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Die empirische Untersuchung

5.1 Struktur des Samples

Insgesamt haben wir 28 Interviews geführt, davon 15 mit Beschäftigten in technischen Beru-fen in einem Großunternehmen der Industrie und 13 mit Pflegekräften in Altenpflegeheimen.

Der Feldzugang erfolgte zum einen über schriftliche Interviewaushänge in den Arbeitsstätten.

Zum anderen haben wir Pflegeheimleitungen, GewerkschafterInnen und ein betriebliches Frauennetzwerk telefonisch und per Mail um die Ansprache von Beschäftigten bzw. um die Weiterverteilung eines Aushangs gebeten. Einige Interviewpersonen konnten wir auch durch Ansprache von bereits interviewten KollegInnen oder von Bekannten gewinnen. Hauptaus-wahlkriterium für unser Sample waren der berufliche Status und das Maß an Sorgeverpflich-tungen. Interviewt wurden 18 Frauen und zehn Männer, dabei im Industriebereich sieben Frauen und acht Männer und im Pflegebereich elf Frauen und zwei Männer. Acht der 13 Pfle-gekräfte arbeiten in Vollzeitverhältnissen, fünf in Teilzeit (davon vier 30 Std./Woche und eine Person 20 Std./Woche). Zwei der 15 Personen aus dem industriellen Bereich arbeiten in Teil-zeit.

Soziale Strukturkategorien wurden von uns erst nach den abgeschlossenen Interviews ab-gefragt. Die Altersspanne liegt im Pflegebereich zwischen 32 und 56 Jahren und im Industrie-bereich zwischen 26 und 53 Jahren. Insgesamt ist das Feld Pflege damit hinsichtlich Alter und Geschlecht der Befragten relativ homogen. Das Feld Industrie ist hinsichtlich Alter und Ge-schlecht der Befragten relativ heterogen. Den Migrationshintergrund haben wir nicht abge-fragt. Er wurde im Bereich Altenpflege in fünf Interviews von den Interviewten thematisiert.

Im Industriebereich wurden von keiner Interviewperson Migrationserfahrungen thematisiert.

Körperliche Befähigungen bzw. Beeinträchtigungen haben wir ebenfalls nicht abgefragt. Sie wurden auch kaum selbst thematisiert; nur in einigen Interviews geht es um das höhere Alter als leistungseinschränkender Faktor.

Da der Fokus unseres Projekts auf der Verbindung von Anforderungen aus verschiedenen Arbeits- und Lebensbereichen liegt, war neben dem beruflichen Status die Intensität der An-forderungen im Bereich der Sorgearbeit ein weiteres Kriterium für die Auswahl der Befrag-ten. Im Ergebnis finden sich im Sample elf Personen ohne Sorgeverpflichtungen für andere Menschen und 17 Personen mit Sorgeverpflichtungen für andere Menschen. Unter letzteren sind elf Personen, die mit einem mittleren Maß alltäglicher Anforderungen umgehen müssen.

Damit meinen wir die Verantwortung für ältere, relativ selbstständige Kinder sowie die Betreuung von Angehörigen, die mit anderen geteilt wird. Dies bringt keine alltägliche Sor-geverpflichtung mit sich, sondern ist auf bestimmte Tage im Monat begrenzt. Weitere sechs Personen (und somit ein Viertel aller Befragten) haben ein hohes Maß an Sorgeverpflichtun-gen als Hauptverantwortliche für jüngere Kinder. Die Verteilung der Interviewpersonen nach diesen Kriterien zeigen die folgenden Tabellen.27

27 Eine Beschreibung der einzelnen Interviewpersonen findet sich im Anhang.

Tab. 1: Verteilung der interviewten Industriebeschäftigten nach beruflichem Status und Sor-geverpflichtungen

Sorge-

verpflichtungen Berufliche

Stellung

Ohne

Sorgeverpflichtung für Ältere, Kinder, Kranke

Mittlere

Sorgeverpflichtungen für ältere Kinder oder Mitbetreuung Angehö-riger

Hohe

Sorgeverpflichtungen für jüngere Kinder

Außertariflich angestellte Führungskräfte

(Ingenieu-rInnen)

1 1 1

Angestellte IngenieurInnen 3 1 2

IngenieurInnen in Leiharbeit 1 - -

Technische Fachkräfte 2 1 1

Technische Fachkräfte in

Leiharbeit 1 - -

Tab. 2: Verteilung der interviewten Pflegekräfte nach beruflichem Status und Sorgeverpflich-tungen

Sorge-

verpflichtungen Berufliche

Stellung

Ohne

Sorgeverpflichtung für Ältere, Kinder, Kranke

Mittlere

Sorgeverpflichtungen für ältere Kinder oder Mitbetreuung Angehö-riger

Hohe

Sorgeverpflichtungen für jüngere Kinder

Examinierte

AltenpflegerIn-nen 3 5 1

AltenpflegehelferInnen - 3 1

5.2 Methodisches Vorgehen in Erhebung und Auswertung

Die Erhebung der empirischen Daten erfolgte durch leitfadengestützte narrative Interviews zu jeweils vier Themen:

ƒ Lebenssituation, Alltagsbeschreibungen und Anforderungen

ƒ Vereinbarung der Lebensbereiche und Konflikte

ƒ Handlungsfähigkeit und Widersetzung

ƒ Perspektiven auf ein gutes Leben

Die Interviews hatten eine Länge zwischen 35 Minuten und zweieinhalb Stunden. Mehrheit-lich dauerten sie etwa eine Stunde. Die Interviews wurden transkribiert und anonymisiert. Für die Anonymisierung haben wir die Namen der Interviewpersonen geändert Auf die Angaben zu Wohn- und Arbeitsorten sowie beruflichem Bildungsweg haben wir dort, wo es für die Auswertung möglich war, verzichtet oder sie weitgehend allgemeiner formuliert. Angaben zu Geschlecht und Alter von Kindern und Angehörigen haben wir zum Teil leicht verändert.

Nach der Transkription erfolgte die Auswertung mit der Methode der intersektionalen Mehrebenenanalyse, in die wir die Analysekategorie Handlungsfähigkeit integriert haben (vgl. Kap. 2). Erster Teilschritt der Auswertung war die Einzelfallanalyse. Dabei haben wir die relevanten Subjektkonstruktionen aus den Interviews mit dem Fokus auf folgende Fragen rekonstruiert: Wie beschreiben die Befragten die Belastungen, denen sie ausgesetzt sind?

Werden darin Konflikte genannt? Wenn ja, welche? Und wie nehmen sie selbst ihre eigene Handlungsfähigkeit innerhalb dieser Konflikte wahr? Nach der Auswertung eines Drittels der Fälle haben wir dabei eine induktiv aus dem Material gewonnene Konkretisierung vorge-nommen, mit der wir die Analyse der Subjektkonstruktionen auf drei Felder von Handlungs-fähigkeit fokussiert haben: a. Familiäre Arbeits- und Lebensbedingungen, b. betriebliche Ar-beits- und Lebensbedingungen und c. die Bedeutung weiterer Lebensbereiche und die Ver-bindung und Trennung von Lebensbereichen.

Nach der Auswertung aller Einzelfälle erfolgte eine Gruppierung aller Einzelfälle nach den Gemeinsamkeiten und Unterschieden entlang der Forschungsfragen. Wir haben damit

„eine moderate Form der Generalisierung“ (Mayring 2007) vorgenommen: „Hinter den Ge-meinsamkeiten und Unterschieden können Regelmäßigkeiten, Variablenzusammenhänge ste-hen. Dies ist jedoch eine Sache der Interpretation und wird durch die empirischen Daten selbst nicht belegt.“ (ebd.) Auf dieser Basis zeigen wir explorativ Fragestellungen und Per-spektiven auf, die relevant werden, wenn man die Fragen nach dem gesamten Lebenskontext und nach restriktiven und erweiterten Formen von Handlungsfähigkeit zusammendenkt. Ziel dieses gewählten gruppenbildenden Verfahrens war es, fallübergreifende Gemeinsamkeiten und gleichzeitig gruppenspezifische Unterschiede und Varianzen in der subjektiven Verarbei-tung entgrenzter Verhältnisse herauszuarbeiten. Unser Fokus lag dabei auf der Art und Weise, in welcher Weise die Befragten die verschiedenen Lebensbereiche zueinander ins Verhältnis setzen und wie sie hierin ihre eigene Handlungsfähigkeit konstruieren.

Im Ergebnis unterscheiden wir vier Gruppen, die wir im Folgenden darstellen. Auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Berufe und Ausmaß an Sorgearbeit sowie auf die Brüche und Widersprüche in den Subjektkonstruktionen gehen wir innerhalb der Darstellung jeder einzelnen Gruppe ein. Sie werden dann in der Schlussbetrachtung zu-sammenfassend erörtert.