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2.4 Mastitis

2.4.4 Diagnostik von Mastitiden

Es gibt viele Parameter, die sich in der Milch in Zusammenhang mit einer Mastitis ändern (GRABOWSKI 2000). Für die Diagnostik von Euterentzündungen bei Ziegen sind im Gegensatz zu den für Kühe etablierten Methoden einige Besonderheiten zu beachten, die nachfolgend näher erläutert werden. Außerdem werden im Folgenden

die routinemäßig häufig angewendeten, sowie die in eigenen Untersuchungen verwendeten Verfahren erläutert.

Zellgehalt

Da in der Ziegenmilch neben den zu zählenden somatischen Zellen auch sogenannte zytoplasmatische Partikel (ZP) vorkommen, gibt es einige Einschränkungen bei der Auswahl von Methoden zur Zellzahlmessung. Da die ZP zu einem überwiegenden Teil keine DNA enthalten (WOODING et al. 1970; MIELKE 1994), sind grundsätzlich alle DNA-spezifischen Zählmethoden geeignet. In der Literatur werden die fluoreszenzoptische Methode (Fossomatic®), die direkte mikroskopische Zählung (DMZZ) nach einer Färbung des Milchausstriches mit Pyronin-Y-Methylgrün (PYMG), der California-Mastitis-Test (CMT oder SCHALM-Test) und das DeLaval Zellzahl-Messgerät DCC® als DNA-spezifische Methoden empfohlen (DULIN et al. 1982b; DROKE et al. 1993; PAAPE u. CAPUCO 1997;

BERRY u. BROUGHAN 2007). Die Bestimmung der somatischen Zellzahl durch die DNA unspezifische Methode des Coulter Counters führt durch das Miterfassen der ZP zu erhöhten Werten, die nicht der tatsächlichen Zellzahl des untersuchten Ziegeneuters entsprechen (PAAPE u. CAPUCO 1997).

Prescott und Breed

Die Methode von Prescott und Breed aus dem Jahr 1910 wird als Referenzmethode sowohl für Kuh- als auch für Ziegenmilch angesehen. Es werden 0,01 ml Milch auf einer Fläche von 1 cm2 auf einem Objektträger ausgestrichen, fixiert, entfettet und mit Methylenblau gefärbt. Anschließend werden mindestens 400 Zellen mikroskopisch gezählt. Mit Hilfe der Anzahl der ausgezählten Banden wird der Zellgehalt pro ml errechnet. Die Entscheidung, ob ein gefärbtes Objekt eine Zelle ist, ist subjektiv (TOLLE et al. 1971; HEESCHEN 1975; KITCHEN 1981; IDF 1984).

Nach DULIN et al. (1982b) und PAAPE et al. (2001) führt die Anwendung von Methylenblau bei Ziegenmilchausstrichen zu erhöhten Zellwerten, die durch das Miterfassen der ZP bedingt sind. Die FOOD AND DRUG ADMINISTRATION (FDA 2001) empfiehlt daher für Ziegenmilch Pyronin-Y-Methylgrün (PYMG) anstelle von

Methylenblau anzuwenden. In den USA ist die Färbung der Zellen mit PYMG als Referenzmethode vorgeschrieben (HAENLEIN u. HINCKLEY 1995; HAENLEIN 2002). Sie sollte als einzige Methode zur Herstellung von Ziegenmilch-Standardreferenzen (Beispielsweise für die Fossomatic®) genutzt werden (ZENG et al. 1999).

Fossomatic®

Die in der Praxis für Kuhmilch übliche Methode zur Zellzählung ist die Anwendung des Gerätes Fossomatic®. Dieses System beinhaltet ein fluoreszenzoptisches Verfahren, bei dem Milchproben mit Ethidiumbromid versetzt werden.

Ethidiumbromid verbindet sich mit der DNA der Zellkerne zu einem Komplex, der nach Anregung durch eine Xenonlampe stark fluoresziert. Die Fluoreszenz jedes einzelnen Zellkerns wird gezählt und somit quantitativ erfasst. Zellzahlwerte aus Ziegenmilch von mit Kuhmilch kalibrierten Fossomaticgeräten wiesen um 24,5 % höhere Ergebnisse auf als bei gleichen Messungen von mit Ziegenmilch kalibrierten Geräten (ZENG et al. 1999). Durch Proben mit hohen Zellgehalten kann es zu Verschleppungen innerhalb des Gerätes kommen. Nachfolgende Proben könnten kontaminiert werden und somit höhere Zellgehalte aufweisen (HILLERTON et al.

2004).

DeLaval Zellzahl-Messgerät DCC®

Das DCC® ist ein tragbares, batteriebetriebenes Zellzahlmessgerät. Das Gerät beruht ebenfalls auf einem DNA-spezifischen, fluoreszenzoptischen Prinzip. Jeweils 60 μl jeder Milchprobe werden in zum Gerät zugehörige Kassetten aufgezogen und vermischen sich dort mit allen für die Messung notwendigen Chemikalien. Der Messbereich beträgt 10.000 bis 4.000.000 Zellen/ml, wobei mit einem Variationskoeffizienten zwischen 7 und 12 % gearbeitet wird. 82 % der Proben mit einem Zellgehalt zwischen 100.000 und 2.500.000 haben einen Variationskoeffizienten von kleiner als 10 % (DELAVAL 2003; HAMANN et al. 2004;

LIND et al. 2005; RØNTVED et al. 2005). Der „optimale“ Messbereich beginnt bei einem Zellgehalt von 100.000 Zellen/ml, in niedrigeren Zellzahlbereichen steigt der

Variationskoeffizient an (SULZER 2005). BERRY und BROUGHAN (2007) beschreiben das DCC® als eine gute DNA-spezifische Methode zur Ermittlung des Zellgehaltes in Ziegenmilch. Die von HILLERTON et al. (2004) beschriebenen Verschleppungseffekte von Zellen treten nicht auf, da jede Probe in einer eigenen Kassette aufgezogen wird.

California-Mastitis-Test

Der California-Mastitis-Test (CMT), auch als Schalm-Test bezeichnet, wurde von SCHALM und NOORLANDER (1957) als indirekte Zellzählmethode in Kalifornien entwickelt. Das Agens Alkyl-Aryl-Sulfonat wird gemeinsam mit der zu untersuchenden Milch auf eine Plastikplatte mit Vertiefungen gegeben. Zur Durchführung des Testes können sowohl Hälftengemelke, Herdensammelmilch als auch Tankmilch benutzt werden. Durch Vermischung der Milch mit dem Agens kann durch Schlierenbildung auf die Anzahl der Zellen in der Milch geschlossen werden.

Als Beurteilungsschlüssel für Ziegenmilch empfahlen SCHALM et al. (1971) eine Skala von 0 (negativ) über T (Trace) bis zu 3 (stark positiv). Der Schalm-Test ist aufgrund seiner einfachen Handhabung eine gute und preisgünstige Hilfe in der Bewertung von Ziegenmilch (CONTRERAS et al. 1996; GALINA et al. 1996;

MCDOUGALL et al. 2001b).

Elektrische Leitfähigkeit

Die elektrische Leitfähigkeit (eLf) der Milch hängt von der Konzentration und der Beweglichkeit der dissoziierten Ionen (v. a. Chlorid-, Kalium- und Natrium- Ionen) ab.

Milch aus eutergesunden Hälften weist eine höhere Kalium-Ionen-Konzentration und einen niedrigeren Gehalt an Natrium- und Chlorid-Ionen als das Blut auf. Die Blut-Euterschranke hält dieses Konzentrationsgefälle aufrecht.

Während einer Euterentzündung wird diese Barriere durchlässiger, was zur Folge hat, dass sich die Ionen-Konzentrationen der Milch denen des Blutes angleichen und somit die Leitfähigkeit ansteigt. Allerdings sollte dieser Parameter wegen seiner

hohen Variabilität nur in Kombination mit weiteren Einflussgrößen zur Mastitisdiagnostik herangezogen werden (HAMANN u. ZECCONI 1998).

Die Bestimmung der eLf kann mit Handgeräten („Cow side test“) oder durch Sensoren in der Melkmaschine erfolgen (SCHULTZE 1985). Kühe mit gesunden Eutervierteln weisen einen physiologischen Bereich von 4,8 - 6,2 mS/cm auf (HAMANN u. FEHLINGS 2002).

Für Ziegen und Schafe gibt es nur wenige Aussagen (BARTH 2003). Die Autoren ermittelten an 45 Milchziegen Werte zwischen 6,7 und 7,9 mS/cm. Durch gleichzeitig durchgeführte Zellzahlmessungen und Bestimmung der Milchinhaltsstoffe konnte gezeigt werden, dass eine Änderung der eLf eher auf eine veränderte Milchzusammensetzung als auf eine Erhöhung der Zellzahl hinweist. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen SHARMA und ROY (1977) (6,6 – 7,3 mS/cm), niedrigere Werte mit 5,18 mS/cm in der frühen-, und 6,26 mS/cm in der späten Laktation konnten YING et al. (2002) feststellen.

PARK (1991) weist auf den möglichen Einfluss der Ziegenrasse auf die ermittelten Werte hin. Bei Französisch-Alpinen (Alpine chamoisée) Tieren wurden niedrigere Werte festgestellt als bei Anglo-Nubischen Ziegen. Der Autor definierte einen Schwellenwert von 7,04 mS/cm, um durch Messung der eLf nicht normale Ziegenmilch von der Milch gesunder Tiere abzugrenzen.

N-Acetyl-β-D-Glucosaminidase (NAGase)

Die NAGase ist ein intra- und extrazellulär wirksames lysosomales Enzym, das überwiegend von epithelialen Zellen und polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten (PMN) freigesetzt wird (MATTILA et al. 1986; NAGAHATA et al. 1987;

KRÖMKER et al. 1999). Durch Hydrolyse von Glykosaminoglykanen der Zellwände grampositiver Bakterien können diese zerstört werden (STRIKER et al. 1987;

KRÖMKER et al. 1999).

Im Rahmen von Infektionen bei Kühen konnte eine gesteigerte Aktivität in der Milch nachgewiesen werden (MATTILA u. SANDHOLM 1985; SCHÜTTEL 1999;

GRABOWSKI 2000). Beobachtungen ergaben einen bis zu zehnfachen Anstieg der

Aktivität des Enzyms, sowie eine enge Korrelation mit dem Zellgehalt (SCHULTZE 1985). Somit kann die Aussagefähigkeit der NAGase bei Kühen der des Zellgehaltes gleichgestellt werden (HAMANN et al. 1999). Ein Vorteil dieses Indikators ist außerdem seine Unabhängigkeit von Allgemeinerkrankungen (KRÖMKER et al.

1999).

Bei Ziegen wurde die NAGase-Messung bisher erst selten durchgeführt. LEITNER et al. (2004a) konnten bei Untersuchungen von zehn Herden eine signifikante Korrelation der NAGase-Aktivität mit dem bakteriologischen Status der Euterhälften feststellen. Die Messung der NAGase erfolgt fluoreszenzoptisch im Mikrotiterplattenverfahren. Als Referenzbereich für die Aktivität dieses Enzyms in Kuhmilch gelten 1,1 bis 2,8 nmol x ml -1 x min - 1 (SCHÜTTEL 1999). In Ziegenmilch entspricht ein Wert von 100 einer Enzym-Abgabe von 5 µmol x l - 1 x min - 1 bei 25 °C.

In Milch aus nicht infizierten Euterhälften wurden NAGase Werte von 13,6 ± 2,7 (0,68 µmol x l - 1 x min - 1), in mit KNS infizierten Hälften deutlich höhere Werte von 37,9 ± 4,5 (1,90 µmol x l - 1 x min - 1) nachgewiesen (LEITNER et al. 2004a). In einer weiteren Studie dieser Autoren konnten bei Ziegen, die mit KNS oder S. aureus infiziert waren, mit 59,2 ± 5,3 µmol (2,96 x l - 1 x min - 1) noch deutlich höhere Werte erhoben werden (LEITNER et al 2004b).