3. Einführung in das Aufenthaltsrecht
3.5 Die Duldung
Eine Duldung stellt keinen Aufenthaltstitel dar, sondern es handelt sich um die zeitwei-se Auszeitwei-setzung der Abschiebung.
Sie ist zu erteilen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Bei dringenden humanitären oder persönlichen Gründe oder erheblichen öffentlichen Interessen kann ebenfalls eine Duldung erteilt werden.
Eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe ist zu erteilen, wenn der Auslän-der eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oAuslän-der vergleich-bar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat und keine Erteilungshindernisse vorliegen.
Es besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung.
Bei erfolgreichem Abschluss und einer Beschäftigung entsprechend der Ausbildung be-steht ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Ist eine Weiterbeschäfti-gung nicht möglich, wird die Duldung für sechs Monate zur Suche nach einer der er-worbenen beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung verlängert.
Es ist eine entsprechende Bescheinigung über die Duldung auszustellen.
Die Duldung ist zu widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.
Ist die Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen seit 18 Monaten aus-gesetzt, besteht ein Sollanspruch auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis (zur Ver-meidung von sog. Kettenduldungen).
Die Duldung vermittelt kein Aufenthaltsrecht und stellt auch keinen Aufenthaltstitel
224dar, sondern bedeutet nur die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebung.
225Das heißt, dass die Vollstreckung der Ausreisepflicht zeitweilig ausgesetzt wird und der
222 Vgl. hierzu ausführlich Kap. 1.2
223 Vgl. § 11 Abs. 7 AufenthG
224 Vgl. zu den Aufenthaltstitel im AufenthG ausführlich Kap. 3.2
225 Vgl. § 60a AufenthG
Das Wichtigste für den schnellen
Überblick:
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enthalt des/der Duldungsinhaber/-in weiterhin in Deutschland hingenommen wird, auch wenn die Ausreisepflicht noch immer fortbesteht.
226Sie ist zu erteilen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
227Ein rechtlicher Grund für eine Aussetzung der Abschiebung kann beispielsweise eine vorübergehende Reiseunfä-higkeit oder das Fehlen von erforderlichen Papieren oder Pässen sein. Einer ausländi-schen Person kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder per-sönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine/ihre vorübergehende wei-tere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Ein weiwei-terer (neuer) Duldungsgrund steht im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Überprüfung von missbräuchlichen Vater-schaftsanerkennungen.
228Für die Dauer dieses Prüfverfahrens wird mit (neu) die vo-rübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) angeordnet.
229Nach der gesetzlichen Regelung zur Aussetzung der Abschiebung aufgrund einer Erkran-kung
230werden nur diejenigen lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen anerkannt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
Es wird neuerdings vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entge-genstehen.
231Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkran-kung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu be-gründen.
232Der/die Ausländer/-in ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Wird die Pflicht zur unverzügli-chen Vorlage einer solunverzügli-chen ärztliunverzügli-chen Bescheinigung verletzt, darf die zuständige Behör-de das Vorbringen zu Behör-der Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei Behör-denn, Behör-der/die
226 Vgl. § 60a Abs. 3 AufenthG
227 Vgl. § 60a Abs. 2 AufenthG
228 S. hierzu Kapitel 3.3
229 Vgl. § 60a Abs. 2 Satz 13 AufenthG
230 § 60 Abs. 7 Sätze 2 und 3 AufenthG (eingefügt durch das sog. Asylpaket II vom 11. März 2016 (BGBl. I S.
390)
231 § 60 a Abs. 2c AufenthG (eingefügt durch das sog. Asylpaket II vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 390)
232 BayVGH, Beschluss vom 23. August 2016 - 10 CE 15.2784 – sowie VG Cottbus Beschl. v. 12.5.2017 – 4 L 317/17, BeckRS 2017, 111481, beck-online)
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der/-in war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohli-chen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich ver-schlechtern würde, vor.
233Ordnet die Behörde eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der/die Ausländer/-in der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet.
Eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe ist zu erteilen, wenn der/die Aus-länder/-in eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder ver-gleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat.
234Es besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung, wenn keine Verurtei-lung wegen vorsätzlicher Straftaten vorliegt und konkrete Maßnahmen zur Aufenthalts-beendigung nicht bevorstehen.
235Diese sog. Ausbildungsduldung wird für die im Ausbil-dungsvertrag bestimmte Dauer der Berufsausbildung erteilt.
236Es gibt neuerdings keine Altersgrenze für die oder den Auszubildenden für den Beginn der Ausbildung.
237Wird die Ausbildung nicht betrieben oder abgebrochen, ist der Ausbildungsbetrieb verpflichtet, dies unverzüglich, in der Regel innerhalb einer Woche, der zuständigen Ausländerbehörde schriftlich mitzuteilen. In der Mitteilung sind neben den mitzuteilenden Tatsachen und dem Zeitpunkt ihres Eintritts die Namen, Vornamen und die Staatsangehörigkeit des Aus-länders anzugeben. In diesem Fall erlischt die Duldung.
238Wird das Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendigt oder abgebrochen, wird dem Ausländer einmalig eine Duldung für sechs Monate zum Zweck der Suche nach einer weiteren Ausbildungsstelle zur Aufnah-me einer Berufsausbildung erteilt. Nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildungen haben die Betroffenen neuerdings sogar ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufent-haltserlaubnis für die Dauer von zwei Jahren, wenn sie eine der erworbenen beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung aufnehmen und die sonstigen Voraussetzun-gen der Vorschrift erfüllen.
239In den Fällen, in denen nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung keine Weiterbeschäftigung im Ausbildungsbetrieb erfolgt, wird die Dul-dung für sechs Monate zur Suche nach einer der erworbenen beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung verlängert.
240Es ist eine entsprechende Bescheinigung
233 § 60 a Abs. 2d AufenthG (eingefügt durch das sog. Asylpaket II vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 390)
234 Vgl. § 60a Abs. 3 Satz 4 ff. AufenthG; diese Regelung wurde durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) neu gefasst: Die Änderungen dienen dazu, Geduldeten und ausbildenden Betrieben für die Zeit der Ausbildung und für einen begrenzten Zeitraum danach mehr Rechtssicherheit zu verschaffen und das diesbezügliche aufenthaltsrechtliche Verfahren zu vereinfachen (vgl. BT-Drs. 18/8615/48).
235 Vgl. § 60a Abs. 3 Satz 4 AufenthG
236 Vgl. § 60a Abs. 3 Satz 5 AufenthG
237 Ausdrücklicher Hinweis in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/8615, S. 48
238 Dann droht ein Strafverfahren wegen dem Aufenthalt ohne erforderlichen Aufenthaltstitel oder Duldung (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
239 Vgl. § 18 Abs. 1a AufenthG, vgl. hierzu ausführlich in Kapitel 5.2.10 am Ende
240 Vgl. § 60a Abs. 10 AufenthG
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