gewisse Strecke zurück, bevor|jidas Magnetfeld verlässt. Dies bedeutet, dass beide Wellenpakete mit dem konstanten Versatz

D~ij =~rout(i) −~r(j)out (2.5)

neben- und hintereinander herfliegen, nachdem das Wellenpaket|jiden Magnetfeldbereich verlassen hat.

Dabei sind~r(i)outund~rout(j) die Ortsvektoren der Schwerpunkte der Wellenpakete|iiund|jizum Zeitpunkt des Austritts von|jiaus dem Magnetfeld. Die Anwendung des „Raytracing“-Modells[11] ergibt für den VersatzD~ijschließlich

D~ij= l

wobei nach Abb. 2.2 die Länge des Magnetfeldbereichs in Richtung des Feldgradienten mitlbezeichnet ist. Die in Gl. (2.6) geklammerten Ausdrücke stellen den jeweiligen Versatz eines Teilwellenpaketes be-züglich eines vom Magnetfeld unbeeinflussten Teilchens ohne magnetisches Moment dar. Der Versatz der

4Für atomaren Wasserstoff bei brennender Entladung liegt die wahrscheinlichste Geschwindigkeit typischerweise bei etwa 3600 m/s, was einer kin. Energie von ungefähr 67 meV entspricht. Die gewickelten Transversalspulen sind für einen Dauerstrom von 200 mA ausgelegt, womit die typische maximale Feldstärke bei ungefähr 5.6 mT liegt. Wie Abb. 1.4 entnommen werden kann, beträgt die potenzielle Energie der einzelnen Zustände selbst bei einem Feld von 100 mT noch weniger als 10µeV, so dass auch im hier vorliegenden FallEi¿Ekinerfüllt ist.

beiden Teilwellenpakete ist also in die gleiche Richtung orientiert wie der Feldgradient (vgl. mit Gl. (2.2)).

Die longitudinale und die transversale Aufspaltung der Teilwellenpakete sind offensichtlich nicht unab-hängig voneinander: Ihr Verhältnis wird durchtanθbestimmt. ÜberEji =Eji(B)wirkt die Stärke des Magnetfeldes auf die absolute Größe der Aufspaltung.

Die hier hergeleitete Formel (2.6) für den Versatz ist identisch mit der in [8] zwanglos vom Longitudinal-Spinecho auf das Transversal-Longitudinal-Spinecho übertragenen Beziehung für die Verschiebung der Teilwellenpakete inx- undy-Richtung. Zu beachten ist allerdings, dass beim Übergang von einem rechteckförmigen Verlauf des Magnetfeldes zu einem kontinuierlichen Verlauf l Ecosi,jθ in erster Näherung übergeht inR

Ei,jdy, wobei dann über die Länge des Magnetfeldsl0=l/cosθin Strahlrichtung zu integrieren ist.

2.1.2 Phasendifferenz

Für quantitative Aussagen über das Mess-Signal ist die Kenntnis der Phasendifferenzen der an einer Spinecho-Gruppe beteiligten Teilwellenpakete notwendig. Das „Raytracing“-Modell legt die Benutzung von Propagatoren der Form

K(~r2, t2;~r1, t1) = exp µ

i~k·(~r2−~r1)− i

¯

hE(t2−t1)

(2.7) nahe. Dies führt schließlich zu einem Ausdruck für die Phasendifferenz zwischen den beiden Zuständen|ii und|ji:

Φij =− |~k0| cos(θ)

l Eij(B)

E . (2.8)

Eine genaue Herleitung sowohl dieses Ausdrucks als auch von Gl. (2.6) findet sich in Anhang A.1.

2.1.3 Spinecho-Bedingung

Das Spinecho-Prinzip beruht darauf, dass die Teilwellenpakete, die zwischen den beiden Spinecho-Spulen voneinander getrennt sind, durch die zweite Spinecho-Spule wieder kohärent zur Überlagerung gebracht werden können. Aus dieser Forderung lässt sich direkt eine geometrische Spinecho-Bedingung formulie-ren:

D~(1)ij =−D~(2)ij . (2.9)

Die oberen Indizes kennzeichnen den Versatz der ersten und der zweiten Spinecho-Spule. Der Versatz, den die erste Spule zwischen den Zuständen|iiund|jierzeugt, muss also von der zweiten Spule kompensiert werden. Nach dem bisher Gesagten folgt daraus, dass die Kräfte, die die Teilwellenpakete beim Eintreten in den Magnetfeldbereich und Verlassen desselben erfahren, immer parallel bzw. antiparallel zueinander orie-niert sein müssen. Aus dieser Anforderung ergeben sich Bedingungen für den „Verkippungswinkel“θder Stirnflächen der Magnetfeldbereiche und – implizit überEi,j(B)– für den Verlauf der Magnetfeldstärke B,

θ(1)(2) und Eij(1)(B) =−Eij(2)(B), (2.10) die erfüllt werden müssen, um ein Spinecho-Signal zu ermöglichen. Dies ist dann möglich, wenn sich die Phasendifferenzen für Kombinationen bestimmter Zustände|iiund|jikompensieren:

E(1)ij

cos(θ(1)) =− Eij(2)

cos(θ(2))⇒Φ(1)ij + Φ(2)ij = 0. (2.11) Es ergibt sich damit die gleiche Situation wie beim Longitudinal-Spinecho, so dass bei Verwendung von atomarem Wasserstoff(1S1/2)wieder mit dem Auftreten von drei Spinecho-Gruppen zu rechnen ist.